In Zusammenarbeit mit
In unserem ersten Teil sind wir auf den Platzbedarf eines Heimstudios eingegangen. Heute wollen wir uns der Ausrüstung widmen. Zu einem Heimstudio gehören natürlich Kamera, Stativ, Licht und Hintergründe. Dieses Minimal-Equipment muss in Eurem neuen Heimstudio Platz finden, jederzeit griffbereit sein, aber sollte nicht im Weg liegen, da der gute Studiofotograf sich durchaus sehr agil in Zusammenarbeit mit dem Modell im Studio bewegt.
Natürlich wäre es gut, alles recht unkompliziert und schnell zur Hand zu haben, insofern ist es wichtig sich und das Studio vorher gut zu organisieren, sich zum Beispiel Gedanken zu machen, wo nicht benötigte Ausrüstung gelagert werden kann. Ein weiterer Abstellraum oder ein
ungenutzter Studiobereich schafft Ordnung und Übersicht. Viel zu schnell bricht sonst je nach Set-Aufbau ein Chaos aus.
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In meinen Anfangstagen galt: Wer den Aufbau (Set, Stativ oder Kabel) durch unüberlegtes Getrampel umschmeißt, muss den Keller putzen oder einen Kasten Bier spendieren. Wenn Ihr alleine arbeitet und bereits im Keller seid, ist diese Form der „Bestrafung“ natürlich hinfällig. Aber bei Assistenten hat das Bestrafungs-Prinzip immer funktioniert, spätestens nach der ersten Kiste Bier (oder Cola) hat auch der unerfahrene Helfer auf Füße und Kabel geachtet. Studiofotografie hat immer was mit Ruhe und Überlegen zu tun. Eine strikte Grundordnung hilft immens.
Die Kamera
Professionelle Kameras haben ihre Vorteile, aber bereits mit einem besseren Smartphone/Fotohandy sind gute Studioaufnahmen möglich. Dennoch werdet Ihr nicht umhinkommen, im Heimstudio eine digitale Spiegelreflexkamera oder eine bessere Systemkamera einzusetzen.
Dies hat mit der Lichtmenge und der Brennweitenflexibilität zu tun. Die Spiegelreflexkamera kann mit weniger Licht rauschärmer arbeiten, da sie größere Objektive hat und so mehr Licht sammelt. Das spart Belichtungszeit und ergibt eine viel höhere Flexibilität in der Blendenwahl. Vor allem aber rauschen die viel größeren Sensoren der Spiegelreflexkamera deutlich weniger als die im Vergleich kleinen Sensoren von Kompaktkameras.
Der Brennweitenspielraum ist zwar bei vielen System- und Bridgekameras schon groß, trotzdem ist die Flexibilität einer DSLR nicht zu schlagen. Bei Spiegelreflexkameras könnt Ihr jederzeit ein passendes Objektiv mit der für Euch richtigen Brennweite nutzen – im meist beengten Heimstudio ein wirkliches Plus. Ich rate hier zu einem lichtstarken Zoomobjektiv zwischen 18 – 100mm. Das folgende Foto ist mit einem Tamron 28-75mm f/2.8 mit 1.4 Konverter entstanden. Für diese Art Objektiv-Setup (Zoom + Konverter) hat das Foto eine ordentliche Grundschärfe.

Lichtquellen – Blitz
Vorweg zur Beruhigung: Ausreichend Licht muss nicht teuer sein. Viele zu analogen Zeiten existierende Probleme mit Licht sind in der digitalen Zeit einfach nicht mehr vorhanden. So war der größte Kostentreiber in der analogen Studiofotografie die Farbreinheit des Lichtes. Alle Lichtgeber mussten dieselbe Lichtfarbe haben, um nachher ein aus allen Richtungen farbneutrales Bild zu bekommen. Der Aufwand, um dies zu erzielen, war immens. Dies hat dank des digitalen Weißabgleichs und der späteren Weiterverarbeitung keine große Relevanz mehr. Ein leichter Farbstich ist in Sekunden in der Bildbearbeitung korrigiert.

Der nächste kostentreibende Punkt war die Lichtmenge: Meist wurde (und wird) in professionellen Studios mit Blitzanlagen gearbeitet. Mit dem Einstelllicht kontrolliert man das Motiv und den Lichtverlauf (Schattenkonturen) visuell, und beleuchtet das Motiv bei der Aufnahme dann mit der vorher eingestellten Menge an Blitzlicht.
Blitzanlagen sind aber anfänglich aufwendig in der Bedienung und neu meist teuer und für ein Heimtudio daher nicht zwingend erforderlich und einfach überdimensioniert. Gerade bei der Ersteinrichtung gilt es daher, den Preis im Auge zu behalten. Dank hocheffizienter und rauscharmer Sensoren ist natürlich ein günstiges/gebrauchtes Blitzlichtset nicht zu verachten. Denn schon mit hellem Einstelllicht kann man im Heimstudio zaubern.
Bedenkt aber bitte, diese gerne gebotenen Watt-Schlachten sind und bleiben unerheblich, oft genug haben wir in Studios von befreundeten Hobbyfotografen Blitzanlagen von einer Leistung gesehen, die für die Studiogröße weit überdimensioniert waren und daher immer nur in den unteren 20% der möglichen Blitzleistung genutzt wurden.
Lichtquellen – Baustrahler
Der Baustrahler ist die günstigste Lichtquelle überhaupt. Baustrahler sind in jedem Baumarkt zu bekommen und kosten, je nach Ausstattung, zwischen 20 und 50 Euro. Ein Doppelstrahler mit Stativ ist zu empfehlen, aber Einzel- und Bodenstrahler sind ebenfalls nützlich. Baustrahler auf einem Stativ haben viele Vorteile. Durch das Stativ lässt sich die Position des doch sehr heißen Lichtkörpers besser kontrollieren, und es ist auch um einiges einfacher als bei Bodenstrahlern, das sehr harte Licht zu dämpfen und seine Form zu beeinflussen.
Lichtquellen – Bodenstrahler
Der Bodenstrahler wird selten als direkte Lichtquelle verwendet, sondern eher als Volumenlicht (Bouncing Light).
Als Volumenlicht bezeichnet man die Lichtgeber, die eine Szene im Gesamten erhellen. Diese sollten weiche Schatten werfen und die Szene auf das gewünschte Lichtniveau anheben. Wenn Ihr zum Beispiel eine Blumenvase fotografieren wollt, benötigt Ihr erst einmal überall viel Licht, um dann mit selektivem Licht Nuancen zu verstärken. Dafür sind Bodenstrahler gut geeignet.
Als Volumenlicht nutzt man häufig das von Wänden weich reflektierte Licht. Daher rührt auch der Begriff „Bouncing Light“ (Aufprallen, engl. to bounce). Nach dem Aufprallen des Lichtes auf eine helle Wand oder einen Reflektor wird das Licht viel weicher wieder abgegeben. Strahlt Ihr also mit dem Bodenbaustrahler einfach die Decke oder eine Wand an, um die nötige Lichtmenge zu erhalten. Um Eurem Set eine farbliche Stimmung zu geben, richtet Ihr den Strahler einfach auf eine farbige Fläche.




Vorsicht
In Baustrahlern sind Halogenlampen verbaut, die sehr heiß werden. Diese Hitze genügt, um Dinge in Brand zu setzen. Beachtet daher unbedingt die folgenden Dinge, wenn Ihr Baustrahler im Heimstudio einsetzt:
- Fasst den heißen Strahler niemals direkt an.
- Entfernt nie das Schutzglas und das Sicherheitsgitter.
- Haltet den Abstand zwischen Strahler und angeleuchteten Objekten oder Personen so groß wie möglich.
- Sorgt für einen festen Stand und eine stolperfreie Kabelführung.
- Lasst keine Kinder mit dieser Lichtquelle spielen.
- Sorgt für eine ausreichende Belüftung des Raumes.

Stativ-Baustrahler können bereits viele gewünschte Lichtsituationen abdecken, weil ihre Höhe und Position gut einzustellen ist. Das oft zu direkte und harte Licht, könnt Ihr mit einfachem Backpapier weicher machen. Ihr könnt das Backpapier einfach um die Lampe stülpen und mit Metallklammern befestigen. Diese Metallklammern erhaltet Ihr in jedem Baumarkt für wenige Cent. Wäscheklammern aus Kunststoff sind wegen der Hitzeentwicklung der Strahler ungeeignet.
Beachtet dabei aber, das Gehäuse des Baustrahlers nicht abzudecken, da sonst die Stauwärme das Gerät überhitzt. Eine Lichtfärbung durch das Backpapier (es gibt weißes und braunes) kann durch den Weißabgleich wieder entfernt werden.

Hitzebeständige Scheinwerferfolien aus dem Sortiment der Bühnentechnik sind aber dennoch viel besser geeignet, da sie nicht so viel Licht absorbieren und Ihr unter vielen verschiedenen Farben wählen könnt. Damit habt Ihr Euer Licht farblich deutlich besser unter Kontrolle.
Insgesamt könnt Ihr bereits mit zwei Baustrahlern à 650 Watt und einer digitalen Empfindlichkeit nahe ISO 800 mit offener Blende hervorragende Belichtungszeiten erzielen. Diese genügen, um mäßig bewegte Objekte oder Personen zu fotografieren.
Vorschau auf Teil 3 – Lichtformer und Kleinigkeiten
Im Teil 3 des Artikels rund um das Heimstudio werden wir Euch günstige Lichtformer zeigen und Euch die kleinen aber wichtigen Helferlein vorstellen, die auch in einem Profistudio nicht fehlen dürfen. Den dritten Teil unserer Serie zum Heimstudio findet Ihr hier.

Schöne Übersicht!
Aber… die Zeit der Baustellenstrahler mit Halogenstableuchten ist doch vorbei, oder?
Ich habe vor Jahren selbst damit begonnen und wirklich gute Erste Ergebnisse erzielt (Backpapier als Diffusor :-)). Für kleines Geld bekommt man ja Baustellenstrahler mit LEDs bei gleicher Lichtausbeute. Dennoch: guter Start-Tipp für wenig Geld und Üben bei der Lichtsetzung.
Hallo Manfred,
Danke für Deinen Kommentar. Du hast Recht – die Zeiten der Baustrahler sind vorbei. Aber: Für jemanden, der sich das erste Mal mit dem Thema beschäftigt, um herauszufinden, ob es etwas für ihn ist, der kann damit auf Technik zurückgreifen, die er vielleicht bereits besitzt. So muss er nichts neues Anschaffen, um dann im schlimmsten Fall festzustellen, dass die Investition umsonst war. Und ja, für das Üben der Lichtsetzung ist Dauerlicht am Anfang perfekt, dass Du sofort siehst, was sich am Modell in Punkt Licht und Schatten ändert.
Liebe Grüße!
Lars
Tolle Idee, Danke