Lange habe ich überlegt, wie ich diese Lektion bebildere. Ich hatte verschiedene hochwertige Makromotive im Auge, die ich in verschiedener Form perfekt ausleuchten wollte. Nach vielen Versuchen habe ich aber den Entschluss gefasst, dass ich Dir die Einstellungen und deren Wirkung am besten vermitteln kann, wenn ich mich auf sehr einfache geometrische Formen beschränke. Die Versuche haben nämlich gezeigt, dass einfache Formen (und Farben) am besten geeignet sind, um Zusammenhänge zu erläutern.
Die Effekte, die ich betrachten möchte, treten damit nämlich in den Vordergrund und werden nicht durch das Motiv an sich verwässert. Warum würden sie verwässern? Die Antwort ist einfach: Wenn das Motiv selbst Dich von dem Beleuchtungseffekten ablenkt, ist es ungleich schwerer, Dir das Lichtset zu erläutern.
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Mehr Infos zu den FotokursenIch werde daher heute einfache weiße Kugeln fotografieren, die ich abwechselnd vor einem weißen und einem schwarzen Hintergrund fotografiere. Wir haben damit sozusagen einen einfachen geometrischen Körper, dem ich über das Licht Form gebe. Damit kann ich gleichzeitig sehr schön die Effekte zeigen, die der Blitz je nach Richtung auf den beiden unterschiedlichen Hintergründen erzeugt.
Der Blitz auf der Kamera
Die ersten beiden Fotos zeigen Dir noch kein entfesseltes Blitzen, sondern eine Aufnahme mit dem internen Blitz und einem Makroobjektiv. Du erkennst an der Unterseite einen Schatten, der irgendwie seltsam aussieht. Woher kommt dieser Schatten?
Es ist der Schatten, der dadurch entsteht, dass das Objektiv im Weg ist und der interne Blitz nicht hoch genug über der Kamera steht. Möchtest Du bei Makroaufnahmen z.B. sehr nah an das Motiv, dann kannst Du den internen Blitz vergessen. Er mag zwar genug Leistung haben, aber er schafft es nicht, das Motiv im Sucher komplett auszuleuchten.
Erste Abhilfe wäre ein Systemblitz, der ja nach Modell und Bauart zirka 10 – 20 cm höher als der interne Blitz positioniert ist und vom Abstrahlwinkel daher nicht durch das Objektiv gestört wird. Die beiden folgenden Bilder zeigen Dir den Effekt.
Wie Du siehst, bekommt die Kugel durch den unteren Schatten durchaus eine schöne Kontur, was aber auch zwei Nachteile hat:
- Du kannst nur genau diesen einen Schattenverlauf produzieren.
- Der Blitz beeinflusst die Helligkeit des Hintergrunds sehr deutlich (zumindest den eigentlich schwarzen Hintergrund betreffend).
- Dass kein Schatten auf dem Hintergrund zu sehen ist, liegt allein daran, dass die Kugel den Schatten verdeckt. Bei größerem Abstand zur Kugel würde ein deutlicher Schatten auf dem Hintergrund entstehen, der je nach Motiv sehr störend sein kann.
Nun hat die Kugel eine geeignete Form, bei anderen Motive geht durch das frontale Anblitzen die Räumlichkeit des Motivs verloren. Um Dir die Möglichkeiten zu zeigen eine Kugel anders zu fotografieren, werden wir im ersten Schritt den Blitz entfesseln, ihn also von seiner Position auf der Kamera lösen und im zweiten Schritt weitere Blitze hinzufügen. Darüber erhältst Du volle Kontrolle über das Licht und dessen Wirkung auf Dein Motiv.
Einen Blitz entfesseln
Bevor wir zu den eigentlichen Einstellungen am Blitz kommen, solltest Du vorweg noch ein paar grundlegende Informationen zu den Kameraeinstellungen bekommen. Motivprogramme kannst Du gar nicht verwenden, da sie Dir keinerlei Kontrolle über die Blitzeinstellungen geben. Anders sieht es in den Progammautomatiken wie P, T(v) oder A(v) aus. Hier hast Du volle Kontrolle über die Blitzleistung. Das Problem ist aber, dass die Belichtungsmessung weiter aktiv ist. Wenn der Raum in dem Du fotografierst also nicht völlig dunkel ist, wird Dir das Umgebungslicht immer in die Belichtung pfuschen und das Ergebnis verfälschen.
Das Umgebungslicht ausschalten
Es gibt eine einfache Möglichkeit, wie Du das Umgebungslicht ausschalten kannst: Du wählst an der Kamera M (für manuell), dazu ISO 100 und eine Verschlusszeit, die der Blitzsynchronzeit Deiner Kamera entspricht (1/125 Sek.- 1/250 Sek. üblicherweise) und machst ein Probefoto. Erkennst Du im Bild noch deutliche Konturen, musst Du die Blende schließen. Bei den Fotos, die ich für dieses Projekt gemacht habe, habe ich letztendlich folgende Einstellungen verwendet: 1/250 Sek. | f/5,6 – f/11 | ISO 100. Die Blitze selbst haben genug Leistung, um das Motiv trotzdem ausreichend auszuleuchten. Die Blitze selbst habe ich übrigens nicht manuell eingestellt, sondern tatsächlich TTL verwendet, also der Kamera und der Blitzbelichtungsmessung die Kontrolle über die Lichtmenge der Blitze überlassen.
Ein Blitz formt das Licht
Die folgenden Einstellungen zeige ich Dir anhand der Canon EOS 7D II und den Systemblitzen von Rollei (inkl. dem Funksystem). Es würde den Rahmen sprengen zu versuchen, alle denkbaren Systeme und Modelle und deren Einstellungen vorzustellen. Die Beschreibungen zu den Einstellungen sind aber alle so formuliert, dass Du ohne Probleme die Vorgaben auf jedes andere System (Kameramodell und Blitzsystem) umstellen kannst.
Im ersten Schritt benötigst Du einen Master, also einen Blitz oder einen Sender, der in der Lage ist die Steuersignale per Licht oder per Funk an die eigentlichen Blitze zu schicken. Was Du verwendest, ist eigentlich egal für die Einstellung. Du teilst der Kamera im Menü der Blitzsteuerung mit, dass Du beabsichtigst drahtlos zu blitzen. Diese Einstellung musst Du vornehmen, damit die Kamera die zusätzlichen Menüs anzeigt, die Du benötigst, um die Drahtlosfunktionen einstellen zu können.
Wie wir Dir in den vorangegangenen Artikeln (Teil 1 und Teil 2) schon erklärt haben, musst Du dem entfesselten Blitz natürlich auch mitteilen, dass er als Slave arbeitet und sozusagen auf die drahtlos übersendeten Signale reagieren muss. Zusätzlich musst Du ihm einen Kanal zuweisen. Für die ersten Beispiele habe ich als Blitzgruppe ALL (also alle Blitze gleichwertig) gewählt. Man könnte natürlich dem Blitz auch eine Blitzgruppe (A, B oder C) zuweisen. Das würde auch funktionieren, macht aber wenig Sinn, wenn ich eh nur einen Blitz verwenden möchte und wäre nur überflüssiger Einstellungsaufwand.
Für die ersten beiden Fotos habe ich den Blitz seitlich zur Kugel gestellt. Wie Du siehst bekommt die Kugel richtig „Form“. Der schwarze Hintergrund ist nun wirklich schwarz, der weiße Hintergrund dagegen auf einmal grau. Die Erklärung ist ganz einfach, der Hintergrund wird nicht mehr direkt angeblitzt, sondern bekommt nur noch indirektes Licht ab. Schwarz bleibt in diesem Fall schwarz, weiß wird dagegen zu (dunkel-)grau, fast schwarz.
Das Problem? Bei dem schwarzen Hintergrund versinkt die Rückseite der Kugel und verliert ihre Kontur und damit ihre Form. Wenn Du den Blitz auf 45 Grad veränderst, wird der Hintergrund etwas heller und die Kugel bekommt mehr „Form“. Schiebst Du dagegen den Blitz auf 135 Grad (0 Grad ist in Richtung Kamera) hast Du ein klassisches Streiflicht.
Die Einstellungen sind übrigens bei allen Fotos immer gleich (wie oben beschrieben), der Vorteil der Verwendung von TTL ist eben, dass die Kamera von alleine darauf achtet, dass die Belichtung immer passt. Achte bitte bei allen Fotos nicht nur auf die Kontur, sondern auch auf den Hintergrund und inwiefern sich die dunkle Seite der Kugel von dem Hintergrund abhebt.
Bevor wir nun einen zweiten Blitz zuschalten, zeige ich Dir einen einfachen Weg, wie Du bei Makros, aber auch bei klassischen Studiosets einen fehlenden Blitz ersetzen kannst. Schau Dir dazu die beiden folgenden Beispiele an:
Was wurde gemacht? Knapp außerhalb des Sichtfeldes stand einfach eine Styroporplatte, die einen Teil des Blitzlichtes reflektiert und der Kugel von hinten (also der dem Blitz abgewandten Seite) eine weiche Kontur gibt. Wie stark der Effekt ist, kannst Du durch die Wahl des reflektierenden Materials steuern. In dem Beispiel siehst Du das Ergebnis mit einer schlichten sauberen Styroporplatte. Wenn Du Alufolie darüber legst, wird mehr Licht reflektiert und es wird härter. Nimmst Du eine graue Pappe, bleibt das Licht weich, aber es wird weniger. Wir möchten Dich motivieren mit solch einfachen Mitteln und an einfachen Motiven zu üben. So lernst Du am schnellsten das Licht zu führen und dessen Wirkung einzuschätzen.
Ein zweiter Blitz kommt hinzu
Wie Du gesehen hast, kannst Du mit einem Blitz und einfachen Hilfsmitteln schon viel gestalten. Deutlich flexibler wirst Du natürlich, wenn Du zwei Blitze zur Verfügung hast (die Du natürlich zusätzlich auch noch um die weiter oben genannten Hilfsmittel ergänzen kannst).
Du könntest jetzt durch die Wahl des Abstands der Blitze einen gewissen Einfluss auf die Lichtmenge nehmen, die auf die jeweilige Seite der Kugel fällt, was aber ein recht mühsames Unterfangen wäre und vor allem viel Lauferei bedeutet. Zum Glück bieten die Kameras, die drahtloses Blitzen steuern können dafür Lösungen.
Wie umfangreich das angebotene Menü für die Drahtlossteuerung ist, hängt übrigens auch am Master. Wird der interne Blitz verwendet, kann es bei Einsteigermodellen sein, dass z.B. nur zwei Blitzgruppen einstellbar sind, sobald aber ein entsprechender Master auf die Kamera gesteckt wird, steht ein deutlich umfangreicheres Menü zur Verfügung, da die Kamera die Funktionen des Blitzes erkennt.
Wenn Du jetzt mit zwei Blitzgruppen arbeitest (A:B nennt sich dies bei Canon), musst Du dem Slave sagen, zu welcher Blitzgruppe er gehört. Diese Einstellung musst Du dann am Blitz selbst vornehmen, von der Kamera aus ist dies nicht möglich. Sobald Du die Blitzgruppe zugewiesen hast, kannst Du die Blitze an der gewünschten Position aufstellen. Sie warten sozusagen in Bereitschaft auf die „Befehle“ des Masters. In der Grundeinstellung ist den beiden Gruppen meist dieselbe Leistung zugewiesen (A:B = 1:1).
Das Verhältnis der Blitzleistung kannst Du verändern. Bei meinen Kameras kann ich das Verhältnis von A:B im Bereich 8:1 bis 1:8 verstellen. Bei A:B = 8:1 blitzt die Gruppe A mit der achtfachen Leistung gegenüber der Gruppe B. TTL sorgt aber weiterhin für ein korrekt belichtetes Foto.
Die Fotos zeigen Dir zwei Fälle, bei denen die Position der Blitze nicht verändert wurde, sondern nur die Leistung der Blitzgruppen im Verhältnis zueinander. Die Unterschiede sind deutlich, oder?
Du kannst natürlich die Position der Blitzgeräte beliebig wählen, sie müssen nicht seitlich stehen. Wenn Du mit Licht masterst, musst Du nur auf eine ununterbrochene Sichtlinie zwischen Masterblitz und Slave achten. Wenn Du Funk benutzt (wie z.B. das Rolleisystem), können die Slaves auch hinter einem Pfeiler, einer Mauer oder anderweitig versteckt stehen. Sie lösen trotzdem zuverlässig aus.
Nun bieten die meisten drahtlosen Blitzsysteme drei Blitzgruppen an (manche sogar fünf). Die dritte Blitzgruppe C ist häufig dazu gedacht, als Hintergrundblitz zu arbeiten und wird daher bei der Verwendung von TTL nicht im Verhältnis zu A und B eingestellt, sondern die Einstellung lautet A:B + C. Du stellst als die beiden Gruppen A und B in einem Verhältnis zueinander ein und die Gruppe C unabhängig davon. Die folgenden beiden Fotos (mit schwarzem Hintergrund!) zeigen Dir den Sinn und Zweck:
Tatsächlich ist es möglich (entsprechende Blitzleistung vorausgesetzt), den Hintergrund nur über das Licht zu verändern. Theoretisch kannst Du einen schwarzen Hintergrund völlig wegblitzen, so dass er weiß aussieht. Dazu muss der Blitz aber schon sehr viel Leistung haben.
Wichtiger Hinweis:
Um Systemblitze drahtlos zu entfesseln, gibt es zwei unterschiedliche Möglichkeiten: Per Blitz und per Funk. Grundsätzlich unterscheiden sich diese beiden Verfahren nicht, was die Einstellungen an der Kamera selbst angeht. Es gibt allerdings einen wesentlichen Punkt zu beachten, sofern die Blitze per Funk ausgelöst werden und dazu Systeme verwendet werden, die auf den Blitzschuh geschoben werden. Löse ich die entfesselten Blitz per Blitz(-licht) aus, muss ich dem jeweiligen Blitz mitteilen, dass er ein Slave ist, den Kanal einstellen und die Blitzgruppe, denn nur so weiß der entfesselte Blitz, dass er auf einen Steuerblitz warten muss. Ich treffe diese Einstellungen am Blitz direkt und der Blitz selbst muss Slave-fähig sein. Anders verhält es sich bei den Funksystemen, dort stelle ich Blitzgruppe und Kanal am Adapter/Empfänger ein. Der Empfänger steuert dann den aufgesteckten Blitz. Der aufgesteckte Blitz darf nicht als Slave eingestellt sein, sondern einfach nur als normaler Systemblitz, als wenn er auf der Kamera steckt. Wenn du ihn versehentlich als Slave einstellst, funktioniert die Funkfernsteuerung nicht. Der Blitz selbst muss nicht Slave-fähig sein. |
Fazit
Du kennst jetzt alle nötigen Grundlagen und Begriffe, um entfesselt zu blitzen. Du weißt nun, wie Du die Blitze einstellst (grundsätzlich… die genaue Knöpfchenkunde entnimm bitte dem Handbuch Deines jeweiligen Modells).
Du hast die Möglichkeiten gesehen, welchen Effekt die Veränderung der Blitzgruppen hat und wie komfortabel Du das Licht direkt von der Kamera aus verändern kannst. Im nächsten Artikel werden wir Dir ein richtiges Projekt zeigen, bei dem wir entfesselte Blitze zur Beleuchtung eingesetzt haben.
Weitere Artikel dieser Themenreihe
Entfesselt Blitzen – So funktioniert es
Entfesselt Blitzen – Das Autoprojekt
Ein sehr schöner und gut erklärter Artikel. Das entfesselte Blitzen ist für mich noch recht neu. Da freut man sich schon auf das ausprobieren.
Lob für die „Kugelidee“! Das macht alles gut verständlich.
Sind alle Funk-Blitzempfänger auch TTL-fähig, können also auch Signale an die Kamera senden?
Nein!
Der TTL Blitz / Funkempfänger sendet keine Signale an die Kamera.
Through the Lens (TTL; engl. für „durch das Objektiv [hindurch]“
bedeutet, dass die Kamera einen Vorblitz auslöst, welcher durch das Objektiv mit dem Belichtungsmesser der Kamera eingefangen und ausgewertet wird. Die errechnete Blitzleistung wird dann von der Kamera an das Blitzgerät gesendet, welches dann den eigentlichen Blitz mit der korrekten Leistung auslöst.
Dies ist nur mit einem TTL fähigen Sender/Empfänger möglich, dieser hat immer mehrere Kontakte.
Kostengünstigere Universalsysteme können auch nur mit dem Mittenkontakt ausgestattet sein, welcher lediglich den Blitz auslöst.
Die Blitzleistung muss dann manuell am Blitzgerät eingestellt werden.
Ein, für mich, sehr komplexes Thema sehr anschaulich erklärt.
Danke und weiter so.
Toller Beitrag. Danke.
Und es hat „Klick“ gemacht ;)
Die Idee mit dem geometrischen Körper macht es viel einfacher die Dinge zu verstehen. Gerade als Anfänger beim entfesselten Blitzen hat mir das sehr geholfen!
Vielen Dank und weiter so.
Klasse geschrieben….. hätte da auch noch einen Link zum Thema und freu mich auf die Fortsetzung….. Man(n) lernt ja nie aus :-)
http://www.blitz-fotografie.de/
Das war sehr gut und ausführlich erklärt.
Danke.