So nutzt Du Spiegelungen für Deine Fotografie

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Spiegelungen auf Wasseroberflächen sind eine bewährte Möglichkeit, Landschaftsmotive optisch aufzuwerten. Ganz ähnlich gilt das für Glasfassaden und Fensterscheiben bei Architekturfotos. Bei Tabletops bietet sich zudem die Möglichkeit, spiegelnde Flächen bereits beim Motivaufbau zu berücksichtigen. Mehr darüber in diesem Artikel.

Dieser Artikel stammt aus dem ColorFoto-Magazin 04-2017.

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Glasarchitektur
Glasarchitektur – In der Glasfassade des One World Trade Center Buildings in Manhattan spiegeln sich Hochhäuser und Teile des neuen U-Bahnhofs (Transportation Hub). Das Grün der Bäume durchbricht die Nüchternheit der modernen Glasarchitektur.
Sony A7R II | Canon 17 mm TS + Metabones Adapter | ISO 100 | f/11 | 1/125 s
Foto: Siegfried Layda

Wasserspiegel

Vom See in der Landschaft bis zur Pfütze vor Deinen Füßen: Wasseroberflächen sind von der Natur geschaffene Spiegel, die sich für die Bildgestaltung nutzen lassen. Wenn sich Bergrücken oder Gebäude, die Skyline einer Stadt, in einer glatten Wasseroberfläche spiegeln, ergibt sich der Eindruck perfekter Symmetrie.

Richte die Kamera exakt horizontal aus; dabei hilft eine Wasserwaage oder der künstliche Horizont am Monitor oder im elektronischen Sucher Deiner Kamera. Mit dem Polfilter lässt sich die Intensität der Spiegelung steuern.

Wo platziert man die Spiegelachse?

Ein Höchstmaß an Symmetrie erreichst Du, wenn die Spiegelachse das Bild in zwei Hälften teilt. Ein Dogma lässt sich daraus aber nicht ableiten, weil es auch auf die Eigenheiten des Motivs, vom Vordergrund bis zum Himmel, ankommt. Ein Weitwinkelobjektiv ist meistens das Mittel der Wahl, um reales Motiv und Spiegelung gleichermaßen aufs Bild zu bekommen. Eine spiegelglatte Wasseroberfläche findest Du am frühen Morgen oder abends eher als im Laufe des Tages, wenn die Luft stärker in Bewegung ist. Allerdings kommt es auch hier auf die Gestaltungsabsicht an: Je glatter der Wasserspiegel, desto genauer das Abbild Deines Motivs – eine gekräuselte Wasseroberfläche lässt die Formen des Motivs dagegen verschwimmen, was auch seinen Reiz hat.

spiegelglatt
Spiegelglatt – Kalifornien, morgens am Mono Lake. Die Berge des Yosemite Nationalparks erhellt bereits das erste Licht der Morgensonne, zusammen mit den Kalktufas (für die der See berühmt ist) spiegeln sie sich in der spiegelglatten Wasseroberfläche.
Canon EOS-1Ds Mk II | 40 mm (24–85 mm) | ISO 100 | f/16 | 1/8 s
Foto: Siegfried Layda

Wenn Dir der Wasserspiegel zu glatt ist: Wirf Steine ins Wasser und fotografiere, solange das Wasser noch in Bewegung ist. Umgekehrt kannst Du die Wasseroberfläche glätten, indem Du die Belichtungszeit auf mehrere Sekunden ausdehnst – wenn nötig, mithilfe eines Neutraldichtefilters.

Struktur
Struktur – Eisberg, Island: Ein vom Fotografen gezielt platzierter Stein brachte das Wasser in Bewegung. Ausgelöst wurde, als die Wellenstruktur im Vordergrund das gewünschte Maß erreicht hatte.
Canon EOS 5D | 40 mm (24-105 mm) | ISO 400 | f/11 | 1/125 s
Foto: Siegfried Layda

Kommentar von Karl Stechl

Spieglein, Spieglein an der Wand: Mit der eitlen Königin im Märchen von Schneewittchen haben die Gebrüder Grimm einen Alltagsgegenstand zum geflügelten Wort erhoben. Spiegel spielen in der Architektur eine wichtige Rolle, weil sie Räume optisch vergrößern. Ein Trick, den man beispielsweise bei engen Aufzugskabinen gerne anwendet. Der Wasserspiegel eines Sees dupliziert die umgebende Landschaft, die Spiegelung wird zum essentiellen Bestandteil der Bildgestaltung.
Mein Tipp: Entdecke die Welt im Spiegel und verdopple  damit den Spaß am Fotografieren!

Glasflächen

Gegenstände reflektieren Licht auf unterschiedliche Art und Weise, je nach Material, Form und Oberfläche. Produktdesigner spielen mit diesen Möglichkeiten ebenso wie Architekten. Polierte Flächen wirken wie Spiegel, während aufgeraute das Licht diffus reflektieren.

Bei moderner Architektur ermöglichen Tragestrukturen aus Stahl oder Aluminium die großflächige Verglasung von Fassaden. Als architektonisches Gestaltungselement schafft Glas einen fast nahtlosen Übergang vom Außen- zum Innenraum – ein erklärtes Ziel von Vertretern der Glasarchitektur wie dem deutsch-amerikanischen Architekten Mies van der Rohe (1886-1969). An Glasfassaden finden vielfältige Reflexionen und Spiegelungen statt, die es mit der Kamera zu erkunden gilt. Ein gutes Beispiel ist dieses Bild:

Kontraste
Kontraste – Das Reichstagsgebäude spiegelt sich in der Glasfassade des Marie-Elisabeth-Lüders-Hauses
in Berlin. Alt und neu verbinden sich zu einem architektonischen Gesamtkunstwerk.
Sony A7R II | 15 mm (12-24 mm) | ISO 100 | f/9 | 1/80 s
Foto: Siegfried Layda

In der Glasfassade des Marie-Elisabeth-Lüders-Hauses in Berlin spiegelt sich das Reichstagsgebäude – alte und neue Architektur vereinen sich zum Gesamtkunstwerk. Die mittig angelegte Spiegelachse schafft perfekte Symmetrie. Noch deutlicher wird dies beim Bild mit den Schaufensterpuppen. Die im Schaufensterglas gespiegelte Architektur überlagert die Puppen und Teile der Dekoration, sodass sich ein Effekt wie bei einer Mehrfachbelichtung ergibt.

Doppelbild
Doppelbild – Das Empire State Building spiegelt sich im Schaufenster einer Boutique und wird vom realen Abbild der Schaufensterpuppen und Teilen der Dekoration überlagert.
Sony A7R II | 37 mm (16-70 mm) | ISO 400 | f/16 | 1/30 s
Foto: Siegfried Layda

Wichtig bei solchen Aufnahmen: Kurze Brennweite und maximale Schärfentiefe, um alles von nah bis unendlich scharf abzubilden. Zudem kommt es auf den Aufnahmestandort an: Hier musste er tief angesetzt werden, um das Empire State Building in seiner vollen Höhe abzubilden. Der Fotograf musste dafür auf Knien übers Pflaster rutschen.

Geklonter Fotograf
Geklonter Fotograf – Im Aufzug schafft die Verspiegelung die Illusion weiten Raums – ein Selbstporträt von Siegfried Layda, der alle Fotos für diesen Beitrag produziert hat.
Sony A7R II | 31 mm (24-70 mm) | ISO 500 | f/5,6 | 1/40 s
Foto: Siegfried Layda

Kommentar von Siegfried Layda

Spiegelungen jeder Art bedeuten fotografisch gesehen eine Erweiterung der kreativen Möglichkeiten; es entstehen neue Zusammenhänge und Bildaussagen. Schnell wird aus einem (ursprünglich vielleicht geplanten) Hochformat auch mal ein Querformat und umgekehrt. Oft benötigt man dafür Weitwinkelbrennweiten mit entsprechend großem Bildwinkel. Ein Weitwinkel-Zoom leistet gute Dienste, wenn die Bewegungsfreiheit des Fotografen aus räumlichen Gründen eingeschränkt ist.

Tabletop

Erinnern wir uns an Pippi Langstrumpf: „Ich mach’ mir die Welt, widdewidde wie sie mir gefällt“.
Das Lebensmotto des mutigen Mädchens mit den roten Zöpfen lässt sich gut auf Tabletop-Fotografen übertragen. Anders als bei Landschaft oder Architektur ist der Fotograf hier Schöpfer seiner eigenen kleinen Welt – vom Aufbau des Motivs bis hin zur Lichtführung.

Fundsache
Fundsache – Interessante Spiegelungen findet man allerorten. Die Sonnenbrille musste nur leicht erhöht auf einem Aschenbecher platziert werden, um Sonnenschirme und Meer zu spiegeln.
Nikon D5300 | 90 mm/KB (60-mm-Makro) | ISO 100 | f/11 | 1/80 s
Foto: Karl Stechl

Auch Spiegelungen lassen sich fast nach Belieben erzeugen. In der Regel verwendet man dafür Planspiegel; konkave Hohlspiegel (Rasier- oder Kosmetikspiegel) können aufgrund ihrer lupenähnlichen Wirkung aber bei der Lichtführung Akzente setzen. Um ein Motiv wie das rote Modellauto ins Unendliche zu vervielfältigen, braucht es mindestens zwei sich gegenüber stehende Spiegelflächen. Die vordere muss dabei so weit als möglich abgesenkt werden, um Platz für die Frontlinse des Objektivs  zu schaffen.

Um zusätzliche Spiegelbilder zu erzeugen, wurden auch für die Standfläche des Autos und die Grenzfläche rechts Spiegel verwendet. Die in den Spiegelbildern auftretenden Doppelkonturen ergeben sich durch die hier verwendeten Alltagsspiegel, bei denen die Spiegelschicht an der Rückseite eines Glasträgers aufgebracht ist – im Gegensatz zu einem Oberflächenspiegel.

Als spiegelnder Untergrund kann auch schwarzes Plexiglas reizvoll sein. Die Spiegelung fällt durch den Lichtverlust bei der Reflexion der Lichtstrahlen deutlich dunkler aus als bei einer hellen Spiegelfläche, wodurch das Motiv besser zu seinem Spiegelbild kontrastiert.
Nachteil: Schwarzes Plexiglas ist ein wahrer Staubmagnet, was viel Nacharbeit nötig macht.
Interessant für Dich:

Spiegeltypen

Das Kugelschreiber-Experiment verdeutlicht, worin sich ein Alltagsspiegel von einem Oberflächenspiegel (optischer Spiegel) unterscheidet.

Fazit

In diesem Beitrag haben wir Dir gezeigt, wie Du Spiegelungen für Deine Fotografie einsetzen kannst. Diese weiteren Artikel zum Thema Spiegelung findest Du in der Fotoschule:

Autor: Karl Stechl

Weitere Tipps für die Fotopraxis, Tests der aktuellen Kameramodelle und alle Neuheiten und Trends in der Fotobranche erhältst Du im monatlichen ColorFoto-Magazin.

 

7 Kommentare

  1. Die Spiellungen in diesem Workshop gefallen mir sehr gut. Bei Wasserflächen in meiner Blickrichtung denke ich zwar immer daran, wenn das Licht gerade von der richtigen Seite kommt. Wie bei einem guten Gedanken, einem guten Motiv. Doch manchmal denke ich gerade an was anderes. Ja da kann kann es zu spät sein. Vielen Dank für die Erinnerung.
    Gruß Erich

  2. Eine Sorte der Spiegelungen ist vergessen worden: diejenige auf sauberen Autos und deren Lackierung. Das gibt wunderliche Verzerrungen.
    Die besten Bedingungen dafür sind 1. dunkle (Glanz-)Lackierung, das Auto sollte möglichst im Schatten stehen und frisch gewaschen sein.
    Hier ein Beispiel: [fc-foto:10792238]

  3. Meine liebste Art zu fotografieren. Meist sind es Motive, die ich aus den Augenwinkeln heraus entdecke und mich dann daran festbeiße.
    Fenster, Glasfassaden, ja sogar Auto- und Motorradspiegel bieten viel Kreativität.
    Danke für den interessanten Artikel!

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