Mit Schärfentiefe gestalten bei Weitwinkel

Mit Schärfentiefe gestalten bei Weitwinkel
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In Zusammenarbeit mit SIGMA
Im ersten Teil haben wir eine Beziehung zwischen der Schärfentiefe und der Brennweite (also letztendlich der echten Blendenöffnung) geschaffen. Wenn Du eine geringe Schärfentiefe als Gestaltungsmittel benutzen möchtest, strebst Du daher eine Kombination aus eher längerer Brennweite und großer Offenblende an (beliebte Brennweiten für Porträt sind 85/1,4 oder 135/1,8).
Starke Weitwinkel werden aber eher im Bereich Landschaften eingesetzt und sie liefern eine meist durchgehende Schärfe, was ja bei Landschaften meist auch gewünscht ist.

Oft wird gesagt: Superweitwinkel sind ein Muss für Naturaufnahmen und Landschaften. Diese Aussage ist soweit richtig, aber in manchen Objektiven steckt deutlich mehr. Kleinbild | 12mm | f/5,6 | ISO 160
Oft wird gesagt: Superweitwinkel sind ein Muss für Naturaufnahmen und Landschaften. Diese Aussage ist soweit richtig, aber in manchen Objektiven steckt deutlich mehr.
KB | 12mm | f/5,6 | ISO 160

Ich habe mich nun gefragt, ob das nun wirklich so sein muss? Daraufhin habe ich SIGMA gebeten, ob ich das 14-24mm F2.8 DG HSM | Art bekommen kann (lichtstark sollte es für diese Versuche schon sein).

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Das neue SIGMA 14-24mm F2.8 DG HSM | Art (Foto: SIGMA)
Das neue SIGMA 14-24mm F2.8 DG HSM | Art (Foto: SIGMA)

Versuche mit der Naheinstellgrenze

Und ich habe versucht damit etwas „andere“ Naturaufnahmen zu machen. Ich habe mir dabei zunutze gemacht, dass Weitwinkelobjektive konstruktiv bedingt eine sehr geringe Naheinstellgrenze haben. Im Falle des SIGMA 14-24mm F2.8 DG HSM | Art beträgt die Naheinstellgrenze 24cm.

SIGMA 14-24mm F2.8 DG HSM | Art an KB | 14 mm | 1/2.000 Sek. | f/2,8 | ISO 100
Der erste Versuch hat mich dann doch auch ein wenig überrascht, es kommt bei dieser Brennweite halt doch deutlich mehr Hintergrund mit ins Bild, als ich vorher dachte.
SIGMA 14-24mm F2.8 DG HSM | Art an KB | 14 mm | 1/2.000 Sek. | f/2,8 | ISO 100

Aber Achtung! Viele Nutzer fallen bei diesem Wert herein, denn die Naheinstellgrenze bezieht sich NICHT auf den Abstand des Motivs zur Frontlinse, sondern auf den Abstand des Motivs zum Sensor! Bei der Größe des besagten Objektivs bedeutet eine Naheinstellgrenze von 24 cm, dass Du die Frontlinse fast auf das Motiv aufsetzen kannst und es wird immer noch fokussiert und scharf.
Genau darauf kommt es dann aber auch an, damit die im folgenden gezeigten Beispielbilder auch wirklich „etwas“ zeigen. Du musst wirklich sehr nah herangehen, damit von Deinem einzelnen Motiv genug Raum im Bild eingenommen wird.

SIGMA 14-24mm F2.8 DG HSM | Art an KB | 1/2.000 Sek. | f/2,8 | ISO 100
SIGMA 14-24mm F2.8 DG HSM | Art an KB | 1/2.000 Sek. | f/2,8 | ISO 100

Bei diesem Motiv war ich mit der Frontlinse nur wenige Zentimeter von der mittleren Tulpenblüte entfernt. Auf dem Foto wirkt es nicht so. Ich war so nah, dass ich auf die Gegenlichtblende achten musste, damit sie keinen Schatten auf die Blüte wirft. Wie Du aber auf den nachfolgenden Fotos sehen wirst: Das Experimentieren und ein geringer Abstand zum Objekt lohnt sich.
Im Nahbereich schrumpft die Schärfentiefe nämlich so drastisch, dass selbst bei starkem Weitwinkel (sehr kurzer Brennweite) die Schärfentiefe einen Verlauf zeigt, der für eine Bildgestaltung taugt. Allerdings solltest Du natürlich immer noch eine starke Lichtstärke (Offenblende) haben – wie in diesem Fall f/2,8.
Du kennst sicher die echt brutalen Verzeichnungen, die entstehen, wenn Du versuchst, ein formatfüllendes Porträt mit einem Weitwinkel zu machen. Sie ergeben sich zum einen aus der Perspektive und zum anderen eben daraus, dass es sehr aufwendig ist, Weitwinkel komplett zu korrigieren. Nachfolgendes Porträt ist eher eine Karikatur als ein Foto und es war nicht einfach jemanden zu finden, der bereit war, sich hierfür so ablichten zu lassen.

Weitwinkel-Portrait bei 12mm
Ein typisches Weitwinkelporträt
KB | 12mm | 1/60 Sek. | f/4,5 | ISO 100

Perspektivische Verzerrungen

Bei den nachfolgenden Aufnahmen der Blumen siehst Du wenig von diesen Verzeichnungen und perspektivischen Verzerrungen. Woran dies liegt, ist schnell erklärt: Die Blumen sind in der Blüte einfach nicht groß genug, als dass die auch dort auftretende Verzeichnung derart verzerrt wirken könnte. Sie ist zwar vorhanden, aber eben in dem Bereich um die Blüte so gering, dass Du es bei der Aufnahme vernachlässigen kannst.
In der Mitte des Bildes sind bei einem Weitwinkel die Verzeichnungen sowieso relativ gering und daher unproblematisch. Im nächsten Schritt habe ich das Hauptmotiv (die scharfe Blüte) aus der Mitte versetzt:

Tulpenfeld außermittig fokussiert
Um zu testen, in welchem Rahmen sich die Verzerrungen halten, habe ich ein außermittiges Motiv fokussiert.
SIGMA 14-24mm F2.8 DG HSM | Art an KB | 24mm | 1/3.200 Sek. | f/2,8 | ISO 100

Das Ergebnis hat mich selbst positiv überrascht, da der Laie kaum eine Verzerrung erkennen wird. Der Schärfeverlauf hat mir ebenso gefallen, wir kommen dem Ziel also Schritt für Schritt näher. Mich interessierte nun, inwieweit die Brennweitengrenzen eine Rolle spielen (die Theorie kenne ich, aber die Praxis ist dann doch oft anders). Ich habe dasselbe Motiv also einmal mit 14mm und mit 24mm aufgenommen.

Achte bitte genau auf den Schärfeverlauf. Im rechten Foto habe ich den idealen Schärfepunkt nicht ganz getroffen. Dies liegt unter anderem daran, dass die AF-Felder ja eine gewisse Größe haben und Weitwinkel nun einmal innerhalb dieses Bereiches (so klein er auch sein mag) ziemlich viel Fläche zusammenfassen.
In Summe gefällt mir aber dennoch das Foto mit 24mm besser. Dies liegt natürlich an dem besser getroffenen Schärfepunkt und daran, dass mehr Brennweite (erinnere Dich an den ersten Teil) den Bereich der Schärfentiefe reduziert.

Ein weiteres Beispiel

Im letzten Schritt habe ich diese Art Motiv noch im Gegenlicht getestet:

Ich gebe zu, man muss diese Art Motiv mögen. Zu den Aufnahmedaten aber gern noch eine kleine Information: Da das Gegenlicht sehr dominant auf die Belichtungsmessung wirkt, habe ich eine Blendenstufe Überbelichtung angesetzt (+ 1 EV), es hätte sogar ein wenig mehr sein dürfen.
Das Gegenlicht gibt der Blüte eine besondere Leuchtkraft, da es sich nicht um reflektiertes, sondern um durchscheinendes Licht handelt.

Fazit

Du hast im ersten Teil nochmals einige Grundlagen zur Schärfentiefe aus einer anderen Sichtweise kennen gelernt. Im zweiten Teil haben wir diese Grundlagen in die Praxis umgesetzt.
Ich hoffe Du konntest erkennen, dass es sich lohnt über den Tellerrand zu schauen und Objektive auch mal außerhalb des „klassischen“ Verwendungszwecks zu benutzen. Ich hoffe Dir macht diese Art der „Versuche“ Freude und Du kannst für Dich etwas mitnehmen, denn wir planen diese Serie fortzusetzen.

8 Kommentare

  1. Sehr interessanter Artikel habe auch ein 10 – 24 von Tamron wo ich aber hauptsächlich Landschaften aufnehme, werde mich aber jetzt auch mal näher ran wagen. GR. Rainer

  2. Ein schöner Artikel. Die Unterschiede zwischen 14mm und 24mm sind spannend. Gerade bei Pflanzen arbeite ich auch gern mit der charmanten Naheinstellgrenze meines Weitwinkel-Varios. Wenn man auf eine Blume im Feld oder eine Blattgruppe mitten im Olivenbaum fokussiert, wird man durch die Verzeichnung richtig ins Bild reingezogen. Herzliche Grüße!

  3. Es gefällt mir sehr, welche Ergebnisse du mit den Experimenten erzielt hast. Das werde ich gleich ausprobieren, denn mein Nikon 14-24/2.8 wird viel zu wenig genutzt.
    Danke für die lehrreichen Informationen
    Gertrud

  4. Immer wieder einfach erklärt mit praktischen Beispielen unterlegt, weiter so!
    Für Anfänger und Fortgeschrittene sehr geeignet. Regt zum Nachmachen an.

  5. doller Artikel,werde dies mal versuchen,NUR muss man eben noch das richtige objektiv haben,..werde aber ein bisschen „pröbelen“
    danke aber,jörg

  6. Dieser Artikel war für mich sehr interessant. Ich habe nämlich ohne viel Fachwissen mit meinem Olympus Zuiko ED 12-40mm 2.8 PRO ähnliche Aufnahmen gemacht, die auch sehr gut geworden sind. Nun weiß ich auch warum!
    Danke!

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