Nach den vielen Grundlagen wird es Zeit, ein wenig spezifischer zu werden. Wir werden sicher weiter Grundlagen bringen, diese aber ein wenig zeitlich strecken und nun auch häufiger konkrete Tutorials bringen, die Dir bei der Umsetzung Deiner fotografischen Ideen helfen sollen. In dieser Reihe werde ich beginnen, das Thema Systemblitz etwas konkreter zu betrachten und zu erläutern.
Du kennst sicher interne Blitze, die in der Kamera fest eingebaut sind. Und Du kennst bestimmt auch die Systemblitze, die sich in den Blitzschuh der Kamera stecken lassen und die mehr Leistung und Reichweite haben, als der interne Blitz. Das Aufstecken auf den Blitzschuh ist sicher die einfachste und bequemste Form Systemblitze zu nutzen, ist aber gleichzeitig auch die langweiligste Form mit künstlichem Licht zu arbeiten.
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Mehr Infos zu den FotokursenEinsteigen möchte ich mit zwei Fotos (zur reinen Dokumentation), die zeigen, was sich rund um das Blitzen im Laufe der Jahre so ansammeln kann (natürlich nicht muss!):
Was siehst Du auf den Fotos? Auf dem linken Foto siehst Du Blitzgeräte von Canon, Rollei, von Metz und Yongnuo. Teilweise sind sie markengebunden, teilweise müssen diese voll manuell bedient werden. Die Kamera ist nur in der Lage, den Blitz auszulösen.
Auf dem rechten Foto siehst Du viel Zubehör. All dieses Zubehör hat auch mit Blitzen zu tun, vor allem mit dem entfesselten Blitzen. Warum liegt dort auch ein kleiner Blitz? Dieser kleine Blitz ist zwar kaum geeignet um Licht zu erzeugen, besitzt aber einige besondere Fähigkeiten zur Steuerung anderer Blitze. Nachfolgend möchte ich Dir die einzelnen Systeme vorstellen und die Unterschiede erklären, bevor wir im nächsten Artikel in die praktische Anwendung gehen.
Die Systemblitze
Ich kann hier wirklich nicht alle Blitze vorstellen und möchte hier auch keine Marktübersicht bieten. Da ich aber in meiner Sammlung von jedem „Typ“ Systemblitz einen oder mehrere Vertreter habe, reicht die Auswahl aus, um Dir die Unterschiede zu erklären.
Der Strobistenblitz
Zuerst muss ich wohl erst einmal erläutern, was ein Strobist ist. Als Strobisten (Strobe – der Impuls) bezeichnen sich Fotografen, die ihre Systemblitze zumeist völlig manuell einstellen und von der Kamera nur den Impuls zur Auslösung nutzen. Dieses Verfahren bietet die größte Kontrolle über das Licht, ist aber für den Einsteiger nur bedingt zu empfehlen, da es einiges an Erfahrung benötigt. Der hier gezeigte Blitz von Yongnuo ist so ein Strobistenblitz. Er hat viel Lichtleistung und viele Einstellmöglichkeiten, aber im Blitzfuß nur einen Mittenkontakt, der das Auslösesignal der Kamera aufnimmt. Solche Blitze findest Du für deutlich unter 100€.
Der markengebundene Blitz
Es gibt eine ganze Reihe namhafter Hersteller, die leistungsstarke Blitze mit herstellerspezifischer Firmware und einen entsprechend zum System passenden Blitzfuß anbieten. Beispielhaft und ohne Anspruch auf Vollständigkeit nenne ich hier die Marken Sigma, Metz, Yongnuo und Nissin. Sie sind in der Lage mit der Kamera zu kommunizieren und können von der Kamera aus eingestellt werden. Sie beherrschen meist die kameraspezifischen Blitzprotokolle und können oft auch mit den markeneigenen Blitzen kombiniert werden.
Gute Blitze besitzen eine USB-Schnittstelle, über die neue Firmware aufgespielt werden kann, wenn neue Kameramodelle auf den Markt kommen, die über erweiterte Steuerungsfähigkeiten für Blitze verfügen. Preislich liegen die Top-Geräte der Dritthersteller zwischen 150 – 300€. Das hier gezeigte Modell von Metz ist nicht mehr auf dem Markt. Hier könnte der Blitzfuß ausgetauscht werden, wenn Du die Marke der Kamera wechselst. Ich benutze ihn aber immer noch als Strobistenblitz.
Der markenübergreifende Blitz mit Beherrschung mehrerer Markenprotokolle
Die Überschrift ist etwas irreführend, wenn Du eine bessere Bezeichnung findest: Nur her damit in den Kommentaren. Es gibt seit neuestem Systeme auf dem Markt, die erkennen auf welcher Kamera sie verwendet werden. Sie stellen dann das intern verwendete Blitzprotokoll automatisch um. Diese können auf den Blitzschuh gesetzt werden, sie können per Kabel entfesselt werden, aber auch über Licht und Funk angesteuert werden.
Da Norbert und ich unterschiedliche Kameramarken verwenden, konnten wir es testen. Es funktioniert tatsächlich, es ist noch nicht einmal eine Umstellung am Blitz nötig. Es reicht, den Blitz aufzustecken und die Kamera einzustellen. Der Blitz erkennt, ob er nun für Nikon oder Canon arbeitet. Diese Blitze liegen preislich bei 150 – 200€ (ohne Zubehör).
Da dieses System am flexibelsten für uns einsetzbar ist, werden wir anhand des Rolleisystems in den folgenden Artikeln erklären, wie Du entfesselt Blitzen kannst. Unsere Ausführungen sind aber problemlos auf andere Systeme übertragbar.
Der Markenblitz
Jeder Kamerahersteller bietet natürlich auch eigene Systemblitze an. Diese Geräte besitzen die höchste Kompatibilität zu dem eigenen Kamerasystem und sind zukunftssicher, da nur der Hersteller selbst seine eigenen Blitzprotokolle genau kennt. Dies ist der Vorteil. Der Nachteil: Sie sind im Vergleich zu den bisher vorgestellten Geräten recht teuer. So liegt der Topblitz von Canon bei über 500€, das vergleichbare Geräte von Nikon bei ca. 550€.
Du wirst merken, dass die Ausgaben in die Höhe schießen, wenn Du Projekte vorhast, bei denen Du 3-6 solcher Blitze benötigst. Wenn die Reihe über Systemblitze etwas weiter fortgeschritten ist, wirst Du besser einschätzen können, was Du benötigst und wo Du vielleicht Geld sparen kannst. Der hier gezeigte Markenblitz zum Beispiel ist inzwischen durch ein Nachfolgemodell ersetzt, ich verwende ihn aber immer noch.
Zubehör für das entfesselte Blitzen
Die oben vorgestellten Systemblitze bringen teilweise von Haus aus schon Fähigkeiten mit, um entfesselt zu blitzen (zumindest die Topmodelle). Dies betrifft sowohl die Fernsteuerung per Blitz, als auch per Funk. Generell lässt sich sagen: Die Fernsteuerung per Blitz ist günstiger, die Fernsteuerung per Funk ist zuverlässiger, da sie die höhere Reichweite hat, keine Sichtverbindung der Geräte fordert und sich von starkem Fremdlicht nicht stören lässt.
Ich stelle Dir verschiedene Systeme vor, dabei geht es hier erst einmal noch nur um die generellen Unterschiede der Verfahren und nicht der Marken.
Mit Licht entfesseln
Die Entfesselung per Kabel lasse ich bewusst weg. Sie funktioniert zuverlässig, aber ist oft auch lästig. Es gibt heute modernere Wege. Die einfachste Methode (mehrere) Blitze zu entfesseln ist die Nutzung des Blitzes selbst. Viele interne Blitze moderner Kameras bringen von Haus aus die Fähigkeit mit als Master zu funktionieren. Dies bedeutet, dass diese Blitze die Fähigkeit haben, im Vorblitz versteckt Steuerungssignale per Licht an die Slaves (also die ferngesteuerten Blitze) zu übertragen. Es wird dabei nicht nur das Auslösesignal übertragen, sondern auch alle relevanten Einstellungen und Messwerte.
Der Nachteil: Sonnenlicht und anderes (starkes) Fremdlicht stört dieses Verfahren und reduziert die Reichweite und meist müssen die Blitze untereinander in Sichtverbindung stehen.
Mit Funk entfesseln
Zuverlässiger bei der Auslösung ist Funk. Funk wird nicht durch Fremdlicht gestört, hat meist eine größere Reichweite (bis zu 100 Metern) und kann mehr Informationen transportieren (dazu später mehr). Es gibt sehr verschiedene Systeme auf dem Markt mit einem deutlich unterschiedlichen Leistungsspektrum. Diese Systeme möchte ich Dir kurz vorstellen.
Übertragung des Auslösesignals (Strobistenlösung)
Die einfachsten Systeme machen im Grunde nur eines: Sie übertragen das Auslösesignal. Sie bestehen aus zwei (meist gleichwertigen) Geräten, eines steckt im Blitzschuh der Kamera und ist mit dem Mittenkontakt verbunden, ein zweites steckt an dem oder den Blitzen (dort auch am Mittenkontakt). Löst Du Deine Kamera aus, wird per Funk an den Blitz nur das Auslösesignal übertragen. Den Blitz selbst musst Du komplett manuell einstellen. Du ersparst Dir nur das Kabel.
Nette Funktion vieler dieser Systeme: Sie können auch als Funkfernauslöser der Kamera eingesetzt werden (mit Reichweiten bis zu 100 Metern).
Übertragung des TTL-Protokolls
Die etwas besseren Funkauslöser sind in der Lage, die TTL-Protokolle markenspezifisch zu übertragen. Vereinfacht gesagt passiert Folgendes: Die Messwerte werden an alle Blitze gleichwertig übertragen und abhängig von der Position und Entfernung der Blitze zum Motiv werden die Blitze unterschiedlich stark ausgelöst. Vorteil dieser Methode: Du kannst der Automatik die Blitzbelichtungsmessung überlassen.
Nachteil der Methode: Du kannst den einzelnen Blitzen keinen Korrekturwert zuweisen. Alle Blitze in diesem System haben eine gleiche Wertigkeit.
Funksteuerung mit Gruppenfunktion
Bei der Premiumlösung werden sehr viele Informationen übertragen. Nicht nur das Auslösesignal, sondern auch die Belichtungsdaten und vor allem Korrekturwerte für die einzelnen Blitzgruppen.
Was sind Blitzgruppen?
Stell Dir vor Du hast unterschiedliche Blitze und jeder hat seine spezielle Aufgabe. Der eine Blitz soll das Hauptlicht bilden (Gruppe A), der zweite Blitz das Kopflicht oder Seitenlicht (Gruppe B) und der dritte Blitz den Hintergrund ausleuchten (Gruppe C). Die großen Funklösungen bieten Dir an, alle diese Gruppen komfortabel von der Kamera aus zu steuern und zu programmieren.
Du kannst also der Gruppe A eine Belichtungskorrektur von +1 zuweisen, der Gruppe B -1 und der Gruppe B +3 (oder andere Kombinationen). Du kannst die Gruppen auch relativ zueinander steuern (Gruppe A soll doppelt so viel Leistung abgeben, wie Gruppe B und Gruppe C nur die Hälfte). Du musst dazu den einzelnen Blitzen nur sagen, zu welcher Gruppe sie gehören (am Blitz selbst), danach musst Du sie nicht mehr anfassen und kannst alles an der Kamera einstellen.
Fazit
Du kennst nun die unterschiedlichen Verfahren, Blitze fernzusteuern. Die ersten Details, wie so etwas in der Praxis aussieht und wie man es tatsächlich anwendet, werde ich Dir in diesem Artikel erklären.
Hallo Phil,
vielen Dank für Deine zwei Artikel: „Diese Technik solltest Du kennen“ sowie „So funktioniert es“.
Ich bin Hobbyfotograf und arbeite mit der Pentax K-1 in Verbindung mit dem Blitzgerät Metz 64 AF-1 digital (Firmware 1.1).
Kannst Du mir entsprechende Slave-Blitze für diese Kombination empfehlen (möglichst auch alternative Blitze nennen)?
Liebe Grüße, Joachim
Auch ich habe nichts an dem Artikel zu bemängeln. Gut geschrieben, verständlich. Gibt wieder *****
Statt „Der markenfreie Blitz mit Markenfähigkeit“ würde ich als Überschrift vorschlagen: „Der markenübergreifende Blitz mit Beherrschung mehrerer Markenprotokolle“ oder so ähnlich.
Übrigens schreibt sich der koreanische Blitz „YongNuo“ und nicht „YongNou“.
Der sehr preisgünstige YongNuo YN565EX II ist nur Nikon- bzw. Canon-spezifisch, wenn man ihn als AUFSTECKblitz benutzt; arbeitet er ENTFESSELT, versteht er ohne Umstellung das Wireless-Protokoll sowohl von Canon als auch von Nikon.
Leider ist die Gebrauchsanweisung weder in Chinesisch noch in Englisch wirklich gut verständlich; ich habe mir daher die Mühe gemacht, die Anleitung in ordentliches Deutsch zu übertragen. Ein Freund hat sie online gestellt – jeder, der sie haben will, kann sie kostenlos hier herunterladen:
http://www.blitz-fotografie.de/blitzgeraete/yongnuo-yn565ex/
Gruß philEOS
Hallo Phil,
erst einmal vorab vielen Dank für Deine Bemühungen und die wertvollen ergänzenden Ausführungen. Wir können natürlich nicht immer alle Systeme testen und vorstellen, das würde unsere wirtschaftlichen Kapazitäten als Autoren übersteigen, daher danke, dass Du von Blitzen berichtest, die wir hier nicht vorgestellt haben.
Tatsächlich waren wir selbst überrascht, dass Rollei tatsächlich auch als Aufsteckblitz voll kompatibel ist mit Canon und Nikon (ebenso das Funkset). Dies ist nach unseren bisherigen Recherchen tatsächlich ein Alleinstellungsmerkmal, daher fanden wir es angemessen, dies auch zu erwähnen, da Norbert und ich nun die Blitze beliebig hin- und hertauschen können.
Den Namen habe ich geändert.
Gruß Martin
Danke, jetzt habe ich das Prinzip endlich verstanden.
Bitte weiter so.
Ganz hervorragend Erklärt was ich schon immer Wissen wollte ! !
Nachdem die dunkle Jahreszeit vor der Türe steht werde ich mir doch noch gleich 2 Japaner mit Mittelkontakt besorgen – und auf geht’s! :-)
LG