Im letzten Frühjahr hatten wir einige erste Artikel zum Thema Filter geschrieben. Als Grundlage hatten wir ein System genommen, bei dem der Halter für Rechteckfilter am Objektiv angeschraubt wurde. In diesen Halter konnten die Rechteckfilter dann eingesetzt werden:
- Das solltest Du über Rechteckfilter wissen
- Rechteckfilter: Der praktische Einsatz in der Landschaftsfotografie
- Rechteckfilter: So setzt Du Graufilter richtig ein
Nun gibt es Objektive, die aufgrund ihrer Bauart gar kein Filtergewinde haben: Ich spreche von einem Superweitwinkelobjektiv, da wird es mit dem Einsatz von einem Filter schwierig. Die Streulichtblende ist oft fest mit dem Objektiv verbunden und die Frontlinse wölbt sich sehr weit vorn heraus.
Einfach fotografieren lernen mit unseren Online-Fotokursen
Für nur 6,99€ im Monat kannst Du auf über 70 Online-Fotokurse zugreifen. Lerne die Grundlagen der Fotografie - verständlich und mit vielen Praxisbeispielen. Inklusive Test und Fotokurs-Zertifikat.
Mehr Infos zu den FotokursenDamit ist es sozusagen „Essig“ mit der Verwendung von Rechteckfiltern (Schraubfilter gehen sowieso nicht).
In meinem Objektivbestand befindet sich allerdings ein „altes“ Superweitwinkel, welches ich immer wieder gern nutze, auch wenn es optisch sicher inzwischen bessere Lösungen gibt. Ich habe noch ein Sigma 12-24 der ersten Generation, das für das Kleinbildformat gerechnet ist. Ich habe immer mal Filter so verwendet, indem ich sie bei der Aufnahme einfach vor die Frontlinse gehalten habe. Dieses Vorgehen funktioniert leidlich, ist aber auf Dauer keine Lösung. Insbesondere dann nicht, wenn Du die Kamera nicht auf ein Stativ montieren willst. Die Lösung Freihand und dann den Filter vorzuhalten, ist rein haptisch eine Katastrophe.
Gibt es eine Lösung?
Ich habe mich daraufhin auf die Suche gemacht, ob es nicht eine Alternative gibt. Ich habe tatsächlich nach langem Suchen keine Alternative gefunden und das Problem trotzdem gelöst. Darüber möchte ich hier heute schreiben.
Bevor ich allerdings in die Thematik einsteige, möchte ich noch das eine oder andere Wort zum Thema RAW verlieren und zu Filtern an sich. Mir ist bekannt, dass es viele Fotografen gibt, die auf RAW schwören und für sich behaupten, dass RAW die Lösung aller fotografischen Herausforderungen ist. Darin liegt sicher eine Menge Wahrheit, insbesondere bei modernen Sensoren mit ihrem sehr hohen Dynamikumfang.
Nun hat aber nicht jeder die aktuellste Kamera mit dem größten Dynamikumfang, zudem kenne ich viele Leute, die nach der Aufnahme nicht noch stundenlang am PC sitzen möchten, sondern ihre Fotos gern schon gleich in der Kamera fertigmachen wollen. Fotografen, die einfach Spaß daran haben, die optischen Möglichkeiten zu nutzen, die es gibt.
Zudem kann RAW eines auch (noch) nicht: Überbelichtete Teile im Foto retten (mit überbelichtet meine ich tatsächlich überbelichtet und nicht nur grenzwertig belichtet). Wo keine Zeichnung im Foto vorhanden ist, weil die Pixel in die Sättigung gelaufen sind, wird RAW auch nichts retten können.
Die Halterung
Im ersten Schritt der Betrachtungen kommen wir zur Halterung: Die Filterscheiben, die an Superweitwinkeln verwendet werden, müssen sehr groß sein, damit sie den gesamten Bildwinkel überdecken. Ein übliches Maß ist 150 mm Breite, also schon ein ordentliches Pfund an Größe. Ich habe für meine Versuche Filter von Rollei verwendet, weil sie aus Glas und hochwertig vergütet sind und vor allem keine Farbstiche haben.
Es gehen natürlich auch andere Filter dieser Größe von anderen Herstellern. Aus eigener Erfahrung kann ich allerdings von Kunststofffiltern abraten, auch wenn der Preis verführerisch ist.
Das Problem an Kunststofffiltern:
Sie verkratzen auf Dauer dann doch mehr oder minder stark und ich habe selbst noch keine Graufilter aus Kunststoff gesehen, die nicht doch ziemlich starke Farbstiche haben.
Um eine Scheibe mit den Maßen 150 mm x 150 mm vor einem Objektiv ohne Filtergewinde sicher zu befestigen, bedarf es sicher eines ziemlich groß dimensionierten Halters. Im Programm der Hersteller dieser Filter habe ich zwar viele Halter gefunden. Diese sind allerdings objektivspezifisch und nicht universal einsetzbar. Meine Linse, das alte 12 – 24 mm, wurde allerdings nirgendwo aufgeführt.
Ich habe nach langer Recherche einen einzigen Fremdhersteller gefunden, der eine Halterung für das 12-14 mm angeboten hat, allerdings für die Version II. Dies klang erst einmal nicht so gut. Ich habe dann aber in die technischen Daten der alten und neuen Version geschaut (und auch selbst nachgemessen). Der Durchmesser der Gegenlichtblende ist bei beiden Versionen identisch. Also habe ich es gewagt (auch aufgrund der recht guten Rezensionen) und mir diesen Halter gekauft.
Wie funktioniert es?
Das Funktionsprinzip ist recht einfach:
Von hinten wird ein Ring auf das Objektiv geschoben, der aufgrund eines inneren Randes an der Streulichtblende auf Widerstand stößt und nicht weiter nach vorn geschoben kann.
Dieser Ring hat ein Außengewinde.
Auf dieses Gewinde wird ein zweiter Ring geschraubt. Beide Ringe zusammen nehmen dabei die Streulichtblende in die „Klemme“ und sorgen für einen sicheren Sitz. Auf diesen zweiten äußeren Ring wird dann der eigentliche Halter aufgesetzt, der dabei drehbar bleibt. Diese Drehbarkeit ist besonders wichtig, wenn Du Polfilter einsetzen willst, denn bedingt durch die Bauweise gibt es diese auch nur als eckige Scheibe in dieser Größe. Sie wären nicht sinnvoll verwendbar, wenn sie sich nicht drehen ließen.
Nun das Problem:
Der gelieferte Halter passte nicht. Der Durchmesser des Rings passte zwar genau zur Streulichtblende (insofern hatten mich die technischen Daten nicht getäuscht), aber der innere Durchmesser war zu klein und klemmte an den Gummierungen des Objektivs.
Was tun, sprach Zeus? Ich wollte gern mit diesen Filtern arbeiten, hatte aber keinen Halter.Also habe ich nochmal genau gemessen und herausgefunden, dass der innere Durchmesser rund 2 mm zu eng war. Ich hatte aber rund 5 mm an Substanz (Der Ring besteht aus einer Leichtmetalllegierung).
Mit einer Drehbank (und einer Person, die damit umgehen kann), wäre das Projekt sicher schneller lösbar gewesen. Aber ich hatte weder eine Drehbank, noch einen Helfer. Ich habe mir also einen Dremel mit einem entsprechenden Schleifaufsatz genommen und vorsichtig von innen den Durchmesser erweitert. Wer sich an dieses Vorgehen wagt, sollte auf einige Dinge achten:
- Das Objektiv sollte nicht in der Nähe sein, denn der Metallschleifstaub ist Gift für das Objektiv.
- Du solltest einen Pinsel zur Hand haben, um die Gewinde vom den Metallspänen zu befreien. Denn diese Gewinde sind so eng, das kleinste Späne zu einer Blockade des Gewindes führen können.
Mit dem Dremel hatte ich den Ring von innen so erweitert, dass er über das Objektiv passte und ich den Filterhalter fest und sicher an dem Objektiv befestigen konnte. Passt!
Hier sei noch einmal erwähnt, dass es für andere Linsen sicher Halterungen gibt, nur eben für meine scheinbar nicht.
Möglichkeiten und Grenzen
Nach all der Vorbereitung möchte ich natürlich nun auch zum Thema Optik kommen. Ich werde mich mit dem Objektiv und diversen Filtern noch in die Landschaft begeben und über den praktischen Einsatz berichten und Dir dazu sicher eine ganze Reihe wertvoller Tipps geben. In diesem Artikel beschränke ich mich darauf, Dir die Handhabung zu erläutern und die Möglichkeiten/Einschränkungen zu zeigen.
Anders als bei den Haltern für die 100 mm-Scheiben kannst Du nicht drei Filter auf einmal (+ Polfilter in ein Extrafach) einsetzen, sondern nur eine Scheibe. Zusätzlich liegt aber noch das nötige Zubehör dabei, um den Halter um einen zweiten Einschub zu erweitern.
Genau mit diesem Halter kommen wir zur Einschränkung, welches in der Kombination aus Filter und vorgebautem Halter besteht:
Der Bildwinkel ist bei der Anfangsbrennweite solcher Optiken derart breit, dass schon wenige Millimeter mehr Vorbau oder weniger darüber entscheiden können, ob Du Vignettierungen ins Bild bekommst oder nicht. Dabei spielt auch die Position des Halters eine wesentliche Rolle. Systembedingt treten diese Fehler nur auf, wenn Du auch eine Kamera mit Kleinbildformat verwendest, bei kleineren Formaten kannst Du Vignettierungen aufgrund des großen Bildkreises nahezu völlig vernachlässigen.
Beispielfotos
Um das Auftreten von möglichen Bildfehlern systematisch zu erarbeiten, habe ich erst einmal Aufnahmen nur mit einem Filter gemacht. Bei 12 mm treten in den Ecken Vignettierungen auf, die sich auch nicht ohne weiteres entfernen lassen, wenn sich dahinter Details verbergen. Ab 15 mm Brennweite sind sie allerdings schon fast verschwunden und im Bereich oberhalb 15mm bis zu den maximalen 24 mm nicht mehr erkennbar.
Mache ich die Serie nochmal mit zwei eingesetzten Filter, dann ergibt sich ein leichter Unterschied.
Die Vignettierung ist im unteren Brennweitenbereich etwas ausgeprägter von der Ausdehnung aber durchaus beherrschbar. Die auf dem Filter aufgebrachten Moosgummis dienen der seitlichen Lichtabdichtung für Langzeitbelichtungen und liegen außerhalb des sichtbaren Bildkreises. Sie spielen daher rein optisch gesehen für die Vignettierung keine Rolle, wenn die Filter sehr exakt positioniert sind.
Nun habe ich den Halter umgebaut, so dass ich zwei Scheiben vor der Linse montieren konnte. Im Fall dieses Filterhalters mussten zwei zusätzliche Kunststoffeinschübe mittels etwas längerer Schrauben montiert werden. Damit vergrößert sich die „Bauhöhe“ des Filterhalters nach oben. Nun geht es darum, wie sich dies auswirkt.
Fazit
Zugegeben, es handelt sich bei diesem Beitrag um ein sehr spezielles Thema, aber ich denke nach über zwei Jahren Fotoschule können wir auch beginnen, hier und da mal etwas spezieller zu werden, solange wir die Grundlagen nicht aus dem Fokus verlieren.
Was möchte ich mit diesem Beitrag erreichen? Ein wenig geht es in die Richtung: Passt nicht, gibt es nicht! Nur weil Du keine „ab Werk“ passende Lösung findest, bedeutet dies nicht, dass Du gleich aufgeben musst. Und ein wenig Bastelei gehört bei der Fotografie auch dazu. Ich habe mir schon oft Hilfsmittel selbst gebaut, weil sie mir im Handel deutlich zu teuer waren oder weil sie nicht von vorn herein so gepasst haben, wie sie sollten. Wer dies nicht tun möchte: Es gibt für eigentlich fast alle gängigen Superweitwinkel fertige passende Lösungen, die keinen Umbau erfordern. Es hat ja nicht jeder so ein uraltes 12-24 mm, wie ich es besitze.
Ich bin ein echter Fan von (sinnvollen) Filtern für Digitalkameras und weniger der Typ, der nach der Aufnahme noch viel Zeit damit verbringt, am Rechner die Fotos zu tunen. Wo es nötig ist, ist dies für mich völlig in Ordnung, aber lieber ist es mir schon bei der Aufnahme alle Möglichkeiten zu nutzen, die die Technik und mein Geschick mir bieten.
Die nächsten Artikel
In den nächsten beiden Artikeln werde ich Dir weitere und vor allem deutlich tiefergehende Informationen dazu vermitteln, wie Du Polfilter und auch Graufilter noch einsetzen kannst. Denn es gibt dort noch viele spannende Optionen, die Dir Möglichkeiten eröffnen, die Du in dieser Form nicht mal eben in Photoshop nachstellen kannst. Wir werden uns mit Langzeitbelichtungen beschäftigen, um Personen vor Gebäuden verschwinden zu lassen, aber auch mit dem so genannten Kreuzpolblitzen. Wenn also Blitz und Kamera mit Polfiltern ausgestattet sind, die gegenläufig ausgerichtet sind (ein sehr spannendes Thema bei der Objektfotografie mit spiegelnden Blitzen).
Hallo,
ich fand ihn sehr lehrreich. Sinnlos fand ich
nur die kleikarierte Kritik.
Dank an der Autor des Artikels.
Na gut, man kann alles genauer sagen, auch wenn das Thema hier Adaptieren von Filtern an WW Objektiven ist. Umgangssprachlich heißt es Graufilter, aber richtig ist der Ausdruck Neutraldichtefilter. Trotzdem wissen wir was gemeint ist.
Gruß Karl
Es gibt von NiSi das S5 Filtersystem für verschiedenste Weitwinkelobjektive verschiedener Hersteller mit Klemmhalterung.
Und von Haida und von Rollei und von Lee und von Cokin und von….
Ja es gibt ganz viele Hersteller.
Wie wäre es denn mit der Vignettierung, wenn Du den Filterhalter um 90 Grad drehst, sodass Du die Filter sozusagen seitlich einschiebst?
LG Visaya
Nicht anders, der Halter ist symetrisch aufgebaut.
Das neue Rollei Mark 2 Graufilter System mit kratzfestem „Gorillaspezielglas“ ist das Beste momentan was ich kenne. Besonders als RAW Aufnahme holt man 100 % heraus. Mehr geht nicht.
Im Übrigen ist Linse oder Objektiv umgangssprachlich adäquat. Jeder weiß was gemeint ist, mehr muss man als Nichttechniker nicht wissen.
LG Karl
Filter mit Superwitwinkel ist in der Tat eine umständliche Art zu fotografieren. Ich habe noch ein uraltes SIGMA 15 mm Vollformat. Dieses Objektiv hat noch eine Filterlade.
Ich kann das Cokin Filtersystem empfehlen.
Die Vignettierung kommt dadurch zustande, dass hier eine Halter Objektiv Kombination genutzt wird, die so nicht gedacht war und vom Tester eine Do it yourself Lösung beschrieben wird.
Mit dem richtigen Objektiv Version II und dem Halter von HAIDA, vigniettiert bei mir nichts – auch nicht bei 12mm mit 2 Filtern.
Ein guter Artikel.
Nicht einfach mit einem nicht passenden Adapter klar zu kommen. Aber dennoch machbar – wie der Autor gut beschrieb. Hätte ich mir wohl nicht zugetraut. Macht dennoch Mut!
@ Rolf K. Becker:
Meckern kann jeder – aber besser machen? Wie sieht es damit aus?
Ich finde, der Autor hat wohl weislich Linse und Objektiv verwandt. Es sieht besser aus, wenn in einem „Schriftstück“ ein Wort/Begriff nicht unheimlich oft vorkommt – man weicht aus auf ähnliche Begriffe – und da passt dann Linse und Objektiv. Gut gemacht – meine Meinung!!!
@ R. K. Becker,
es ist immer leichter zu kritisieren als selbst tätig zu sein, ich finde der Autor hat schon genau zwischen Linse und Objektiv unterschieden, man(n) muß es halt auch richtig verstehen.
Ich finde den Artikel richtig gut, wer kennt als Landschaftsfotograf nicht das Problem..?
Wer ein Voigtländer 12mm besitzt weiß wovon ich spreche, danke für diesen sehr praxistauglichen Beitrab
Wer will findet immer ein Haar in der Suppe. Und dann noch auf eine Art und Weise…..naja!
Danke für diesen guten, informativen Artikel.
Sehr speziell, zugegeben, aber sicher sind die Tipps und Hinweise auch für die Verwender anderer WW-Objektive ohne Frontgewinde nützlich.
Weniger gefällt mir, dass der Autor hier munter „Linse“ und „Objektiv“ durcheinander wirft. Hier stellt sich mir die Frage: Will er nicht korrekt formulieren oder kann er es nicht?
Es ist nun mal ein himmelweiter Unterschied zwischen den Bauteilen und dem Endprodukt und bloß, weil die Amis mit „lens“ auch das ganze Objektiv bezeichnen, muss man das nicht sinnentleert und sachlich daneben ins Deutsche transferieren. Wir sollten die Genauigkeit unserer Sprache nutzen und die Begriffe nicht zu Quark verkommen lassen.
Hier geht es ja wohl nicht um germanistik, oder?
Der Beitrag war für mich sehr hilfreich.
Habe selbst auch so ein Problem.
Danke für die Lösung.
netter Gruß
Olymper8
„Hier geht es ja wohl nicht um germanistik, oder?“
Nein, sicher nicht!
Aber es geht um Technik und die korrekte Nomenklatur!
Nur bei eindeutiger Aussage weiß der Anwender, was gemeint ist – eigentlich überhaupt nicht schwer, oder?
Dass der Bericht gut und nützlich ist, habe ich bereits hervorgehoben.