Einführung in die Porträtfotografie

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In Zusammenarbeit mit SIGMA
Die Porträtfotografie gehört zu den anspruchsvollsten Disziplinen der klassischen Fotografie, da sie neben den technischen Fähigkeiten des Fotografen auch viel Einfühlungsvermögen für das Modell benötigt.

Mimik und Gestik, Haltung und Schnitt beeinflussen die Bildaussage wesentlich.

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Anders als bei Landschaftsaufnahmen, wo es letztlich nur auf das richtige Wetter und die Wahl des Bildausschnitts ankommt, steht und fällt eine Porträtaufnahme mit dem Modell und dessen Stimmung.

Ist Dein Modell schüchtern oder traurig, wirst Du keine lebendigen und aktiven Porträts erstellen können. Hast Du dagegen ein unruhiges Modell, wird es Dir schwer fallen, stimmungsvolle oder melancholische Bilder zu gestalten.

Du siehst: Es ist die Aufgabe des Fotografen sich in die Stimmung und den Typ des Menschen vor der Kamera einzustellen und diesen angemessen in Szene zu setzen. Neben dem Charakter des Modells spielt dabei das Licht und die Umgebung eine wesentliche Rolle. Gezielt eingesetzt kann so eine Bildaussage betont oder abgemildert werden.

In der Porträtfotografie gibt es zahlreiche Stilrichtungen:

  • das natürliche Porträt
  • das Familienporträt (in gewohnter Umgebung)
  • das Modeporträt aus dem Bereich Fashion und Glamour
  • oder auch das formale Porträt, wie Passfoto oder Bewerbungsbild.

Jeder Bereich hat seine eigenen Ansprüche und Vorgaben. In diesem Artikel geht es erst einmal um eine grundlegende Betrachtung der verschiedenen Porträtarten.

1. Das natürliche Porträt

Bei dem Begriff Porträt denkt man im ersten Moment oft einfach nur an mehr oder minder frontale Aufnahmen des Gesichtes in Großformat. Wenn Du Dir aber mal den Begriff Porträt wirklich als Begriff und dessen Bedeutung vor Augen führst und das Porträtieren als Handlung vorstellst, dann wirst Du schnell verstehen, dass das Porträt weit mehr umfasst, als nur ein Gesicht darzustellen.

Es geht weniger um eine dokumentarische Abbildung eines Gesichtes, als vielmehr darum Emotionen, Stimmungen, Persönlichkeit und Charakter der Person in einem Foto darzustellen.

Dabei darf (und sollte) der Fotograf durchaus seine eigene Subjektivität mit ins Spiel bringen:

  • Es sollte Dein Ziel sein, das Modell so zu zeigen, wie Du es als Fotografen siehst.
  • Idealerweise schaffst Du es sogar Seiten des Modells zu entdecken und darzustellen, die das Modell von sich selbst nicht kennt und im Ergebnis von sich (und damit auch Euch) positiv überrascht ist.

Merke: Ein zufriedenes Modell kommt gerne wieder.

Wichtig für natürliche Porträts ist eine möglichst ungezwungene Atmosphäre, frei von äußeren Einflüssen. Wenn Du mit einem ungeübten Modell arbeitest, gebe dem Modell die notwendige Zeit, sich an die Situation zu gewöhnen, ständig von einer Kamera beobachtet zu werden.

Wenn Du noch ungeübt bist, ein Modell ständig mit der Kamera zu beobachten, gebe Dir selbst auch die Zeit, Dich daran zu gewöhnen. Die Zeit, die das Modell braucht, sich an Dich zu gewöhnen, solltest Du Dir nehmen, um die verschiedenen Seiten des Modells zu entdecken und zu entscheiden, wie Du das Modell porträtieren willst.

Kleiner Tipp: Wenn es am Anfang so gar nicht klappen will, setze Dich mit dem Modell zusammen, nehmt die Speicherkarte raus (so dass das Modell das auch sieht) und unterhaltet euch und knipst dabei das Modell. Natürlich erhält man dabei keine Bilder, aber Du erreichst damit, dass Du Dich daran gewöhnst Dich mit dem Modell zu unterhalten, während eine Kamera vor Deinem Gesicht ist.

Der goldene Schnitt

Porträtfotografie
Der Systemblitz auf der Kamera hellt die Schatten auf und gibt kleine sehr schöne Reflexe im Auge. Wichtig ist: Ihr solltet den Blitz nur zusammen mit der Blendenpriorität verwenden, da er dort von der Kamera nicht als Hauptlicht eingesetzt wird. Sowohl Blitz als auch Kamera sollten Kurzzeitsynchronisation unterstützen.

Du seht ein Bild, das im Groben einer klassischen Bildaufteilung folgt, nämlich dem Goldenen Schnitt. Der Goldene Schnitt folgt imaginären Linien, die das Bild in Drittel (ungefähr) aufteilen und zentrale Punkte des Bildes genau auf diese Linien legen. Um dem Bild Spannung zu geben wurden die Augen auf die gedachte Trennlinie des oberen und des mittleren Drittels gelegt.

Es tut der Bildwirkung dabei keinen Abbruch, dass der Kopf an der Bildoberkante angeschnitten ist, im Gegenteil. Durch die Verschiebung der Bildmitte nach unten rücken die Lippen des Modells in die Bildmitte und im unteren Drittel des Bildes sind der Hals und das Dekolleté  als flächiges Gestaltungsmittel zu sehen.

Aufgrund der Unschärfe dominiert dieser Bereich das Bild aber nicht, sondern fängt das Bild nach unten auf. Gleichzeitig sorgt die unscharfe Fläche durch die diagonale Anordnung dafür, dass das Modell und das Gesicht schlank wirken.

Lichtführung

Porträtfotografie
Jette – verlassene Fabrikhalle – verfügbares Licht (trübe Fabrikfenster) – diese Fenster sorgten für den wichtigen Glanzpunkt in den Augen, der die Lebendigkeit betont
50 mm | 1/500 sek. | f/1,7 | ISO 200

Die Lichtführung ist ein weiteres wesentliches Thema dieses Bildes. Wie Du an dem Foto erkennt: Kaum Schatten, gerade ausreichend, um die Konturen des Gesichts zu erkennen und helle, klare Pupillen, obwohl vor Ort die pralle Sonne schien.

Erreicht habe ich dies, indem ich mir eine Stelle unter Bäumen mit dichtem Laub gesucht habe und im Rücken eine weiße Wand hatte, die das Sonnenlicht in den Schatten reflektierte. Bei Porträts im Freien ist dies ein wichtiger Punkt: Nicht Du machst das Licht, sondern Du nutzt das vorhandene Licht.
Versuche daher die Umgebung und deren Möglichkeiten bei der Wahl des Standortes mit einzubeziehen.

Gerade beim natürlichen Porträt liegt die Kunst der Bildgestaltung darin, dass es Dir gelingt das Unperfekte perfekt abzubilden. Jedes Gesicht hat kleine Fehler oder Unregelmäßigkeiten. Ob

  • Sommersprossen
  • ein Muttermal
  • besondere Augen
  • oder Falten

diese Fehler gehören immer zum Gesicht dazu.

Natürlich solltest Du nicht eine zu große Nase noch mit einem Weitwinkel betonen und es gilt einen Bildwinkel zu finden, der die Charakteristika eines Gesichtes erhält, ohne bestimmte Elemente zu stark zu betonen und im Endergebnis ein Bild zu bekommen, mit dem sich das Modell nicht identifizieren kann

Experimentieren mit Bildformaten

Porträtfotografie: Jette
Jette – im Pullover des Fotografen, der September war doch zu kalt – es ging ihr sichtbar gut in dem Pullover
50 mm | 1/1.000 sek. | f/1,4 | ISO 100

Experimentiere ruhig auch ein wenig mit den Bildformaten. Der Klassiker eines 2:3-Formates ist nicht immer der Weisheit letzter Schluss. Auch ein quadratisches Format kann sehr reizvoll sein, wenn innerhalb des Bildes auf eine ausgewogene Verteilung der Motivteile gesorgt wird.

Generell gilt:

Je natürlicher das Licht und je wohler sich das Modell fühlt, je natürlicher wird das Porträt.

Sorge für eine entspannte Atmosphäre mit angemessenen Temperaturen. Zu heiß oder zu kalt verdirbt Dir jedes Bild, denn Du wirst es Deinem Modell ansehen, wenn es sich unwohl fühlt.

2. Das Männerporträt

Vorweg: Wir werden zu den einzelnen Porträtarten noch eigene ausführliche Artikel und Lektionen verfassen. Hier geht es erst einmal um kleine, aber wirkungsvolle Grundlagen. Bisher haben wir nur Frauen im Porträt gesehen – und ehrlich gesagt, gefühlt 90% aller Porträts zeigen Frauen.

Das hat mehrere Gründe:

  • Die Mehrzahl der Fotografen sind männlich und sind daher eher an Frauen interessiert, männliche Fotografen tun sich oft schwer damit Männer zu fotografieren.
  • Es gibt schlichtweg weniger Männer, die sich freiwillig fotografieren lassen.

Dabei ist das ein echter Fehler. Männerporträts sind ein spannendes Thema.

Männer sollten andere Posen annehmen als Frauen. Es müssen nicht männliche Posen sein, es sollte aber auch nicht „tuntig“ wirken. Lässige Posen wirken gut bei jungen Männern. Achtet aber auch hier gut auf die Bildaufteilung (Drittelteilung), zusammen mit Diagonalen entsteht eine Spannung, die das Bild interessant macht.

Männer haben oft markantere Konturen. Es lohnt sich für das Porträt auch ins Profil zu schauen, insbesondere wenn das Modell kurze Haare hat. Lange Haare würden die Bildwirkung negativ beeinflussen. Die mittige Anordnung weicht hier (passend) von der Drittelregelung ab.

Regeln brechen

Es gibt dazu in der Fotografie einen Grundsatz, den Ihr immer beherzigen solltet: Um von den Regeln der Gestaltung brechen zu können, muss man sie vorher beherrschen. Tue Dir selbst den Gefallen, halte Dich anfangs an die Gestaltungsregeln, wie Goldener Schnitt und Drittelteilung. Wenn Du das drauf hast, dann – und erst dann – breche die Regeln – nach allen Regeln der Kunst.

Porträtfotografie: Männerportrait
Hansi – einsetzende Dämmerung – Halbschatten
135 mm | 1/125 sek. | f/2,5 | ISO 160

Was man bei Frauen vermeiden möchte, kann bei Männern ziemlich „cool“ wirken: Harte Kontraste, die jede Falte betonen und ein gelebtes Leben in das Gesicht des Mannes zeichnen. Grundsätzlich gilt: bei Männern ist mehr Schärfe erlaubt.

3. Fashion und Glamour Porträt

Im Bereich Fashion und Glamour bist Du als Fotograf sehr frei in der Wahl der Stilmittel. Im Gegensatz zu den anderen Stilrichtungen tritt in der Modefotografie das Modell oft in den Hintergrund und wird sogar durch Make-Up oder Bildschnitt entpersonifiziert. Es geht also mehr um die Darstellung eines Stils, eines Accessoires, als um die Persönlichkeit des abgebildeten Menschen.

Modeporträts werden daher in vielen Fällen aufwendig inszeniert und gestaltet. Um ein Lebensgefühl, einen Modetrend oder eine Stilrichtung per Foto darzustellen, ist es oft nötig, ein Foto bis ins kleinste Detail durchzuplanen. Nicht nur das Make-Up muss perfekt passen, auch die Frisur, die Farben des Hintergrundes, die Körperhaltung müssen stimmig sein.

Oft wird in der Modefotografie nicht das passende Foto zum Typ des Modells gemacht, sondern vielmehr der passende Typ Model für das geplante Foto gesucht.

Freistellung durch Unschärfe

Porträtfotografie: Jouline
Jouline – Hinterhof – verfügbares Licht – Schatten
135 mm | 1/400 sek. | f/2 | ISO 160

Um das Modell vom Hintergrund zu separieren, wurde mit sehr geringer Schärfentiefe gearbeitet. Der Fachbegriff ist „Freistellung durch Unschärfe“, die sich von einer farblichen Freistellung mit klassischen Studiohintergründen unterscheidet.

Zu große Schärfe auf dem Hintergrund würde das Modell mit eben dem Hintergrund verschmelzen lassen und die Bildwirkung zerstören. Bei dem Foto ging es weniger darum, das Modell ins „rechte Licht“ zu rücken, sondern darum, dass der Betrachter die „Mode“ gut sehen kann.
Diese Aufgabe erforderte die offene Haltung, die freien Blick auf den Schnitt, die Stoffe und die Accessoires erlaubt.

Überzeichnung der Situation

Porträtfotografie: Jule
Jule – Fahrzeughalle – harter Reflektor von oben
85 mm | 1/200 sek. | f/5,6 | ISO 100

Auch eine völlige Überzeichnung der Situation  kann ein erwünschter Effekt sein, der die Bildaussage unterstreicht. Im vorliegenden Beispiel lässt sich dieser Vorgang der Gestaltung sehr schön erkennen.

Das Model trägt ein modernes sehr schlichtes Kleid in grauen Grundtönen mit einigen farblichen Akzenten. Passend dazu wurde ein Modell gewählt, das über die Tatoos ebensolche Akzente setzt. Die Gesamtwirkung entsteht auch durch das sehr harte Blitzlicht, der ungewöhnliche Kamerawinkel und der knappe Ausschnitt.

Porträtfotografie: Männerportrait
Gothicporträt. Gruppenporträt zweier Goths.
85 mm | 1/500 sek. | f/1,8 | ISO 160

Dieses Beispiel weicht völlig ab von den klassischen Erwartungen, wenn man den Begriff „Fashion & Glamour“ hört, der oft mit mondän, schillernd und bunt verbunden wird. Die beiden hier abgebildeten Personen aus der Gothic-Szene stellen sich in ihrem eigenen Stil dar, sie inszenieren sich, um ihren Lebensstil auch nach außen zu tragen.

Auch hier ist die Gestaltung aufwendig, allerdings nicht die Szenerie an sich, sondern Kleidung und Make-Up der Modelle. Du kannst übrigens bei wirklichen Vertretern der Gothic-Szene diesen getrost die Eigengestaltung und das Make-Up überlassen, da sie meist selbst am besten wissen, wie sie ihren Lebensstil am besten darstellen und umsetzen.

Von der Bildgestaltung her folgt das Bild den klassischen Formalismen des goldenen Schnitts. Gearbeitet wurde mit natürlichem Sonnenlicht (im Schatten eines Gebäudes) von links und einem warmtonigen Aufheller von rechts, um die Gesichtshälfte des Mannes aufzuhellen. Über die sehr selektive Schärfeebene werden die Augen des männlichen Models betont und bekommen einen sehr eindringlichen Ausdruck. Das Modell im Hintergrund verschwindet fast in der Unschärfe, ist aber als Frau derselben Stilrichtung zu erkennen und unterstreicht so die Gesamtaussage des Bildes, ohne allzu sehr vom Hauptmotiv – dem männlichen Modell abzulenken.

4. Das formale Porträt

Das formale Porträt folgt im Gegensatz zu dem natürlichen Porträt anderen Gesetzmäßigkeiten. Es geht weniger darum ein „schönes“ Bild des Menschen zu schaffen, als vielmehr ein ehrliches Bild. Steht beim natürlichen Porträt der Mensch als Typ im Vordergrund, gilt es beim formalen Porträt den Menschen in seiner Funktion abzubilden.

Die Verbindung zwischen der fotografierten Person und der gewünschten funktionellen Bildwirkung kann dabei auf sehr unterschiedlichem Weg erreicht werden. Formale Porträts finden Anwendung für Bewerbungen, in Lebensläufen, aber auch in redaktionellen Beiträgen oder Imagemappen einer Firma.

Wie man an den Beispielen schön erkennen kann, wählt man eigentlich nie eine frontale Pose, sondern stellt die Person leicht schräg und lässt sie in die Kamera blicken. Die leichte Kopfdrehung wirkt, als wenn sich der Abgebildete dem Betrachter zuwendet. Dazu gehört dann eine kontrollierte Mimik, die auf keinen Fall übertrieben sein sollte, sondern eher dezent, aber freundlich. Ein leichtes Lächeln ist also durchaus angebracht.

Formale Portraits in der Portraitfotografie
Formale Porträts sollten daher auch anderen formalen Gesichtspunkten folgen, das klassische Format für ein formales Porträt ist ein Hochformat im Seitenverhältnis 3:2, sind mehrere Personen im Bild, wechselt man zum Querformat. Werden formale Porträts in schwarz-weiß angefertigt, unterstreicht dies besonders die sachliche und inhaltliche Bildaussage zu.

In der Fotografie von formalen Porträts sind gestalterische Elemente wichtig, die die Stereotypie unterstützen.

Was meint Stereotypie in diesem Zusammenhang?

Gemeint ist, dass jeder von uns gewisse traditionelle Vorstellungen hat, wie ein bestimmter Typ Mensch auszusehen hat. Der Geschäftsmann wird im dunklen Anzug mit einem aufgeklappten Laptop abgebildet, der Angler im Gummihose im Wasser stehend mit ausgeworfener Angel oder der Arzt im weißen Kittel mit einem Stethoskop in der Hand oder um den Hals. Diese kleinen Gegenstände helfen den Typ Mensch auf dem Bild zusätzlich zu charakterisieren und die Bildaussage zu unterstreichen.

5. Das Aktporträt

Ganz im Gegensatz zu dem formalen Porträt habt Ihr bei einem Aktporträt alle gestalterischen Freiheiten.

Was ist überhaupt ein Aktporträt?

Erst einmal ist es ein ganz normales Porträt, der Schwerpunkt des Bildes liegt also auf dem Gesicht. Es unterscheidet sich insofern von den anderen Porträtformen, dass es mehr zeigt (zeigen könnte). Dabei muss nicht zwingend wirklich eine Brust oder Teile eines nackten Körpers zu sehen sein, es reicht, wenn die Atmosphäre des Bildes oder die sichtbare Umgebung dem Betrachter implizieren, das Modell könnte unbekleidet sein.

Die beiden obigen Beispiele sind sehr offensichtliche Formen eines Aktporträts, da die weibliche Brust erkennbar ist. Durch die extreme Unschärfe bedarf es aber eines zweiten Blicks, um sie zu erkennen und genau so ist es beabsichtigt, denn das Aktporträt zählt zu den dezentesten Formen der Aktfotografie.

 

Diese Beispiele gelten auch als Aktporträt oder können als solche gelten. Tatsächlich war das Modell auf einem der Fotos bekleidet (sogar vollständig), auf dem anderen Foto nicht.

Auf den zweiten Blick werdet Ihr sicher schnell feststellen, welches der beiden das bekleidete Foto ist.

Du siehst an den vier hier gezeigten Beispielen: In der Gestaltung sind Dir keine Grenzen gesetzt. Es kann natürlich gehalten werden, als High-Key, aber auch quietschbunt und stark geschminkt. Insofern kann das Aktporträt eher den Regeln des natürlichen Porträts folgen, aber auch durchaus den Regeln von Fashion und Glamour.

Lichtführung

Zum Abschluss der Betrachtungen zur Porträtfotografie noch einige Worte zum Thema Licht.
Porträts entstehen unter den verschiedensten Lichtbedingungen. Die klassische Situation ist Available Light, Aufsteckblitz und Studiolicht(-blitz). Wenn man von der künstlerischen oder experimentellen Porträtfotografie absieht, gibt es einige generelle Dinge, die beachtenswert sind, um erfolgreich klassische Porträts zu fotografieren.

Available Light

Porträtfotografie available light
Kein Aktporträt – auch wenn es so wirkt. Entstanden unter Bedingungen mit Available Light. Der Lichtreflex im Auge ist einem weißen Reflektor hinter dem Fotografen geschuldet.

Verfügbares Licht hat viele Vorteile, aber auch einige Nachteile.

Der große Nachteil liegt in seinem Ursprung begründet: verfügbar. Es muss ausreichend Licht verfügbar sein, um bei akzeptabler Empfindlichkeit die notwendigen Verschlusszeiten erzielen zu können. Ist ein Raum zu dunkel, müsst Ihr auf „Available Light“ verzichten.

Auch das Gegenteil ist möglich, es ist zu viel Licht vorhanden, Du erreichst also trotz kurzer Verschlusszeiten nicht die gestalterisch gewünschte Blende, das Licht ist zu hart und zu kontrastreich.

Abhilfe kann hier ein Neutralgraufilter schaffen, oder aber das verschieben der geplanten Aufnahmen in die Morgen- oder Abendstunden. Wenn Du wert darauf legt ungestört mit dem Modell zu arbeiten, empfehlen sich die Morgenstunden.

Verfügbares Licht kann Tageslicht sein, aber auch Zimmerbeleuchtung oder Kerzen. Der unschätzbare Vorteil des verfügbaren Lichts ist, dass es von der Farbtemperatur fast immer zu der vorhandenen und gewünschten Stimmung. Achtet daher immer auf den richtigen Weißabgleich.

Nicht jede Kamera erkennt vorhandene Lichtstimmungen. Ein automatischer Weißabgleich zerstört daher allzu oft die gewünschte Stimmung. Am besten arbeitest Du in RAW. Wenn dies nicht möglich ist, solltest Du unbedingt mit einer Testreihe (Weißabgleichreihe) prüfen, bei welcher Einstellung die gewünschte Lichtstimmung erzielt wird.

Positioniere Dein Modell so, dass ein möglichst weiches Licht das Gesicht möglichst gleichmäßig ausleuchtet, aber so, dass ausreichend Kontur vorhanden ist. Völlige Schattenfreiheit lässt Gesichter schnell platt wirken. Zu hohe ISO-Zahlen solltest Du vermeiden. Zwar kennen viele Fotografen noch das Korn aus analogen Zeiten, aber ein digitales Rauschen ist damit nicht zu vergleichen und künstlich zugefügte Störungen zur Überdeckung des Rauschens wirken platt.

Aufsteckblitz

Wenn das Licht nicht ausreicht, kommt der Systemblitz zum Tragen, ebenso wie in Situationen mit Gegenlicht, um dunkle Gesichtspartien gegen den hellen Hintergrund aufzuhellen. Generell gilt, dass ein Systemblitz auf der Kamera eine ungünstige Position hat. Er blitzt frontal, Augen werden schnell rot durch Reflektionen der Netzhaut und der Hintergrund versinkt im Dunkeln.

Porträtfotografie
Der Systemblitz auf der Kamera hellt die Schatten auf und gibt kleine sehr schöne Reflexe im Auge. Wichtig ist: Ihr solltet den Blitz nur zusammen mit der Blendenpriorität verwenden, da er dort von der Kamera nicht als Hauptlicht eingesetzt wird. Sowohl Blitz als auch Kamera sollten Kurzzeitsynchronisation unterstützen.

Bei Gegenlicht solltest Du den Blitz mit reduzierter Leistung nutzen, falls die Kamera oder der Blitz die Gegenlichtsituation nicht automatisch erkennen. Reduziert den Blitz auf kleine Leistung, damit der Blitz aufhellt, aber nicht die Hauptlichtquelle bildet. Bei Gegenlicht kannst Du das Modell auch direkt anblitzen, die geschlossenen Pupillen reduzieren den Rote-Augen-Effekt.

In geschlossenen Räumen solltest Du den direkten Blitz vermeiden. Arbeitet entweder mit aufsteckbaren Reflektoren oder unter Ausnutzung reflektierender Wände und Decken. Moderne Blitze mit einer Leitzahl größer 50 sind durchaus in der Lage über eine Decke einen Raum gleichmäßig auszuleuchten.

Ideal für Porträts ist ein Ringblitz, der vor Deinem Objektiv steckt und das Modell rundum, aber eben nicht direkt anleuchtet. Allerdings sind Ringblitze recht kostspielig. Dafür geben sie wunderbare Reflektionen im Augen.

Studiolicht

Porträtfotografie
Die Wahl der Softbox bestimmt die Form des Lichtreflexes im Auge.

Im Studio hast Du natürlich nahezu unbegrenzte Möglichkeiten das Licht zu setzen. Aber hier gilt für ein natürliches Porträt auch der Grundsatz:

Weniger ist mehr.

Bei einem dunklen Hintergrund reicht oft ein einzelner Blitz mit einer großen Softbox schräg hinter oder oberhalb des Fotografen aus. Achteckige Softboxen sind oft wegen der schöneren Reflexe im Auge besser als die rechteckigen Geräte.

Es ist nicht nötig fehlendes Licht immer durch weitere Blitze zu ersetzen. Eine weiße Platte oder ein Reflektor lassen ähnlich gute Ergebnisse zu und haben den Vorteil, dass Ihr im Umgang mit dem Licht deutlich mehr lernen, da Ihr den Lichtweg verstehen lernen müsst.

Aber diese Aspekte werden wir in späteren Beiträgen noch deutlich vertiefen.

Als kleine Einführung soll es an dieser Stelle genügen. Wenn Du noch weiter in die Porträtfotografie einsteigen möchtest, empfehlen wir Dir diese Artikel:

2 Kommentare

  1. Vielen lieben Dank für die vielen Tipps. Ich denke Portraitfotografie ist ein ziemlich anspruchsvolle Disziplin, da es nicht nur um Fotografie geht sondern um das Umgehen mit anderen Menschen. Schöne Grüße

  2. Lieben Dank für die Tipps. Gerade den Hinweis im Intro „Idealerweise schaffst Du es sogar Seiten des Modells zu entdecken und darzustellen, die das Modell von sich selbst nicht kennt und im Ergebnis von sich (und damit auch Euch) positiv überrascht ist.“ finde ich super wichtig, denn oft vergisst mal zu Beginn viel mit dem Gegenüber zu sprechen und verunsichert so das Model möglicherweise!

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