Brücken sind wichtige Verkehrsadern, faszinieren aber auch durch ausgeklügelte Konstruktionen und individuelle Ästhetik. Sie führen über Wasser und Gelände, prägen das Bild von Landschaften und Städten. Wir zeigen Dir, wie Du Brücken mit der Kamera erkunden und gekonnt in Szene setzen kannst.
Dieser Artikel stammt aus der ColorFoto 6/2019.
Brücken in Städten
Was wären viele Städte ohne ihre Flüsse und Brücken? In der ungarischen Hauptstadt Budapest überspannen neun Straßenbrücken die Donau und verbinden die Stadthälften Buda und Pest. Im italienischen Genua war das Polcevera-Viadukt seit 1967 das verbindende Element zwischen dem Ost- und Westteil der Stadt. Am 14. August 2018 stürzte einer von drei Pylonen der vierspurigen Autobahnbrücke, zusammen mit einem etwa 250 m langen Teilstück, ein. Das Unglück legte die wichtigste Verkehrsverbindung der Hafenstadt lahm und kostete 43 Menschen das Leben.
Ein wechselvolles Schicksal wurde auch der Freiheitsbrücke in Budapest zuteil: Sie wurde 1896 als Franz-Joseph- Brücke eröffnet, 1945 teilweise von der deutschen Wehrmacht gesprengt, dann originaltreu wieder aufgebaut und eineinhalb Jahre später neu eröffnet – unter dem heutigen Namen Freiheitsbrücke. Die grün gestrichene Eisenbrücke lässt sich auch aus der Vogelperspektive fotografieren, wenn man den Anstieg auf den Gellértberg nicht scheut.
Weitere mögliche Aufnahmeperspektiven finden sich bei den Bildern der Helix Bridge in Singapur – von einem Aussichtspunkt auf Brückenniveau fotografiert – und der Manhattan Bridge in New York. Letztere wurde von unten aufgenommen, was in Verbindung mit einem 17-mm-Weitwinkel markante Fluchtlinien erzeugt. Bei der zweiten Aufnahme mit dem 300-mm-Tele, die den Raum komprimiert, scheint die Manhattan-Bridge dagegen direkt aus den alten Lager- und Bürohäusern im Vordergrund herauszuwachsen.
Landschaft mit Brücke
Brücken ergänzen die umgebende Landschaft auf unterschiedliche Weise. Ein altes Eisenbahnviadukt kann sich malerisch in die natürliche Umgebung einfügen, während eine kühne High-Tech-Brücke einen Kontrapunkt zur Natur setzt. Entsprechend sollte man die fotografischen Mittel wählen. Wenn es sich nicht um historische Exemplare handelt, sind Brücken in der Landschaft häufig für Autos oder Eisenbahn reserviert und können deshalb zu Fuß nicht ohne Weiteres überquert werden. Wo möglich, sind sie oft selbst gute Aussichtspunkte für Landschaftsmotive. Die erste Brücke war wohl eine Balkenbrücke – vielleicht ein Baum, der sich beim Umstürzen quer über ein Bachbett legte.
Dank Stahl- oder Spannbeton können Balkenbrücken heute extrem in die Länge gebaut werden. Stahlträgerbrücken, die z.B. durch Gitter- oder Fachwerkgerüste stabilisiert sind, wirken filigran, können aber hohe Verkehrslasten tragen. Deshalb dienen sie oft als Eisenbahnüberführungen. Bogenbrücken aus Stein bauten bereits die alten Römer über den Tiber. Seine statische Sicherheit bezieht diese Brückenvariante aus der Tatsache, dass die Gewichtskräfte in die Fundamente zu beiden Seiten des Bogens abgeleitet werden. Moderne Bogenbrücken variieren das Thema vielfältig: Die Fahrbahn kann z.B. unter oder über dem Bogen verlaufen. Optisch besonders reizvoll sind Hängebrücken wie die Golden Gate Bridge bei San Franzisco. Schrägseilbrücken variieren das Thema Hängebrücke: Die stabilisierenden Seile bzw. Kabel sind fächerartig zwischen Trägern und Brückenbett verspannt.
Abend und Nacht
Nachts sind alle Katzen grau? Katzen vielleicht schon, für Bauwerke aber gilt eher das Gegenteil. Manches Gebäude, das bei Tag grau und trist aussieht, wird durch nächtliche Illumination zum Hingucker. Auch die Beleuchtung einer Brücke geht über den praktischen Zweck oft weit hinaus, wie das Aufmacherbild mit der Elgin Bridge in Singapur zeigt.
Verläuft die Brücke über einen Fluss, so sind die Lichtreflexe im Wasser ein zusätzliches Gestaltungselement. Der Himmel ist bei Nachtaufnahmen normalerweise schwarz – nicht aber beim Foto der Oberbaumbrücke in Berlin: Hier brechen sich die Lichtstrahlen im Nebel und erhellen so den Horizont. Intensives Blau zeigt der Himmel dagegen, wenn direkt nach Sonnenuntergang zur blauen Stunde fotografiert wird. Helle Objekte nehmen dabei die Blaufärbung an, wie beim Bild der Berliner Kronprinzenbrücke sichtbar wird. Befindet sich der Aufnahmestandort direkt auf einer Brücke, wird man bei wenig Licht mit einem besonderen Problem konfrontiert: Der Verkehr bringt das Bauwerk zum Schwingen – und die Kamera auf dem Stativ schwingt mit. Dann muss man versuchen, mit einem Minimum an Abblenden, möglichst kurzer Brennweite und Erhöhen des ISO-Werts eine Belichtungszeit zu erzielen, die brauchbare Aufnahmen liefert. Eine höhere ISO- Einstellung führt aber zu mehr Rauschen, dem man durch intensivere Rauschfilterung begegnen muss, die wiederum zu Detailverlusten führt. Am besten fotografierst Du im RAW-Modus, um später wichtige Parameter festlegen zu können. Neben Schärfung und Rauschfilterung gehört dazu auch der Weißabgleich.
Brücken im Detail
Nur wenige Zweckbauten gibt es in so vielen Konstruktionsvarianten wie das bei Brücken der Fall ist. Umso mehr lohnt es sich, auf die Suche nach aussagekräftigen Details und Aufnahmeperspektiven zu gehen, die den Betrachter überraschen. Schwenkt man z.B. die Kamera nach oben, so ergeben sich dramatische Ansichten von Brückenpfeilern oder Verstrebungen, die das Bauwerk stabilisieren. Durch die Froschperspektive erhalten diese Bauteile vor dem blauen Himmel eine starke grafische Wirkung wie das Foto der Washington Bridge in New York zeigt. Die stürzenden Linien, hier noch verstärkt durch ein 17-mm- Weitwinkel, sind bei solchen Motiven erwünscht und müssen nicht im Bildbearbeitungsprogramm korrigiert werden. Das Drahtgitter am Geländer einer Fußgängerbrücke in Salzburg lädt zum Anbringen von „Liebesschlössern“ ein – ein beliebtes Fotomotiv. Um den Bezug zur Umgebung herzustellen, wurde eine Kirche im Hintergrund unscharf in das Bild integriert. Dabei kam ein leichtes Tele zum Einsatz.
Auch die weiteren Motivbeispiele sind Teleansichten: Die Detailaufnahme der Brooklyn-Bridge thematisiert das filigrane Geflecht der Trageseile. Ein 200-mm-Teleobjektiv konzentriert den Ausschnitt auf die wesentlichen Bildelemente. Die andere Teleaufnahme zeigt ebenfalls die Brooklyn-Bridge. Allerdings spielt sie hier eine Nebenrolle, weil der Stützpfeiler einer anderen Brücke das Bild dominiert – eine Ansicht, die Räumlichkeit vermittelt.
Lesetipp: Online-Fotokurs „Architekturfotografie: eine Einführung“
Perspektive und stürzende Linien sind bekannte Begriffe aus dem Bereich der Architekturfotografie und gelten natürlich auch für Brücken. Im Fotokurs Architekturfotografie erwarten Dich technische und bildgestalterische Themen, Fragen zur guten Planung und Vorbereitung für Aufnahmen von Bauwerken.
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Tolle Beispiele. Ich denke aber, das ich die Brücken, ins besondere die Kettenbrücke, in Budapest auch ganz gut hinbekommen habe. Könnt ja mal in meinem Portfolio im Ordner Budapest nachsehen.
Sehr gut
Gute Beispiele. Die Perspektive macht die Würze!
Sehr gute Beispiele gezeigt ! Regt intensiv zum Ausprobieren an .
Sehr lehrreich euere Fotoschule gefällt mir sehr gut mit freundlichen Grüßen Manfred
Danke Manfred, das freut uns sehr! Weiterhin viel Spaß hier ;)