Beim Fotografieren lässt sich der Lauf der Sonne zwar nicht beeinflussen, Du bist dem Himmelslicht aber nicht hilflos ausgeliefert. Du kannst z. B. einen anderen Aufnahmezeitpunkt wählen, die Motivsuche dem vorhandenen Licht anpassen, den Aufnahmestandort und damit den Lichteinfallswinkel verändern. In diesem Artikel zeigen wir Dir, wie Du Deine Motive ins beste Licht rückst.
Der Artikel stammt aus der ColorFoto 7-8/2019.
Frontal- und Auflicht
Egal, ob im Fotostudio oder im Freien: Ein Hauptkriterium für die Beleuchtung ist die Lichtrichtung. Im Wesentlichen unterscheidet man Frontal-, Seiten- und Gegenlicht. Frontal- oder Vorderlicht gilt als einfach zu beherrschende Variante: Der Fotograf hat die Lichtquelle im Rücken, die Sonne wirft kurze Schatten und sorgt für eine gleichmäßige Ausleuchtung, die Farben gut zur Geltung bringt und für sehr unterschiedliche Motive geeignet ist. Einziges Problem: Beim Fotografieren hat man schnell den eigenen Schatten im Bild.
Neben der Lichtrichtung in der Horizontalen kommt es auf die Höhenposition der Sonne an. Deren Tageslauf wird durch drei wesentliche Punkte markiert: Sonnenaufgang, Höchststand und Sonnenuntergang. Morgens und abends steht die Sonne tief, also nicht weit über dem Horizont. Als Frontallicht ist sie dann besonders wirkungsvoll, weil sie eine intensiv rötlich-gelbe Färbung annimmt (niedrige Farbtemperatur). Je höher der Sonnenstand um die Mittagszeit, desto mehr verwandelt sich Frontal- in Auflicht. Das Licht nimmt dabei eine bläuliche Färbung an (hohe Farbtemperatur), die sich vor allem in den Schattenbereichen des Motivs bemerkbar macht. Das dritte Kriterium ist die Lichtqualität: Man unterscheidet zwischen direktem und diffusem Licht; die Grenzen sind fließend. Direktes Licht steht für einen klaren sonnigen Tag mit starken Kontrastunterschieden und ausgeprägter Schattenbildung. Diffuses Licht kommt dadurch zustande, dass die Lichtstrahlen durch Wolken, Nebel oder Dunst vielfach gebrochen werden. Auch vor Sonnenaufgang und nach Sonnenuntergang ist das Licht diffus.
Direktes und diffuses Licht
Abgesehen von der Lichtrichtung entscheidet auch die Lichtqualität über die Bildwirkung: Bei diesem Motiv sorgt direktes Sonnenlicht zwar für schöne Hell-Dunkel-Kontraste, diffuses Licht aber für eine bessere Wiedergabe des Pflanzengrüns.
Seitenlicht
Seitenlicht ermöglicht eine plastischere Abbildung des Motivs als Frontallicht. Denn wenn die Sonne von der Seite, z. B. in einem Winkel von 30 bis 60 Grad, auf das Motiv trifft, so entsteht auf der dem Licht abgewandten Seite ein Schatten. Deshalb wirkt Seitenlicht modellierend, Formen und Strukturen werden betont – ein wichtiges Stilmittel bei Architektur und Landschaft. In der Studiofotografie ist dieser Effekt oft auch bei Porträts erwünscht, wobei die dem Licht abgewandte Seite in der Regel aufgehellt wird. Das funktioniert auch bei Außenaufnahmen, am besten mit einem Faltreflektor.
Auch weiße Wolken am Himmel können wie riesige Aufheller wirken. Dennoch erweist sich direktes Sonnenlicht in dieser Hinsicht oft als zu hart, diffuses Licht als angenehmer. Streiflicht ist eine extreme Form des Seitenlichts. Dabei trifft die Sonne in einem sehr spitzen Winkel auf das Motiv und lässt Oberflächenstrukturen markant in Erscheinung treten. Ein Beispiel ist die grüne Hausfassade mit ihrer Wellblechstruktur, wobei die schrägen Schatten der Blumentöpfe die Höhenposition der Sonne (45 Grad) abbilden.
Streiflicht muss übrigens nicht zwangsläufig von der Seite kommen. Bei hohem Sonnenstand kann es auch eine Variante des Auflichts sein. Licht von unten gibt es im Freien nur als reflektiertes Sonnenlicht. Als Reflexionsfläche kommt z.B. eine Wasseroberfläche oder eine metallische Fläche in Betracht. Wichtig für Landschaftsfotografen: Bei Seitenlicht ist die Wirkung eines Polfilters am stärksten.
Gegenlicht
Gegenlicht ist keine ganz einfach zu beherrschende Beleuchtungssituation, bietet aber interessante Gestaltungsmöglichkeiten. Dazu gehören Lichtsäume an Haaren ebenso wie Vordergrundmotive, die als Silhouette (Schattenriss) abgebildet werden. Halbtransparente Motive wie etwa Blattwerk leuchten im Gegenlicht. Für Silhouetten gilt: Die Form sollte sich auf den ersten Blick erschließen und keine Rätsel aufgeben. Oft hilft ein kleiner Standortwechsel, um die gewünschte Wirkung zu erzielen.
Bei Gegenlicht wird häufig der Kontrast zum Problem: Übersteigt der Motivkontrast die Dynamik Deiner Kamera, so kommt es zu ausgefressenen Lichtern und/oder Schatten. Das Histogramm einer Bilddatei ist dann links (Schatten), rechts (Lichter) oder an beiden Enden angeschnitten. Korrigiere dann die Belichtung ins Minus, um möglichst viel Zeichnung in den Lichtern zu retten. Schatten lassen sich gut aufhellen, vor allem bei der RAW-Verarbeitung. Ergänzen die Tiefen-Korrektur wenn nötig durch eine wohldosierte Korrektur der Lichter.
Wähle bei Gegenlichtaufnahmen den Standpunkt so, dass die Lichtquelle selbst verdeckt ist (etwa von einem Ast), die Sonne also nicht direkt in das Objektiv strahlt – dann lassen sich die Kontraste besser beherrschen und Streulichteffekte reduzieren. Überstrahlungen und Blendenreflexe können die Bildwirkung verstärken. Die Sonne selbst kann zum Motiv werden, wenn sie als Strahlenkranz abgebildet wird. Dafür stellst Du eine möglichst kleine Blende ein, wodurch sich allerdings die Gesamtschärfe der Aufnahme verringern kann.
Kunst- und Mischlicht
Für Fotografen ist die Sonne zwar die wichtigste, nicht aber die einzige verfügbare Lichtquelle. Bei Stadtszenen nehmen Anzahl und Intensität visueller Reize eher zu, wenn der Tag geht und künstliche Beleuchtung die Lichtregie übernimmt. Spannend ist es auch, wenn sich vorhandenes und künstliches Licht unterschiedlicher Farbtemperatur zur Blauen Stunde mischen. Dabei machen sich Lichtquellen im Foto bemerkbar, die man oft so gar nicht wahrnimmt. So erkennt man z.B. beim Foto des Kurfürstendamms, dass ein heller, leicht rötlicher Schimmer auf den Blättern im Vordergrund liegt. Des Rätsels Lösung: eine rote Ampel außerhalb des Bildfelds.
Eine klassische Mischlichtsituation ist das Bild von Sylt mit den Strandkörben, aufgenommen an einem Abend im August. Der Vordergrund ist vom warmen Licht der Laternen an der Strandpromenade erhellt; der blau graue Horizont bildet dazu einen komplementären Farbkontrast. In solchen Situationen ändern sich ständig die Beleuchtungsverhältnisse – je dunkler der Himmel, desto größer wird der Einfluss des Kunstlichts.
Tipp: RAW-Modus verwenden und das WB-Preset „Tageslicht“ einstellen, bei „Kunstlicht“ ist das Ergebnis fast immer zu blaustichig. Final kannst Du den Weißabgleich bei der RAW-Konvertierung festlegen. Stelle die Balance auf den Farbachsen Gelb-Blau (Farbtemperatur) und Grün-Magenta (Farbton) so ein, dass sich ein subjektiv stimmiges Farbklima ergibt. Farbneutralität ist bei solchen Motiven nicht das Ziel.
Autor: Siegfried Layda
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