Makrofotografie: Nahlinsen

Makrofotografie: Nahlinsen
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Die Makrofotografie übt auf viele Fotografen eine besondere Faszination aus. Dies liegt unter anderem daran, dass die Fotos aus der Makrofotografie Dinge zeigen, die außerhalb unserer üblichen Sehgewohnheiten liegen. Die Motive, die wir in der Makrofotografie aufnehmen zeigen uns Details, die dem menschlichen Auge normalerweise verborgen bleiben.

„Normale“ Objektive – egal welcher Brennweite – lassen keine besonderen Abbildungsmaßstäbe zu. Selbst wenn so ein Objektiv die Bezeichnung „Macro“ irgendwo in den Angaben trägt, sind aufgrund der Naheinstellgrenze selten Abbildungsmaßstäbe von größer als 1:5 möglich.

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Was ist denn überhaupt der Makrobereich? Laut DIN 19040 ist es der Bereich der Abbildungsmaßstäbe zwischen 10:1 und 1:10. Unter Fotografen hat sich eine etwas andere Definition eingebürgert. Alles zwischen 1:10 und 1:1 wird als Makrofotografie bezeichnet. Alle Abbildungsmaßstäbe größer 1:1 (also 2:1 oder 10:1 oder sogar größer) werden als Mikrofotografie bezeichnet (um die es hier nicht geht).

Es gibt spezielle Makroobjektive (die immer eine feste Brennweite haben), die die Abbildungsmaßstäbe von 1:1 erlauben, diese Objektive sind aber recht teuer. Es gibt kostengünstige Alternativen, die wir Dir in einer kleinen Serie von Beiträgen vorstellen wollen.

Ein einfacher Satz Nahlinsen
Ein einfacher Satz Nahlinsen (+1, +2 und +4)

Du kennst vermutlich Lupen und nutzt diese auch, also einfache Glaslinsen mit denen man ein Objekt vergrößern kann. Bei einem Objektiv funktioniert es genau so. Du kannst also rein theoretisch eine normale Lupe nehmen, sie vor Dein Objektiv halten und durch diese Linse fotografieren.

In der Praxis würde sich so ein Verfahren aber als schwierig erweisen, weil Du die Lupe und die Frontlinse kaum so präzise zueinander ausrichten kannst, dass sich keine Verzerrungen ergeben. Zudem sind reine Vergrößerungsgläser selten optisch korrigiert und eher aus minderwertigem Glas. Aber es gibt Alternativen.

Nahlinsen

Nahlinsen sind einfache Glaslinsen, mit unterschiedlichen Durchmessern, die mittels Filtergewinde vor das Objektiv geschraubt werden. Damit wird die Naheinstellgrenze verändert und auch der mögliche Abbildungsmaßstab. Die Stärke der Nahlinse wird in Dioptrin angegeben (+1 bis +10). Die Dioptrinzahl ist dabei der Kehrwert der Brennweite, +2 bedeutet also 1/2 m oder 50 cm, +4 wäre also 1/4 m oder 25 cm. Was kann man aber nun mit diesen Werten anfangen? 25 cm Brennweite bedeutet, dass Du Dich dem Objekt auf 25 cm nähern kannst. Dabei beziehen sich die 25 cm nicht auf den Sensor wie bei der Naheinstellgrenze des Objektivs, sondern in diesem Fall wirklich auf den Abstand zur Frontlinse. Dieser Wert ist unabhängig von der Brennweite des Objektives und bezieht sich auf die Entfernungseinstellung unendlich am Objektiv selbst. An der Naheinstellgrenze des Objektives kann man sogar noch deutlich näher an das Objekt heran.

Die möglichen Aufnahmeabstände kannst Du der nachfolgenden Tabelle entnehmen:

DioptrinBrennweiteAufnahmeabstand
+1100 cm50 - 100 cm
+250 cm33 - 50 cm
+333 cm25 - 33 cm
+425 cm19 - 25 cm
+520 cm16 - 20 cm
+616 cm14 - 16 cm

Nahlinsen lassen sich beliebig miteinander kombinieren, die Dioptrin addieren sich, allerdings auch die Abbildungsfehler, die sich zwangsläufig ergeben, da man mit einer Nahlinse in das optische System der aufwendig korrigierten Objektive eingreift. Mehr als zwei Nahlinsen solltest Du daher nicht gleichzeitig verwenden.

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Aufnahme einer Orchidee mit einem einfachen 55-250mm-Zoom bei 100mm Brennweite und Nahlinse +2

Wenn Du mehrere Nahlinsen kaufst, dann achte darauf, dass Du die zueinander passenden Dioptrinzahlen nimmst. So kannst Du mit einem Set aus +1, +2 und +4 alle Dioptrinzahlen von +1 bis +6 durch Kombination von zwei Linsen darstellen (Mit drei Linsen wäre sogar +7 möglich, allerdings treten dann derart viele Abbildungsfehler als Summe aller Linsen auf, dass Du keine Freude mehr daran haben wirst.

Einfache Sets aus Nahlinsen (wie oben im Bild) kosten um die 40€ und bestehen nur aus einer Linse pro Fassung. Es gibt auch Nahlinsen mit 2 Linsen pro Fassung (Achromaten). Durch die zwei Linsen werden Abbildungsfehler reduziert, allerdings sind diese Nahlinsen auch erheblich teurer und Du kommst schnell in preisliche Regionen, bei denen es sich lohnt, gleich über ein Makroobjektiv nachzudenken.

Wenn Du Objektive mit verschiedenen Filterdurchmessern hast, dann solltest Du die Nahlinsen immer für den größten Durchmesser kaufen. Adapter zur Reduzierung des Filtergewindes der Nahlinse gibt es im Fotozubehör für wenige Euro und erlauben damit eine Nahlinse mit großen Durchmesser auch an einem Objektiv mit kleinem Durchmesser zu verwenden.

Zum Abschluss möchten wir Dir einige Bildbeispiele zeigen. Es handelt sich hier um ein ganz einfaches Motiv, um die Unterschiede bei verschiedenen Brennweiten zu zeigen. Im Verlauf der Serie über Makrofotografie werden wir Dir dann aber auch noch „schöne“ Motive zeigen und wie man sie aufnimmt, du musst also keine Sorge haben, dass es bei „Würfeln“ bleiben wird.

Die erste Serie wurde mit einer Kit-Linse bei einer Brennweite von 55mm aufgenommen. Wie Du unschwer erkennen kannst, bringt in dem Brennweitenbereich die Nahlinse noch nicht soviel. Erst ab +5 Dioptrin sind nennenswerte Unterschiede zu sehen.

Anders bei einer Brennweite von 200mm. Hier ist der Unterschied schon bei +1 Dioptrin deutlich und bei höheren Dioptrinzahlen, kann der Abbildungsmaßstab von 1:1 überschritten werden. Du kannst aber auch gut sehen, wie die Bildfehler sichtbar zunehmen. Die Aufnahme mit +7 Dioptrin ist so weich, dass sie nur noch akademische Bedeutung hat.

Vorteile:

  • Nahlinsen sind relativ günstig und nehmen kaum Platz in der Fototasche weg.
  • Sie passen auf nahezu jedes Objektiv (sofern der Filterdurchmesser passt).
  • Sie können nahe oder an der Unendlichkeitsstellung des Objektivs verwendet werden, für die die Objektive optimiert sind
  • Es kommt zu keinem Verlust der Lichtstärke

Nachteile:

  • Verschiedene Objektive benötigen Adapter oder Nahlinsen mit unterschiedlichem Durchmesser.
  • Nahlinsen sind nicht auf das optische System des Objektives abgestimmt.
    Sie neigen zu chromatischen Aberrationen.
  • Kombiniert man mehrere Nahlinsen, lässt die Bildqualität deutlich nach.

Fazit

Du kennst jetzt die grundsätzliche Funktionsweise von Nahlinsen und für welche Objektive sie sich a besten eignen. Der Begriff Dioptrin und dessen Bedeutung sollte Dir jetzt ein Begriff sein und Du kannst ihn in eine Brennweite umrechnen und aus dieser Angabe den maximalen Arbeitsabstand berechnen.

In diesem zweiten Teil zeige ich Dir die Arbeitsweise mit Nahlinsen in der praktischen Anwendung und stellte Dir auch eine spezielle Version von Nahlinsen vor, die Dich weitestgehend unabhängig vom Objektivdurchmesser macht.

11 Kommentare

  1. Hier sind massive Fehler im Artikel und in den Antworten. Die Brennweite wird immer in mm angeben, nicht in cm.
    Sonst ist der Artikel sehr informativ. Sprich, ich werde keine Nahlinsen einsetzen, denn ich will nicht näher an das Objekt ran. Ich will den Abstand vergrößern. Eine Fliege wird wohl kaum sitzen bleiben, wenn die Linse ihre Flügel streichelt.

    1. Massive Fehler?
      Ob ich nun 250 mm oder 25 cm schreibe macht bezogen auf die physikalische Größe genau welchen Unterschied?
      Niemand will Dich von der Nutzung von Nahlinsen überzeugen. Dieser Artikel beschreibt lediglich die Funktionsweise von Nahlinsen.
      Makrofotografie besteht im übrigen nicht nur aus Fliegenfotografie

  2. Hallo Martin, besten Dank für den sehr verständlichen Beitrag.
    Mein set:LUMIXfz200/25-600mm S-zoom/f2.8 (konstant) bis-8.0
    Möchte jetzt mit Makro beginnen und war deshalb sehr an diesem Thema interessiert. Würde mich freuen, noch einige gute Tips zu bekommen.

  3. Guter, interessanter Artikel.
    direkt unter der Überschrift „Nahlinsen“ im 4. Satz hat sich jedoch 2x ein verwirrender Fehler eingeschlichen, der korrigiert werden sollte.
    Die Brennweite ist hier jeweils in mm und nicht in cm angegeben. Danke.
    LG Thomas

    1. ???
      steh ich jetzt endgültig auf dem schlauch ?
      also auf meinen objektiven steht immer die angabe in mm,
      cm ist der abstand von linse zum objekt, so hab ich es jedenfalls verstanden… ???

  4. Hallo,
    ich habe an meiner FZ 1000 eine B+W- Nahlinse mit vier Dioptrin. Fotografieren wollte ich eine Dekoration aus sehr dünnen Ästen. Wenn ich den Beitrag richtig verstanden habe, soll ich mit manuellem Fokus bei der Unendlichkeitsstellung Makros fotografieren, was mir aber nicht durchgehend scharf gelingt. Mit Autofokus ergibt es überhaupt keine vierfache Vergrößerung. Liegt es an mir der der Nahlinse? Wäre ein Achromat für eine Vergrößerung schärfer?

    1. Vier Dioptrin bedeutet nicht, dass mit dieser Linse eine 4-fache Vergrößerung möglich ist, sondern nur, dass die Nahlinse eine Brennweite von 25 cm hat (100 cm : 4 (Dioptrin) = 25 cm). Welcher Abbildungsmaßstab letztendlich möglich ist, hängt auch an der Optik, an die die Nahlinse gesetzt wird. Der Grund dafür, dass Du keine durchgehende Schärfe erreichst, ist die makrotypische geringe Schärfentiefe. Ein Achromat führt nicht zu mehr Schärfe an sich, sondern zu weniger optischen Abbildungsfehlern, was den subjektiven Schärfeeindruck erhöhen kann, allerdings nicht die Schärfentiefe.

      1. Ja, genau das ist es, was mich bei den Nahlinsen schon zu Analogzeiten leicht irritiert hat: die sehr geringe Schärfentiefe. Es kommen nur mehr wenige Details, einen (für mich) besseren Gesamteindruck erziele ich mit einem Makroobjektiv.
        Jedenfalls ein hochinteressanter Beitrag, Danke !

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