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Bevor wir Euch beginnen die Funktionen von Magic Lantern im Detail vorzustellen, kommen wir zu einem wichtigen Punkt. Die Installation und vor allem auch die Deinstallation von Magic Lantern. Insbesondere letzteres ist ein wenig tricky und nicht auf den ersten Blick plausibel. Wenn Ihr den ersten Teil noch nicht gelesen habt, könnt Ihr das hier nachholen.
Die Installation
Ihr benötigt eine SD(HC)-Karte mit 32 GB (oder weniger!), Karten mit 64 GB funktionieren nicht für die erste Installation. Ihr solltet diese Karte in der Kamera formatieren (Low Level) und dann in den Kartenleser am PC/Laptop einlegen. Wenn dann das heruntergeladene ZIP-File geöffnet wird, sollten folgendes zu sehen sein:
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Mehr Infos zu den FotokursenDieses ZIP-File muss nun in das Rootverzeichnis der Speicherkarte extrahiert werden (Das Rootverzeichnis ist die oberste Ebene in der Datei- und Ordnerstruktur der Speicherkarte). Es werden alle Versionen für alle kompatiblen Kameras auf die Karte geschrieben. Da die Dateien sehr klein sind, nehmen sie kaum Platz weg. Wenn Ihr also mehrere unterschiedliche Kameras habt, hat dies den Vorteil, dass Ihr nicht verschiedene Speicherkarten für verschiedene Kameras nutzen müsst, sondern alle Karten in allen Kameras verwenden könnt.
Im nächsten Schritt wird die Karte aus dem Kartenleser entnommen und in die ausgeschaltete (!) Kamera mit vollem (!) Akku eingelegt. Vor dem Einschalten der Kamera muss nun noch das Programmwahlrad auf die Position M (Manuell) gestellt werden. Jetzt kann die Kamera eingeschaltet werden. Erst einmal passiert nichts. Die Firmware installiert sich nicht von alleine.
Jetzt wechselt Ihr in die Menüs und zwar in die (gelben) Einstellungsmenüs, die Option für das Firmwareupdate aufrufen. Ihr solltet bitte vorher kontrollieren, ob auf der Kamera die korrekte Version der Firmware installiert ist, da sonst die Installation nicht funktioniert.
In den Einstellungsmenüs schaut Ihr bitte nach der Option für das Update der Firmware. Je nach Modell, findet sich diese Option an unterschiedlicher Stelle in den Menüs. Bei der hier als Beispiel verwendeten EOS 60D ist es das Einstellungsmenü 3. Für die EOS 60D muss vorher z.B. die Firmware 1.1.1 installiert sein.
Sobald alles wie beschrieben eingestellt ist, startet Ihr einfach ein Firmware-Update – es lässt sich tatsächlich auch nur starten, wenn die Software richtig auf der SD-Karte gespeichert ist, ansonsten kommt eine Fehlermeldung, dass Ihr eine Karte mit einer geeigneten Firmware einlegen mögt. Im ersten Moment nach dem Start des Firmware-„Updates“ sieht alles aus wie bei einem normalen Update. Dann allerdings erscheint ein neuer Screen, Magic Lantern meldet sich und teilt mit, dass die SD (CF)-Karte bootfähig gemacht wird (Magic Lantern wird nicht in der Kamera gespeichert, sondern bei jedem Einschalten von der Karte geladen).
Es dauert ca. eine halbe Minute, dann erscheint ein Schirm mit grüner Schrift und meldet „Success“, also Erfolg, die Bootfunktion der Kamera wurde aktiviert und nun wird bei jedem Einschalten der Kamera Magic Lantern von der Karte gestartet und kann verwendet werden.
Die Deinstallation
Wir möchten an dieser Stelle noch einige Worte zur Deinstallation verlieren. Es reicht nicht, die Karte einfach aus der Kamera zu entfernen und die Kamera neu starten, da nach wie vor die Bootfunktion aktiviert ist und die Kamera sich dann aufhängen kann, Magic Lantern muss vorher deaktiviert werden.
Die Funktion zur Deaktivierung befindet auch in den normalen Kameramenüs und zwar im Einstellungsmenü 1 unter der Option „Formatieren“. An sich funktioniert „Formatieren“ wie gewohnt, es gibt aber kleine Unterschiede gegenüber der Funktion ohne Magic Lantern. Den ersten Unterschied seht Ihr, wenn Ihr die Option aufruft. Im oberen Teil des Bildschirms werden nämlich alle in der Kamera befindlichen Dateien der Firmware von Magic Lantern eingelesen. Der Hintergrund ist einfach und sehr sinnvoll gelöst, Ihr könnt nämlich die Karte weiterhin in der Kamera formatieren, ohne dass die Dateien von Magic Lantern gelöscht werden.
Nun kann es ja sein, dass man Magic Lantern löschen will. Dazu findet Ihr in dieser Menüansicht den Hinweis [Q], der bedeutet, dass Ihr die Taste Q an der Kamera drücken müsst. Der Text wechselt und nun steht dort „Format card, remove Magic Lantern“. Sobald Ihr „OK“ klickt, wird die Karte formatiert, inkl. Magic Lantern. Wenn Ihr nun die Kamera aus- und wieder einschaltet, wird Magic Lantern von der Kamera entfernt.
Die Funktionen von Magic Lantern im Detail erklärt
Wenn die Kamera nach der Installation wieder einschaltet wird, sind im ersten Moment kaum Unterschiede zu sehen. Bis auf kleine Veränderungen in den Anzeigen kann die Kamera wie gewohnt genutzt und konfiguriert werden. Das war aber sicher nicht Sinn und Zweck der Installation. Um nun an die Funktionen von Magic Lantern zu gelangen, drückt Ihr einfach auf die Taste mit dem Papierkorb (die Taste ist normal ohne Funktion außerhalb der Bildvorschau). Es öffnet sich das Menü von Magic Lantern. Wenn Ihr die Taste INFO drückt, erscheint immer der zu der angezeigten Funktion passende Bildschirm mit einem Hilfetext, allerdings in Englisch.
Je nach Modell, auf dem Magic Lantern installiert wurde, ist die generelle Bedienung etwas unterschiedlich, sie erscheint mir auch nicht überall ganz konsistent. Generell werden aber Pfeiltasten, Stellräder und/oder Multi-Controller wie gewohnt genutzt. Zusätzlich ist die Sterntaste wichtig für die Auswahl der Optionen (bzw. Werteveränderung) und die Set-Taste.
Das Menü Expo(sure –Belichtung)
Das Menü rund um die Belichtung bietet nicht wirklich neue Funktionen, aber – und daran liegt der Reiz – es erweitert die vorhandenen Funktionen erheblich, sowohl was die Zahl der möglichen Zwischenstufen betrifft, als auch den gesamten Einstellungsbereich, der bei einigen Funktionen deutlich erhöht wurde (immer im Rahmen der technischen Grenzen der Kamera – bei einer 550D sind z.B. keine Verschlusszeit kürzer als 1/4.000s einstellbar, während eine 60D hier noch weitere acht Schritte bis zur 1/8.000s anbietet.)
Nun aber zu den Funktionen im Detail:
White Balance (Weißabgleich)
Die erste Funktion ist für den Weißabgleich zuständig. Solange man nicht in das Untermenü wechselt, kann „nur“ die Farbtemperatur geändert werden, allerdings in einem wesentlich größeren Spektrum, nämlich von 1.500 Kelvin bis 15.000 Kelvin in Schritten von 100 Kelvin. Ein Stern hinter der Zahl zeigt an, wenn Ihr den Bereich verlasst, den die Kamera ab Werk zur Verfügung stellt. Bei den größeren Modellen wird nur der einstellbare Bereich erweitert, bei den kleineren Modellen wird die manuelle Einstellbarkeit der Farbtemperatur zugefügt.
Der erweiterte Bereich für den Weißabgleich bietet viele Möglichkeiten, im unteren Bereich lassen sich damit auch bei Kerzenlicht und Lagerfeuern realistische Farben erzeugen, im oberen Bereich lassen sich die Effekte der späten „Blauen Stunde“ vollumfänglich ausgleichen, wenn man es denn wünscht. Auch wenn wir die Möglichkeiten der RAW-Bearbeitung kennen, nutzen wir gern den „falschen“ Weißabgleich, um besondere Effekte schon bei der Aufnahme ins Bild zu bekommen.
Das Untermenü für den Weißabgleich
Weißabgleich bietet ein umfangreiches Untermenü an. Die beiden Funktionen WBShift Green/Magenta und WBShift Blue/Amber bietet auch Canon selbst. Es ist aber sinnvoll, sie auch hier zu finden, um alle Einstellungen innerhalb von Magic Lantern vornehmen zu können.
Die Funktionen R/G/B-Multiplier beziehen sich auf den manuellen Weißabgleich. Letztlich ist der manuelle Weißabgleich ja nicht wirklich manuell, man gibt der Kamera ein Bild vor (mit möglichst viel Weiß oder Grau) und lässt daraus die Kamera den Weißabgleich berechnen. Die Ergebnisse sind gut, aber nicht immer 100%ig. Über die drei Multiplierfunktionen könnt Ihr den manuellen Weißabgleich noch feintunen, indem Ihr für jede Grundfarbe zusätzlich eigene Korrekturwerte vorgebt. Für die Fotografie ist diese Funktion nicht so wichtig, da bei Aufnahme in RAW der Weißabgleich auch im Nachhinein sehr gut justierbar ist. Für Videoaufnahmen ist die Korrektur allerdings Gold wert, da die nachträgliche Änderung des Weißabgleichs auf einen ganzen Film extrem zeitaufwendig ist.
Die Funktion Black Level ist auch eher für Video wichtig. Ihr fügt dem RAW sozusagen einen korrigierten Schwarzlevel zu, damit kann man den Grün- oder Magentastich von Schatten ausgleichen, der nach einem Weißabgleich auftreten kann. Diese Funktion ist aber nur für erfahrene Anwender geeignet. Die unterste Option schaltet wieder den automatischen Weißabgleich ein, indem man die Taste Av drückt. Diese Taste ist aber nur an den kleinen Modellen vorhanden, die 60D z.B. hat diese Taste nicht. Dort haben wir den automatischen Weißabgleich nur über das Canon-Menü eingestellt bekommen.
ISO (Empfindlichkeit)
Bei unseren Recherchen zu diesem Menüpunkt sind wir auf den Nachteil von Open-Source-Projekten gestoßen. Die Funktionen, die dokumentiert sind, decken sich nicht mit den Funktionen, die mit der Software installiert wurden. Dies liegt wohl daran, dass die Dokumentation teilweise mit deutlicher Verspätung der Funktion angepasst wird. Wir werden aber auch die in den Screenshots fehlende Funktion erläutern.
Um die Logik der ISO Einstellung von Magic Lantern zu verstehen, möchten wir ein Beispiel bringen. Ihr kennt sicher die Reihe der einstellbaren ISO 100 – 200 – 400 – 800 usw.
Je nach Modell sind auch Zwischenschritte möglich, also 125 und 160 oder 250 und 320. Diese Zwischenschritte werden erzeugt, indem die Kamera, ausgehend von der Haupt-ISO, die Empfindlichkeit um 1/3 EV absenkt oder erhöht. Die jeweils erhöhten Zwischenwerte rauschen stärker, als die abgesenkten Pendants. Hier daher einige Beispiele:
ISO 100 = Haupt-ISO
ISO 125 = Haupt-ISO 100 + 1/3EV
ISO 160 = Haupt-ISO 200 – 1/3EV
ISO 200 = Haupt-ISO
ISO 250 = Haupt-ISO 300 + 1/3EV
ISO 320 = Haupt-ISO 400 – 1/3EV
Magic Lantern empfiehlt nur Haupt-ISO zu verwenden oder aber die ISO mit -0,3 EV
Die Funktion Equivalent ISO zeigt das Ergebnis aus den eingestellten Werten an den beiden darunter stehenden Funktionen Canon analog ISO und Canon digital ISO, beides hat aber herzlich wenig mit analog und digital zu tun, sondern bedeutet nur, dass analog sozusagen die nativen Werte sind und digital die gepushten. Sie können alle drei Werte verändern, die beiden anderen Werte verändern sich dynamisch mit.
Je nach Modell sind dabei nahezu beliebige ISO möglich, beginnend von ISO 25 bis deutlich über ISO 102.000, in den Randbereichen zeigt die Bildqualität dann aber deutliche Schwächen und es Bedarf einige Nacharbeit, um die Fotos dann noch verwenden zu können.
In dem Screenshot fehlt die Funktion Magic Lantern digital ISO (DIGIC) – diese Funktion eröffnet im Bereich Video eine Feineinstellung der ISO in einem sehr weiten Bereich, deutlich mehr, als die Kameras von Haus aus bei Video zulassen.
Display Gain macht nichts anderes als die Helligkeit des Bildschirms anzupassen, so wie man es aus den Canon-eigenen Menüs kennt.
Highlight Tone P. ist die altbekannte Tonwert-Priorität, die Magic Lantern damit auch den Kameras zur Verfügung stellt, die diese Funktion normal nicht haben.
Und schlussendlich könnt Ihr mittels ISO Selection noch festlegen, welche ISO-Einstellungen bei Video verwendet. Jene von Magic Lantern oder jene von Canon.
Shutter – Verschlusszeit
Die Funktion Shutter ist nur in den Modi M und Tv aktiv, bei Av und P zeigt ein roter Kreis an, dass der Wert nicht eingestellt werden kann.
Wichtigste Voraussetzung für eine sinnvolle Anwendung von Shutter ist, dass die weiter unten stehende Funktion Exp. Override auf On gestellt wurde. Ein Untermenü gibt es nicht. Dafür könnt Ihr im Bereich Foto die Verschlusszeit feiner einstellen, dabei werden die tatsächlichen Werte angezeigt und nicht die gerundeten (also 1/48s statt 1/50s). Wenn Ihr Videos aufnehmt, können Ihr die Verschlusszeit sogar in 1/8-Werten einstellen und – sofern die Kamera diese Verschlusszeit erlaubt – für Video sogar 1/8.000s freischalten.
Aperture – Blende
Mit den Einstellungen der Blende verhält es sich ähnlich, wie mit der Verschlusszeit. Einstellungen sind nur bei den Modi M und Av möglich. Sofern Exposure Override aktiviert ist, kann die Blende in 1/8 Schritten feinjustiert werden.
Picture Style – Bildtsil und Rec PicStyle
Diese beiden Funktionen sind schnell beschrieben: Picture Style selbst bietet keine zusätzlichen Funktionen gegenüber der Software von Canon. Interessant ist Rec PicStyle. Ihr könnt für Foto und Video unterschiedliche Bildstile einstellen und müsst dann nicht ständig wechseln – also nicht aufregendes.
Exp. Override
Wie beschrieben schaltet Ihr damit die Fähigkeit frei, die Belichtungseinstellungen von Canon zu überschreiben und die Belichtung mittels Shutter und Aperture wesentlich feiner zu justieren.
LV Display
Auch diese Funktion gehört eher zu den weniger wichtigen. Hier stellt man ein, ob man in der Liveview mit oder ohne Belichtungssimulation arbeiten möchte.
Nachdem wir Euch in dem zweiten Teil die Installation und Deinstallation vorgestellt haben, werden wir im dritten Teil dann mehr in die Praxis gehen und die vielen feinen Helferlein und Funktionen von Magic Lantern rund um den Autofokus vorstellen.
Danke für die Anleitung, aber ich habe ein Problem : Wie funktioniert das Ganze mit einer EOS 500 D (keine Q-Taste)?
mfg
Gerhard
Hat sich erledigt. Mit Lupe habe ich die [Q]-Taste tatsächlich gefunden.
Ich habe eine EOS 600D und mir alle Tasten angesehen. Aber ich finde beim besten Willen keine Taste [Q]. Wo soll die sein?