Einführung in die Vogelfotografie: Die Kameraeinstellungen

Kameraeinstellungen in die Vogelfotografie
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Heute erhältst Du eine Einführung in die Vogelfotografie. Dabei geht es um die richtigen Einstellungen Deiner Kamera. Wir fotografieren sozusagen „zusammen“ Vögel. Mein Ziel ist es, Dir das Thema fotografisch anhand von Motiven näher zu bringen. Ich meine damit Motive, die Dir alltäglich begegnen, also die Du in Deinem Garten oder bei einem fotografischen Spaziergang findest.

Du benötigst die richtige fotografische Ausrüstung und das Wissen um die richtigen Einstellungen. Du benötigst kein Tarnzelt, kein Biologiestudium und keinen stundenlangen Ansitz. Wenn Du die Hinweise in diesem Artikel beherzigst, dann wirst Du am Ende vielleicht nicht den Eisvogel ablichten, wie er auf der Jagd gerade die Wasseroberfläche durchbricht. Es wird Dir aber trotzdem gelingen, viele unserer scheuen und bunten Mitbewohner ins rechte Licht zu rücken.

Im ersten Teil werden wir uns eher mit grundlegenden Dingen beschäftigen, also Brennweiten, Sensorformaten, Verschlusszeiten und ISO, also mit dem eher technisch-fotografischen Handwerkszeug. Im zweiten Teil der Einführung Vogelfotografie wird es um das Motiv selbst gehen, um die Bildgestaltung und praktische Anwendung, also die kreative Seite.

Einführung in die Vogelfotografie: Die Kameraeinstellungen

Vögel sind klein, flink und scheu (meist jedenfalls). Insofern sind die Anforderungen an die Technik anders, als bei der Fotografie von Menschen oder großen Tieren (zum Beispiel den fotografisch beliebten Katzen und Hunden).

Ich werde mit Dir diese Anforderungen nun Punkt für Punkt durchgehen.

Bitte berücksichtige beim Lesen: Es geht hier nicht um Dogmen, denn viele Wege führen nach Rom. Ich möchte Dir einen dieser Wege zeigen. Einen Weg, der komfortabel zu gehen ist und Dich sicher zum Ziel führen wird.

Mit Vogelfotografie meine ich natürlich nicht Nachbars Huhn, das mir, wie hier, neugierig vor die Kamera gelaufen ist, als ich Blumenmakros machen wollte, sondern Wildvögel.
100 mm | 1/320 Sek. | f/2,8 | ISO 500

Welche Brennweite benötigst Du?

Ein großes Thema – eigentlich DAS Thema in diesem Segment der Fotografie – ist die Brennweite.

Distanzen von 5 bis 8 Meter hören sich erst einmal nicht so weit weg an. Nehmen wir jetzt aber einmal an, Du hast ein 200mm – Tele (Bildwinkel 7,7 Grad an APS-C und 12,4 Grad an Kleinbild), dann kannst Du über trigonometrische Funktionen ausrechnen, welche Breite das Motiv maximal haben kann, um in zum Beispiel sechs Meter Entfernung formatfüllend aufgenommen zu werden.

Die Werte liegen bei 80 cm (APS-C) und 1,2 m (Kleinbild).

Wie groß war noch ein Singvogel?

Natürlich gelingen auch mit kürzeren Brennweiten manchmal gute Fotos, aber hier ist mehr Glück im Spiel. Dieser junge Sperling hat sich mehr auf seine Tarnung verlassen und bleibt daher im Brennholzstapel sitzen. Nach diesem einen Foto habe ich mich dann auch schnell wieder zurückgezogen.
200 mm | 1/250 Sek. | f/4 | ISO 320 | APS-C

Genau, der Vogel würde bei dieser Brennweite nur 10 – 15% der Bildbreite einnehmen (wenn Du überhaupt 6 Meter herankommst), sonst noch weniger.

Die einzige praktikable Lösung ist daher: Mehr Brennweite! (Ich gehe hier von normal scheuen wilden Vögeln aus und nicht von Menschen angefütterte Tiere, die zwischen Deinen Füßen herumlaufen).

Bei großen Vögeln kann eine „kürzere“ Brennweite auch gerade so noch ausreichen, allerdings werden es dann eher szenische Aufnahmen, als wirkliche Detailaufnahmen. Hier verteidigt eine Silbermöwe ihr Gelege gegen eine Heringsmöwe. 200 mm | 1/400 Sek. | f/4,5 | ISO 160 | APS-C

Welche Brennweiten benötigst Du also?

An einer APS-C liegt der interessante Bereich bei 300 – 500mm, bei einer Kleinbild-Kamera eher im Bereich 400 – 600 mm. Ich gehe von vergleichbarer Pixelzahl aus und davon, dass die Objektive näherungsweise hoch genug auflösen.

(Um den Kritikern vorzugreifen: Mit entsprechender Vorbereitung, ein wenig Glück und Fachwissen, gehen natürlich auch kürzere Brennweiten).

Wenn der Vogel nur ein szenisches Detail ist, mag eine kurze Brennweite auch reichen, aber hier sieht man schon: wirklich viel vom Vogel selbst ist nicht zu erkennen.
200 mm | 1/4.000 Sek. | f/4 | ISO 100 | APS-C

Erschrecken Dich diese Zahlen?

Keine Sorge, Du musst nicht im Lotto gewinnen. Im weiteren Teil zeige ich Dir Lösungen, die durchaus finanzierbar sind und trotz allem tolle Ergebnisse bringen.

Verschlusszeiten und Programm

Motivprogramme kannst Du bei dieser Art der Fotografie schlicht vergessen. Du hast zu wenig Kontrolle über die Parameter.

Erfahrungsgemäß arbeiten die meisten Programme mit der Zeitautomatik und geben aus Gründen der Bildgestaltung die Blende vor. In unserem Fall funktioniert dies nicht, denn Du brauchst aus zwei Gründen (sehr) kurze Verschlusszeiten.

Mit ein wenig Beschnitt hätte es eine tolle Aufnahme werden können, wenn denn die Verschlusszeit kurz genug gewesen wäre. Hier hätte es Zeiten kürzer 1/2.000 Sek. benötigt.
200 mm | 1/640 Sek. | f/3,6 | ISO 5.000 | APS-C

1. Lange Brennweiten sind schwer Freihand so ruhig zu halten, dass Du das Bild nicht verwackelst. Bei 500 mm benötigst Du mindestens 1/500 Sek. (Kleinbild) bzw. 1/800 Sek. (APS-C), um sicher ohne Verwackeln zu fotografieren.

Nun haben Objektive heutzutage zunehmend Bildstabilsatoren und damit kannst Du auch deutlich längere Verschlusszeiten noch ohne Verwackeln halten. Stative können hier auch unterstützen. Nun wird es etwas schwierig, den Bewegungen eines Vogels mit der Kamera auf dem Stativ zu folgen, aber mit ein wenig Übung wird es lösbar sein. Nun kommen wir aber zu dem zweiten Punkt:

2. Vögel bewegen sich zumeist sehr schnell. Insbesondere, wenn es sich um die kleinen flinken Singvögel handelt. Insofern bringt Dir ein Bildstabilisator nicht viel, da er nur die Bewegung der Kamera kompensiert, jedoch nicht die Bewegung des Motivs (Vogels).

Abgesehen von unbewegten Momenten (die auch ein Vogel durchaus hat) benötigst Du für die Bewegungen Verschlusszeiten von 1/1.000 Sek. Im Flug mit Flügelschlag können selbst 1/2.000 Sek. noch zu lang sein.

Wenn genug Licht vorhanden ist, wird natürlich auch eine Zeitautomatik funktionieren. Insbesondere, wenn Du der Kamera eine maximale Verschlusszeit vorgeben kannst. Leider bieten solche Optionen nur die eher teuren Modelle an.

Für den Einstieg stelle Deine Kamera am besten auf die Blendenautomatik (meist Tv oder S) in Kombination mit der ISO-Automatik. Als Zeit solltest Du 1/1.000 Sek oder kürzer wählen.

Was macht die Kamera in dieser Einstellung?

Du hast eine garantierte Verschlusszeit, die ausreichend kurz ist. Je nach Licht wird die Kamera die Belichtung über die Blendenöffnung steuern. Erst wenn selbst Offenblende nicht ausreichend Licht ergibt, werden die ISO hochgesetzt.

Bei sehr viel Licht kannst Du natürlich noch kürzere Verschlusszeiten wählen.

Lieber die ISO ein wenig höher und dafür keine Bewegungsunschärfe, Rauschen lässt sich einfacher kontrollieren.
400 mm | 1/500 Sek. | f/8 | ISO 3.200 | APS-C

Viele Fotografen haben Probleme mit höheren ISO. Mein Ansatz ist da pragmatischer, denn der Verzicht auf höhere ISO bedeutet dann oft verwackelte oder unterbelichtete Fotos, was ich persönlich gern vermeide.

Die Belichtungsmessung Deiner Kamera

Die übliche Messung bei heutigen Kameras ist die Mehrfeld- oder Matrixmessung, bei der die Kameras das gesamte Motiv in die Messung einbeziehen und die Bereiche besonders bewerten, an denen der Autofokus Schärfe meldet. Meist funktioniert dieser Modus recht gut. Er wird dann problematisch, wenn der Hintergrund deutlich heller oder deutlich dunkler als das Gefieder des Vogels ist.

In diesen Fällen solltest Du eine andere Methode der Belichtungsmessung wählen. In Frage kommen hier die Selektiv- und die Spotmessung, die beide die Messung auf einen kleinen Teil des Suchers beschränken. Du kannst so dafür sorgen, dass Dein Motiv – der Vogel – unabhängig von der Umgebung gemessen wird.

Der Nachteil: Diese Messungen beschränken sich fast immer auf die Bildmitte. Du bist in der Bildgestaltung eingeschränkt. Bei den heutigen Auflösungen der Kameras ist allerdings ein dezenter Beschnitt der Fotos kein Problem. Hier erfährst Du mehr zu den Messmethoden:

Autofokus

Zu den Einstellungen des Autofokus möchte ich Dir keinen konkreten Tipp geben. Grundsätzlich wirst Du natürlich am besten mit dem Modus fahren, der das Motiv ständig nachfokussiert (AI Servo oder C).

Ob Du allerdings nur ein einzelnes Feld verwendest (kleiner Vogel im Geäst sitzend) oder aber eventuell sogar alle Felder (Adler am blauen Himmel segelnd), hängt sehr von der Situation ab. Im folgenden Praxisteil schreibe ich neben den EXIFs daher auch noch jeweils etwas zur AF-Feldwahl bezogen auf das jeweilige Motiv.

Fazit: Einführung in der Vogelfotografie

Du bist nun rein technisch gesehen gut gerüstet, Deine Kamera ist von den Einstellungen her vorbereitet und nun können wir uns gemeinsam der praktischen Seite der Vogelfotografie zuwenden. Hier geht es zu Teil 2: Die Praxis in der Vogelfotografie.

Lesetipp: Online-Fotokurs „Tierfotografie: eine Einführung“

Online Fotokurs fotocommunityIn unserem Kurs Tierfotografie – eine Einführung erfährst Du, welche verschiedenen Arten der Tierfotografie es gibt und bekommst hilfreiche Tipps zur Vorbereitung, Technik und Bildgestaltung.

 

18 Kommentare

  1. Habe den neu angebotenen Text nochmal gelesen. Finde, wie damals den Artikel immer noch gut. Zur Brennweite habe ich eine kleine Korrektur bzw. Ergänzung. Bildwinkel: Die übliche Angabe, z.B. 12,4 Grad für ein 200 mm Objektiv, gilt für die Bilddiagonale. Wenn man die Bildbreite (36 mm bei Kleinbild) betrachtet, so ist der Bildwinkel nur noch 10,3 Grad.
    Warum sollte man überhaupt den Bildwinkel benutzen? Den muss man kennen oder mit der arctan-Funktion berechnen. Auch mit der Tangensfunktion kann man kaum intuitiv rechnen. Einfacher geht es mit dem Abbildungsgesetz (B/G = b/g) und der Linsengleichung (1/f = 1/b+1/g). Da reicht die Bruchrechnung.
    Noch einfacher wird es, wenn man annimmt, dass näherungsweise b = f gilt und dass die Entfernung von der Bildebene bis zum Gegenstand näherungsweise gleich g ist. Bei relativ großer Entfernung der Gegenstandes, bei der Vogelfotografie ist das ja die Regel, muss man dann nur noch mit Proportionen rechnen (oder eine grobe Überschlagsrechnung ausführen). Beispiel: Damit bei einer Brennweite von 200 mm = 0,2 m das Bild eines Vogels in 20 m Entfernung (= 100 x Brennweite) die Bildbreite von 36 mm ausfüllt muss der Vogel 3600 mm „breit“ sein.
    In 6 m Entfernung (6 m/0,2 m = 30) müsste der Vogel 30 x 36 mm = 1,08 m „breit“ sein.

  2. Nun ja hohen ISO Bereich vermeiden ja/nein ? Ich bin definitiv für ja.
    Ich habe letztens ein Rotkehlchen mit einer R6 fotografiert und ISO 6400.

    Das Foto ist so nicht schlecht, leider sieht man durch den hohen ISO nicht so wirklich die Strukturen der Federn. Man sieht schon welche, nur wirken diese matschig und nicht schön scharf (verwaschen).
    Ich finde es schade, dass hier in diesem Artikel nicht drauf eingegangen wird, wie hoch der max. ISO sein sollte.

    Ich bin der Meinung bei der R6 (Vollformat) max. ISO 1600 und bei einer APS-C Kamera ISO 400. Das sind so meine Werte wo ich denke, dass dies dann wirklich scharfe Bilder werden.

    Klar wenn das Bild dann unterbelichtet ist, weil der ISO zu klein ist, dann ist das halt so. Nur wenn der ISO zu hoch ist, hat man zwar ein Foto, welches aber nicht wirklich TOP ist.

    Von daher kann man es dann auch sein lassen einen Hohen ISO zu wählen. Ich möchte eigentlich nicht unbedingt ein Foto haben sondern ich möchte ein Foto haben was wirklich gut ist.
    Das ist allerdings mein Anspruch an mich.

    Gruß
    Christian

  3. Ich tu mich etwas schwer mit der Brennweite und kann die Meinung nicht ganz teilen. Habe auch nur 200mm und es ist ausreichend, klar mehr ist da immer besser. Doch der Reiz ist, sich auf die Lauer zulegen, zu lauschen und dann abzudrücken :-)

  4. Ich bin schon beim ersten Lesenn von der Darstellung sehr angetan. Alleine die Einbeziehung von Vollformat und Apsc gefällt mir sehr gut. Ich bin gespannt, was ich zustande bekomme.
    Bis dann
    Rudi

  5. Tolle Artikelreihe und gerade passend zur Jahreszeit. Jetzt wo die Vögel zurückkommen und doch meist eine gewisse Herausforderung darstellen beim Ablichten. Freue mich auf den zweiten Teil.
    Gruss Tobi

  6. Für mich ein sehr interessanter Beitrag. Ich hoffe, in Zukunft das
    „Zufallsprinzip“ vergessen zu können und werde verstärkt üben.

  7. Sehr hilfreicher Artikel. Eine Ergänzung: Mit Vollformat und 200er Brennweite kann man auch größere Ausschnitte in der Bildbearbeitung vornehmen und im Endergebnis recht gute Fotos bekommen; Beweis: http://www.lutz-stegemann.de (wird nach „yumpu“ weitergeleitet), Namibia-Urlaub 2016, Ss. 12, 34, 46, 56, 64, 72, 74,117, 119. Der Rotbauchwürger und die Webervögel sind nicht größer als unsere Spatzen. Die Entfernung Betrug mindestens 2 m, meist sogar ca. 5-8.
    Alle mit Sony a 99, Sigma 70-200, f 1:2.8

  8. Ich finde die Bewegungsunschärfe bei der Blaumeise richtig gut. Das ist wie eine visuelle Abstraktion des Flugmanövers. Vögel sind nun mal flink und wendig – und so kann man das ja auch abbilden.

  9. Klasse Artikel, der zur rechten Zeit kommt. Jetzt sind noch wenig/keine Blätter an den Bäumen und die Singvögel gut zu entdecken. Ich freue mich schon auf den zweiten Artikel … dann wird ausprobiert. Ich fotografiere Vögel sehr gern und ein wenig Nachhilfe tut immer gut.

  10. Ich fotografiere Kolibris hier in Santiago de Chile auf unserer Terasse . Stativ und Fernauslöser sind ein muß . An Zeit und Blende muß man sich ranntasten . Es kommt darauf an was man will ! Den Flügelschlag oder oder .

  11. Hallo,
    danke, dass Du auch mal mit APS-C arbeitest, ist doch meistens das Format, mit dem die Hobbyfotografen arbeiten. Was noch zu erwähnen wäre, ist ein Einbeinstativ, dieses leistet mir zum 150-500er Objektiv sehr gute Dienste.
    Ansonsten super beschrieben, freue mich schon auf die Fortsetzung.

  12. „wenn Du der Kamera eine minimale Verschlusszeit vorgeben kannst“
    Es muss heißen „maximale Verschlusszeit“, die Zeit soll nicht größer werden als die eingestellte Zeit (sieht auch Canon inzwischen ein).
    Sonst aber alles sehr klar und zutreffend.

    1. Du meinst minimal=1/1000 mit der Verschlusszeit. Wie ist das zu verstehen: die Zeit soll nicht größer werden als die eingestellte Zeit.
      Gruss Renato

      1. Man kann eine Zeit vorwählen, die nicht überschritten werden soll, d.h. kürzere Zeiten sind möglich, längere nicht.
        Die im Menu eingestellte Zeit ist die maximale Zeit.

  13. seltsamer „Jungspecht“ – es ist ein junger Sperling. Ansonsten ganz ok, aber eine etwas sorgfältigere Beschreibung der Abbildungen wäre angebracht, sonst wird das alles schnell unglaubwürdig.

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