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Makrofotografie erfährt ihre Faszination aus den extremen Vergrößerungen eines Motivs. Im Allgemeinen wird dabei das Abbild des Sensors noch einmal erheblich vergrößert, nämlich wenn Du die Aufnahme belichtest, ausdruckst oder im Internet präsentierst.
Ein auf dem Sensor formatfüllendes Insekt erfährt bei einer Ausbelichtung auf ein Format von zum Beispiel 20x30cm eine zehnfache Vergrößerung. Du erkennst auf einmal Details, die dem bloßen Auge bis dato verborgen waren.
Maximaler Abbildungsmaßstab
Um schon bei der Aufnahme die maximale Vergrößerung zu erhalten, musst Du den Fokus auf die Naheinstellgrenze stellen. Nur dort hast Du den maximalen Abbildungsmaßstab.
Nun allerdings kommt die Krux: Du kannst zwar versuchen, Dich dem Motiv soweit zu nähern, bis das Bild annähernd scharf im Sucher zu sehen ist und dann den Autofokus betätigen. Das Foto wird dann sicher auch scharf.
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Mehr Infos zu den FotokursenAber gerade im Nahbereich verändern schon kleine Bewegungen (und damit Veränderungen des Abstands und der Fokussierung) den Abbildungsmaßstab dramatisch. Aus 1:1 wird schnell 1:2 oder gar 1:3. Genau diesen Effekt wollen wir aber vermeiden. Du kannst jetzt versuchen einfach den Autofokus abzuschalten, die Naheinstellgrenze einzustellen und durch manuelles Bewegen der Kamera den Schärfepunkt zu suchen.
Dieses Verfahren kann klappen, wird aber zu 95% nur frustrierenden Ausschuss liefern.
Was kannst Du also machen?
Der Makroschlitten
Die Lösung für Dein Problem lautet: Du benötigst einen Makroschlitten. Ein Makroschlitten wird auf dem Stativ befestigt und die Kamera wiederum auf dem Makroschlitten. Makroschlitten kosten je nach Hersteller und Qualität zwischen 50 – 150 €.
Sie haben (meist) eine Skala, um den Verstellweg zu messen, eine Schnellverstellung mittels einer Arretierung und eine Feineinstellschraube, mit der Du den Schlitten um Teile eines Millimeters verschieben kannst.
Du solltest darauf achten, dass die Kamera auf dem Makroschlitten und der Makroschlitten auf der Schnellwechselplatte wirklich bombenfest angeschraubt sind. Denn wenn sich ein Teil von beiden bewegen kann oder etwas Spiel hat, ist die ganze Mühe umsonst.
Das ganze Konstrukt musst Du dann natürlich auf einem Stativ befestigen. Auch dazu ein paar Tipps und Hinweise:
Das Stativ sollte stabil genug sein, dass es nicht gleich anfängt zu kippen, wenn die Kamera sich außerhalb des Schwerpunktes befindet (was bei der Verstellung des Schlittens durchaus passieren kann). Ich verwende meist einen stabilen Kugelkopf, da er schnell und präzise verstellbar ist. Wer Wert auf extreme Präzision legt, wird zum langsameren, aber exakter einstellbaren Getriebeneiger greifen.
Sollte Dein Stativ eine Mittelsäule haben, dann lasse sie eingefahren. Mittelsäulen sind aufgrund der Schwingungen der häufigste Grund für Unschärfe. Es ist zwar etwas aufwendiger die drei Beine exakt auszufahren, der Aufwand lohnt sich aber.
Schritt für Schritt
Vorab: Gearbeitet wird mit manuellem Fokus (AF abgeschaltet) und nicht über den Sucher, sondern über das Livebild. Denn jede Berührung der Kamera mit dem Auge kann die feine Einstellung der Schärfe schon zunichte machen. Wer hat, sollte auf jeden Fall auch einen Fernauslöser nutzen (egal ob Funk, Infrarot oder kabelgebunden).
Schritt 1: Du solltest die Kamera so auf dem Makroschlitten montiert haben, dass Du ausreichend Spielraum hast, sie nach vorn und hinten (mittels Schlitten) zu bewegen. Du schaltest den Autofokus ab und das Livebild ein.
Schritt 2: Du stellst den gewünschten Abbildungsmaßstab an dem Objektiv ein (passend zur Motivgröße) und richtest das Stativ mit der Kamera ganz grob ein. So, dass Du das Motiv auf dem Monitor schon einigermaßen gut erkennen kannst.
Schritt 3: Nun verschiebst Du die Kamera mit der Feinstellschraube des Makroschlittens langsam nach vorne, bis Dir das Foto scharf erscheint. Wenn Deine Kamera Fokus-Peaking kann, solltest Du es aktivieren. Wenn nicht, nutzt Du die Lupenfunktion des Livebildes und wählst den Ausschnitt, den Du fokussieren möchtest. Nun kannst Du die Feinjustierung der Schärfe vornehmen.
Schritt 4: Sobald Du zufrieden bist, solltest Du das System nicht mehr berühren und auslösen.
Zusätzliche Tipps
Der Schärfebereich ist bei der Kombination Offenblende und großem Abbildungsmaßstab extrem klein. Du solltest daher in den Bereich f/8 – f/11 abblenden. Die verlängerte Zeit spielt dabei keine große Rolle, da Du mit Stativ arbeitest und diese Methode sich sowieso nur für unbewegte Motive eignet.
Wenn Dir die Belichtungszeit zu lang ist, dann gehe lieber etwas mit der ISO hoch (bis ISO 1.600 sollte bei aktuellen Kameras kein Problem sein), als die Blende zu öffnen.
Diese Methode eignet sich für alle Kameras, bei denen sich die Schärfe manuell verstellen lässt und die großen Abbildungsmaßstäbe zulassen. Wenn Du eine Kamera mit beweglichem Spiegel nutzt, solltest Du die Spiegelvorauslösung aktivieren, um keine Unschärfe durch die Spiegelbewegung ins Bild zu bekommen.
Das Makro
Weil uns immer wieder Fragen zu der verwendeten Technik erreichen, hier noch einige Informationen: Das SIGMA 70mm F2,8 DG MACRO | Art ist die kürzeste mir bekannte Makrobrennweite, die auch 1:1 schafft und dies in sehr gute Qualität. Zudem ist es für das Kleinbildformat geeignet.
An der Naheinstellgrenze sind die Unterschiede gar nicht so relevant, denn ob Du Dich mit der Frontlinse nun 5 oder 8 cm nähern kannst, spielt in der Praxis kaum eine Rolle. Interessant wird es bei kleineren Maßstäben. Ich habe auch schon mit Makros mit 100 – 180 mm Brennweite gearbeitet und dort wird der Abstand zum Motiv schnell bedeutsam. Denn sehr schnell werden Abstände nötig, die sehr groß werden. Nachfolgende Serie zeigt Dir die Abbildungsmaßstäbe, die sich alle noch gut ohne Hilfsmittel darstellen ließen. (Bitte nicht mit dem Zollstock auf den Millimeter ausmessen!).
Gerade die ersten beiden Bilder wären bei längeren Brennweiten ohne Leiter schwer geworden. So ging es kompakt, leicht und handlich ohne solche Hilfsmittel. Aufgrund der Bauart lässt sich an dem SIGMA der Maßstab komfortabel und genau einstellen. Im Gegensatz zu einigen innenfokussierenden Optiken.
Beachte dabei auch wie rasant die Schärfentiefe abnimmt, obwohl die Blende f/5,6 immer konstant blieb.
In Summe ist ein 70 mm Makro für den Preis eine nachdenkenswerte Alternative zu den sonst üblichen 90-105 mm Brennweite. Vor allem für die Abbildungsqualität und den Preis.
Fazit
Ein Makroschlitten eignet sich für sehr präzises und langsames Arbeiten bei unbewegten Motiven und für maximale Abbildungsmaßstäbe. Ich habe für die Aufnahmen das SIGMA 70mm F2,8 DG MACRO | Art verwendet, da sich durch den ausfahrenden Tubus der Abbildungsmaßstab komfortabel und genau einstellen lässt, sich die Brennweite über Konverter verlängern lässt (nicht jedes Makro ist konvertertauglich) und 70mm eine Brennweite ist, die neben den Makrofähigkeiten auch eine ausgezeichnete Brennweite im Bereich Normalobjektive, leichtes Tele, ist.
Das beschriebene Verfahren mit dem Makroschlitten werden wir in einem Folgeartikel erneut verwenden, um Dir zu zeigen, wie Du mittels Fokusstacking die Schärfentiefe erheblich erweitern kannst.
Ich hab da eine -sicher blöde -Frage
Ich möchte mir nun einen Makroschlitten zulegen.
„Im Auge“ habe ich den 454 von Manfrotto.
Vorhanden ist bisher das 290 Stativ mit drei Wege Neiger und Schnellwechseleinrichtung gleichfalls von Manfrotto.
Benötige ich noch weiteres Zubehör um den Makroschlitten zu montieren?
Danke und viele Grüße
Karin
Die Schnellwechselplatte wird unten an den Makroschlitten geschraubt und der Makroschlitten an die Kamera.Weiteres Zubehör ist nicht erforderlich, aber Du solltest die Schrauben ordentlich fest ziehen
Dankeschön
(Bitte nicht mit dem Zollstock auf den Millimeter ausmessen!).
was denn nun ???
Na, was da eben steht: Bitte nicht mit dem Zollstock auf den Millimeter ausmessen.
Canon 35mm 2.8 Makro STV Massstab 1:1 hat eine kleinere Brennweite, was aber für Ihre gute Erklärung keinen Abbruch tut.
Tolle Erklärung, funktioniert das auch so mit einem Balgengerät?
Ich freue mich schon auf den Artikel
„wie man mittels Fokusstacking die Schärfentiefe erheblich erweitern kann“.
MfG Ewald
Grundsätzlich ja. Ein Balgengerät ist ja vom Prinzip nichts anders als ein Zwischenring mit variabler Breite.
Eine sehr gute Erklärung mit dem Makroschlitten aber bei Insekten wird das schon etwas kniffliger.
MfG Manfred
Stimmt, da muss man Zeit und Muße haben oder sie früh morgens erwischen, wenn sie im Spätsommer noch in der Kältestarre sind, dann geht das schon.