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Im ersten Teil dieser Ratgeber-Reihe zur Porträtfotografie habe ich Dir bereits Tipps dazu gegeben, wie Du Modelle finden kannst. Auch habe ich Dir Tipps zur Fotografie im Freien verraten und Hinweise dazu, was Du bei Licht und Kleidung beachten musst. Nächster Schritt? Porträtfotos in Räumen:
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Unter Indooraufnahmen versteht man Aufnahmen, die innerhalb von Gebäuden oder Räumen stattfinden und nicht unter freiem Himmel. Dies hat den Vorteil, dass Du nicht den Witterungseinflüssen ausgesetzt bist und es hat den Nachteil, dass das Licht meist knapp ist. Aufgrund baulicher Voraussetzungen musst Du oft mit dem vorhandenen Licht sowohl in Richtung wie auch Stärke leben.
Im Studio bist Du dagegen etwas flexibler, da Du dort künstliches Licht in Form von Studioblitzen und Lichtformer einsetzen kannst, die in Richtung, Stärke und Abstrahlcharakteristik vielfältig steuerbar sind.
85 mm | f/1,8 | 1/160 Sek. | ISO 400 | M
Das Licht im Studio
Für das Licht im Studio oder bei Indooraufnahmen gibt es kein Patentrezept oder genau den Lichtaufbau: Von Available Light (die Arbeit ausschließlich mit vorhandenem Licht) über den Kamerablitz oder Baustrahler bis hin zu komplexen Aufbauten mit vier oder fünf Lichtquellen und deren möglichen Vorsätzen ist alles denk- und machbar. Sogar Reflektoren können viel Sinn machen (nicht nur in der Sonne).
Gerade beim Porträt ist das Arbeiten mit vorhandenem Licht besonders beliebt. Dabei ist es egal, ob es sich um Kerzenlicht oder durch vorhandene Fenster einfallendes Licht handelt.
100 mm | f/2 | 1/1.600 s | ISO 160 | Av | Goldreflektor
Möchtest Du im Studio arbeiten, ist es durchaus ausreichend, wenn Du mit einer einzelnen Lichtquelle arbeitest und deren Möglichkeiten mittels Reflektoren (Folien, Styroporplatten) erweiterst.
Du wirst damit sicher nicht jede denkbare Lichtsituation nachstellen können, die Dir im Geiste vorschwebt oder die Du schon mal im Netz gesehen hast. Aber gerade in der Beschränkung liegt ein großer motivischer Reiz. Auch der Lerneffekt, der durch diese Beschränkung entsteht, ist nicht zu verachten.
Gerade Studiobeleuchtung lässt sich nach und nach sehr sinnvoll erweitern. Wenn Du auf kompatible Bajonette für den Anschluss von Lichtformern achtest, sind alle Geräte gleichen Bajonetts miteinander kompatibel und jedes weitere Studiolicht, jeder neue Lichtformer erweitert Deine Möglichkeiten deutlich.
Verfügbares Licht (Available Light)
Ich möchte an dieser Stelle keine komplette Lektion zum Thema Available Light geben, um den Rahmen dieses Beitrags nicht zu sprengen. Es gibt jedoch einige generelle Hinweise, die auch für den „Einsteiger“ interessant sind, um sich dem Thema zu nähern. Mit ein bisschen Improvisationstalent ist nämlich nahezu jeder Raum für Aufnahmen geeignet, selbst wenn der erste Eindruck nicht der beste ist.
Das Fenster sollte groß genug sein und ausreichend Licht in den Raum lassen (Südlage ist sicher besser als Nordlage), ein ungeeigneter Ausblick kann durch Vorhänge verborgen werden, die zudem den Vorteil bieten, das Licht noch weicher zu machen.
Was ist Available Light?
Auch wenn „Available Light“ eigentlich jede Art von in Räumen vorhandenem Licht meint, wird dieser Begriff primär für Tageslicht verwendet, das durch Dachluken, Fenster oder offene Türen einfällt. Wenn Du mit diesem Licht arbeitest, musst Du alle Dinge beachten, die auch bei Außenaufnahmen gelten: Direktes Sonnenlicht ergibt harte Schatten, wolkiges Wetter ergibt weiches Licht, Abendsonne hat wärmere Farben usw.

50 mm | f/1,8 | 1/90 s | ISO 200 | Goldreflektor | Av
Ein weiterer Vorteil dieser Art der Lichtnutzung ist, dass Du meist mit Offenblende arbeiten kannst.
Die Wahl der Brennweite
Offenblende liefert zwar am Schärfepunkt nicht die maximal mögliche Schärfe, die aber bei Porträt auch nicht unbedingt gewollt ist. Sie bietet aber die Möglichkeit, durch geringe Schärfentiefe unruhige Raumbereiche in der Unschärfe aufzulösen. Bei der Wahl der Brennweite bist Du ein wenig beschränkt. 200 mm Brennweite und eine Kamera mit kleinem Sensor wären eine Kombination, die einen wirklich großen Raum benötigt, selbst für ein reines Gesichtsporträt. Zu weitwinkelig solltest Du aufgrund der Verzerrungen auch nicht werden. Ideale Brennweiten liegen im Bereich 3o bis 85 mm, die zudem noch den Vorteil haben, für ein vertretbares Geld sehr lichtstark zu sein.

60 mm | f/2,8 | 1/1.600 Sek. | ISO 160 | Av | Bildstil Monchrome mit Grünfilter
Die Lichtführung lässt sich sehr gut durch Reflektoren, weißen Karton, Styroporplatten ergänzen. Der Einsatz von Blitzgeräten dagegen widerspricht der Definition von „Available Light“. Für die ersten Versuche suchst Du Dir am besten einen hellen, aber bedeckten Tag aus. Auf jeden Fall solltest Du eine Sache vermeiden: künstliche Lichtquellen im Raum. Egal ob nun Glühlampen, LED-Strahler oder Neonlicht, die Farbtemperatur dieser Lampen liegt bei 3.000–4.500 Kelvin, das Tageslicht bei 6.000–7.000 Kelvin. Auch wenn Du es mit bloßem Auge nicht sehen wirst, spätestens auf dem Foto macht sich künstliches Licht in Form sehr unschöner gelber Flächen bemerkbar.
Licht richten (künstliches Licht)
Wenn Du mit künstlichem Licht arbeitest (egal ob Baustrahler oder einem großen Blitzgenerator mit Lichtformer für 1.000 €), musst Du Dir nicht nur Gedanken über die Menge des Lichts machen, sondern auch über dessen Richtung.
Dasselbe Motiv von vorn, von oben, von der Seite oder gar von unten beleuchtet, wirkt völlig unterschiedlich und kann dem Porträt eine komplett andere Wirkung geben. Wir haben diesbezüglich schon einen Beitrag veröffentlicht, der Dir die Grundlagen vermittelt. Ich möchte Dir aber diesmal Beispiele zeigen, die nicht extra für die Fotoschule entstanden sind, sondern aus der gelebten Studiopraxis mit echten Modellen
Licht von oben
Beim Porträt ist Licht von oben geeignet, auch hier vergleichbar dem natürlichen Licht der Sonne, da so der Blick des Betrachters allein schon durch das Licht auf das Gesicht des Modells gelenkt wird. Das Licht nimmt nach unten ab. Je nach Stand der Lichtquelle kann es daher notwendig sein, von unten mit einem Aufheller zu arbeiten. Wenn Du mit Licht von oben arbeitest, solltest Du es im Normalfall weicher gestalten (mittels Softbox), da auch im Studio dieselben kritischen Schatten auftreten, wie bei hartem Sonnenlicht.

85 mm | f/11 | 1/160 s | M | One Shot | Studioblitz (1 Softbox von schräg oben)

Licht von vorn
Dies wird auch oft als Beautylicht bezeichnet. Es wird fast ausschließlich mit weichem Licht (Softbox oder Beauty-Dish) verwendet. Das Gesicht wird nahezu schattenfrei ausgeleuchtet und verliert dadurch an Tiefe. Es eignet sich für Schmuck- oder Beautyfotografie, wenn es weniger darum geht, ein Charakterporträt zu machen, sondern mehr um die Darstellung eines speziellen Make-ups (als Beispiel). Die Besonderheit bei Beauty-Dish oder Ringlicht (Ringblitz) sind die ringförmigen Reflexe im Auge des Modells.


Licht von der Seite
Seitenlicht lässt das Modell plastischer erscheinen, verstärkt aber auch, genau wie im Freien, die Oberflächenstruktur der Haut. Dabei entstehen ausgeprägte Schatten, die – wenn nur eine Gesichtshälfte im Licht liegt – eine dramatische Wirkung erzielen. Die Lichtquelle muss seitlich zwischen Kamera und Modell positioniert werden (im Extremfall sogar hinter dem Modell – dabei entsteht das sogenannte „Streiflicht“), da der Abstand zwischen Licht und Modell die Länge und Härte der Schatten bestimmt. Wie hart die entstehenden Schatten werden, hängt dabei nicht nur von der Richtung ab (die eher die Länge der Schatten bestimmt), sondern auch vom Lichtformer. Ich nutze für Seitenlicht besonders gern große Striplights (40 x 160), die das Modell von der Höhe komplett ausleuchten, aber nicht in die Breite gehen.
Übrigens: In diesem Artikel zeigen wir Dir drei Haushaltsmittel, aus denen Du ganz leicht einen Lichtformer bauen kannst.

50 mm | f/9 | 1/160 Sek. | ISO 100 | M | Striplight von links

Licht von zwei Seiten – Zangenlicht
Eine Sonderform des Seitenlichts ist das Zangenlicht. In diesem Fall wird mit zwei Lichtquellen gearbeitet. Diese Lichtform ermöglicht sehr interessante Effekte, die sich zum einen aus der Position des Modells zwischen den Lichtquellen ergeben, aber auch durch die Möglichkeit, die Lichtmenge der beiden Lichtquellen völlig unterschiedlich zu steuern. Du kannst die zweite Lichtquelle nutzen, um den Schatten auf der gegenüberliegenden Seite der Hauptlichtquelle ein wenig aufzubrechen, Du kannst beide Lichtquellen auch auf dieselbe Lichtstärke einstellen und so eine sehr gleichmäßige schattenarme Ausleuchtung erzielen. Bewegt sich das Modell mit dem Gesicht nur ein wenig nach vorn oder nach hinten, kannst Du die Schattenverläufe auf dem Gesicht so verändern, dass eine völlig andere Bildaussage entsteht.

Licht von unten
Eine Ausleuchtung von unten bringt eine besondere Dramatik in das Foto. Du musst sehr sorgfältig arbeiten und die Schatten auf dem Display immer wieder kontrollieren. Licht von unten wird auch als „Theaterlicht“ bezeichnet, da es im Theater für die Beleuchtung der „bösen“ Charaktere verwendet wird. Für typische „Beautyfotos“ ist Theaterlicht nicht geeignet.

Das eigene Heimstudio
Mit der Zeit und Erfahrung und vor allem dem Fortschritt in der fotografischen Entwicklung kommst Du irgendwann an den Punkt, wo Du nicht mehr nur mit vorhandenen Licht fotografieren willst, sondern Licht nutzen möchtest, um aktiv das Bild zu gestalten. Es entsteht der Wunsch nach einem „eigenen“ Fotostudio. Den Weg dahin zeigen wir Dir in diesen Artikeln:
- Das Heimstudio Teil 1 – Der Raum
- Das Heimstudio Teil 2 – Das Licht
- Das Heimstudio Teil 3 – Die Accessoires
Die Lichtarten im Überblick
Mehr Informationen rund um das Thema Licht in der Fotografie haben wir Dir in diesen Artikeln zusammengestellt:
- Einführung: Licht in der Fotografie
- Grundbegriffe der Lichtführung – Teil 1
- Grundbegriffe der Lichtführung – Teil 2
Die Inhalte und Bildbeispiele zur Portraitfotografie sind sehr gut. Ein zwei Bildbeispiele
sehe ich eher kritisch. Aber auch daraus kann man ja lernen. Weiter so!
Sehr schön, informativ u. hilfreich geschrieben! Ich freue mich schon auf den nächsten Teil.