Wildlife, ein Erlebnisbericht – Teil 1: Die Vorbereitung

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In dieser Artikelserie stelle ich Dir einen umfangreichen Erlebnisbericht zum Thema Wildlife-Fotografie zusammen. Dieser beinhaltet trotz wortreicher und erzählerischer Weise viele technische Informationen, Tipps und Tricks. Wie schon von mir als Autor gewohnt mit Humor, schonungsloser Offenheit auch meinen Fehlern gegenüber und natürlich mit vielen Beispielfotos. Denn es gilt wie so oft für Dich und mich gleichermaßen: Nur durch Fehler lernt man am besten!

Von wem diese Fehler jedoch gemacht werden, ist im Grunde egal. Ergo habe ich sie für Dich gemacht. So kannst Du Dir durch das Lesen des Artikels sicher den einen oder anderen Fehler sparen. So ist mir zum Beispiel schnell klar geworden, dass eine gute Sitzunterlage der Quantität und der Qualität meiner Fotos zuträglich gewesen wäre. Doch dazu später mehr. Ich habe die Serie wie folgt strukturiert:

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Nikon D810 | SIGMA 150-600mm F5-6,3 DG OS HSM | Sports – F/11 | 1/1.000 Sek. | ISO 640 | Eins der besten Bilder meines ersten Versuchs gute Wildlife-Fotos zu machen.

Klarstellung

  1. Es ist mir klar, dass „Wildlife“ nicht der richtige Begriff für meinen simplen Selbstversuch ist. Denn im Grunde bin ich lediglich bequem mit einem Auto an einen städtischen See mit vielen Vögeln gefahren.
    Dort habe ich fast wie im Zoo ein paar Tiere, die ich nicht wirklich kenne, fotografiert. Ich vergleiche mich nicht mit Profi-Tierfotografen, die oft wochenlang in der Kälte vor einem Fuchsbau sitzen, um das eine, besondere Foto zu machen. Ich halte dennoch diesen simplen Versuch, meine Nase in ein für mich nicht üblichen fotografischen Bereich zu halten, für nützlich. Nicht nur für mich, sondern auch für Dich.
  2. Du wirst in dem Artikel sehr anspruchsvolles Equipment sehen. Eine große/lange Brennweite an einer leistungsstarken Kamera ist oft bei dieser Art der Tierfotografie zwingend erforderlich. Natürlich haben häufig Kompakt- und Bridgekameras oft ähnliche Vergrößerungen/Brennweiten. Ich besitze jedoch keine und konnte somit keinen Ergebnisvergleich erstellen. Daher habe ich vor, einen weiteren, und deutlich schwierigeren Wildlife-Versuch zu wagen. Dann mit den Kenntnissen des ersten und zugleich mit zusätzlichem Equipment. So werde ich zum Beispiel eine ältere Kamera (Nikon D200) mit einem alten und leicht defekten Teleobjektiv (Tamron) auf ein Billig-Stativ der Supermarktklasse schrauben.

Die Idee

Ich habe vor der Tür einen schönen Park mit einem See, den ich auch schon für andere Artikel genutzt habe. Dort fliegen allerhand Vögel umher und diese dort zu fotografieren, ist leicht. Die vielen Tiere dort, meist Vögel, sind Menschen gewöhnt und ich kann mich bequem auf eine Bank setzen. Doch wie sieht es aus, wenn ich als ungeübter Fotograf mal einen kleinen Schritt weitergehe und Tiere in der freien Natur fotografiere?

Um jetzt nicht direkt auf die Pirsch nach einem seltenen Puma zu gehen, habe ich es mir für die Fotoschule leicht gemacht. Es gibt einen schönen See mit einer naturbelassenen Insel in Köln (Kalscheurer See). Dort ist sehr viel los und es wird mir sicher das ein oder andere Foto gelingen. Für einen Neuling ist es dennoch eine Herausforderung oder besser gesagt: Ich kann dort Erfahrungen für weitere und komplexere Fotoexperimente rund um das Thema Wildlife sammeln.

Nikon D810 | Tamron SP 24-70mm F/2.8 DI VC USD | f/8 | 1/1000 Sek. | ISO 450 | Panoramashot des Parks und der Vogelinsel.

Erkundung

Eine Verabredung brachte mich erstmals an den See. Ich war von der Schönheit der Anlage direkt begeistert. Es war früher Morgen, die Luft sehr klar und frisch und die brütenden Vögel auf der Insel waren sehr aktiv und gut zu hören. Ich hatte aus anderen Gründen zufälligerweise eine Kamera dabei und konnte so meine ersten Eindrücke fotografisch festhalten.

Natürlich habe ich die bei diesen eher zufällig und spontan entstandenen Fotos nicht auf perfekt angepasste Werte Wert gelegt. Ich hatte nicht viel Zeit und es sollte mir nur genügen, um mir am Abend einen Masterplan machen zu können. Trotz teilweise aberwitziger Belichtungszeiten und den dadurch viel zu hohen ISO-Werten sind schöne Fotos entstanden.

Der See ist aus Naturschutzgründen mittig geteilt (sichtbar an der langen Begrenzung im Wasser), um so den Tieren einen durch Menschen ungestörten Raum zu geben. Bei einem kleinen Spaziergang um den See sah ich einen Fischreiher, der einen Zweig für den Nestbau transportierte. Ich folgte ihm und sah, dass er sein Nest auf einer Kieferspitze baute. Dieses spezielle Nest war frei vom dem gegenüber liegenden Ufer sichtbar.

Zudem gab es noch eine Reihe weiterer Nester in Wassernähe und viele Enten, Gänse und andere Vögel. Da ich mich nicht mit Vögeln auskenne, war ich nicht auf seltene oder ortsunübliche Tiere/Vögel fixiert. Ich wollte mich einfach vor Ort inspirieren lassen. Damit war die Idee zu diesem Artikel geboren.

Positionierung

Wo ich mich genau positionieren würde, war durch die Idee, den Nestbau der Fischreiher zu fotografieren, klar. Es war eine schöne beschattete Uferböschung mit leichtem Gefälle und frischem Gras. Die Sonnenrichtung stimmte und deckte die gesamte geplante Zeit ab. Mir war klar, dass ich dort von anderen Spaziergängern gesehen werden würde und mir sicher, dass ich das ein oder andere Gespräch führen werde. Nach dem Motto: „Was fotografieren Sie denn?“ oder „Was machen Sie denn da?“ – so kam es dann auch.

Eine Information, die ich von einem Spaziergänger bekam, war durchaus interessant. Er sagte, dass es dort den gern fotografierten Eisvogel gibt. Ich selber habe ihn dort weder vermutet, gesucht, noch gesehen. Ich werde aber bei einem zweiten Shooting ein Auge drauf werfen. Wer weiß, vielleicht muss jeder anspruchsvolle Fotograf diesen Vogel zu seinen Lebzeiten fotografieren, so auch ich.

Die Vorbereitung

Da ich mir von SIGMA deren leistungsstarkes Telezoom SIGMA 150-600 mm F5-6,3 DG OS HSM | Sports geliehen hatte, war die Wahl der Ausrüstung für mich klar: Mein bestes Stativ, das beste Objektiv und meine beste Kamera sollten zusammen ihre Muskeln spielen lassen. Besonders die hohe Pixelanzahl der DSLR ergibt Sinn, denn auch mit 600mm würde ich sicher Ausschnitte aus den als RAW fotografierten Bildern machen müssen. Um diese Aussage zu untermauern, zeige ich Dir ein „geknipstes“ Foto mit dem Tamron 28-70 am Tag der ersten Begehung des Parks:

Nikon D810 | Tamron SP 24-70 F2.8 DI VC USD | f/8.0 | 1/6000 Sek. | ISO 1250 | So wird das nichts. Das Foto mit 70mm ist viel zu stark vergrößert und es entstehen viele hässliche Dinge hierdurch. Rauschen, Halos durch die Schärfung, (unterdrückte) chromatische Aberration und keinerlei Zeichnung.

Obwohl meine Kamera viele Megapixel hat, ist ein interessanter Ausschnitt bei dieser Brennweite oft viel zu klein. Das normalerweise gute und geringe Rauschen meiner Kamera wird durch die digitale Vergrößerung deutlicher und die gewählte Belichtungsautomatik legt viel zu viel Wert auf den Hintergrund. Dadurch sind keine Details der Befiederung mehr erkennbar. Von dem Halo (weißer Rand durch Überschärfung) mal ganz abgesehen.

Natürlich ist es mit viel Glück möglich, dass der Vogel in einem viel kürzeren Abstand vorbeifliegen würde. Doch dann würde ich viel mehr Probleme haben, ihn im Sucher zu halten. Von der dadurch häufig zu sehenden eher langweiligen Untersicht des Vogels kaum zu schweigen. Um dem „Beschnittverlust“ bei dem 600mm-Objektiv etwas entgegenzusetzen, habe ich noch einen Zweifachkonverter von SIGMA eingepackt. Ich dachte mir, dass es an einem hellen Tag mit den resultierenden 1.200mm sicher ein Vergnügen sein wird und ich das Foto des Jahres machen würde. Dem war nicht so. Mehr dazu erfährst Du im nächsten Beitrag.

Transport

Da dieser Park natürlich nicht mit dem Auto zu befahren ist, habe ich meine Ausrüstung dem nötigen manuellen Transport angepasst. Eine große wasserfeste Tasche, das recht große und schwere Sigma-Objektiv (in einer mitgelieferten Transporttasche) und das wuchtige Slik-Stativ stellten meine gedachte Obergrenze dar. Da ich einen jungen aktiven Hund besitze, stand es für mich nie zur Debatte, diesen nicht mitzunehmen. Also musste ich eine Hand für die Leine frei halten und eine Ecke in meiner Tasche für die Hundeangelegenheiten einplanen.

Alles in allem hatte ich schon viel zu tragen. Doch zum Glück wusste ich ja durch die Vorbegehung, dass der Weg vom Parkplatz zu meinem avisierten Beobachtungspunkt nicht der Rede wert ist. Ein Rollkoffer oder ähnliches hätte im Nachhinein dennoch mehr Sinn ergeben. Ich werde mir früher oder später einen solchen mit großen, offroadtauglichen Rollen kaufen.

Wetter und Ernährung

Natürlich habe ich mir ein Getränk und etwas zu Essen eingepackt. Ich plante mich grob von 12:00 bis 15:00 Uhr dort hinzusetzen und geduldig auf „das“ Foto zu warten. Ich muss dabei sagen, dass ich zwar gerne in der Natur bin, aber ich unterschätze dann doch meine Ungeduld und meinen Hund.
Das Wetter hatte ich am Vortag geprüft: Wechselnde Bewölkung ohne Regen, Temperatur ausreichend, um ohne Winterklamotten auszukommen. Nur Sonnencreme hätte ich auch in der geplanten Schattenlage gut nutzen können.

Fazit

Einfach drauflos macht zwar auch Spaß, bringt Dir aber nicht viele gute oder besser gesagt: Geplante gute Fotos. Ein wenig Vorbereitung ist bereits bei kleineren Touren vonnöten. Hast Du sogar die Zeit, eine Vorbegehung zu machen, sollten Dir die wesentlichen Dinge Deiner Ausrüstung klar sein. Wichtig ist auf jeden Fall, dass Du Dir über das Wetter genau Gedanken machen solltest. Sonnenschutzcreme und ein Schirm gehören genauso häufig in Deine Fototasche wie allerlei Fotoausrüstung. Im nächsten Teil berichte ich Dir, wie es mir vor Ort ergangen ist.

10 Kommentare

  1. Vielen herzlichen Dank für diesen amüsanten, nützlichen und nebenbei lehrreichen Artikel! Ich verfüge zwar nicht über eine derart tolle Ausrüstung, meine nächsten Ausflüge in die Natur werde ich aber dennoch besser planen und eine Portion Geduld mit einpacken (die fehlt mir eher…). Von der Tageszeit ziehe ich den späten Nachmittag vor und werde Gelsenschutz einpacken (müssen)
    Danke nochmals!
    Isolde

  2. Nett geschriebener Artikel.
    Die eingeplante Zeit finde ich nicht gut. (12-15 Uhr)
    Besser wäre niedriger Sonnenstand, dann kriegen auch die Flügel von unten etwas Zeichnung. Und das Licht ändert sich.

  3. Ich habe auch Stundenlang und Tagelang im Berliner Tegeler Fliess verbracht, um das Brüten und Schlüpfen von Schwänen zu beobachten und fotografieren. Nebenbei gab es noch viele andere Tiere abzulichten. Also entspricht dieser Artikel den tatsächlichen Gegebenheiten der Wildtierfotografie, dazu noch nett geschrieben.

  4. Sehr unterhaltsam geschrieben und doch gibt der Artikel eine Menge Hinweise, was alles Wichtig sein könnte bei einem derartigen Vorhaben. Vielen Dank und ich bin gespannt auf die Fortsetzung.

  5. Wieder ein amüsant und interessant geschriebener Artikel, der die Spannung auf den 2. Teil recht hoch schraubt.
    Gleich geht´s mit Lesen dieses Erlebnisberichtes weiter.
    Tschüss
    Sabine

  6. Nicht das Licht unter den Scheffel stellen. Das IST Wildlifefotografie! Ich zähle schon dazu, wenn jemand Schnecken im Garten ablichtet.
    Der Artikel ist prima.
    LG

  7. Schöner Artikel, vielen Dank. Und in der Tat – Planung ist das halbe Foto. Auf der anderen Seite sind es natürlich gerade auch die Zufälle, die uns schöne Bilder bescheren.

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