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Für den Umkehrring gibt es unterschiedliche Bezeichnungen, die im Netz zu finden sind. Umkehrringe werden auch als Retroring oder Retroadapter bezeichnet. Das Prinzip ist einfach: Man nimmt ein Objektiv und dreht es um. So gedreht wird es entweder direkt an der Kamera befestigt oder mit anderen Objektiven oder mit Zwischenringen kombiniert und vor die Zwischenringe oder Objektive gesetzt. Bauartbedingt liegt die Fokusebene an der Rückseite des Objektives näher als an der Vorderseite. Durch Drehen des Objektives könnt Ihr Euch also dem Objekt deutlich weiter nähern. Umkehrringe erlauben daher Abbildungsmaßstäbe, die deutlich größer sind als 1:1 und Ihr dringt damit in den Bereich der Mikrofotografie vor.
Welchen Vorteil hat ein Umkehrring?
Gegenüber den Nahlinsen ist sicher der größte Vorteil, dass ein Umkehrring nicht in die optische Rechnung des Objektives eingreift, da keine weiteren optischen Elemente in den Strahlengang gebracht werden. Sofern passende Umkehrringe vorhanden sind, seid Ihr auch nicht mehr vom Bajonett oder der Objektivmarke abhängig. Es lässt sich nahezu jedes Objektiv jedes Herstellers per Umkehrring montieren. Objektive in Retrostellung lassen sich dabei ohne große Probleme mit anderem Zubehör kombinieren (Zwischenringe oder Balgen). Allerdings macht nicht jedes Objektiv wirklich Sinn.
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Mehr Infos zu den FotokursenWelchen Nachteil hat der Umkehrring?
Durch die „verkehrte“ Montage des Objektives handelt Ihr Euch auch einige kleine Nachteile ein. Da das Bajonett nun an der Frontseite ist, hat das Objektiv keinen Kontakt mehr mit der Kamera bzw. mit der Kamerasteuerung. Belichtungsmessung ist nur noch über die Arbeitsblendenmessung möglich, der Autofokus funktioniert nicht mehr und die Blende muss manuell eingestellt werden (Objektive ohne Blendenring eignen sich daher nur sehr bedingt für die Retrostellung). Es gibt hier allerdings besondere Lösungen, die diesem Problem Abhilfe schaffen und die wir Euch in diesem Beitrag auch vorstellen werden.
Filter können rein theoretisch trotzdem verwendet werden, wenn man sie zwischen den Umkehrring und das Objektiv montiert. Allerdings sollte man darauf achten, dass die Filtergewinde nicht darauf ausgelegt sind, das Gewicht des Objektives zu tragen.
Welche Objektive eignen sich für die Retrostellung?
Lange Brennweiten (Tele) haben einen schmalen Bildwinkel. Die Hinterlinse (Pupille) benötigt daher einen größeren Abstand von dem Sensor, als Objektive mit einem großen Bildwinkel (Weitwinkel), deren Pupille deutlich näher am Bildsensor liegt. Generell gilt daher für die Retrostellung folgende Reihenfolge für die Eignung als Retroobjektiv: Weitwinkel – Normal – Tele. Weitwinkelobjektive lassen die größten Abbildungsmaßstäbe zu. Lediglich extrem kurze Brennweiten (Superweitwinkel) fallen als Möglichkeit raus, da sie meist sehr große und gewölbte Frontlinsen haben und daher kein Filtergewinde vorhanden ist, um solche Objektive in Retrostellung an der Kamera zu befestigen. Ein guter Einstieg sind übrigens die klassischen KIT-Linsen (häufig im Brennweitenbereich 18 – 55 mm).
Aber auch alte Objektive, die Ihr für wenige Euro auf dem Flohmarkt oder bei ebay kaufen könnt, sind gut geeignet, sofern Sie über ein Filtergewinde verfügen. Gerade alte Objektive verfügen nämlich noch über eine mechanisch mittels Blendenring verstellbare Blende.
Wie stellt man mit Objektiven in Retrostellung scharf?
Das Ansetzen eines Objektives in Retrostellung ist noch die einfachste Aufgabe. Solange die Filtergewinde sauber sind, solltet Ihr damit kein Problem haben. Von der technischen Seite der Fotografie wird es dann aber deutlich anspruchsvoller. Die Kamera kann nicht mehr mit dem Objektiv kommunizieren, der Autofokus funktioniert nicht mehr. Und Ihr braucht auch gar nicht erst versuchen ohne Stativ zu arbeiten. Die Schärfentiefe ist derart gering, dass es sinnlos ist, Freihand zu fotografieren.
Generell solltet Ihr das Objektiv auf die minimale Brennweite stellen und die Entfernungseinstellung auf unendlich (für diese Einstellung sind die meisten Objektive optimiert). Falls das jetzt bei Euch die Frage aufwirft, wie man denn dann bitte fokussiert, dann kommen wir dem Kern der Sache schon näher. Bei dieser Art der Makrofotografie erfolgt die Scharfstellung nicht mehr am Objektiv, sondern wird über den Abstand zwischen Kamera und Motiv geregelt. (Jede Fokussierung verändert nämlich gleichzeitig auch den Abbildungsmaßstab). Dazu montiert man zwischen Kamera und Stativ einen Makroschlitten. Der Makroschlitten ist eine Art Adapter, der es erlaubt die Kamera 10 – 15 cm vor und zurück zu bewegen, ohne das dabei das Stativ angefasst werden muss. Gute Makroschlitten haben eine grobe Schnelleinstellung und über ein Gewinde dann eine langsame Feineinstellung. Kamera und Stativ werden also vor das gewünschte Motiv gestellt, grob ausgerichtet und die Entfernung in etwa eingerichtet (es reicht, wenn man die ganz groben Umrisse des Motivs erkennt).
Die Scharfstellung selbst erfolgt dann über den Makroschlitten, mit dessen Hilfe die Kamera nach vorn oder nach hinten bewegt wird. Dabei ist es sinnvoll, nicht den Sucher zu nehmen, sondern über den Monitor und ein Livebild zu arbeiten (ggf. sogar über einen externen Monitor (Laptop), der via USB oder HDMI an der Kamera angeschlossen ist). Die Lupenfunktion, die viele Kameras bieten, kann dabei eine große Hilfe sein für eine präzise Scharfstellung.
Ihr solltet Euch darüber im Klaren sein, dass die Schärfentiefe extrem gering sein wird – insbesondere, wenn Ihr mit Offenblende arbeitet. Dies kann sehr reizvoll sein und je nach Motiv auch passend, manchmal eben auch zu wenig. Um die Schärfentiefe zu vergrößern, gibt es zwei Möglichkeiten: Focus-Stacking (dabei werden viele Aufnahmen mit verschobener Schärfeebene am Computer verrechnet – wird ein neuer Beitrag) oder abblenden (Schließen der Blende). Bei Objektiven mit vorhandenem Blendenring wird es kein Problem sein auf eine Blende f/11 oder f/16 abzublenden (erwartet aber bitte nicht, dass dann die Schärfentiefe um Potenzen größer wird, wir reden hier immer noch von Millimetern).
Hat das Objektiv keinen Blendenring, wird es komplizierter (aber nicht in allen Fällen unmöglich). Bei Canon stellt man an der Kamera die gewünschte Blende ein, drückt die Abblendtaste (und hält sie gedrückt) und nimmt das Objektiv ab. Die eingestellte Blende bleibt erhalten. Bei Olympus ist es bei einigen Objektiven ähnlich. Bei Nikon funktioniert diese Methode aufgrund der manuellen Übertragung des Blendenwertes leider nicht, die Blende schließt nach dem abnehmen immer maximal (was aber im Sinne einer maximalen Schärfentiefe durchaus wünschenswert ist). Im Forum DSLR-Fortgeschritten haben wir mal versucht die aktuellen Informationen zu den verschiedenen Marken zu sammeln:
http://www.fotocommunity.de/forum/d-slr-fortgeschritten/objektive-ohne-blendenring
Wir würden uns freuen, wenn Ihr noch fehlende Informationen ergänzen würdet.
Wie belichtet man mit Objektiven in Retrostellung?
Die nächste Herausforderung wird die korrekte Belichtung sein. Die Kamera ist nicht mehr in der Lage, die gemessenen und errechneten Blendeneinstellungen an das Objektiv zu übertragen. Es ist daher nötig mit der sogenannten Arbeitsblendenmessung zu übertragen (nicht alle Kameramodelle können das). Das Prinzip der Arbeitsblendenmessung ist einfach: Die benötigte Blende wird am Objektiv eingestellt, die Belichtungsmessung gestartet. Die Kamera ermittelt auf Grundlage der eingestellten ISO und Blende die nötige Verschlusszeit. Wenn diese Methode nicht funktioniert, hilft nur der Modus M und die manuelle Ermittlung der Belichtungsdaten mittels Versuch und Irrtum. Ihr solltet Euch klar sein, dass es dunkel zugeht und im Sucher unter Umständen wenig bis nichts zu erkennen ist. Das Lifebild zeigt da bessere Informationen, weil es entsprechend verstärkt wird.
Selbst wenn die Kamera die Arbeitsblendenmessung beherrscht, funktioniert es nach unserer Erfahrung nicht immer perfekt, je weiter die Blende geschlossen wird, um so größer werden die Abweichungen von einer korrekten Belichtung und das Ergebnis wird deutlich dunkler oder heller als geplant. Die nötigen Korrekturfaktoren in der Belichtungskorrektur müsst Ihr experimentell erarbeiten. Mit der Zeit hat man aber schnell ein Gefühl dafür, wie groß die Korrektur bei welcher Blende sein muss.
Falls Ihr die Belichtung nicht voll manuell einstellt (Modus) M, dann müsst Ihr für eine funktionierende Arbeitsblendenmessung die Blendenpriorität (Zeitautomatik) – also den Modus A(v). Nur in diesem Modus ist die Kamera in der Lage auf Grundlage einer fest vorgegebenen Blende eine passende Verschlusszeit zu berechnen (es findet ja keine Kommunikation mit dem Objektiv statt, daher ist die Blende für die Kamera nicht erreichbar, während die Verschlusszeit in der Kamera eingestellt wird und abläuft).
Im großen und ganzen solltet Ihr Euch aber darüber im Klaren sein, dass es relativ dunkel zugeht, der Sucher ist nicht wirklich gut geeignet, um damit zu arbeiten. Besser ist es mit Lifebild zu verwenden. Das Bild ist heller und besser zu erkennen. Noch besser ist es die Kamera mit einem (Computer-)bildschirm oder einem Tablett zu verbinden, um die deutlich größere Anzeige für die Feineinstellung der Schärfe zu verwenden.
Arbeiten mit der Retrostellung Schritt für Schritt:
Um die Vielzahl der Informationen greifbar zu machen, wollen wir mit Euch alles noch einmal Schritt für Schritt durchgehen.
Zuerst müsst Ihr ein geeignetes Objektiv in Retrostellung an der Kamera anbringen. Dazu befestigt Ihr einen passenden Adapterring an dem Filtergewinde der Frontlinse, verbindet dann das Objektiv mit dem Bajonettadapter und setz alles zusammen an der Kamera auf. Geeignete Objekte haben Brennweiten im Bereich 15 – 50 mm. Alles darüber reduziert die möglichen Abbildungsmaßstäbe deutlich.
Die Kamera wird nun (so vorhanden) auf einen Makroschlitten montiert und dieser auf einer Schnellwechselplatte für das Stativ. dabei solltet Ihr darauf achten, dass die Teile so zueinander liegen, dass der Schwerpunkt der ganzen Konstruktion möglichst mittig über dem Stativkopf liegt. Nur so vermeidet Ihr bestmögliche Schwingungen und vereinfacht das später Einstellen.
Achtet darauf, dass für einen maximalen Abbildungsmaßstab wirklich die kleinste Brennweite (bei einem Zoomobjektiv) eingestellt ist. Dann schaltet das Objektiv auf manuellen Fokus und stellt das Objektiv auf unendlich (ohne die Stellung MF dreht der interne Motor mit, was einigen Objektiven schaden kann). Danach fasst Ihr das Objektiv nicht mehr an! Jede Drehung verändert den Maßstab (teilweise deutlich).
Nun stellt Ihr die Kamera vor das gewünschte Stativ und verschiebt das Stativ solange, bis Ihr auf dem Livebild der Kamera oder dem angeschlossenen Anzeigegerät erste Strukturen des Motivs erkennbar werden. Nun das Stativ loslassen und auch nicht mehr Anfassen (sofern möglich). Die eigentliche Schärfe wird mit dem Makroschlitten erzeugt, der die Kamera um mehrere Zentimeter nach vorn oder hinten bewegen kann.
Die eigentliche Scharfstellung ist nun Feinarbeit am Makroschlitten und Bedarf einiger Übung, da es hier um Millimeterarbeit geht. Wenn Ihr mit der Schärfe zufrieden seid, könnt Ihr die Aufnahme machen. Den Auslöser selbst solltet Ihr dabei nicht berühren, es ist nahezu unmöglich eine Kamera auszulösen, ohne sie dabei zu bewegen. Die ganze mühsam eingestellte Schärfe wäre dahin.
Ausgelöst wird also mit Fernauslöser (Kabel oder Infrarot ist egal), Spiegelvorauslösung ist nicht nötig, da bei Lifebild der Spiegel eh schon oben steht oder eben über PC oder Smartphone/Tablett, wenn die Kamera WLAN-fähig ist.
Übrigens ist noch kein Meister vom Himmel gefallen. Es dauert ein wenig, bis Ihr die Routine haben werdet, um zuverlässig gute Ergebnisse zu erzielen. Aber wenn Ihr am Ball bleibt, dann wird es klappen und wenn es wirklich hakt, einfach im Forum fragen. Wir versuchen dann zu helfen.
Das manuelle Fokussieren liegt mir nicht.
Wem das manuelle Fokussieren so gar nicht liegt, dem kann auch geholfen werden. Allerdings ist dafür eine kleine Investition nötig. Schön länger hat der Hersteller Novoflex für einige Kameramarken einen automatischen Umkehrring im Programm, der allerdings recht teuer ist. Wir haben nach einige Recherchen einen Hersteller gefunden, der einen ähnlichen Umkehrring für rund 100€ anbietet.
Geliefert wird ein Adapter mit Objektivbajonett, der an der Kamera angeschlossen wird und auf der Gegenseite ein Filtergewinde besitzt. Dazu passend werden vier Adapterringe geliefert, für Gewindeanschlüsse im mit 58, 67, 72 und 77mm. Weitere Ringe sind im Zubehörhandel für wenig Geld erhältlich, Ihr müsst nur auf die korrekte Anordnung von Gewinden achten (es müssen zwei Außengewinde sein).
Die Besonderheit ist: Es ist ein zweiter Ring vorhanden, der ein Kamerabajonett besitzt und an die Rückseite des Objektives angeschlossen wird. Dieser Ring ist mittels eines Kabels mit dem kameraseitigen Ring verbunden und stellt damit den elektronischen Kontakt zur Kamera her. Blendeneinstellung von der Kamera und (in Grenzen) Autofokus funktionieren wieder. Die Grenzen des Autofokus ergeben sich aus zwei Aspekten, die Schärfentiefe ist gering, aber auch der Bereich, in dem überhaupt eine Scharfstellung erfolgen kann. Zudem dreht der AF bei Verwendung des Phasen-AF in die falsche Richtung, da das Objektiv ja verkehrt herum angeschlossen ist. Deshalb funktioniert der AF nur bei Lifebild mit Kontrast-AF, da der Kontrast-AF keine Drehrichtung vorgibt sondern immer nur vergleicht, ob das Bild schärfer oder unschärfer wird und wenn es unschärfer wird die Drehrichtung ändert.
Meine Experimente mit Umkehrringen sind krankheitsbedingt im Anfangsstadium steckengeblieben – mein vorläufiges, enttäuschendes Fazit (wovon in der Literatur nie die Rede war): Erschreckender Abfall der Randschärfe auch bei guten Objektiven. Ein Makroobjektiv wird bei Repros immer vorzuziehen sein; bei Aufnahmen von Blumen u. ä. fällt es weniger auf.
Man kann sehr wohl ohne Stativ gute makro Fotos machen!
An der EOS 500D habe ich ein M42 Tessar 50 mm 2,8 in Retrostellung angebracht.
Die Fokusentfernung ist ca. 26 cm dabei ergibt sich ein Abbildungsmaßstab von 1:2,4 und eine Schärfentiefe von 6 mm bei Blende 11.
Modus Av, ISO 100 mit Spotmessung.
Um eine ausreichend kurze Belichtungszeit zu erreichen verwende ich den Aufklapp-Blitz, wobei die Blitzleistung auf –2 reduziert wird. Da fast nur mit dem Blitz belichtet wird, stört die 1/60 Sek des Verschluss nicht.
In der Praxis sollte man sich schon Aufstützen um die Fokusentfernung halten zu können, sich leicht bewegende Blüten oder sich bewegende Kleintiere sind damit kein Problem scharf abzulichten.
Ich habe Erfahrungen damit gemacht, aus der Hand Makros zu „schießen“ und zwar mit Nahlinse, Zwischenringen und Makro-Objektiv. Ich sehe da jetzt auch nicht solche Probleme… (hab sogar mal gelesen, dass einer Bilder für ein hervorragendes Fokusstacking aus der Hand fotografiert hat – meinen Respekt!).
Für einen Abbildungsmaßstab von 1:2,4 würde ich mir jetzt aber nicht die Mühe machen, mit Retro-Adapter zu arbeiten. Das geht mit Zwischenringen deutlich einfacher, meiner Meinung nach :)