Nachdem uns unsere Motiv-Expertin und fotocommunity Nutzerin Pia Parolin einige der schönsten Foto-Hotspots in Nizza vorgestellt hat, nimmt sie Dich heute auf eine aufregende Reise in die italienische Stadt Mailand mit. Wir danken Pia für diesen spannenden Beitrag und wünschen Dir viel Spaß beim Lesen!
Mein Name ist Pia Parolin, ich bin promovierte Biologin und Hobbyfotografin und in Mailand aufgewachsen. Ich besuchte die Deutsche Schule Mailand, wo ich 1984 mein Abitur machte und seither in aller Welt gelebt und gearbeitet habe. Zu Mailand behielt ich aber bis heute eine innige Beziehung. Meine Eltern und Freunde lebten dort doch noch lange. Ich besuche und beobachte die Stadt intensiv und verfolge ihre Entwicklung mit Faszination. Besonders für Fotografen mit einem Schwerpunkt auf Architektur- und Straßen Fotografie, ist diese Stadt faszinierend.
Der Domplatz – das Herz Mailands entdecken
Alles dreht sich um den Dom. Hier trifft man sich, von hier geht man los zum Shoppen, ins Kino oder ins Restaurant. Hier sitzt man auf den Domtreppen zum Quatschen.
Man kann ebenfalls wunderbar die klassische und repräsentative Architektur Mailands hier erkunden: den Eingang der Galleria, das Museo del `900 im wunderbaren Palazzo dell’Arengario und den Königspalast. Alle diese Sehenswürdigkeiten liegen rund um den großzügigen Domplatz.
Glanz in der Galleria Vittorio Emanuele II
Die Galleria Vittorio Emanuele II ist eine Art Einkaufszentrum, von früher. Der „Salotto di Milano“ (auf Deutsch: Mailänder Salon) ist sehr edel wegen seiner zahlreichen Läden wie Prada, Gucci oder Louis Vuitton und seiner Bedeutung als Mailänder Treffpunkt und Speiseraum, ein Muss für jeden Besucher. Hier kann man wunderbar Menschen fotografieren. Die Preise in den Bars und Restaurants lassen einem jedoch das Blut stocken, daher ist es eher angesagt, im Stehen zu fotografieren. Die Galleria Vitorrio Emanuelle II gehört zu den bekanntesten Sehenswürdigkeiten in Mailand.
Im Museo del 900 fotografieren
Abgesehen davon, dass das Museo del 900 ein sehr interessantes Museum ist, welches Werke aus dem 20. Jahrhundert zeigt, befindet sich im Palazzo dell’Arengario in der Nähe der Piazza del Duomo wunderbare moderne Architektur, die frei betretbar ist. Im obersten Stockwerk sind eine Bar und ein exklusives Restaurant, darunter ist der Museumseingang. Das Treppenhaus dorthin ist mit kurzer Untersuchung der Taschen ohne Eintritt zu erkunden und bietet ein schönes Spielfeld für Fotografen.
Auf den Spuren Leonardos im Castello Sforzesco
Leonardo da Vinci lebte von 1452 bis 1519 am Hof der Sforza und war der Haus-Ingenieur der Familie. Er half bei der Gestaltung des Schlosses, als es Zeit für den Wiederaufbau war, malte Fresken für den Innenraum und entwickelte viele seiner Ideen hier. Wenn man mit diesem Gedanken durch den Schlosshof spaziert, findet man Inspiration für coole Fotos. Und für Fans der Architektur ist es allemal etwas Besonderes.
Nachtleben an den Navigli
Die Navigli sind Kanäle, die einmal wichtige Transportwege in der Po-Ebene waren. Inzwischen haben sich die Kanäle zu einer vielfältigen Fußgängerzone entwickelt. Dutzende Bars und Restaurants sowie Kunstgalerien liegen entlang des Wassers. Hier kann man wunderbar Street und Nachtleben fotografieren und am Wasser sitzend anschließend einen Spritz mit preiswertem Selbstbedienungsbuffet genießen.
Straßenkunst und Römersäulen: die Kolonnen von San Lorenzo
16 große korinthische Säulen stehen seit der Römerzeit, also seit fast 2000 Jahren, mitten in Mailand zwischen alten Kirchen, der vorbeiratternden Straßenbahn und Straßenbars. Die Gegend dort ist spannend, voller Leben, mit vielen Graffitis. Es wirkt etwas heruntergekommen aber sehr charakteristisch.
Mode und Luxus werden zur Schau getragen
Wer gerne modisch auffallende Menschen fotografiert und die dazugehörigen teuren Autos, ist in der Via Montenapoleone und dem „Quadrilatero della Moda“ richtig. Es ist Mailands Modeviertel. In den Straßen reiht sich ein Luxus-Geschäft an das nächste. Hübsche und selbstbewusste Frauen treten eilig aus den Modedesigner High-End-Boutiquen, modisch gekleidete Männer flanieren in schrillen Klamotten neben den geparkten Maseratis.
Kunst und Kultur im Szeneviertel Brera
Die Brera ist eine großzügige Fußgängerzone mit Kopfsteinpflaster und Spritz-trinkenden Kunstliebhabern rund um die gleichnamige Pinakothek. Gute Restaurants und Studentenkneipen wechseln sich hier ab. Zwischen all den klassischen Palästen liegt der botanische Garten Mailands. Wer den Zugang findet, taucht in eine wunderbare kleine grüne Oase ein.
Straßenbahnfahren wie im Tee Salon
Die alte orangefarbene Tram war eines der ersten Transportmittel von Mailand und ist noch heute eine Ikone, ein Symbol der Stadt. Seit dem frühen 20. Jahrhundert transportieren die Straßenbahnen mit den Falttüren Einheimische und Besucher durch die Stadt. Sie ist laut und quietscht in den Kurven, man sitzt auf harten Holzbänken, aber man hat ein Gefühl wie in einem wunderbaren Tee Salon. Alleine die Beleuchtung mit dekorierten Gläsern ist museumsreif.
Reges Treiben rund um den Hauptbahnhof
Der Mailänder Hauptbahnhof ist der volumenmäßig größte Bahnhof in Europa. Der Grundstein zum alten Kopfbahnhof wurde von Italiens König Viktor Emanuel III gelegt, aber fertiggestellt wurde er in seiner pompösen Größe unter dem faschistischen Diktator Mussolini 1931.
Das Drehkreuz verbindet Turin mit Venedig und die Schweiz mit Rom. Entsprechend ist er immer von geschäftigem Treiben geprägt und bietet, alleine aus architektonischer Sicht, fotografisch viele interessante Ecken.
Chinatown in Mailand fotografieren
Ich kann mich nicht erinnern, auch nur einen Chinesen in Mailand gesehen zu haben, als ich Kind war. Ein paar Jahrzehnte später gibt es nun eine mehrere Straßenzüge umfassende Chinatown, die dem Namen alle Ehre macht. Um tolle exotische Motive zu finden, muss man also keineswegs um die halbe Erde reisen. In der Mailänder Chinatown gibt es das rege Treiben, das auch in Shanghai oder Peking herrscht, nur mit der Kulisse alter klassischer italienischer Paläste des 19. Jahrhunderts.
Buntes Mailand neben den Schattierungen von Grau
Mailand ist eher für seine Schattierungen von Grau bekannt, als für seine Farbenvielfalt. Aber es gibt die Geheimtipps, die dem Farbfotografen das Herz höher schlagen lassen. Außer vielfältiger Straßenkunst gibt es ein paar Straßenzüge rund um die Via Lincoln, deren Häuser und Hinterhöfe, obwohl zentral gelegen, den Farben der Insel Burano bei Venedig nacheifern. Das ehemalige Arbeiterviertel wuchs zum Regenbogenviertel mit Kleingärten und bunten Ruheoasen.
Modernes Mailand
Am spannendsten ist Mailand seit der Expo 2015 rund um den Bahnhof Garibaldi und die neue Piazza Gae Aulenti. Hier wurde innerhalb weniger Jahre ein von Grund auf neues modernes Stadtviertel auf der grünen Wiese errichtet. Es war eines der größten europäischen Sanierungsprojekte. Und erstmals wurde ein ungeschriebenes Mailänder Gesetz gebrochen: Die goldene Madonna auf dem Dom ist nicht mehr das Allerhöchste in Mailand. Sie wird jetzt von diversen Wolkenkratzern übertrumpft. Ihre bisherige Rolle, alles in Mailand zu überragen und über alle Mailänder zu wachen, ist jetzt symbolisch von einem Bankgebäude übernommen worden.
Wo der senkrechte Wald in den Himmel reicht
Zur Expo 2015 wurde der „bosco verticale”, der senkrechte Wald, eingeweiht. Es ist offiziell das „2015 Best Tall Building Worldwide”, das weltweit erste autarke Gebäude durch die Nutzung erneuerbarer Energien aus Sonnenkollektoren und gefiltertem Abwasser. Jeder der zwei Türme beherbergt 900 Bäume, 5.000 Sträucher und 11.000 mehrjährige Pflanzen. Inzwischen werden in einigen europäischen und chinesischen Städten weitere solche senkrechten Wälder gebaut.
Mit Spiegelungen spielen am Apple Store und in der Fondazione Prada
Ob im Stadtzentrum oder am Stadtrand, überall entstehen architektonisch kreative neue Gebäudekomplexe, die meistens unentgeltlich frei zugänglich sind und entsprechend dem Fotografen eine wunderbare Spielwiese bieten. Ein Beispiel ist der unterirdisch gebaute Apple Store im Stadtzentrum mit seinen Wasserspielen am Eingang und die Fondazione Prada mit einem wunderbaren modernen Museum und spannender aufwändiger Umgestaltung ehemaliger Fabrikgebäude.
Und am Ende ein Kaffee
Mailand ist auch die Stadt der traditionellen Kaffeebars. Wunderbar ist es, sich am Tresen inmitten von Spiegeln und gediegenen Tischchen einen kleinen Espresso im Stehen zu gönnen (denn im Sitzen ist er teurer!). Da diese Kultur tief verwurzelt ist, war es schwer für große ausländische Kaffeehausketten, sich in der Stadt zu etablieren.
1983 verliebte sich ein Amerikaner namens Howard Schultz während einer Reise nach Mailand in die Espresso-Bars und hatte dort die Idee des Vor-Ort-Verzehrs von Kaffee, Kerngeschäft neben dem Bohnenverkauf seiner Firma Starbucks.
Ganz schlau wurde an einem strategischen Ort in Mailand Italiens erste Filiale eröffnet. Mit 25.000 Quadratmeter ist sie eine der größten und wird von der Firma selbst als „das schönste Starbucks der Welt“ bezeichnet. Sie ist auch Europas einzige Starbucks Rösterei: von hier wird der geröstete Reservekaffee an alle Starbucks-Standorte in Europa, im Nahen Osten und in Afrika verteilt. Ich gehe dennoch weiter zu meinen alten traditionellen Kaffeebars.
Es bleibt noch viel zu entdecken
Vieles, das in der 1,4 Millionen Einwohner Metropole für Fotografen spannend wäre, habe ich ausgelassen. Alte Gebäude wie die Kirche Santa Maria delle Grazie, welche das Abendmahl von Leonardo beherbergt, der Kirchenkomplex des Schutzpatrons San Ambrogio und die alte Universitá Cattolica sowie Piazza Mercanti stellen Kulissen wie aus dem Mittelalter dar.
Demgegenüber stehen alte Gebäude, die neu gestaltet wurden, aber den alten Charme erhalten haben. Herausragend ist dabei das oben erwähnte alte Postgebäude in Piazza Cordusio, das heute Starbucks beherbergt.
Besonders die neuen Komplexe wie die Armani Silos, das Museum der Kulturen MUDEC oder das Modigliani Art Experience bieten spannende Hintergründe für Street-Fotografen und Liebhaber der Architektur. Und Neues entsteht weiterhin, das es zu entdecken gilt.
Weitere Sehenswürdigkeiten in Mailand findest Du hier.
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Eine fantastische Stadt. Modehauptstadt.
Aber ich war nur 2 Tage zu Besuch und es war nicht genug.
Vielleicht nächstes Mal etwas länger.
Und ich dachte immer, in Mailand gibt es zu wenig Fotomotive. Absolut tolle Tipps habt Ihr hier!