fotocommunity Fotograf Stefan Abele im Interview

Im Interview: fotocommunity Fotograf Stefan Abele
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Stefan Abele
Stefan Abele

Geboren wurde ich 1981 bei Schwäbisch Gmünd und lebe seit dem in Welzheim, einer Kleinstadt knapp 40km östlich von Stuttgart.
Ich war als Kind schon kreativ und habe früh begonnen zu zeichnen, malen und basteln. Später kam dann die Musik hinzu und mit 16 Jahren meine erste Band, die ich mit einem Nachbar gründete. Damals noch Black Metal, heute darf’s aber auch gern etwas ruhiger sein, aber Musik ohne Gitarren ist wie Pommes ohne Ketchup (und Majo)!
Jedenfalls wollte ich schon immer etwas erschaffen, etwas das noch lange nach mir existiert.
Das Zeichnen habe ich aber irgendwann stark zurückgeschraubt, weil es einfach zu lange gedauert hat, bis ein Bild fertig war. Heute gibt’s nur noch Karikaturen von Kollegen oder so etwas… Da war es mit dem Fotografieren dann doch schon einfacher und schneller, obwohl ich inzwischen auch stundenlang vor Photoshop sitzen kann.
Ich arbeite seit 15 Jahren als Mechatroniker für Messtechnik in einem mittelständischen Unternehmen und bin dort für die Elektronikproduktion zuständig. Der Beruf macht mir mega Spaß aber die Kreativität bleibt da natürlich auf der Strecke. Daher bin ich mit meinem Hobby echt glücklich und für mich sollte die Fotografie auch ein Hobby bleiben. Ich sag immer „Ich bin froh, dass ich kein Berufsfotograf bin, sonst müsste ich ja in der Freizeit Elektroniken zusammen löten und ob mir das dann noch Spaß machen würde bezweifle ich!“. 😉
Seit drei Jahren ist meine Freundin Ramona mit Sohn Justin an meiner Seite, die allerdings mit Fotografie gar nichts am Hut hat und auch nur selten eins meiner Bilder mag – sie sind zu düster und vor allem nicht in Farbe. 🙂 Aber ich habe genügend Freiraum um meiner Leidenschaft zu frönen und manchmal aber nur manchmal ist sie sogar mit dabei…
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Wie und wann hast Du mit der Fotografie angefangen? Was hat Deine Leidenschaft für die Fotografie ausgelöst?

Wasserfall Landschaftsaufnahme
neither ever nor never

„Fotografiert“ habe ich auch schon als Jugendlicher immer wieder mal, aber nicht sehr intensiv. Ich hatte zwar meist eine kleine Kompaktkamera mit Film dabei, wenn ich unterwegs oder im Urlaub war aber eher um anderen zu zeigen wo ich war, ohne künstlerischen Anspruch.
Mein Opa hat sehr viel fotografiert und eben auch mich und meine Zwillingsschwester als Hauptmotiv. Im Urlaub war das dann immer sehr gestellt, nach dem Motto „schaut mal dort rüber oder zeigt auf diese Blume“. Das war oft ziemlich nervig und ich glaube, deshalb hab ich lange den Zugang zur intensiven Fotografie gar nicht gehabt und mich da wahrscheinlich sogar verweigert.
Die Leidenschaft hat dann deutlich später, 2010, angefangen, als ein Arbeitskollege mir die fotocommunity gezeigt hat. Die fotocommunity war in der Tat meine erster Berührungspunkt mit wirklich tollen Fotos und nicht nur Urlaubsknipsbildern. Ich weiß gar nicht mehr, was das genau für Bilder waren aber ich dachte sofort „das will ich auch können“! Zwei Wochen später hatte ich meine erste Spiegelreflexkamera.

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Gibt es während Deiner gesamten fotografischen Karriere etwas, das Dich geprägt hat?

Ich glaube, es ist und war bei mir immer etwas der Hang zum düsteren, mystischen, maroden und morbiden, der meine Art zu fotografieren geprägt hat.

Und jahrelanges Heavy Metal hören geht auch nicht spurlos an einem vorbei! 🙂
Ansonsten fällt mir hierzu ehrlich gesagt nichts ein…

 

Hast Du Vorbilder? Wenn ja, erzähl uns doch, warum gerade diese/r Fotograf/in Dein Vorbild ist.

Wirkliche Vorbilder habe ich keine, ich kenne auch viele berühmten Fotografen nicht einmal vom Namen her.
Immer wieder stoße ich zwar auf tolle Fotos, die mich inspirieren und begeistern. Aber heutzutage gibt es viel zu viele gute Bilder und Fotografen, um sich mit allen zu beschäftigen.
Jedenfalls versuche ich, eine eigene Sichtweise zu zeigen und nicht, bekanntes nachzuahmen. Aber wirklich neues selbst zu kreieren ist natürlich auch nicht einfach. Irgendwie wird man doch immer wieder von anderen beeinflusst und ich denke, von jedem guten Bild nimmt man, wenn auch oft unbewusst, etwas für sich mit.
Spontan fallen mit jetzt aber die tollen Bilder des schweizer Street-Fotografen Thomas Leuthard ein, die mir schon von Anfang an aufgefallen sind, aber auch die schwarz-weiss Fotos von „håggard„. „Woman of dark desires“ beispielsweise hat so ein richtig gut düstere Art zu fotografieren, die mich direkt anspricht. Fotografisch und menschlich mag ich Elke Kulhawy, die ebenfalls in der fotocommunity ist und mir das „Lensbaby“ näher gebracht hat, auch sehr sehr gerne. Mit ihr zusammen durfte ich schon zwei Ausstellungen in Köln, 2012 und 2014, abhalten. Da fällt mir ein, ich sollte mich mal wieder bei ihr melden… 😉

Nordlichter in Island in schwarzweiß
norðurljós

Erinnerst Du Dich an das erste Foto, das Du gemacht hast und auf das Du wirklich stolz warst?

An das erinnere ich mich noch ziemlich gut. Das Foto ist auch noch in der fotocommunity zu finden und hat den Titel „streetlife„. Auf diesem sind zwei Menschen zu sehen, die sehr entspannt rauchend in einem Häusereingang sitzen. In der Glastüre im Hintergrund spiegelt sich das Leben auf der Strasse mit vorbeiziehenden Menschen. Ich hatte das Foto damals 2010, also in meinem ersten fotografischen Jahr, zu einem bundesweiten Fotowettbewerb zum Thema „summer in the city“ eingereicht und damit gleich den 39. Platz belegt. Das macht dann schon mächtig stolz.

 

Wenn Du Deine aktuellen Arbeiten mit Deinen ersten Fotos vergleichst: Was fällt Dir auf? Was hast Du in dieser Zeit für Dich gelernt?

Island Landschaftsaufnahme
fjara

Meine ersten Fotos waren noch sehr… ich nenne es mal „experimentell“. Ich hatte keine Ahnung von der Kameratechnik oder den Möglichkeiten, die sich auch in der Nachbearbeitung ergeben und habe einfach sehr viel ausprobiert. Ich habe z.B. Colorkeys gemacht und einfach geknipst, was mir vor die Linse gekommen ist. Ich wusste auch noch gar nicht, in welche Richtung sich alles entwickelt.
Heute plane ich meine Fotos (meistens oder immer öfter) und fotografiere viel gezielter. Gelernt habe ich vor allem natürlich die Technik, wann sich welches Objektiv und welche Einstellung eignet, aber auch, ein Bild mal nicht zu verwenden, wenn es einfach nicht überzeugt.
Und ich denke, ich habe mich etwas spezialisiert und einen eigenen Stil gefunden.

 

Gibt es ein bestimmtes Genre, das Du bevorzugst? Wie würdest Du den Stil Deiner Fotos beschreiben?

Ich bevorzuge vor allem die künstlerische Fotografie, egal ob schwarz-weiss oder in Farbe aber auch Street- und Landschaftsfotografien. Genauso gibt es aber auch tolle Bilder, die im Studio entstanden sind und mich sehr beeindrucken.
Selbst mache ich gerne alles, was sschwarzweiß-tauglich ist, zur Zeit vor allem Landschaftsfotografie mit Langzeitbelichtungen. Ich mag es, mich mit dem Motiv intensiv auseinander zu setzen und mir einfach die Zeit für ein Foto zu nehmen. Dabei schalte ich am besten vom Alltag ab. Ich lege mich im Allgemeinen aber nicht auf bestimmte Motive fest und versuche, flexibel zu bleiben. Es darf aber gerne etwas düster und mystisch zugehen.
Deshalb beschreibe ich meinen Stil jetzt einfach mal als „dark-alles-mögliche-rock’n’roll-mit-etwas-Spielerei-art“ – keine Ahnung! 🙂

Stefan Abele Interview
die Brücke

Verfolgst Du bei der Aufnahme Deiner Fotos einen kreativen Prozess oder kommen sie immer natürlich zustande und hängen vom Moment und der Situation ab?

Das kommt immer drauf an, welche Art Fotos ich machen möchte.
Wenn ich für ein Landschaftsbild gezielt auf Fototour gehe, plane ich meist schon im Vorfeld, wann und wo ich ein Foto machen kann, also zu welcher Tageszeit und von welchem Standort aus. Dafür gibt es zum Beispiel gute Fotoapps oder eben ’ne GoogleMaps Karte, auf der ich meine Ziele eintrage. Da weiß ich oft schon zu Beginn, wie ich das Foto haben möchte und wie es aussehen soll.
In Städten lasse ich mich gerne vom Gefühl leiten und einfach treiben, bleibe auch mal länger stehen, beobachte, warte auf den richtigen Moment und „die eine“ Szene.

 

Möchtest Du Deine Fotoausrüstung beschreiben? Was verwendest Du normalerweise, was sind Deine Präferenzen in Bezug auf die Ziele?

Ich benütze die Canon EOS 5D MK II mit verschiedenen Objektiven, wie dem 24-70mm, 70-200mm und das 50mm f1.4. Sehr gerne nehme ich aber auch ein Lensbaby, weil es auch schon ohne nachträgliche Bearbeitung einen tollen Effekt hat.
Mein bevorzugtes Objektiv ist aber momentan das 16-35mm f4. Dazu verwende ich seit neuestem ein Steckfiltersystem von Haida für die Langzeitbelichtungen. Davor waren es sehr lange die Schraubfilter vom selben Hersteller, aber die Vorteile von Steckfiltern sind schon erheblich.
Mein Stativ ist ein relativ kompaktes Traveller von Sirui (trotzdem mit Arbeitshöhe bis etwa 1,70m), weil ich doch eher draußen unterwegs bin als in einem Studio. Mir war das Packmaß wichtig, damit das Ding auch mal mit ins Fluggepäck passt.
So viel Ausrüstug besitze ich eigentlich gar nicht und ich denke, man muss auch nicht immer das neueste und beste haben, denn das Bild entsteht in erster Linie zwischen den Ohren. 🙂 Aber eine Zweitkamera wäre so langsam doch notwendig und ich liebäugle mit der 5D MK IV…

Zwiebelverkäufer in Havanna
cebollas

Erzähl uns eine seltsame, lustige oder andere „fotografische Anekdote“, die Du erlebt hast.

Ach ja, und dieses eine mal im Ferienlager… nein, Spaß beiseite!
Wenn ich eine fotografische Anekdote erzählen soll, fällt mir immer sofort eine dreitägige Fototour nach Paris vor einigen Jahren ein. Es war der letzte Tag und kurz bevor wir zurück zum Bahnhof mussten. Ein Freund und ich kamen gerade aus den Katakomben, in denen die Gebeine von einigen Millionen Parisern liegen (mega spannend und einfach nur empfehlenswert!) und wollten zum Abschluss noch einen Kaffee trinken. Direkt ums Eck gab es eine nette Bar, wo wir uns an den Tresen setzten, die Kamera bzw. den Rucksack zwischen die Füße geklemmt, man weiß ja nie… Trotzdem wurde ich für etwa 5-10 Sekunden vom Barkeeper abgelenkt und musst mich in dieser kurzen Zeit zu ihm drehen. Als ich mich zurückdrehte und den Rucksack wieder festklemmen wollte, war er weg! Um uns herum war niemand zu sehen, keiner in der Bar hatte sich vom Platz bewegt und auch meinem Freund neben mir war nichts aufgefallen.
Der Rucksack mit sämtlichen Objektiven, Stativ, sonstiges Zubehör und vor allem den Speicherkarten, auch die der vorherigen Tage, ist natürlich nie wieder aufgetaucht. Zum Glück war das „Arbeitsmaterial“ versichert aber der Verlust der Bilder war das schlimmste und ich bin mir bis heute ganz sicher, dass der Dieb ein Ninja war! 🙂 Das Datum habe ich mir damals sogar tätowieren lassen und seit dem passe ich noch besser auf mein Equipment auf!

 

Gibt es ein Foto, das Du gerne gemacht hättest, das Du aber noch nicht aufnehmen konntest?

monochrome Landschaftsaufnahme Wasserfall
fragile

Ich habe jetzt kein bestimmtes Bild im Kopf aber auf der Straße gibt es immer wieder Szenen, bei denen ich denke: „Warum hast du jetzt keine Cam dabei?“

Aufgenommen hätte ich aber schon immer gerne ein historisch bedeutendes Bild, wie irgendeine tolle Szene beim Mauerfall oder das Konterfei von Che Guevara. Und natürlich kennt ja jeder das Foto „lunch atop a skyscraper“ mit den Bauarbeitern auf dem Rockefeller Center…

So ein Bild wünscht sich doch jeder Fotograf.

 

Was war oder ist Deine größte fotografische Herausforderung?

Ich glaube, die größte Herausforderung war bei mir oft nicht das Fotografieren, sondern eher der Weg bis zum Foto selbst, also die Anreise und die örtlichen Gegebenheiten. Island im Frühjahr war zum Beispiel noch teilweise sehr kalt und oft heftig windig und auch die Strecke von etwa 3.000 Kilometern, die wir in 10 Tagen zurückgelegt hatten, war sehr anstrengend. Dazu das lange wach bleiben und für Polarlichter auf wolkenlosen Himmel zu hoffen… Und dann natürlich morgens wieder ganz früh raus!
Aber auch Hochzeiten sind für mich oft purer Stress! Deshalb bin ich einfach gerne in der Natur, da läuft nix davon oder erwartet gute Bilder! 🙂

 

Was sind die Eigenschaften, die Deiner Meinung nach ein gutes Foto ausmachen?

Fotoshooting fliegende Frau im Wald
floating II

Ein gutes Foto ist für mich ein Foto, an dem man sofort hängen bleibt und es sich länger anschaut. Sei es aufgrund einer besonderen Idee, eines exotischen Ortes oder einer tollen Perspektive. Dabei spielt für mich die Technik in der Regel eine Nebenrolle. Gute Bilder erzählen Geschichten und rufen Empfindungen hervor.
Aber ich liebe eben auch Langzeitbelichtungen, weil man dem Foto ansieht, dass es Zeit gebraucht hat, um zu entstehen und es nicht einfach nur schnell geknipst wurde. Gerade bei diesen Bildern finde ich den Bildaufbau und die perfekte technische Umsetzung allerdings besonders wichtig.
Bei mir selbst erkenne ich ein gutes Foto manchmal sofort, manchmal aber auch erst in der Bildbearbeitung, wenn ich merke, was noch rauszuholen ist.

 

Welches der Fotos, die Du in die fotocommunity hochgeladen und präsentiert hast, ist bei den Nutzern am beliebtesten und warum denkst Du, ist das so?

Ich denke es könnte dieses Bild sein:

zwei Bäume und eine Bank in monochrom
vom Innehalten

Wenn ich nach den Kommentaren gehe ist es das Foto „vom Innehalten“.

Ich denke, es liegt daran, dass es sofort auf den ersten Blick eine Aussage vermittelt, mit der jeder etwas anfangen kann.

Das Bild ist durch die Silhouette ganz einfach, zweidimensional und ohne Effekte gehalten. Trotzdem hat es Tiefe und Bedeutung und wirkt für die Nutzer vielleicht dadurch besonders gut. Schwer zu sagen.

Was meint ihr?

 

Hast Du einen Ratschlag, den Du jemandem mit auf den Weg geben möchtest, der mit der Fotografie gerade erst beginnt?

Einem Fotografieanfänger würde ich auf jeden Fall empfehlen, viel auszuprobieren und sich nicht zu schnell auf eine bestimmte Richtung festzulegen. Wichtig finde ich auch den Austausch mit anderen Fotografen, wie ich es zum Beispiel bei FC-Stammtischen gemacht habe. Zusammen rausgehen, testen, vergleichen, sich Tipps holen… Aber auch viele Bilder anschauen und sich fragen, was hat das Bild, das es so gut macht? Wie ist der Vordergrund gestaltet? Wie ist der Bildaufbau und -Schnitt?
In die Technik würde ich zuerst gar nicht mega investieren sondern erst einmal versuchen, mit dem was man hat, zu arbeiten und die Einstellungen der Kamera sowie die Zusammenhänge zwischen Brennweite, Blende, Belichtungszeit usw. zu verinnerlichen. Automatikmodus ist natürlich ein No-Go! 😉
Und ich würde mir ein Lichtstarkes Objektiv, etwa Blende 1.8 oder 1.4, zumindest einmal leihen, damit man einfach auch einmal den Unterschied zu beispielsweise einem Kit-Objektiv sieht. Ich hatte lange eine Scherbe mit f3.5-5.6 drauf und konnte mit dem Ratschlag „Blende ist alles!“, der mir damals mit auf den Weg gegeben wurde, überhaupt nichts anfangen, bis ich mir das 50mm f1.8 gekauft hatte…

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