Wer bei Schnee und Eiseskälte auf Motivsuche geht, kommt mit der richtigen Vorbereitung und Ausrüstung am weitesten. Aber auch aufnahmetechnisch bringt die weiße Pracht einige Herausforderungen mit sich – etwa mit Blick auf Belichtung und Weißabgleich. Tipps zum Fotografieren im Winter verraten wir Dir in diesem Artikel.
Dieser Artikel stammt aus dem ColorFoto-Magazin 01-2018.
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Der Winter hat seine eigene Bildsprache.
Wenn sich Schnee wie eine weiße Decke über die Landschaft legt, bekommen Objekte in der Landschaft eine neue Bedeutung. Ein Baum, ein Zaun, eine Hütte, die auf einer Sommerwiese nur eine Randerscheinung wären, wirken im Schnee wie isoliert von ihrer Umgebung und können so eine starke grafische Wirkung erzeugen.
Objektfarben – vor allem Rottöne – wirken im weißen Umfeld intensiver als sonst. Im Gegenschluss heißt das aber auch, dass Winterlandschaften ohne strukturierende Elemente oder interessanten Vordergrund ziemlich langweilig wirken können. Erst recht gilt das an Wintertagen mit wolkenverhangenem Himmel und niedrigem Motivkontrast.
Matrixmessung nutzen
Dann sieht Schnee im Foto nicht weiß, sondern grau aus. Das Gegenrezept: Frische das Weiß durch Tonwertkorrektur im Bildbearbeitungsprogramm auf (siehe unten). Wenn sich die Sonne dauerhaft zeigt, steht sie den ganzen Tag über tiefer als im Sommer, was wiederum zu hohen Motivkontrasten führen kann. Belichte dann „auf die Lichter“. Das heißt, die Zeichnung in hellen Bildpartien soll so weit wie möglich erhalten bleiben. Verwende die Matrixmessung und korrigiere die Belichtung um eine Blende oder mehr ins Minus.
Konsultiere – wenn vorhanden – das Live-Histogramm, und aktiviere die Überbelichtungswarnung. Fotografiere im RAW-Modus und helle bei der späteren RAW-Verarbeitung die Schatten mit dem „Tiefen“-Regler auf. Zudem koannst Du mit dem „Lichter“-Regler die Detailzeichnung in hellen Bildpartien optimieren.
Übertreibe es aber nicht, sonst wirken die Lichter grau belegt.
Wie der Schnee weiß wird
Wald und Bäume
Wann immer man als Fotograf unter Ideenmangel leidet und auch die ausgedehnte Motivsuche nicht zu vorzeigbaren Bildergebnissen führt, sollte man das „Motiv im Motiv“ thematisieren.
Zum Beispiel Bäume: Deren Erscheinungsbild wird vom Frühling bis zum Herbst durch das sich verändernde Blattwerk bestimmt. Bei Temperaturen unterhalb des Nullpunkts machen Reif, Schnee und Eis den Baumbestand fürs fotografische Auge attraktiv, oft sogar unwiderstehlich.
Reif entsteht durch Resublimation von Wasserdampf zu Eis und zeigt sich als kristalliner, fast schneeartiger Belag. Auf Ästen und Zweigen wirkt das besonders schön, wenn – wie an kalten Herbsttagen – warme Farben im Bild sind, die sich mit dem Weiß überlagern. Reif bildet eine Art Vorstufe zum selteneren Raureif, einem festen Niederschlag mit nadelförmigen Eiskristallen bei Temperaturen unter -8 °C.
Schnee und Eis verwandeln Bäume in Fabelwesen, deren Wirkung mit der Aufnahmeperspektive variiert. Beim Fotografieren von Baumgruppen richtest Du die Kamera – wie bei Architekturaufnahmen – meistens lotrecht aus. Aufnahmen mit nach oben gekippter Kamera sind dagegen bei einzelnen Bäumen interessant, um deren Höhe und Mächtigkeit zu betonen.
Wer öfter im Wald fotografiert, wird feststellen, wie unberechenbar das Licht in diesem Umfeld ist. Die Sonne sucht sich ihren Weg und zeigt sich oft nur für wenige Sekunden an einer Stelle, wo man sie vielleicht nicht erwartet. Ein Beispiel dafür ist der „Blaue Wald“: Die von der Seite einfallenden Sonnenstrahlen sorgen für einen magischen Lichtmoment.
Wasser und Eis
Fließendes Wasser zu fotografieren, stellt Dich vor eine Grundsatzentscheidung: Wählst Du eine kurze Belichtungszeit, wird das nasse Element wie eingefroren dargestellt. Dagegen bildet eine lange Belichtungszeit das Wasser aufgrund von Bewegungsunschärfe mit einer schleierartigen Struktur ab, die vom Betrachter als Fließbewegung interpretiert wird.
Um eine entsprechend lange Belichtungszeit zu erzielen, ist neben Abblenden oft ein Neutralgraufilter nötig. Im Foto unten wirkt der „Fließwasserschleier“ besonders plakativ, weil seine grünliche Färbung die Monochromie der winterlichen Umgebung durchbricht. Der extrem weiche Farbverlauf im Wasser deutet zudem auf eine relativ lange Belichtungszeit hin – hier waren es 10 Sekunden.
Die Farbabstimmung mittels Weißabgleich ist gerade bei Winterbildern wichtig, weil Farbstiche im weißen Schnee besonders auffallen. Oft auch ist der Schnee in den hellen Partien des Motivs weiß, zeigt in den Schatten dagegen einen Blaustich.
Tipp: Fotografiere im RAW-Modus und produziere bei der RAW-Verarbeitung zwei Bildvarianten mit unterschiedlichem Weißabgleich, die eine mit eher kühler Darstellung (Farbtemperatur-Regler zum Beispiel auf 5000 Kelvin), die andere deutlich wärmer abgestimmt (zum Beispiel 7000 Kelvin).
Lege jetzt beide Bilder als Ebenen in Photoshop übereinander, so kannst Du durch Ändern der Deckkraft bei einer Ebene die Farbabstimmung fein dosieren. Selektive Korrekturen sind möglich, wenn Du in einer Ebene die gewünschten Partien mit dem Radiergummi freilegen.
Kamera und Kälte
Bei klirrender Kälte auf Fotopirsch? Denke daran, dass unterkühlte Akkus schneller schlapp machen als warme. Also mindestens einen voll geladenen Ersatzakku mitnehmen und am Körper warmhalten – um Beispiel in der Hosentasche, eventuell zusammen mit Wärmepads. Die Kameraausrüstung nicht unnötig in der Kälte lassen, um Beispiel über Nacht im Auto, das im Freien parkt. Und wenn die Kamera beim Fotografieren stark abkühlt: Nicht abrupt ins Warme wechseln, sonst könnte Kondenswasser ins Innere des Kameragehäuses gelangen.
Besser: Die Kamera noch im Freien in einen verschließbaren Plastikbeutel stecken und erst nach dem Akklimatisieren im Zimmer herausnehmen.
Weitere Tipps findest Du in diesen Artikeln:
- 10 Tipps, mit denen Du fotografisch sicher durch den Winter kommst
- Kamera & Kälte: Diese 17 Tipps bringen Dich sicher durch den Winter
Kommentar von Karl Stechl
Ich gebe es ja zu: Es macht mehr Spaß, mit der Kamera zwischen Palmen und türkisblauem Wasser bei 30° C unterwegs zu sein als in Winterlandschaften bei Minusgraden. Wer will schon gerne mit klammen Fingern Objektive wechseln oder mit dem Stativ hantieren, während man dem Akku förmlich dabei zusehen kann, wie er vor der Kälte kapituliert? Es braucht Überwindung, aber es lohnt sich, denn Schnee und Eis zaubern unvergleichliche Motive – in großen Landschaften ebenso wie in kleinen Details
Licht und Schatten
Jeder Fotograf kennt diese magischen Momente, wenn das Licht die Umgebung verzaubert und man den Atem anhält. Man kann solche Momente erleben, wenn der Tag in die blaue Stunde übergeht und das bläulich kalte Umgebungslicht in einem schönen Komplementärfarbenkontrast zu künstlichen Lichtquellen steht. Oder wenn sich Sonnenstrahlen den Weg durch die Äste eines Winterwalds bahnen und Schneekristalle zum Glitzern bringen.
Es lohnt sich immer wieder, Tageslicht nicht einfach als etwas Gegebenes zu betrachten, sondern seine verschiedenen Erscheinungsformen zu studieren:
- Wie verändert sich das Licht mit dem Sonnenstand?
- Ist das Licht gerichtet oder diffus?
- Wie ist seine Farbtemperatur, und wie wirkt sich das auf die Gesamtstimmung des Fotos aus?
Während diffuses Licht bei Herbstmotiven mit buntem Laub zu reizvollen Bildern führt, brauchen die meisten Wintermotive direktes Licht, um zu wirken:
Seiten- und Gegenlicht arbeitet Oberflächenstrukturen heraus, das gilt für Häuserfassaden ebenso wie für Schneeflächen. Zudem ist weißer Schnee wie eine Projektionsfläche für Licht unterschiedlicher Farbtemperatur: Wirklich weiß ist Schnee nur bei direktem Licht mit Tageslichtcharakter (um 5500 Kelvin); in den Schatten wirkt er oft wie mit blauer Tinte eingefärbt. Beim Licht der auf- oder untergehenden Sonne nimmt die weiße Pracht eine rötlich-gelbe Färbung an, die man nicht mittels Weißabgleich bei der Aufnahme oder durch gegenläufige Farbkorrektur bei der Bildbearbeitung eliminieren sollte – sonst wäre die Stimmung futsch.
Lichtspiele im Schnee
Wie stark Licht eine Winterlandschaft binnen kurzem verändern kann, zeigt die folgende Bildserie
Kommentar von Rainer Mirau
Gerne kehre ich immer wieder an landschaftlich interessante Orte zurück, denn nie ist das Licht gleich. Neben der Tageszeit bestimmt auch die Jahreszeit die Qualität des Lichts. Im Winter steigt die Sonne nicht so hoch wie im Sommer, was trotz kürzerer Tage zu mehr fotografisch ergiebigen Stunden pro Tag führt. Prinzipiell sollte man als Landschaftsfotograf dem Licht folgen, statt den vergeblichen Versuch zu unternehmen, das Licht zu kontrollieren. Man kommt dann zwar oft mit anderen Bildern nach Hause als den zunächst geplanten, aber seltener ganz ohne gute Bilder.
Fazit
Ja, es lohnt sich auch bei Minusgraden das Haus zu verlassen und mit der Kamera auf Streifzug zu gehen. In diesem Beitrag hast Du erfahren wie Du Wintermotive gekonnt in Szene setzt und worauf du bei der Belichtung achten solltest.
Autor: Karl Stechl
Du hast keinen Schnee „griffbereit“? Kein Problem in diesem Artikel dreht sich alles um Wintermotive ganz ohne Eis und Schnee.
Toller Artikel mit echt guten Tipps – Danke!
Wir fahren morgen in die Schneelandschaft. Bin gespannt, wie die Fotos diesmal werden. Ich werde die Hinweise beherzigen. Danke für die guten Tipps!
Guter Artikel mit hilfreichen Hinweisen und sehr schönen Bilder.
Mich würde interessieren mit welcher Einstellung die 4 Landschaftsbilder gemacht wurden und war die Kameraeinstellung immer die gleiche?
Vielen Dank.
kalt6 und schön.danke für die grudtips-aufdauen der camers habe ich noch nicht gewusst-DNKE jörg
Die Trauerweide ist aber sicher eine Birke, oder nicht?
Schöne Aufnahmen und gutee Tips,danke
Sehr wertvolle Hinweise, vielen Dank.
Sehr informativer Artikel. Vieles ist bekannt, doch die Feinheiten machen den Kuchen erst richtig schmackhaft. Vielen Dank.
Gut verständliche und praxistaugliche Lektion mit tollen Bildern.
Allerdings würde ich den „Eisriesen“ eher für eine Hängebirke halten.
Ich schließe mich deiner Meinung an. Eine Birke.(Betula Pendula)
Aber die Lektionen hier sind Klasse und Lehrreich.
Toller Artikel, klasse Bilder!
Sehr hilfreich.
VG JG
Vielen Dank für den tollen Artikel und die imposanten Bilder. Auch der praktische Tip (Wechsel der Kamera von Kalt in Warm) hat mir sehr imponiert.
Gruss Norbert
gute Tipps, gehe ich gleich morgen ausprobieren
Vielen Dank,
für die informativ und gut dargestellte
Thematik.
Grüße, Jürgen
Tolle Bilder von Rainer Mirau. Aber wie die Fotos von der untegehenden Sonne im Gasteinertal zeigen, muß man nicht nur der Kälte trotzen, sondern auch noch einige Höhenmeter zurücklegen um solche schöne Aufnahmen zu machen. Wenn da nur nicht immer der innere Schweinehund wäre…
Hallo,
habe heute zum ersten Mail den Newsletter bekommen und bin begeistert. Vielen Dank!
Thomas
Sehr wertvolle Hinweise, vielen Dank.