Damit Deine Fotos eine gute Bildgestaltung aufweisen, ist es wichtig, dass Du Dir bereits VOR dem Auslösen ein paar Fragen zu Deinem Motiv stellst: Wie sind die Rahmenbedingungen für die Aufnahme? Was ist der spätere Zweck des Fotos und die gewünschte Bildaussage, die Du erreichen willst? Der Betrachter soll Dein Foto schließlich so wahrnehmen, wie Du es beabsichtigst.
Die fünf W-Fragen für gute Fotos
Es gib fünf Fragen, die Du Dir im besten Fall immer stellen solltest, bevor du auf den Auslöser drückst:
- Was sehe ich?
Beschreibe für Dich alles, was Du in Blickrichtung Deines Motivs siehst. - Was davon möchte ich im Foto festhalten?
Mache klar, was von all den Dingen, die du siehst, Dein Motiv sein soll und was davon ablenkt. - Warum will ich es festhalten?
Stelle für Dich fest, warum Du genau dieses Motiv fotografieren willst. - Was möchte ich beim Betrachter auslösen?
Frage Dich, was der Betrachter des Fotos empfinden soll. - Welche Mittel der Bildgestaltung unterstützen mein Vorhaben?
Überlege, wie Du die Eigenschaft des Motivs und die dementsprechende Wirkung beim Betrachter mithilfe der Bildgestaltung unterstützen kannst.
Das klingt nun erst einmal ziemlich kompliziert. Schließlich ist Fotografie oft eine spontane Sache, bei der Du Dir nicht erst minutenlang Gedanken über das Wie und Warum machen kannst oder möchtest. Wie sollst Du auch in einem kurzen Moment all diese Fragen auf die Schnelle beantworten und Dir einen Plan zurechtlegen? Damit nimmt man doch der Fotografie das Spontane und die meisten Motive erlauben ja auch kein langes Zögern.
Keine Angst, Du musst nicht bei jedem Blick auf ein potentielles Motiv einen Fragenkatalog herausholen und minutenlang überlegen. Es gibt andere Möglichkeiten diese Technik zu trainieren. Wir stellen Dir hier eine vor:
Alte Fotos als Übungsobjekt nutzen
In der Fotografie geht es oft darum, in Standardsituationen oder bei Standard-Motiven schnell und zielsicher zu reagieren. Dabei können diese Situationen oder Motive durchaus verschieden sein: Portraits auf einer Veranstaltung, ein Streetfoto, eine Sehenswürdigkeit, ein Gebäude, ein Naturschauspiel etc. Aber prinzipiell erfordern die jeweiligen Situationen oder Motive immer eine ähnliche Herangehensweise. Du kannst Dir diese also bereits im Vorfeld antrainieren.
Als perfektes Übungsmaterial für dieses Training dienen Deine eigenen Fotos. Sie spiegeln exakt die Motive und Situationen wider, die Du typischerweise fotografierst. Und all diese Aufnahmen haben eins gemeinsam: Du warst bei ihrer Entstehung vor Ort. Du kannst Dich an die Rahmenbedingungen und das Umfeld erinnern und Du weißt in der Regel auch noch, was Dich damals bewogen hat, genau diese Situation/dieses Motiv aufzunehmen.
Schau Dir nun also Deine alten Fotos an, beantworte für jedes Bild die oben genannten 5 Fragen und stelle Dir dann die Frage: Habe ich mein Ziel erreicht? Wirkt mein Foto/das Motiv so, wie ich es beabsichtigt hatte? Wenn Du dies tust, wirst Du zu erstaunlichen Erkenntnissen kommen.
Noch mehr Tipps zur Bildgestaltung?
In unseren Online-Fotokurs Grundlagen der Bildgestaltung gehen wir detailliert auf die verschiedenen Ebenen der Bildaussage ein, vermitteln Dir die Grundlagen zu einzelnen Bildelementen wie Punkt, Linien und Fläche und erklären Dir deren Bildwirkung an zahlreichen Beispielen. Außerdem geben wir Dir in diesem Online-Fotokurs Tipps, wie Du Deine Motive mit der Wahl der richtigen Perspektive, des Bildformats, sowie des Bildschnitts perfekt in Szene setzen kannst.
Wir berühren hier einen sehr empfindlichen Punkt, nämlich die Frage, ob bzw. wie weit Fotografien die Realität abbilden. Schon da muss man sagen : Frage falsch gestellt. Denn das, was wir „Realität“ nennen, spielt sich großenteils im Kopf des Menschen hinter der Kamera ab und besteht, ganz grob gefasst, in den Antworten auf die Fragen 1-4. Ganz wichtig dabei ist die individuelle Gemütsverfassung des Fotografen, die er dem Betrachter mitteilen möchte. Die Werkzeuge dafür sind in Frage 5 gemeint. Genau hier jedoch beginnt eine Art „Manipulation“ des Betrachters, der mit dem Bild ja ganz absichtlich beeinflusst wird, möglichst weitgehend die Sichtweise des Fotografen zu übernehmen. Das alles ist nichts Schlechtes, Hinterhältiges oder Verwerfliches, sondern dient dazu, eine Aussage zu jemandem zu transportieren, der nicht dabei war. Diese Aussage ist zwingend individuell gefärbt und damit ist die Abbildung einer „objektiven Realität“ von vornherein unmöglich. Das beginnt schon mit der Wahl von Ausschnitt und Brennweite und reicht endlos weiter in die Art und Weise der nachträglichen Bearbeitung. Genau hier entsteht jedoch beim Betrachten „fremder“ Bilder ein großer Reiz, da sie den Betrachter konfrontieren mit anderen Sichtweisen auf denselben Gegenstand.
Hi Jürgen,
danke für Deinen ausführlichen Kommentar :) Ja, diese Fragen gehen in der Konsequenz schon fast ins Philosophische. Sie sind aber in meinen Augen ein guter Leitfaden, um die eigenen Fotos im Hinblick auf das, was man selbst ggf. erreichen wollte, zu beurteilen. Alles in allem aber ein guter Ausgangspunkt fürs Weiterdenken ;)
Liebe Grüße!
Lars
Der Lerninhalt und das Foto-Beispiel sind prima beschrieben. LG Roland
Hallo zusammen und besonders Hallo Lars – die Beschäftigung mit den Photos anderer Menschen ist ein wirklich interessantes Thema, und deshalb absolut eines Artikels würdig!
Die Wahrheit und das Empfinden liegt immer im Auge des Betrachters und des Fotografen! Und wenn es dann noch eine Übereinstimmung im Empfinden gibt – umso besser.. So sehe ich es bei Deinem Bild, Lars – die orangenen Farben des Sonnenunterganges, sowie die dadurch entstandene orangene Anstrahlung des Fischer-
Bootes geben für mich ein perfektes Ensemble ab – Kompliment!
Man sollte sich tatsächlich seine „Älteren“ Bilder mal unter den bereits erwähnten Gesichtspunkten vornehmen. In diesem Sinne – LG von Beatrix
Für mich sind zwei Objekte auf dem Strandbild. Sie kämpfen mit der Aufmerksamkeit des Betrachters. Ich hätte zwei Einzelbilder daraus gemacht.
( Ehrlich ,Du hast sie auch ?)
Hallo Wolfgang,
Danke für Deinen Kommentar. So unterschiedlich können die Wahrnehmungen sein.Für mich führt die Seebrücke den Betrachter von links ins Bild hinein zum Fischer. Dieser ist in meinen Augen das Motiv. Ich folge zwar dem „Blick“ des Fischers hinaus aufs Meer, werde aber nicht zuletzt durch die Seebrücke immer wieder zurück zum Fischer geleitet.
LG!
Lars
PS: Ehrlich, ich hab sie nicht ;)
Man kann einfach nie genug Informationen aufnehmen, auch wenn man vieles schon zum Xten Mal gelesen hat. Ich habe Deinen Tipp, meine Fotos mal durch zu schauen und mich zu fragen warum habe ich das eine oder andere Foto gemacht, realisiert. Ich war erstaunt, ich habe sofort zwei meiner Berliner Bilder genommen, in PS angepasst wie ich meine das sie Stimmungsmäßig wirken, und ich muss sagen, die gefallen mir sogar :-) Ergo ist es wirklich sehr empfehlenswert einige Tipps einfach mal um zu setzen. LG Manfred
Hallo Manfred,
danke für dein tolles Feedback! Genau das ist die richtige Methode :) Wenn Du Dich im Nachhinein mit Deinen Bildern beschäftigst und „an ihnen herumprobierst“, wie sie Dir besser gefallen, dann fotografierst Du die Bilder irgendwann auch schon annähernd perfekt, weil Du weißt, wie sie wirken sollen. Zeigst Du uns die „Vorher-Nachher-Bilder in der fotocommunity?
LG
Lars
Hallo Lars.
Ebenso Danke für Dein Feedback! Ich habe zwei Beispiele für die Community bereitgestellt, unter dem Titel Bearbeitungsabschnitte.
Kannst ja mal reinschauen :-)
LG Manfred
Foto am Strand ist o.k. ICH hätte das Boot aus Aufhänger genommen und Pier im Hintergrund. oder Pier ohne das Boot. Ist meine Meinung. Irgendwie weiss man nicht wo schauen. Die Länge des Pier hätte man dramatisch aufzeigen können.
oder eben ganz Nah an das Fischerboot, und Pier im Hintergrund leicht unscharf.
Klar, JEDER hat eine andere Sichtweise. JEDER hat seinen Stil, wie die Kunstmaler zB:
Sonst gut diese Serien, man kann wieder mal Themen auffrischen um zu sehen was man in letzter Zeit alles richtig umgesetzt hat.
Einen guten Sommer an alle, und vorallem Hammerlicht für super Fotos.
Machts gut Daniel
Hallo Daniel!
Danke für Deinen tollen Kommentar! Ja, du hast recht – Jeder hat seinen Sichtweise und das ist ja das Tolle daran – so kann jeder völlig verschiedene Fotos desselben Motivs machen. Du beschreibst in Deinem Kommentar ja bereits 4 verschiedene Variationen des Motivs.
Diese Art der Auseinandersetzung mit Fotos – also das „WAS WÜRDE ICH ANDERS MACHEN“ – ist (neben der beschriebenen Beschäftigung mit den eigenen Fotos) eine perfekte Möglichkeit, um seine eigene Fotografie weiter zu entwickeln. Schließlich geht es ja nicht darum, das andere Foto schlecht zu machen sondern für sich selbst Punkte zu definieren, die man eben anders gemacht hätte und das WARUM zu beschreiben.
Einen schönen Sonntag!
LG,
Lars
Sehr schön aufgezeigt – und der Praxis nahe, knapp und voll Wirkung. DANKE für diese wertvolle Lektion! –
Es ist immer sehr Interessant die Artikel zu lesen man lernt mit Freude dazu MfG Böhm Manfred