Grundbegriffe in der Fotografie: Schärfentiefe

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Seit fast drei Jahren veröffentlichen wir regelmäßig neue Lerninhalte in der fotocommunity-Fotoschule. Inzwischen bietet Dir die Fotoschule Zugriff auf über 300 kostenlose Lerninhalte. In dieser Serie gehen wir noch einmal kurz auf die jeweiligen Grundbegriffe ein. Die Erklärungen sind bewusst kurz gehalten. Wir haben Dir an den jeweiligen Stellen weiterführende Artikel in der Fotoschule verlinkt, sodass Du Dich mit dieser Artikelserie bequem durch die Themen in der Fotoschule durchklicken kannst.

Du findest die weiterführenden Artikel an den verschiedenen Punkten nach der Überschrift „Interessant für Dich“.

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Dieser Artikel stammt aus dem ColorFoto-Magazin.

Bisher in dieser Reihe erschienen

Schärfentiefe

Wann ist ein Foto scharf, wann unscharf? Die Antwort auf diese Frage ist vielschichtiger, als man zunächst vermuten möchte. Technisch betrachtet, entsteht Schärfe durch das Auflösungsvermögen von Bildsensor und Objektiv, durch die Fokussierung und die Rohdatenverarbeitung in der Kamera oder im externen RAW-Konverter.

Mindestens ebenso wichtig aber ist der subjektive Schärfeeindruck eines Fotos, der durch viele andere Faktoren beeinflusst wird. Nimmt man ein Bild als eindeutig unscharf wahr, so wurde es entweder verwackelt (zu lange Belichtungszeit) oder nicht richtig scharfgestellt (falsche Schärfeebene).

Auf der anderen Seite gehört das kreative Spiel mit Schärfeebenen zu den wichtigsten Gestaltungsmitteln der Fotografie. In diesem Beitrag der Fotoschule erfährst Du, wie man technisch bedingte Unschärfen vermeidet und selektive Schärfe bewusst zur Bildgestaltung einsetzt, was man bei der Fokussierung beachten sollte und mit welchen Tricks sich der Schärfeeindruck eines Fotos erhöhen lässt.

Was ist Schärfe?

Die physikalisch erzielbare Bildschärfe wird größtenteils durch das Auflösungsvermögen von Objektiv und Bildsensor bestimmt. Die Auflösung wird in Linienpaaren pro Bildhöhe (LP/ BH) angegeben. Ein Linienpaar besteht dabei aus je einer weißen und schwarzen Linie. Je feiner die Linienpaare, die vom System wiedergegeben werden, desto besser die Auflösung.

Diese lässt sich für verschiedene Ortsfrequenzen (Positionen im Bildfeld) bestimmen. Für den Schärfeeindruck ist aber auch wichtig, mit welchem Kontrast Linienpaare wiedergegeben werden.

Auflösung und Kontrast sind bei Objektiven in der Bildmitte in der Regel besser als in den Randbereichen, vor allem bei offener Blende. Abblenden um zwei bis drei Stufen erhöht in der Regel die Schärfeleistung, zu starkes Abblenden aber reduziert die Gesamtschärfe aufgrund von Beugungseffekten.

Fotograf: Karl Stechl

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Schärfe von Optik und Bildsensor

Testbilder (Siemensstern) eines Objektivs: In der Bildmitte bringt dieses Objektiv bei offener Blende eine gute Abbildungsleistung; Schärfe und Kontrast befinden sich auf hohem Niveau. In den Bildecken präsentiert sich das gleiche Objektiv bei offener Blende weniger positiv. Auflösung und Kontrast sinken auf weniger als 60 Prozent der Werte ab, die das Objektiv in der Bildmitte erreicht.

Schärfeeindruck

Der Ausschnitt aus einer Landschaftsaufnahme zeigt, wie sich der Schärfeeindruck mit dem Bildkontrast verändert. Da es sich um eine Fernsicht handelt, ist der Bildkontrast gering (Bild 1).

Erhöht man den Kontrast, erscheinen nicht nur die Farben gesättigter, auch der Schärfeeindruck wird erhöht (Bild 2). Nimmt man dann die Farbsättigung zurück (Bild 3), bleibt der Eindruck von mehr Schärfe.

Schärfen von Bildern

Die Schärfewahrnehmung des Menschen konzentriert sich auf das Erkennen von Kanten und Linien. Betont man diese, so nimmt man das Bild als schärfer wahr, obwohl sich dessen Informationsgehalt (Detailzeichnung) nicht erhöht hat. In der Frühzeit der Fotografie wurden deshalb wichtige Bilddetails wie Augen und andere Konturen mit feinem Pinsel leicht nachgezeichnet.

Auch die in Bildverarbeitungsprogrammen implementierte „Unscharfmaskierung“ hat den Zweck, den Kontrast an Kanten und Linien zu verstärken.

Aber Vorsicht: Überschärfte Kanten an Hell-Dunkel-Übergängen wirken unschön, wie die Bildausschnitte zeigen. Bild 1 ist moderat nachgeschärft (Stärke 100 Prozent), Bild 2 überschärft (Stärke 500 Prozent).

Schärfen in der Kamera

Bei fast jeder Kamera kannst Du verschiedene Bildparameter einstellen, neben Kontrast und Farbsättigung auch die Schärfung. Meistens macht es keinen Sinn, dort einen erhöhten Wert einzustellen, da das nachträgliche Schärfen im Bildbearbeitungsprogramm besser zu kontrollieren und zudem reversibel ist.

Belasse die Schärfung also auf der Standardeinstellung oder stelle den Schärfungsgrad ein bis zwei Stufen geringer ein, um überschärfte Kanten zu vermeiden.

Fotograf: Hersteller

Wie scharf muss ein Foto sein?

Zum Qualitätsmanagement beim Fotografieren gehört einerseits, dass man zwischen verschiedenen Arten von Unschärfe klar unterscheiden kann: verwackelt oder falsch fokussiert – so lautet die Frage.

Zum anderen sollte man das kreative Spiel mit Schärfe und Unschärfe pflegen. So lässt sich beispielsweise die Aufmerksamkeit des Betrachters durch den Schärfeverlauf auf das Hauptmotiv lenken. Und während ein verwackeltes Bild in der Regel reif für den Papierkorb ist, kann ein verwischt abgebildetes Motiv Bewegung visualisieren.

Was ebenfalls den Schärfeeindruck beeinflusst, sind die Beleuchtungsbedingungen bei der Aufnahme wie Art und Richtung des Lichts sowie die Eigenheiten des Motivs, dessen Farbe, Kontrast und Struktur.

Schärfe durch hartes Licht

Die Beleuchtung einer Aufnahme trägt wesentlich zum Schärfeeindruck bei. Ein typisches Beispiel ist die Aufnahme der Sanddünen. Während die Dünen im linken oberen Bildteil so gut wie keine Detailzeichnung aufweisen, sorgt das harte Streiflicht im Vordergrund dafür, dass nicht nur die Sandwellen, sondern sogar feine Strukturen im Sand herausgearbeitet werden.

Fotograf: Siegfried Layda

Bewegungsunschärfe

Die Aufnahme des Mühlrads ist reizvoll, weil hier ein scharfer Bildkern im Kontrast zur Bewegungsunschärfe (Verwischung) steht; fotografiert wurde mit 1/15 s bei Blende 11.

Scharf ist alles, was sich nicht bewegt, verwischt abgebildet sind dagegen das Mühlrad, der Wasserkübel und das Wasser selbst. Bei Bild 1 wurde mit 1/15 s bei Blende 11 fotografiert, bei Bild 2 mit 1/4 s bei Blende 22, was die Verwischung noch stärker ausfallen lässt.

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Touch-Autofokus

Bei Kameras mit berührungsempfindlichem Bildschirm (Touchscreen) wie der Olympus OM-D oder Canon EOS 650D kann man sehr komfortabel fokussieren, indem man auf dem Monitor das zu fokussierende Bilddetail mit dem Finger antippt.

Am besten funktioniert das bei statischen Motiven vom Stativ. Zusätzlich lässt sich häufig eine Bildschirmlupe aktivieren, die auch beim manuellen Fokussieren des Motivs gute Dienste leistet.

Schärfe als Eyecatcher

Nicht bei jedem Motiv kommt es auf durchgängige Schärfe an. Das Hundeporträt wirkt scharf, obwohl tatsächlich nur der Kopf scharf abgebildet ist, während der Hintergrund in der Unschärfe liegt.

Die Schwanzbewegung, die einen effektvollen Wasserfächer erzeugt, ist durch eine kurze Belichtungszeit von 1/640 s „eingefroren“. Man denkt dabei an Bewegungsunschärfe, tatsächlich aber befindet sich der Hundeschwanz einfach außerhalb des Schärfentiefebereichs.

Fotograf: Karl Stechl

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Defokussiert oder verwackelt?

Es erfordert nur wenig Übung, ein nicht richtig scharfgestelltes (defokussiertes) Foto von einem verwackelten zu unterscheiden. Die große Aufnahme des Buddha wurde vom Stativ bei Blende 5,6 und 1/8 s fotografiert; das Hauptmotiv hebt sich gut vom unscharfen Hintergrund ab.

Fotograf: Karl Stechl

Bild 1 ist ein Ausschnitt davon. Bild 2 ist der Ausschnitt einer zweiten Aufnahme, die ebenfalls bei 1/8 s, aber aus der Hand fotografiert wurde, und die deshalb verwackelt ist. Typisch dafür: die in den Randbereichen der Buddha-Statue sichtbaren Doppelkonturen.

Im Unterschied dazu wurde bei Bild 3 nicht auf das Hauptmotiv, sondern auf den Hintergrund scharfgestellt – so sieht es aus, wenn der Autofokus daneben zielt. Auch die unscharfe Silhouette des Buddha sieht anders aus als bei der verwackelten Aufnahme 2.

Automatisch oder manuell fokussieren?

Ein Foto wird dann als scharf wahrgenommen, wenn die bildwichtigen Teile des Motivs scharf abgebildet sind. Bei einem Porträt kann es beispielsweise reichen, wenn die Augen scharf abgebildet sind, während man bei einer Landschaftsaufnahme eher eine vom Vorder- bis zum Hintergrund durchgängige Schärfe voraussetzen wird.

Die Scharfstellung (Fokussierung) übernimmt bei den meisten Digitalkameras der Autofokus. Dabei unterscheidet man zwischen Phasen-AF (tendenziell schneller) und Kontrast-AF (tendenziell genauer). Viele Kameras bieten auch beide Messmethoden in Kombination.

Wichtig vor allem: Auch bei automatischer Fokussierung kann und sollte man sicherstellen, dass auf das entscheidende Bilddetail scharfgestellt wird.

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AF-Speicherung

Eine praktische Einrichtung ist die AF-L-Taste (AF-Speichertaste). Sie hilft, wenn man mit dem zentralen AF-Feld der Kamera auf ein Motivdetail außerhalb der Bildmitte scharfstellen will: Motiv mit dem zentralen AF-Feld anvisieren und dann die AF-L-Taste drücken.

Anschließend den finalen Bildausschnitt wählen und auslösen. Häufig gibt es AF-L/ AE-L-Taste in Kombination; dann wird mit dem Fokuspunkt (AF-L) auch die Belichtung (AE-L) gespeichert.

AF-Betriebsarten

Die gebräuchlichsten AF-Betriebsarten sind AF-S, AF-C und AF-A. Bei AF-S (Single Auto- focus) stellt die Kamera den Fokus auf das Objekt ein und belässt es bei dieser Einstellung, auch wenn sich das Objekt anschließend bewegt.

Bei AF-C (Continuos Autofocus) stellt die Kamera auf das anvisierte Objekt scharf und regelt kontinuierlich nach, wenn das Objekt seine Entfernung zur Kamera verändert.

AF-Verfolgung ergänzt den kontinuierlichen Autofokus und verfolgt das Objekt auch dann, wenn es sich seitwärts oder nach oben/unten im Bildfeld bewegt.

Bei AF-A (Automatic Autofokus) entscheidet die Kamera selbst nach Analyse des Objekts, ob sie AF-S oder AF-C für geeigneter hält.

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Phasen-AF

Wenn Du bei einer Spiegelreflexkamera mit dem optischen Sucher arbeitest, steht Dir zum automatischen Scharfstellen der Phasen-AF zur Verfügung.

Die dazugehörigen Messzellen befinden sich im Kameragehäuse. Canon nennt den Phasen-AF im EOS-Menü „QuickModus“. Während der AF-Messung gibt es eine kurze Dunkelpause, weil der Spiegel kurz in die Ausgangsposition klappt.

Fotograf: Karl Stechl

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Kontrast-AF

Der Kontrast-AF ist im Live-View-Modus der Kamera am Monitor oder im elektronischen Sucher (wenn vorhanden) aktiv. Er erhält die zur Fokussierung benötigten Informationen direkt vom Bildsensor.

Im Bild: Die 49 Felder des Kontrast-AFs der Fuji lm X100S. Die Felder lassen sich nicht nur einzeln anwählen, sondern auch in ihrer Größe variieren.

Fotograf: Karl Stechl

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Messfeldautomatik

Die Messfelder des AF-Systems decken einen größeren Teil des Bildfelds ab. Die Anzahl der Messfelder variiert je nach Kameratyp und -modell. Beispiel Nikon: 9 Messfelder bietet beispielsweise die D90, 39, die D5200 oder D7100.

Bei automatischer Messfeldwahl entscheidet das AF-System nach bestimmten Algorithmen, welche der vorhandenen AF-Felder zum Einsatz kommen und welche Motivdetails somit im Bereich der verfügbaren Schärfentiefe liegen.

Fotograf: Karl Stechl

Einzelfeldautofokus

Fast bei jeder Kamera kann man einzelne AF-Messfelder anwählen, entweder im Kamerasucher oder am Live-Monitor. So lassen sich Motivdetails über einen größeren Bereich des Bildfelds gezielt scharfstellen.

Praktisch ist es, wenn sich dabei nicht nur die Position des Messfelds, sondern auch dessen Größe variieren lässt. Bei manchen Kameras wie der Canon EOS 7D lassen sich AF-Felder auch zu Gruppen zusammenfassen.

Fotograf: Karl Stechl

Gesichtserkennung

Der AF-Modus Gesichtserkennung ist eine Variante des Kontrast-AFs im Live-View-Modus der Kamera. Dabei ortet das AF-System automatisch ein Gesicht (oder auch mehrere) und stimmt die Fokussierung darauf ab.

Das Einsetzen der Gesichtserkennung lässt sich leicht daran erkennen, dass über dem Gesicht eine Messfeldmarkierung erscheint, die nicht wie übliche AF-Felder an einer festen Position im Bildfeld steht, sondern mit dem Gesicht die Position wechselt.

Fotograf: Karl Stechl

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Fazit

Zum Schärfeeindruck eines Fotos tragen also vor allem die Beleuchtungsbedingungen sowie die Betonung von Kanten und Linien wesentlich bei. Nimmt man ein Bild hingegen als unscharf wahr, wurde es entweder verwackelt oder nicht richtig scharfgestellt. Da sich die Aufmerksamkeit des Betrachters durch den Schärfeverlauf auf das Hauptmotiv einer Fotografie lenken lässt, sollte das kreative Spiel mit Schärfe und Unschärfe unbedingt beherzigt werden. Im nächsten Teil dieser Serie dreht sich alles um die Farbe und den Weißabgleich.

Weitere Tipps für die Fotopraxis, Tests der aktuellen Kameramodelle und alle Neuheiten und Trends in der Fotobranche erhältst Du im monatlichen ColorFoto-Magazin.

Autor: Karl Stechl

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