Mit dem Lensbaby fotografieren

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In Zusammenarbeit mit SIGMA

In dem letzten Beitrag hatten wir Dir das Lensbaby an sich vorgestellt, erklärt, wie es funktioniert und Dir einige grundlegende Techniken gezeigt. In diesem Beitrag wollen wir ein wenig „fortgeschrittener“ Arbeiten.

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Was bedeutet „fortgeschritten“?

Da wir inzwischen viele grundlegende Dinge in den früheren Beiträgen erläutert haben, wollen wir zunehmend beginnen, die verschiedenen Techniken nicht mehr einzeln zu betrachten, sondern miteinander zu kombinieren.

In diesem Artikel erfährt Du drei Dinge:

  1. Wie Du mit einem Lensbaby auch Freihand und ohne Stativ scharfe Fotos bekommst.
  2. Wie Du mit einem Lensbaby schöne Makros machen kannst.
  3. Wie Du mit günstigem Zubehör das Bokeh verändern kannst, um tolle Effekte zu erzielen und Dir selber kreative Hintergründe erstellst.

Nicht jede Kamera ist für jeden der vorgeschlagenen Wege optimal geeignet, die Erklärungen werden Dir aber in jedem Fall helfen, um mit dem Lensbaby und vor allem der Fokussierung klar zu kommen.

Mit dem Lensbaby Freihand fokussieren

Bevor wir Dir die Fokussierung des Lensbabys erklären, möchten wir Dir noch einige Vergleichsbilder zeigen:

Diese beiden Fotos sind einmal mit dem Lensbaby entstanden (mit einer Blendenscheibe f/5,6) und einem KIT-Objektiv, das auf eine vergleichbare Brennweite eingestellt wurde.

Auf den ersten Blick unterscheiden sich die beiden Bilder kaum.

Die Unschärfe des Hintergrundes ist ähnlich (was bei gleicher Brennweite und Blende auch zu erwarten war). Wenn Du jetzt aber den Blick auf die Haare oben am Kopf richtest, siehst Du, dass sie bei der KIT-Linse scharf sind, bei dem Lensbaby jedoch nicht. Zwar hat die Blende f/5,6 den sweet spot vergrößert, aber in dem Bereich greift dann schon die konstruktiv bedingte Unschärfe des Randbereiches.

Im zweiten Beispiel stimmen die Brennweiten nicht ganz, da ich kein passende lichtstarkes Objektiv hatte. Du siehst daher einen Unterschied im Hintergrund durch den größeren Bildwinkel und die Schärfentiefe ist brennweitenbedingt etwas größer. Beide Objektive hatten eine Offenblende von f/2,8.

Du kannst gut den Unterschied erkennen, wie sich durch die Veränderung der Blende die Schärfentiefe verändert und der Hintergrund bei Offenblende unschärfer wird. Zusätzlich siehst Du aber auch, dass die Unschärfe des Lensbabys durch den sweet spot zunimmt und der sweet spot bei offenerer Blende deutlich kleiner wird.

Wie wurde fokussiert?

Wenn Du das Lensbaby mit den mitgelieferten Blendenscheiben etwas abblendest, ist die manuelle Fokussierung direkt im Sucher durchaus machbar, da die Schärfentiefe durch das Abblenden steigt und Du daher den perfekten Schärfepunkt nicht ganz so exakt treffen musst, wie bei Offenblende.

Du solltest nur eine ruhige Hand haben und nahe dem Schärfepunkt den Fokusring ganz leicht hin und herdrehen, bis der Schärfeeindruck stimmt. Die Trefferquote wird dann recht hoch sein.

Bei offener Blende macht es Sinn über das Livebild zu arbeiten und gegebenenfalls die Lupenfunktion zu nutzen.

Allerdings solltest Du daran denken, dann auch gleich auszulösen, wenn die gewünschte Schärfe erreicht ist. Du solltest auf keinen Fall den Fehler machen, per Livebild scharf zu stellen und dann die Kamera an das Auge zu nehmen und durch den Sucher zu schauen. Die Abstandsveränderung, die dann eintritt, ist zu groß und es wird wieder unscharf.

Wie wir schon erwähnten, kannst Du mit dem Lensbaby den sweet spot in alle Richtungen verschieben, indem Du die Objektivachse neigst. Du brauchst bei so einer Neigung gar nicht zu versuchen, einen Bereich scharf zu stellen, der nicht im sweet spot liegt.

Außerhalb des sweet spots kannst du durch Fokussierung maximal einen Zustand erreichen, den man als „weniger unscharf“ bezeichnen kann, aber nicht als scharf. Neigst Du die Achse nach rechts, musst Du auch rechts das Motiv fokussieren, da dort dann der sweet spot liegt.

Die Neigung solltest Du aber nicht übertreiben. Du kannst den sweet spot bis an den Bildrand verschieben, dann kannst Du aber auch nur am Bildrand fokussieren, was nicht zu jedem Motiv passt. Wir haben Dir oben daher vier Beispielbilder gezeigt, bei denen wir den sweet spot an verschiedene Stellen verlegt haben. Insbesondere bei dem ersten Bild kannst Du gut sehen, was passiert, wenn die Verschiebung zu stark ist. Es war kaum möglich die Augen zu fokussieren.

Makro mit dem Lensbaby

Diesen Abschnitt können wir recht kurz halten. Es geht darum zu zeigen, was selbst mit solchen „einfachen“ Linsen möglich ist, wenn man sie denn einzusetzen weiß. Für die nachfolgenden Fotos haben wir das Lensbaby mit einem Zwischenring kombiniert. Der Ring hatte 12  mm Breite (also der kleinste Ring des Sets), reichte aber aus, um die Naheinstellgrenze soweit zu verschieben, dass damit Fotos möglich wurden, die schon in die Nähe von Makrofotografie kommen:

Wir haben jetzt nicht den Anspruch damit Kunstwerke geschaffen zu haben, waren aber selbst erstaunt, zu welcher Schärfe selbst ein Lensbaby im Nahbereich fähig ist.

Die Fokussierung ist recht anspruchsvoll. Tatsächlich ist die Schärfentiefe derart gering, dass eine manuelle Fokussierung kaum sinnvoll möglich ist. Ein Stativ ist bei solchen Motiven aber auch nur begrenzt sinnvoll, da die Blumen sich selbst bei leichtem Wind so stark bewegen, dass Du den Fokus nicht halten kannst. Ein Follow Fokus steht Dir an einem manuellen Objektiv nicht zur Verfügung.

Wir haben uns dann für eine sehr pragmatische Lösung entschieden.

Als Kamera haben wie eine EOS 7D II verwendet, die sehr schnelle Bildserien machen kann (bis zu 10 Fotos pro Sekunde). Wir haben, so gut es ging, vorfokussiert. Und dann haben wir „Feuer“ gegeben und schnelle Serien geschossen, mit bis zu 20 Fotos am Stück und dabei die Kamera minimal nach vorn und hinten bewegt.

Natürlich ist dabei einiges an Ausschuss entstanden. Aber – das  war eben der Plan – es war eine ausreichende Menge an scharfen Fotos dabei, wie Du oben siehst. Insofern betrachten wir den Versuch als erfolgreich.

Das Lensbaby und das Bokeh

Erinnerst Du Dich noch an das nachfolgende Foto aus dem vorherigen Artikel dieser Serie?

Lensbaby nebst der mitgelieferten Blenden
Lensbaby nebst der mitgelieferten Blenden

Die unterste Reihe der Blendenscheiben erklärt sich von selbst. Sie wirken wie jede andere Blende, indem sie die Lichtmenge reduzieren und die Schärfentiefe erhöhen.

Darüber siehst Du aber eine ganze Reihe Blendenscheiben mit ganz seltsamen Formen. Es handelt sich tatsächlich auch um Blenden. Sie erfüllen dieselbe Funktion, sie reduzieren die Lichtmenge und erhöhen die Schärfentiefe. Warum also diese seltsame Form?

Was bedeutet Bokeh?

An dieser Stelle kommen wir zu dem Begriff „Bokeh“

Bokeh wird gerade bei Anfängern häufig missverstanden. Viele denken die starke Hintergrundunschärfe offenblendiger Objektive wäre das Bokeh.

Dieser Gedanke ist aber falsch.

Bokeh ist nicht scharf definiert und es gibt in dem Sinne kein gutes oder schlechtes Bokeh und mehr Unschärfe ist nicht automatisch besser.

Als Bokeh wird der Gesamteindruck des unscharfen Bereichs bezeichnet, der sich aus dem Grad der Unschärfe UND der Form der Unschärfekreise zusammensetzt.

  • Spiegelobjektive haben ringförmige Unschärfekreise.
  • Normale Objektive haben runde oder eckige Unschärfekreise (je nach Form und Zahl der Blendenlamellen).

Die Form dieser Kreise bestimmt, ob das Bokeh „cremig“, weich, unruhig oder zum Beispiel grob wirkt. Nun schau Dir bitte die drei nachfolgenden Fotos an:

Du siehst im Grunde dreimal dasselbe Foto, wenn Du das Porträt selbst betrachtest. Der Hintergrund sieht jedoch völlig anders aus.

Woran liegt das?

Die Antwort ist einfach: Statt einer Blendenscheibe mit einer runden Öffnung haben wir die anderen Scheiben verwendet.

  • Mit Streifen
  • mit Herz
  • und mit Stern.

Im Hintergrund befindet sich ein Baum, durch den teilweise der Himmel durchscheint. Es sind also harte Kontraste vorhanden. Die Blendenform bestimmt die Form der Unschärfekreise im Hintergrund und verändert so das Bokeh.

Einflüsse auf das Bokeh

Du siehst also: Nicht nur der Grad der Unschärfe des Hintergrunds bestimmt die Wirkung des Bokehs, sondern tatsächlich auch die Blende (sofern ausreichend Kontraste vorhanden sind).

Dieser Effekt funktioniert übrigens nicht nur beim Lensbaby. Du kannst auch bei anderen Objektiven den Versuch starten, indem Du eine eine Scheibe aus schwarzer Pappe zuschneidest, die genau auf die Frontlinse des Objektivs passt. In der Mitte schneidest Du dann eine beliebige Form aus. Je nach Bauart des Objektivs, hast Du einen ähnlichen oder schwächeren Effekt (je näher die Frontlinse an der tatsächlichen Blende der Optik liegt, je besser der Effekt).

Wir haben mit diesen Blendenscheiben zum Beispiel. ein Feuerwerk fotografiert und dabei so stark unscharf gestellt, wie es ging. Als Ergebnis haben wir Fotos bekommen, die sich zum Beispiel ganz toll als Hintergründe für Bildbearbeitung und Montagen eignen:

Fazit

Das Lensbaby ist ein „besonderes“ Objektiv. Es erfordert Sorgfalt bei der Nutzung. Es eignet sich weniger für Schnappschüsse. Wer aber die Zeit und Muße aufbringt, die so ein Objektiv fordert, der wird mit tollen neuen und kreativen Möglichkeiten belohnt.

1 Kommentar

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