Landschaften gehören zu den vielfältigsten Motiven, die man sich vorstellen kann. Unser Special ist ein fotografischer Streifzug durch Wiesen und Wälder, über Berg und Tal, vorbei an Küstenstreifen und idyllisch gelegenen Ortschaften. Außerdem zeigen wir, wie Wolken und Wetter zur Wirkung von Landschaftsmotiven beitragen.
Dieser Artikel stammt aus dem ColorFoto-Magazin 09/2017.
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Siehst Du den Wald vor lauter Bäumen nicht? Vielleicht siehst Du aber auch den Baum vor lauter Wald nicht. In beiden Fällen lautet das Rezept: Überleg Dir, was das Besondere Deines Motivs ausmacht.
Ist es ein größerer Waldabschnitt, den Du von einem erhöhten Standpunkt aus im Blick hast? Oder zieht Dich eine Baumgruppe magisch an? Wie ist das Licht: diffus oder akzentuiert durch direktes Sonnenlicht? Sind Farben dominierende Merkmale wie etwa im Herbst oder nach einem Regen, wenn Feuchtigkeit das Grün zum Leuchten bringt? Oder sind Strukturen die eigentliche Seele des Motivs – die Form des Stamms, die Furchen der Rinde oder das Geflecht der Äste?
Um ein größeres Waldstück abzulichten, musst Du Abstand gewinnen: Zwischen Dir und dem Wald muss sich eine größere Freifläche befinden. Ein erhöhter Standpunkt für Übersichtsaufnahmen findet sich etwa bei Bergwanderungen. Beim Fotografieren von Baumgruppen richtest Du die Kamera meist lotrecht aus, ähnlich wie bei Architekturaufnahmen. Mit nach oben gekippter Kamera lässt sich die Höhe von Bäumen visualisieren. Die dabei auftretenden stürzenden Linien kann man aber auch, wenn nötig, im Bildbearbeitungsprogramm korrigieren.
Tipp: Arbeite Dich von der Totale zur Nahaufnahme! Wald und Bäume bieten eine Fülle von Details, die für sich betrachtet kleine Kunstwerke darstellen. Übe dabei den sensiblen Umgang mit dem vorhandenen Licht: Gerade im Wald sucht sich die Sonne ihre ganz eigenen Wege. Bestimmte Partien sind indirekt beleuchtet, andere wie von einem Spot-Scheinwerfer – entsprechend hoch können die Kontraste sein.
Kommentar von Rainer Mirau
In keiner anderen Sparte der Fotografie ist das Licht so entscheidend für das Bildergebnis wie in der Landschaftsfotografie. Und weil der Versuch, das Licht zu kontrollieren, zum Scheitern verurteilt ist, versuche ich, dem Licht zu folgen.
Man muss als Landschaftsfotograf hochgradig flexibel sein und sich permanent den Bedingungen anpassen, anstatt Bedingungen zu erwarten und mit dem Gefühl aufzugeben, Zeit verschwendet zu haben. Man kommt dann zwar mit anderen Bildern heim als geplant, aber das ist weit besser, als ein Tag ohne Bilder.
Berg & Tal
Mit der Kamera über Berg und Tal. Das erfordert nicht nur gute Kondition, sondern auch einiges an Planung. Landschaftsfotograf Rainer Mirau erklärt, wie er dabei vorgeht: „Um Berge zu fotografieren, steige ich nicht auf deren Gipfel, sondern bewege mich auf umliegenden Bergrücken oder Hochplateaus, um einen Vordergrund einbauen zu können. Am besten gelingen Bergfotos von Standorten zwischen halber und zwei Drittel der Gipfelhöhe. Aus dieser Perspektive ragen die Bergspitzen in den Himmel, und der Blick geht weit über die Täler.“
Um das magische Licht früh am Tag oder am Abend einzufangen, nächtigt Rainer Mirau oft in den Bergen – in Hütte, Zelt oder Biwak. Eine Alternative sind befahrbare Bergpässe wie man sie zum Beispiel in den Dolomiten findet. Als beste Jahreszeit für Bergfotos im Alpenraum nennt der Experte den Juni (Bergfrühling), gefolgt von September und Oktober, wenn die Luft trockener ist und kaum noch Gewitter wie in den Hochsommermonaten entstehen.
Gute Funktionskleidung schützt Dich vor Wetterkapriolen – lass Dich am besten in einem Outdoor-Geschäft beraten, auch bequeme Trekking-Schuhe sind Pflicht. Für Reisen in wärmere Gefilde empfehlen sich zusätzlich Trekking-Sandalen aus wasserabweisendem Material, mit denen man auch mal durch ein Gewässer waten kann.
Für den Transport der Ausrüstung ist ein Fotorucksack die erste Wahl – zum Beispiel aus der Evolution- oder Expedition-Serie von Tamrac oder aus der Pro-Trekker-Serie von Lowepro. Ein kompaktes, aber stabiles Reisestativ, vorzugsweise aus Carbon, ergänzt die Ausrüstung. Beispiel: das Sirui T-024X Traveler Light aus Carbon; es wiegt nur 730 g.
Kommentar von Karl Stechl
Die Landschaftsfotografie bietet eine spannende Kombination aus Naturerlebnis und fotografischer Herausforderung. Körperliche Fitness ist zudem gefragt, weil man häufig weite Wege, auch im unwegsamen Gelände, zurücklegen wird.
Freilich gibt es genügend Aussichtspunkte, die man bequem per Auto erreichen kann; ungewöhnliche Bilder wird aber nur der nach Hause bringen, der auch ungewöhnliche Standorte wählt.
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Dafür brauchst Du gute Schuhe und dem Wetter angepasste Kleidung, das richtige Maß an Kameraausrüstung und einen Fotorucksack mit hohem Tragekomfort. Nimm außerdem genug zu trinken mit! Denn körperliches Wohlbefinden ist die beste Basis für Kreativität.
Himmel & Wolken
Schönes Wetter sei eher langweilig, meinte einmal ein bekannter TV-Meteorologe. Schon eher lasse ein ordentliches Sturmtief das Herz des Wetterfroschs höherschlagen. Ähnlich sehen das viele Fotografen, denn blauer Himmel ist zwar ideal für den Badeurlaub mit Bräunungsgarantie, aber nur ein kleiner Teil der Motivvielfalt über unseren Köpfen.
Vom hochgetürmten Wolkengebirge bis zur zartesten Schleierwolke ist es lediglich eine Frage des Moments und der richtigen Lichtstimmung, ob daraus ein reizvolles oder gar spektakuläres Motiv wird.
Die Farbe einer Wolke hängt zum einen von der Wellenlänge des Lichts ab, zum anderen von der Höhe der Wolken sowie deren Entfernung zum Betrachter und zur Sonne. Nähert sich die Sonne dem Horizont, verändert sich die Farbe mittelhoher Wolken meist über gelb und orange nach rot, wobei hohe Wolken immer noch weiß aussehen können. Zudem wird die Wolkenfarbe durch das Himmelsblau beeinflusst, das durch die Streuung kurzwelliger Lichtanteile an Luftmolekülen entsteht.
Das Fotografieren von Himmel und Wolken geht mit einer beständigen Standortsuche einher: Es ist ein Unterschied, ob man nur einen Himmelsausschnitt oder den Himmel als Teil der Landschaft abbilden möchte.
So gesehen, gibt es auch keine ideale Brennweite für Wolkenbilder: Soll der Vordergrund eine Rolle spielen, ist ein Weitwinkelobjektiv das Mittel der Wahl, während längere Brennweiten bis 135mm – seltener bis 200mm und noch seltener darüber – das Isolieren von Wolkengebilden ermöglichen.
Mehr dazu:
Kommentar von Siegfried Layda
Nahezu jedes Landschaftsbild besitzt auch einen ausgeprägten Himmelsanteil – Grund genug, den Himmel bereits bei der Aufnahme seiner Bedeutung entsprechend zu berücksichtigen.
Hohe Kontraste bereiten in diesem Bereich oft Probleme: Die Wolken sollten zum Beispiel in den Lichtern immer ausreichend Zeichnung aufweisen. Auch im digitalen Zeitalter leisten in schwierigen Fällen Aufnahmefilter (Pol- und ND- bzw. ND-Verlaufsfilter) wertvolle Dienste und erleichtern die Nachbearbeitung.
Landschaft & Architektur
Die Pioniere unter den Landschaftsfotografen hatten als zentrales Thema die vom Menschen unberührte Natur. Man verlässt aber den Boden der Landschaftsfotografie nicht, wenn auch Häuser oder Ortschaften als Bildelemente dazu kommen.
Beispiele dafür finden sich allerorten: ein einsames Haus an der Küste, ein Bauernhof in den Alpen, ein Kloster auf Mallorca, Burgen in Österreich und mediterrane Städtchen, eingebettet in die grünen Hügel der umgebenden Landschaft.
Elemente, die der Bildaussage nicht dienlich sind, kann man durch eine geschickte Wahl von Standort, Perspektive und Bildausschnitt ausblenden; mit nachträglicher Bildretusche sollte man es aber nicht übertreiben. Manche Fotografen, vor allem solche mit bildjournalistischem Hintergrund, lehnen derartige Eingriffe rundweg ab.
Andere argumentieren, dass Bilder auch schon lange vor Photoshop retuschiert wurden, um störende, aber unwesentliche Details zum Verschwinden zu bringen. Abgesehen davon ist es aber gerade die Detailtreue, die eine Landschaftsaufnahme ausmacht – nicht umsonst verwendeten die frühen Landschaftsfotografen am liebsten Fachkameras und große Aufnahmeformate.
Heute sind professionelle Landschaftsfotografen überwiegend mit Vollformatkameras und Sensorauflösungen von über 30 oder 40 Megapixeln unterwegs. Darüberhinaus gibt es die Möglichkeit, die Bildauflösung durch „Stitching“ aus mehreren Einzelaufnahmen zu erhöhen.
Das Prozedere entspricht dem von Panoramaaufnahmen, nur dass es hier nicht um möglichst breite Bilder geht. Für ein hochaufgelöstes Bild im Querformat im Seitenverhältnis 3:2 reichen bereits drei Einzelaufnahmen im Hochformat aus.
Standort & Perspektive
In Bild 1 trägt der Mittelgrund (rot markiert) nur wenig zur Bildaussage bei. Ein tieferer Aufnahmestandort lässt den Vordergrund direkt in den Hintergrund übergehen und dramatischer wirken (2). Fotografiert wurde in beiden Fällen mit 18-mm-Brennweite an einer APS-C-Kamera (27mm/KB).
Das heißt: Nicht die Brennweite verändert die Perspektive, sondern der Aufnahmestandort.
Fazit
Die Landschaftsfotografie bietet eine spannende Kombination aus Naturerlebnis und fotografischer Herausforderung. Man muss als Landschaftsfotograf jedoch stets flexibel sein und sich permanent den Umweltbedingungen anpassen, egal ob man Wälder, Täler oder Himmel und Wolken fotografiert. Besonders wichtig für das Bildergebnis sind dabei das Licht und die richtige Perspektive. Du möchtest noch mehr Tipps zur Landschaftsfotografie erfahren? Kein Problem, in unserer Einführung in die Landschaftsfotografie erhältst Du weitere Tipps.
Weitere Tipps für die Fotopraxis, Tests der aktuellen Kameramodelle und alle Neuheiten und Trends in der Fotobranche erhältst Du im monatlichen ColorFoto-Magazin.
Autor: Karl Stechl
Danke für die schönen Fotos. Wenn man schöne Wolken hat und interessante Sonneneinstrahlung ist es einfacher ein schönes Bild zu machen, als wenn der Himmel ohne Struktur ist oder nur pralle Sonne ohne Schatten.
Da wären ein paar Tipps auch gut, denn oft kommt man nur einmal und kurz an eine bestimmte Stelle, wie bei Busreisen. Was macht man dann?
Interessanter und toller Artikel mit schönen Aufnahmen!
Insbesondere das Bild vom Buchenwald im Gorbea NP reizt mich zum Widerspruch. Der Eindruck dieses im Dunst hängenden Waldes hätte durch eine „Zugabe“ bei der Helligkeit Richtung high-key an Wirkung gewonnen. Im genesatz dazu wäre auch eine kleine Farbsättigung oder etwas mehr Kontrast zu einem Bild mit mehr „Dramatik“ förderlich gewesen.
Ein hoch interessanter Querschnitt durch die Vielfalt der Landschaftsfotografie. Wer Fotos fern von Klischees machen möchte, und nicht in ferne Länder reist, wird sehr zeitig aufstehen müssen und sehr spät zu Bett gehen können, dann gibt es auch in der Heimat außergewöhnliche Landschaftsmotive