Vorteile der rechteckigen Grauverlaufsfilter

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In meiner analogen Zeit hatte ich für meine Kamera sehr viele Filter, darunter auch diverse Effektfilter. Gerade letztere bekommt man heutzutage fast gar nicht mehr zu kaufen, weil sich die Effekte schneller und günstiger über Bildbearbeitungsprogramme erstellen lassen. Es sind wenige Filter übrig geblieben, deren Einsatz an den Digitalkameras heute noch Sinn machen, weil deren Funktion am Rechner gar nicht oder nur mit sehr hohem Aufwand nachgestellt werden kann.

Den Graufilter als solchen habe ich Dir in zwei vorherigen Artikeln, Graufilter: mystisches Wasser fotografieren und Graufilter: Menschen verschwinden lassen, bereits vorgestellt. Nun möchte ich zu einer Untervariante des Graufilters kommen: dem Grauverlaufsfilter. Diese Grauverlaufsfilter gibt es in verschiedenen Varianten, die ich Dir kurz vorstellen möchte.

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Der Grauverlaufsfilter

Wie das Wort „Verlauf“ im Namen des Filters bereits andeutet, reduziert ein Grauverlaufsfilter nicht über seine gesamte Fläche das einfallende Licht. An einer Seite hat dieser Filter also die angegebene Stärke (z.B. ND8 bis ND32), an der anderen Seite besteht er aus Klarglas und verändert die Belichtung nicht. Dazwischen findet ein Verlauf von Klarglas zu Graufilter statt, der je nach Art des Filters unterschiedlich stark ausgeprägt ist.

Diese Verlaufsfilter werden eingesetzt, um Unterschiede in der Helligkeit eines Motivs auszugleichen. Sie treten primär immer dann auf, wenn ein Teil Deines Motivs sehr hell, während ein anderer Teil, sehr dunkel ist. Du kennst dies vielleicht von Landschafts- oder Architekturaufnahmen. Dort ist oft ein großer und im Vergleich zum Rest sehr heller Teil des Motivs Himmel mit Wolken. Damit nun der Himmel nicht ausgebrannt oder die Landschaft zu dunkel wird, kommt ein Grauverlaufsfilter ins Spiel und gleicht die Helligkeitsunterschiede aus.

Grundsätzlich findest Du in den Stärke-Bezeichnungen eines Grauverlaufsfilters dieselben Angaben, wie bei Graufiltern. Bei Grauverlauf ist die Spanne aber kleiner. Sie geht üblicherweise von ND8 (3 Blendenstufen) bis ND 32 (5 Blendenstufen). Alles darüber macht für einen Grauverlauf wenig Sinn, da die Helligkeitsunterschiede dann zu groß werden.

Nachfolgend zeige ich Dir die typischen Varianten von Grauverlaufsfiltern:

Alle oben gezeigten Verlaufsfilter haben die Stärke ND8. Wie Du sehen kannst, haben die Filter im oberen Bereich alle ein gleichstarken Ton in Grau. Sie unterscheiden sich nur darin, wie weich sich der Verlauf ändert. Bei der Version „Hard“ besteht der Filter zur Hälfte aus reinem Graufilter und zur anderen Hälfte aus Klarglas – in der Mitte ist ein kurzer und schneller Verlauf. Bei der Variante „Soft“ beginnt der Verlauf im Grunde sofort und läuft ganz weich über die gesamte Fläche des Verlaufsfilters aus.

Welche Variante Du verwendest, hängt davon ab, ob Du einen geraden und eindeutigen Horizont hast (z.B. am Meer) oder ob der Horizont eher unbestimmt ist und der Übergang von dunkel zu hell eher weich verläuft.

Sonderformen der Grauverlaufsfilter

Es gibt auch Sonderformen des Grauverlaufsfilters. Zwei Varianten davon habe ich Dir hier abgebildet. Wie Du sehen kannst, verläuft der Übergang von Filter zu Klarglas hier nicht linear in eine Richtung sondern aus der Mitte des Filters heraus nach oben und unten.

Das primäre Einsatzgebiet dieser Sonderformen sind z.B. Sonnenuntergänge. Hierbei befindet sich logischerweise die hellste Stelle im Bild – die Sonne – auf Höhe des Horizonts. Der linke Filter, mit dem eher einseitigen Verlauf aus der Mitte nach oben, ist eher für Sonnenuntergänge an Land geeignet. Die Variante mit dem symmetrischen Verlauf in beide Richtungen eignet sich eher für Sonnenuntergänge über dem Wasser, da sich der Himmel und damit auch die Sonne zusätzlich im Wasser spiegelt.

Warum sind eckige Grauverlaufsfilter praktisch?

Die eben vorgestellten Filter gibt es natürlich fast alle auch in runder Ausführung zum Aufschrauben. Allerdings ist ein schneller Filterwechsel mit Schraubfiltern nicht so einfach. Diese werden oft zu fest aufgeschraubt und lassen sich dann schwer lösen. Nicht selten verstellt sich dabei der Fokus oder bei Zoom-Objektiven der Bildausschnitt. Der Wechsel oder das Abnehmen von Rechteckfiltern geht schneller und komfortabler, da diese Filter einfach nur in einen Adapter eingeschoben werden. Mit ein bisschen Geschick sogar ohne den Bildausschnitt oder den Fokus zu verändern, sofern die Kamera auf einem Stativ steht. Ich bevorzuge diese Art und Weise Filter zu wechseln. Dies ist allerdings Geschmackssache und eine Frage der Übung.

Bei Schraubfilter liegt der eigentliche Filter in einem Ring, mit dem er auf das Objektiv geschraubt wird. Damit ist die Trennlinie zwischen hell und dunkel meist auf die Mitte fixiert und Deine Möglichkeiten der Bildgestaltung sind damit extrem eingeschränkt. Der Vorteil von Grauverlaufsfiltern kommt an dieser Stelle nun vollends zum Tragen.

Wie bereits beschrieben, werden die eckigen Grauverlaufsfilter in einen Adapter eingeschoben. Dir ist sicher aufgefallen, dass diese Filter anders als die reinen Graufilter nicht quadratisch sind, sondern rechteckig. Diese Form ermöglicht es Dir, den Verlaufsfilter innerhalb des Halters nach oben oder unten zu verschieben. Damit hast Du die volle Kontrolle darüber, an welcher Stelle im Bildausschnitt der Grauverlauf beginnt und wieviel Anteile von Bild von dem Grauverlauf eingenommen werden. Du kannst also den Filter Deiner Bildgestaltung anpassen und ihn je nach Lage des Horizonts entsprechend passend verschieben. Dies wäre mit Verlaufsfiltern zum Schrauben unmöglich.

Grauverlaufsfilter im Vergleich
Der rote Kreis symbolisiert beispielhaft die Frontlinse des Objektivs. Da der Filter 50mm höher als breit ist, kannst Du ihn nach oben oder unten verschieben. Links siehst Du den Standardfall, der Verlauf liegt in der Mitte der Frontlinse. Wenn Du ihn nach oben schiebst, kannst Du ihn als reinen Graufilter verwenden und nach unten geschoben funktioniert er als Schutzfilter ohne Auswirkungen auf das Foto.

Beispiele aus der Praxis

In der Theorie lässt sich immer viel erklären. Aber um die Wirkung zu verstehen, macht es natürlich Sinn, Dir ein paar praktische Beispiele zu zeigen. Im ersten Beispiel habe ich die Darstellung bewusst etwas übertrieben, damit der Effekt sehr deutlich wird.

Das Wetter zum Zeitpunkt der Aufnahme war sehr warm und es entstanden mehr und mehr große, zum Teil dunkle Quellwolken am Himmel. Zwischen den Wolkenfeldern kam immer wieder starke Sonnenstrahlen heraus. Der Himmel wirkte durchaus etwas dramatisch. Auf dem ersten Foto ist der Vordergrund korrekt belichtet. Die Wolken im Himmel sind dadurch zum Teil deutlich überbelichtet und haben kaum Struktur. Die Tiefenwirkung des Fotos geht durch den (auch überbelichteten Dunst) am Horizont etwas verloren.

In der zweiten Aufnahme haben die Wolken dagegen deutlich Struktur. Auch die Tiefenwirkung des Fotos ist größer, da der Dunst am Horizont weniger stark belichtet wurde. Dafür habe ich einen Verlaufsfilter (Rollei F:X Pro GND 16 (Medium)) genutzt. Dieser sorgt dafür, dass die Wolken nicht überbelichtet werden und dass die Wirkung des Vordergrunds im Sonnenlicht besser zur Geltung kommt. Wenn Du genau vergleichst, wirst Du sehen, dass der Vordergrund (das Grün) nahezu gleich belichtet ist, während der obere Teil im zweiten Foto durch den Grauverlauf eine ganz andere Wirkung bekommt.

Aufnahme ohne Grauverlaufsfilter
Aufnahme mit Grauverlaufsfilter Rollei F:X Pro GND 16

 

Die richtige Perspektive und Verlaufsstärke wählen

Wenn Du Dir die Verlaufsfilter genau anschaust, haben sie immer eine gerade Linie, mit einem mehr oder weniger starken Verlauf. Bei der nachfolgenden Gegenlichtaufnahme habe ich versucht, die Sonne mit einem Grauverlaufsfilter mit hartem Verlauf ein wenig abzumildern. Wie Du direkt erkennst, ragt die Kuppel des Kapitols viel zu weit in den Verlauf hinein. Sie wirkt daher deutlich dunkler. Ein Verschieben des Verlaufes hätte nur wenig gebracht, da die Kuppel sehr weit in den (zu) hellen Himmel hineinragte.

 

Das Kapitol in Washington mit Unterbelichtigung
Rollei F:X Pro Hard GND 16

 

Solche  „Probleme“ kannst Du durch zwei Maßnahmen lösen:

  1. Wähle einen größeren Bildausschnitt. Du kannst später den Ausschnitt nachträglich noch anpassen
  2. Nutze einen Grauverlaufsfilter mit einem weichen Verlauf (Medium oder auch Soft).

 

Der Übergang wirkt bei weitem nicht mehr so stark und das Bildergebnis ist viel ausgewogener.

 

Das Kapitol in Washington mit dem Grauverlaufsfilter von Rollei
Rollei F:X Pro Medium GND 8

 

Das Wetter und der Grauverlaufsfilter

Während meiner Reisen habe ich oft Graufilter eingesetzt. Manchmal nur um zu testen, ob es Sinn macht oder nicht. Tatsächlich kannst Du Dir einige Grundregeln merken, wann es sich lohnt, mit einem Grauverlaufsfilter zu arbeiten.  (Ausnahmen bestätigen die Regel):

  1. Grauverlaufsfilter machen bei Gegenlichtsituationen grundsätzlich mehr Sinn, als bei Licht im Rücken
  2. Je mehr Wolken am Himmel sind, um so deutlicher tritt der „dramatische“ Effekt zutage, rein blauer Himmel wird meistens nur unnatürlich blauschwarz

 

Wenn ich die Fotos meiner USA-Reise, hier in Washington beim Kapitol, im Nachhinein betrachte, dann gefallen mir persönlich die Fotos am Besten, bei denen viele Wolken am Himmel zu sehen sind. Der Grauverlaufsfilter konnte hier die Kontraste und Strukturen gut herausarbeiten, die sonst bei Belichtung ohne Filter untergehen.

Der Anteil an Himmel spielt dabei für die Wirkung eine große Rolle. Ich habe daher zum Vergleich immer dasselbe Motiv mit drei verschiedenen Brennweiten aber immer dem selben Filter aufgenommen (hier einen Rollei F:X Pro Medium GND 8).

Kapitol in Washington mit einem Grauverlauf
Aufnahme mit 70 mm (und wenig Himmel), der eher weiche Verlauf ist zwar an der Kuppel sichtbar, aber nicht störend)
Das Kapitol in Washington mit dem einem weicheren Grauverlauf
Aufnahme mit 44 mm (und etwas mehr Himmel), der eher weiche Verlauf ist an der Kuppel gar nicht mehr sichtbar.
Das Kapitol in Washington mit dem Grauverlaufsfilter
Aufnahme mit 24 mm (und viel Himmel und mehr Abstand), der weiche Verlauf stört nicht, weil die Kuppel sich darunter befindet.

Fazit

Grauverlaufsfilter gehören für den anspruchsvolleren Landschaftsfotografen zum „Must Have“. Sie ersparen Dir viel Zeit und Arbeit bei der Bildbearbeitung, wenn Du sie richtig einsetzt. Sie lassen sich gut mit anderen Graufiltern kombinieren, sofern Du hochwertige Filter nutzt.

11 Kommentare

  1. Nette Promotion. Mir gefallen die gezeigten Fotos überhaupt nicht und mit der richtigen Kameraeinstellungen sind Filter unnötig..
    Ich habe mir dieses Filterset vor Jahren gekauft,es aber kaum benutzt, da das Handling mir viel zu nervig war. Mittlerweile benutze ich gar keine Filter mehr und wenn dann Schraubfilter und fertig.
    Das ist kein Bericht in dem es um Lerninhalte geht sondern eine Werbung

    1. Hallo Charles,

      vorab vielen Dank für Deinen Kommentar.

      Vielleicht fehlen Dir ein paar Informationen, um den Artikel korrekt zu bewerten.

      1. Die Fotos in dem Artikel haben nicht das Ziel jmd. zu gefallen, sie sollen etwas illustrieren. Dazu ist es manchmal notwendig den Effekt ein bisschen zu übertreiben, damit die Wirkung klar wird. ich fotografiere sehr oft für die Fotoschule ganz einfache Objekte, weil sie plakativ zeigen, was ich zeigen möchte.

      2. Wenn Du ohne Grauverlaufsfilter auskommst und sie ablehnst, warum hast Du den Artikel dann gelesen?

      3. Ich hatte vor 10 Jahren auch mal einen (einfachen) Set an Filtern, die waren im Handling wirklich schwierig. Dies hat sich inzwischen durch intelligente Teillösungen deutlich geändert. Allein die Tatsache, dass ich die ganze Filtereinheit innerhalb einer Sekunde abnehmen kann, indem ich eine Entriegelungstaste drücke, ist im Vergleich zu Schraubfiltern für mich ein großer Vorteil im Handling

      4. Nimm aus dem Artikel das Wort Rollei komplett raus und lese ihn nochmal. Du wirst feststellen, er ändert sich inhaltlich Null. Es handelt weiter davon: Wie funktionieren Grauverlaufsfilter und wie setze ich sie ein. Soviel zum Thema Werbung.

      5. Der Artikel ist für Dich kostenlos, Du kannst ihn lesen oder es lassen.

      6. Mir macht die Arbeit an der Fotoschule Freude. Und grundsätzlich lebe ich auch gern von Luft und Liebe. Ab und an möchte meine Familie aber auch mal etwas zu essen haben.

      7. Ich nutze für die Artikel zum großen Teil meine private umfangreiche Fotoausrüstung, aber dies findet dann seine Grenzen, wenn ich bestimmtes Zubehör nicht habe. Ich werde nicht für einige hundert Euro Zubehör privat kaufen, nur damit Du Dich nicht an ein bisschen Werbung in einem kostenlosen Artikel störst. Ganz im Gegenteil, ich freue mich, wenn Hersteller meine Arbeit anerkennen und sie unterstützen, indem sie leihweise Dinge zur Verfügung stellen

      8. Alle Dinge, die ich in dem Artikel geschrieben habe, treffen auf alle Grauverlaufsfilter aller Hersteller zu.

      9. Ich wünsche Dir einen entspanntes und ruhiges Wochenende.

  2. Generell großes Kompliment für diesen Artikel, der umfassend alles abhandelt, was zu diesem Thema gesagt werden sollte!
    Graufilter sind für einen Landschaftsfotografen dann unentbehrlich, wenn Effekte einer langen Belichtungszeit gewünscht werden oder einfach zuviel Licht vorhanden ist. Grauverlaufsfilter sind hingegen, nach meiner Erfahrung, entbehrlich, weil ihre Wirkung in der Regel mit Werkzeugen der Bildverarbeitung einfacher, präziser, schneller, gezielter und billiger erzielt werden kann. Vielleicht gibt es Ausnahmen. Aber auch einen ausgefressenen Himmel kann man mit einer zweiten Aufnahme (gezielt unterbelichtet) einfangen und mit der ersten Aufnahme kombinieren. Das ist immer noch einfacher als einen Grauverlaufsfilter umständlich zu montieren. Und von der optischen Qualität her gesehen ist ein Bild ohne Filter aufgenommen, generell sowieso besser.
    HG Jörg

    1. Hallo Jörg,

      danke für Deine umfangreiche und sachliche Kritik.

      Ich möchte gerne eine andere Sichtweise ergänzen.

      1. Die Montage ist gegenüber früher deutlich komfortabler geworden. Ich habe einfach einen Ring auf dem Objektiv. Bei Bedarf habe ich innerhalb einer Sekunde den Halter mit Filter montiert oder wieder abgenommen.

      2. Man kann mit zwei Belichtungen und anschließender Montage tatsächlich ähnliche Effekte erreichen. Ich persönlich finde aber die Montage dann durchaus nicht trivial, wenn der Horizont nicht gerade ist.

      3. Z.B. in Washington, wo viele der Beispielfotos entstanden sind, war es an vielen Stellen verboten ein Stativ zu verwenden. Spätestens dann wird es schwierig mit der Montage und mühsam.

      4. Dies ist dann eher eine Frage der persönlichen Vorlieben: Ich habe viel Freude an der Fotografie, betrachte die Bildbearbeitung am PC dagegen eher als nötige Last. Daher versuche ich so zu fotografieren, dass ich möglichst viel schon fotografisch erledige und Bildbearbeitung nur nach dem Motto betreibe: So wenig wie möglich, so viel wie nötig.

    1. Die liegen nicht zwangsläufig an den Filtern. Wenn das Objektiv zu leichten Vignetten neigt, werden diese durch den Graufilter verstärkt. Die sind aber mit einem Mausklick weg.

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