Mehr als hell und dunkel. Wenn Fotografen über Kontrast reden, geht es meistens um Licht-Schatten-Kontraste und darum, wie man sie am besten kontrolliert. Nicht weniger wichtig für die Bildwirkung aber sind Farb- und Größenkontraste. Außerdem spielen Kontraste auch beim Bildinhalt eine Rolle, etwa in Form von Gegensätzen oder Widersprüchen. Mache den Kontrast zum Programm bei der Motivsuche – es lohnt sich.
Helligkeitskontrast
Hell-Dunkel-Kontraste sind in der Fotografie Fluch und Segen zugleich. Ein Segen, weil das Spiel mit Licht und Schatten ein essenzielles Stilmittel ist, vor allem bei Aufnahmen in Schwarzweiß. Zum Fluch können extreme Helligkeitsunterschiede im Motiv werden, die der Bildsensor der Kamera nicht mehr abbilden kann. In diesem Fall übersteigt der Motivkontrast die Sensordynamik. Aktuelle Digitalkameras bieten überwiegend eine Dynamik zwischen 9 und 10 Blendenstufen. Bei voller Sonneneinstrahlung um die Mittagszeit kann der Motivkontrast 10 Blenden bzw. EV-Werte aber bei weitem übersteigen. Dann bleiben folgende Möglichkeiten: Helle Schattenbereiche auf, mittels Faltreflektor oder Blitzgerät, um die Belichtung insgesamt reduzieren zu können. Bei Porträts auf Armlänge funktioniert das gut, bei Landschafts- oder Architekturaufnahmen kaum. Hier wirst Du also Verluste in den Schatten in Kauf nehmen müssen, wenn Du knapp belichtest, und Verluste in den Lichtern, wenn Du reichlich belichtest. Die Verluste in den Schatten lassen sich leichter kompensieren als ausgefressene Lichter – wie ein Himmel mit Wolken, denen jegliche Struktur fehlt. Einziger Nachteil: Je stärker man die Schatten bei der Bildbearbeitung aufhellt, desto deutlicher zeigt sich das Rauschen. Bei statischen Motiven empfiehlt sich zusätzlich eine Belichtungsreihe mit ein bis zwei Blenden Spreizung, um durch Kombinieren von unterschiedlich hellen Aufnahmen alle Tonwerte des Motivs abzubilden (HDR).
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Mehr Infos zu den FotokursenFarbkontrast
Farben treffen in einem Bild auf unterschiedliche Art zusammen. Der einfachste Farbkontrast entsteht, wenn beliebige Farben in reiner Form aufeinandertreffen. Diese bunte Mischung kann stark und lebendig, aber auch chaotisch wirken. Differenzierter wirkt der Komplementärkontrast. Hier sind zwei Farben im Spiel, die sich im Farbkreis direkt gegenüberstehen: Rot und Blaugrün, Grün und Purpur, Blau/Violett und Gelb sind komplementäre Paarungen. Weiter gefasst ist der Kalt-Warm-Kontrast, der „kalte“ Farben wie Violett, Blau oder Blaugrün mit „warmen“ Farben wie Gelb, Orange oder Rot in Beziehung setzt. Dabei geht es nicht um den genauen Farbton, sondern um den allgemeinen Farbcharakter.Von Qualitäts oder Intensitätskontrast spricht man, wenn gesättigte, leuchtende Farben auf gedeckte, pastellartige Farben treffen. Dabei kann eine Farbe so stark dominieren, dass das Umfeld kaum noch als farbig wahrgenommen wird. Beispiel: die Straßenszene mit buntem Graffiti. Für eine farbrichtige Wiedergabe des Motivs ist ein auf das Aufnahmelicht abgestimmter Weißabgleich notwendig, der bei RAW-Dateien ohne Qualitätsverluste auch noch im RAW-Konverter festgelegt werden kann. Differenzierte Eingriffe in die Farbgebung ermöglicht die selektive Farbkorrektur zum Beispiel in Photoshop, Lightroom, Capture One oder Affinity Photo. Hier kannst Du Sättigung, Ton und Luminanz (Helligkeit) separat für bis zu acht Farbkanäle einstellen. Über Farbton/Sättigung lassen sich Motivfarben auch völlig verändern – ein Effekt, den man mit Bedacht verwenden sollte.
Größenkontrast
Alles in der Welt ist relativ. Erst recht gilt das für fotografische Abbilder der Wirklichkeit: Reale Größenverhältnisse lassen sich bei der Aufnahme nicht nur verändern, sondern komplett umkehren. Denken Sie an den Bildklassiker „Schiefer Turm von Pisa“: Eine im Vordergrund platzierte Person scheint das Bauwerk am Umfallen zu hindern, indem sie sich dagegen lehnt oder es mit den Händen stützt. Der Effekt ist abgenutzt, verdeutlicht aber, wie Größenverhältnisse im Bild zustande kommen. Es geht um Entfernung, Standort und Brennweite. Oder mit einem Wort – um die Aufnahmeperspektive. Damit der Turm klein wirkt, muss er sich weit weg von der Kamera befinden, während die Person, die ihn stützt, dem Aufnahmestandort nahe ist.
Verwendet man ein Weitwinkel objektiv, kann man durch Verringern der Aufnahmeentfernung die Vordergrunddominanz erhöhen, ohne den Hintergrund aus den Augen zu verlieren. So kannst Du Motivelementen eine völlig unterschiedliche Gewichtung geben. Was in der Realität groß und dominant erscheint, wird auf dem Foto zur Hintergrundszene. Scheinbar Nebensächliches avanciert zum zentralen Bildelement, weil es den Vordergrund beherrscht. Bei einer Ansammlung gleichartiger Objekte wie den Heißluftballons lässt sich damit auch ein eindeutiger Bildschwerpunkt setzen. Teleobjektive sind eher das Mittel der Wahl, wenn man bestehende Proportionen im Motiv erhalten will. Sie lassen weit Entferntes zusammenrücken und erzeugen – vor allem wenn es sich um sehr lange Brennweiten handelt – einen eher flächigen Bildeindruck.
Inhaltskontrast
Helligkeits-, Farb- und Größenkontraste sind eng mit der Aufnahmetechnik und der Nachbearbeitung verbunden. Aber auch im Bildinhalt selbst können sich Kontraste manifestieren. Und die lassen sich fototechnisch weit weniger beeinflussen. Es geht dabei um Gegensätze und Widersprüche, die in Objekten und Szenen sichtbar werden. Man kann so etwas inszenieren, doch meistens wirkt es aufgesetzt. Aufregender und authentischer ist es, wenn man solche Motive in ihrer natürlichen Umgebung aufspürt und in Szene setzt. Schärfe Deinen Blick, indem Du in Adjektiven denkst, die Gegensätze ausdrücken. Beispiele: alt – neu, klassisch – modern, reich – arm, ruhig – hektisch oder statisch – bewegt. Ein Beispiel für das zuletzt genannte Begriffspaar ist Siegfried Laydas Aufnahme mit den verwischten Autos.
Deren Bewegung steht im Gegensatz zum statischen Umfeld, zudem kontrastiert der grüne Bewuchs an den Häusern zum grauen Asphalt der Straße. Was wiederum zur Erkenntnis führt, dass in einem Bild auch verschiedene Formen von Kontrast – hier Inhalts- und Farbkontrast – vorkommen können. Auch bei inhaltlichen Kontrasten lohnt es sich, die fototechnischen Möglichkeiten auszuloten: Hier wurde zum Beispiel eine längere Belichtungszeit gewählt, um den Wischeffekt zu provozieren. Außerdem ist es keine Frage des Zufalls, ob die kontrastierenden Motivelemente in eine Beziehung zueinander treten: Aufnahmestandort, Objektivbrennweite und Perspektive spielen dabei eine wichtige Rolle. Aber auch das Aufnahmelicht oder Objektfarben können den im Motiv angelegten Gegensatz verstärken.
Fazit
Auf welchen Ebenen Du in der Fotografie mit Kontrasten arbeiten kannst, hast Du in diesem Artikel gelernt. Dazu zählen: Helligkeitskontrast, Farbkontrast, Größenkontrat und Inhaltskontrast. Welche Erfahrung hast Du mit dem Einfangen von Kontrasten gemacht?
Der Übersicht wegen ein brauchbarer Artikel –
ABER: …wenn hier schon Grundlagen erläutert werden,
dann sollten keine fachsprachlichen Fehler gemacht werden !
Die Komplementärfarbe von Blau ist nicht Gelb sondern Orange !
Und die Komplementärfarbe von Gelb ist Violett und nicht Blau !
Blau und Gelb gehören zu den drei Grundfarben
(Primärfarben, Farben der 1. Ordnung) Blau, Gelb und Rot.
Im Farbe-an-sich-Kontrast sind diese reinbunten Farben Gelb, Rot (Magenta) und Blau (Cyan)
diejenigen mit der stärksten Eigenleuchtkraft.
Sie sind darum die Primärfarben/ Farben der 1. Ordnung am Farbkreis.
Sie werden darum als Ausgangsfarben verwendet
um mit ihnen und den Mischungen zwischen ihnen
verschiedene Farbkreismodelle zu entwickeln.
Das ist Grundwissen der Farbenlehre !
HG Klemens
Ich finde den Artikel und die Ideen sehr gut.
„Kontraste“ ist ein sehr interessantes Thema und jeder kann selbst entscheiden, wo sein Kontastwähler hängen bleibt :-).
Den skandinavischen gelb-blau Kontrast habe ich schon 1:1 bei Sonnenschein gesehen und ist echt, obwohl es nicht so scheint….
Dankeschön für die Ideen!
Der Artikel ist wirklich sehr umfassend, alle Arten von Kontrasten werden dargelegt. Einige habe ich schon intuitiv oder bewusst genutzt, einige waren mir überhaupt noch nicht in den Sinn gekommen. Wieder was dazugelernt.
Danke
Die Sache mit der Farbsättigung ist m.E. Geschmacksache. Das hat man in der Malerei ja auch. Manche Künstel lieben es kräftig koloriert, andere lieben dezente Farben. Beide Gruppen haben ihre Fans. So sehe ich das auch in der Fotografie. Ich versuche mich auch an der Realität (der Naturfarben) zu orientieren. Aber das ist eine andere Sache.
Hier ging es ja um Kontraste. Und das hat der Autor m.E sehr gut, vor allem unkompliziert , dargestellt.
Ich finde das Thema „Kontraste“ gut, zeigt es doch verschiedene interessante Möglichkeiten.
Ich denke, es lohnt sich, das auszuprobieren.
Bringt es doch Abwechslung in den Fotoalltag.
Am meisten sieht man doch märchenhafte Landschaftsaufnahmen, Fotos von Fernreisen, wovon mancher nur träumen kann.
Ebenso werden massenhaft niedliche Tierfotos veröffentlicht und noch öfter Blumen in allen Farben und Perspektiven.
Aus diesem Grund möchte ich auch mal andere Möglichkeiten ausprobieren.
Ich experimentiere gern, und deshalb beschäftige ich mich auch mal wieder mit Kontrasten auf meiner Seite.
So fällt mir spontan der „Riesenpilz“ ein, wofür ich mich auf die Wiese legte.
Ein anderes Foto von mir „Halb und halb“. Ein starkes Licht- Schattenbild, bei dem die Nachmittagssonne zur Hälfte schon hinter den Ederseebergen versunken ist.
Ich empfinde dies genau so. Es kann aber sein, dass ich kräftige Farbkontraste will, z.B. gerade im Beispiel Sanddüne (auch zu erreichen mit Polaroid-Filter).
Geht´s nur mir so, oder empfinden andere die Farbsättigung teilweise auch zu hoch?
Hohe Farbsättigung ist bei flüchtigem Betrachten der Bilder von Vorteil – es drängt sich alles auf.
Bei längerem Hinschauen wird dann so ein Foto unwirklich.
Ich glaube dem Fotografen das Foto nicht mehr.