Üblicherweise haben heutige Digitalkameras bis zu vier unterschiedliche Messmethoden für die Belichtungsmessung. Das sind:
- die Matrix- oder Mehrfeldmessung (hier gibt es noch weitere markenspezifische Bezeichnungen)
- die Integralmessung
- die Selektivmessung
- und die Spotmessung
Detaillierte Informationen zu diesen Messmethoden findest Du hier. Ich werde deshalb in diesem Artikel auf diese verschiedenen Methoden nicht mehr im Detail eingehen.
In diesem Artikel möchte ich Dir zeigen, wie unterschiedlich die einzelnen Messmethoden sich auf das Ergebnis auswirken. Ich habe für die folgenden Beispielfotos diesmal keine DSLR verwendet, sondern eine Systemkamera, nämlich die Fujifilm X-T2.
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Ich möchte an dieser Stelle keine Diskussion für oder gegen Systemkameras lostreten. Fujifilm hat mir die Kamera zur Verfügung gestellt und sie bietet passenderweise für diesen Artikel den Vorteil, dass Du die Unterschiede im elektronischen Sucher (genannt ‚Electronic Viewfinder‘, kurz EVF) sofort sehen kannst, wenn Du die Messmethode wechselst.
Solltest Du eine DSLR verwenden, empfehle ich Dir, die Kamera für diese Versuche auf ein Stativ zu stellen und das Livebild zu verwenden. Das Umgebungslicht wird zwar störend wirken, aber auch im Livebild kannst Du zumindest im Ansatz die Unterschiede sehen, wenn Du die Messmethode wechselst. Die beiden Beispiele oben zeigen tatsächlich die Anzeige im EVF (ich habe sie mit dem Smartphone fotografiert, daher bitte ich leichte Verzerrungen zu entschuldigen, es ging aber besser als gedacht).
Die vier Messmethoden
Die Einstellung selbst erfolgt an den Kameras auf höchst unterschiedlichem Weg. Meist musst Du in die Menüs der Kameras gehen, um die Messmethode zu wechseln. Bei der Fujifilm X-T2 hast Du einen Schalter und vier Positionen. Die Einstellung wird dann auch gleich im Sucher angezeigt und kann daher mit ein wenig Übung tatsächlich vorgenommen werden, ohne dass Du die Kamera vom Auge absetzen musst.
Die Symbolik ist dabei markenübergreifend relativ einheitlich, daher möchte ich sie Dir kurz zeigen und die jeweilige Methode daneben stellen.
Zur Erinnerung (und weil die Hersteller die Algorithmen hinter der Messung nicht völlig transparent machen) hier nochmal die vier an der Fujifilm vorhandenen Messmethoden (von links nach rechts):
- Spotmessung: Es wird ein kleiner Bereich in der Bildmitte gemessen, der in etwa 2% der gesamten Bildfläche entspricht.
- Mittenbetont: Es wird über das gesamte Bild gemessen, der Schwerpunkt liegt aber in der Bildmitte.
- Mehrfeldmessung: Die Kamera ermittelt die Belichtung aufgrund einer Analyse von Bildaufbau, Farbe und Helligkeitsverteilung.
- Integralmessung: Es wird ein Mittelwert über die gesamte Bildfläche gebildet
Eine kleine Übung für Dich: Bei der Betrachtung der nachfolgenden Beispiele versuche bitte einmal nachzuvollziehen, was und wo gemessen wurde, um so Rückschlüsse auf das Ergebnis zu ziehen.
Die Wirkung der Messmethoden
Um die unterschiedliche Wirkung der verschiedenen Messmethoden zu zeigen, habe ich unterschiedliche Motive fotografiert. Die Lichtverhältnisse waren immer konstant und ich habe mich bemüht, den Bildausschnitt immer gleich zu halten.
Für alle nachfolgenden Motive habe ich die Brennweite, die ISO und die Blende konstant gehalten (55mm | f/4 | ISO 200). Insofern findest Du unter den Fotos neben der Angabe der Messmethode „nur“ Verschlusszeit, die aber ausreichend ist, um Rückschlüsse über die unterschiedliche Messung zu ziehen.
Helles Motiv vor hellem Hintergrund
Beginnen möchte ich mit einem schwierigen Motiv (bezogen auf die automatische Belichtungsmessung). Ein helles Motiv vor einem hellen Hintergrund mit einem eher geringen Kontrastumfang:
Der reine Mittelwert (Integral) gibt erwartungsgemäß das schlechteste Ergebnis, der Mittelwert des hellen Motivs weicht deutlich von dem Referenzwert einer Graukarte ab, das Foto ist deutlich unterbelichtet.
Die Mehrfeld- und die mittenbetonte Messung ergeben das identische Ergebnis, was in diesem Fall nicht verwunderlich ist, da die Analyse der Mehrfeldmessung den Kopf als bildrelevant erkennt und daher „mittenbetont“ arbeitet.
Das beste Ergebnis liefert die Spotmessung, da nur das Gesicht gemessen wird. Aber auch hier ist noch eine leichte Unterbelichtung vorhanden, da die „Haut“ immer noch heller ist, als die Graukarte.
An dieser Reihe erkennst Du auch den Grund, warum Schneelandschaften meist unterbelichtet werden. Die Kamera weiß ja nicht um den Schnee, sondern orientiert sich immer an der Referenz Grau. Sie versucht daher, die Belichtung so einzustellen, dass das Ergebnis dem Mittelwert entspricht.
Dunkles Motiv vor hellem Hintergrund
In der zweiten Fotoreihe habe ich das Motiv insofern verändert, dass ich dem Modell schwarze Haare verpasst habe. Dadurch steigt der Kontrastumfang des Motivs erheblich.
Erwartungsgemäß liefert die Integralmessung hier wieder das schlechteste Ergebnis, da der Hintergrund in Summe den Mittelwert immer noch zu stark dominiert. Allerdings fällt die Unterbelichtung nicht ganz so stark aus, da die schwarzen Haare den Mittelwert nach unten ziehen.
Die Mehrfeldmessung liefert ein ähnliches Ergebnis wie zuvor, da sie offensichtlich den schwarzen Haaren zu wenig „Gewicht“ gibt (Mehrfeldmessungen orientieren sich häufig an der Lage der aktiven AF-Felder).
Die mittenzentrierte Messung kommt dem idealen Ergebnis sehr nahe, da die schwarzen Haare durch den festgelegten Schwerpunkt der Messung in der Bildmitte ausreichend Rechnung getragen wird.
Die Spotmessung liefert ein fast identisches Ergebnis zu dem vorherigen Beispiel. Das verwundert nicht weiter, weil wieder nur die „Haut“ gemessen wurde.
Helles Motiv vor dunklem Hintergrund
Im dritten Beispiel arbeite ich wieder mit hellen Haaren, diesmal aber vor einem dunklen und „natürlichen“ Hintergrund. Die Ergebnisse der einzelnen Messmethoden verschieben sich nun deutlich:
Das beste Ergebnis dieser Reihe liefert hier tatsächlich die Integralmessung. Dies liegt offensichtlich daran, dass der Mittelwert des Gesamtbildes nahe dem Grauwert liegt.
Auch die Mehrfeldmessung schlägt sich gut. Die Szenenanalyse der Fujifilm X-T2 ist offensichtlich bei der Belichtungsmessung gut in der Lage den hellen (scharfen) Vordergrund von dem dunklen Hintergrund zu trennen.
Der mittenbetonten Messung gelingt dies nicht so gut, da die Mittelwertbildung den Hintergrund zu wenig mit einbezieht.
Die Spotmessung liefert – wenig überraschend – wieder ein unterbelichtetes Foto mit nahezu identischer Verschlusszeit zu den vorigen Beispielen.
Dunkles Motiv vor dunklem Hintergrund
In der letzten Reihe hat mein Model Stella den Standort nicht gewechselt, aber wieder schwarze Haare bekommen. Die Verschlusszeiten ändern sich deutlich:
Die Integralmessung liefert hier fast das perfekte Ergebnis. Die hellen Bildanteile sind zwar ganz leicht überbelichtet, dafür hat das schwarze Haar aber sehr schöne Zeichnung. Diese Belichtungswerte sind bei dem Motiv nicht ganz unkritisch, allerdings hat die Fujifilm X-T2 einen derart großen Dynamikumfang, dass hier keine Probleme auftreten.
Die Mehrfeldmessung und die mittenbetonte Messung sind ähnlich nah am Ergebnis. Sie belichten aber etwas zaghafter, weil in beiden Fällen das Gesicht als Schwerpunkt der Messung gewertet wird (und das Gesicht nach wie vor eher hell ist).
Die Spotmessung liefert – wie zu erwarten – wieder identische Ergebnisse zu den vorherigen Reihen.
Fazit
An dieser Stelle möchte ich Dir nicht die Bewertung abnehmen, wann Du welche Messmethode am besten einsetzt. Ich denke die Ergebnisse sprechen für sich.
Merken solltest Du Dir: Mit jeder Messmethode lässt sich das identische Ergebnis erzielen, sofern Du sie richtig einsetzt und gegebenenfalls mit einem entsprechenden Korrekturwert versiehst.
Da die Spotmessung wohl immer auf dem Gesicht liegt, muss die Helligkeit des Gesichts immer gleich sein. Ist sie aber nicht. Siehe Vergleich erster mit letzter Belichtungsreihe.
Sind da Bilder in der Präsentation durcheinander geraten? Der Leser wird auf jeden Fall durcheinander gebracht.
Die Helligkeit zwischen ersten und letzter Belichtungsreihe kann gar nicht gleich sein, weil ganz offensichtlich die Position des „Gesichtes“ deutlich verändert wurde (und damit die Lichtsituation und damit die Helligkeit). Der Vergleich der Belichtungsreihen untereinander war zu keinem Zeitpunkt angedacht, sondern nur der Vergleich innerhalb einer Reihe.
Es handelt sich bei diesem Artikel auch nicht um eine wissenschaftliche Studie unter Laborbedingungen, die Fotos dienen der Visualisierung und Unterstützung des Textes.
Danke für Deinen Beitrag
Sehr gute Ausarbeitung und Aufarbeitung der Problematik der verschiedenen Belichtungsmessarten. Es ist und bleibt kompliziert, ist aber beherrschbar.
Meine Empfehlung: Bei schwierigen Verhältnissen die Lichtmessung mit einem Handbelichtungsmesser in Betracht zu ziehen.
Die Helligkeit des Objektes spielt dann keine Rolle mehr.
Sehr gut erklärt!
Überaus interessanter Lerninhalt. Vielen Dank dafür.
Ich bin noch Anfänger und finde jeden Beitrag interessant weiter so
Sehr guter Artikel der die unterschiedlichen Messmethoden super anschaulich und für jeden verständlich erklärt.
Bezieht sich die Spot Messung auf die Bildmitte oder das aktive AF Feld?
Bei meiner D750 ist es das aktive AF Feld.
Axel
da die Mehrzahl der aktuellen Kameramodelle die Spotmessung auf die Mitte bezieht, bezieht sich der Artikel eben auf diese Tatsache. Im übrigen ändert sich durch die Verknüpfung mit dem AF-feld nichts wesentliches an der Funktionsweise.
Eindrückliche Darstellung der Belichtungsmethoden. Somit bleibt jedem selbst überlassen, welche Messmethode bei welchem Motiv gewählt wird, was ja auch Spass machen kann. Danke für den tollen Beitrag.
Sehr interessant und lehrreich.
Danke!