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Im vorhergehenden Artikel ging es noch etwas allgemein zu, in diesem Teil möchte ich mit Dir mehr in die praktische Umsetzung gehen. Wenn am Anfang nicht alles so klappt, wie Du es Dir vorstellst, mach Dir darüber nicht zu viele Gedanken.
Helmut Newton – einer der Großen der Fotografie – sagte einmal:
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Und damit hat er wirklich Recht – Übung macht den Meister und über Geschmack sollte man in diesem Zusammenhang nicht diskutieren. Mit ein wenig Übung und natürlich einem schönen Urlaub wird es Dir immer häufiger gelingen tolle Fotos zu machen – und das stressfrei!
Häufige Fehler – Blickwinkel
Fangen wir direkt mit einem der häufigsten Fehler an:
Mit der falschen Position der Kamera – ergo dem eingefangenen Blickwinkel.
Häufig wird im Stehen fotografiert, also die Kamera schnell gezückt und abgedrückt. Bei einem Foto mit dem Smartphone ist es oft die einzig mögliche Kontrolle des Bildausschnittes. Du möchtest ja sehen, was Du fotografierst.
Um den Blickwinkel zu ändern, müsstest Du Dich zum Beispiel auf die Erde setzen, Dich hinlegen oder in die Knie gehen. Gerade mit dem Smartphone sieht das manchmal etwas seltsam aus. Daher verzichtest Du vielleicht darauf, oder die Kleidung ist nicht passend, um am Boden herum zu turnen. Oder es scheitert einfach an den müden Knochen.
Bei vielen „richtigen“ Kameras kann man „theoretisch“ das Display klappen und dadurch „theoretisch“ im Stehen die Kamera besser positionieren, aber das macht kaum jemand nur für einen „Schnappschuss im Urlaub“.
Ist im Auge des Fotografen das Motiv „wertig“ genug und läuft das Motiv nicht weg, ist hier und da ein wenig mehr Körper-Action zu sehen. Damit einhergehend auch ein wenig mehr Muße und Zeit sich dem Motiv vollständig zu widmen. Meist sieht man dem fertigen Foto diese bessere fotografische Grundeinstellung an. Mit Übung ist natürlich alles einfacher zu bewerkstelligen, sowohl im Kopf auch in der Umsetzung der fotografischen Idee.
Investiere in Zeit und Phantasie
Als enthusiastischer aber noch ungeübter Fotograf musst Du halt Zeit und Phantasie investieren. Verwechsle dies bitte nicht mit Kreativität, es geht nicht um die Kreativität selbst, sondern darum Dein Foto mit einer Prise „Hingabe“ bei der Erstellung zu würzen.
Ich habe oft meinen Schülern mit Hilfe von Regeln, wie dem Goldenen Schnitt, versucht einiges zu erklären. Zum Beispiel das es Sinn macht, vor dem Auslösen das Motiv im Kopf zu gestalten. In der Praxis hat sich aber gezeigt, dass viele meiner Schüler vor lauter Motivvorstellung kaum noch dazu kamen das Fotos zu machen.
Liegt einmal die Kamera in der Hand, wird abgedrückt; technische Einstellungen hin oder her – abdrücken und weiter geht es. Die Bildkontrolle kommt dann meist zu kurz und dasselbe Motiv dann nochmals besser zu fotografieren, wird als Unvermögen wahrgenommen. Was nicht so ist oder keine Rolle spielen sollte.
Ich habe hier ein Paradigmenwechsel vollzogen. Ich sage einfach:
Das Foto, das du machst, sollte dir so gut gefallen, dass du es prominent in dein Wohnzimmer hängen würdest.
Diese Aussage lässt dem Motiv tatsächlich mehr Hingabe zukommen, zumindest in meinen Beobachtungen.
Das nachfolgende, recht schöne Motiv, mit dem Fischerboot sieht zwar „nett“ aus, ist aber schnell zu verbessern. Alleine das einfache „in die Knie gehen“ rückt den Horizont und den Himmel mehr ins Bild und lässt das Objekt „Boot“ mit dem Hafen im Hintergrund und dem Gelände verschmelzen. Auch ein wenig mehr Steg hilft, da nun das Auge die Linie der Hafenkante besser folgen kann.
Es kann aber auch anders herum falsch sein: Die Kamera wird zu tief positioniert und es kommt einfach zu viel (unscharfer) Hintergrund aufs Bild. In diesem Beispiel wird zwar das Umfeld ins Motiv gerückt, aber durch die Wahl der Unschärfe per Blende (Offenblende) ist dieses Umfeld zu unscharf und es vermittelt keine Räumlichkeit oder Spannung. Es gibt keinerlei bildfördernde Wirkung. Erst die höhere Aufsicht auf die Speise vermittelt den Genuss und den Moment.
Der Ausschnitt und die Orientierung
Häufig stellt sich der Fotograf bei einem schönen Motiv die Frage: „Welches Format wähle ich?“ und bei der Verwendung eines Zoomobjektives: „Wie nah zoom ich ans Objekt?“
So eine Entscheidung kannst Du als Fotograf nur intuitiv vor Ort fällen. Folge hier Deinem Gefühl und versuche auf keinen Fall anhand irgendwelcher Foto-Apps den idealen Standpunkt zu „berechnen“. Um Gefühl für den Abstand und den Winkel zu entwickeln, brauchst Du Übung, aber die kommt von allein, mit jedem neuen Foto.
Mit Übung ist dabei nicht nur der Moment am Auslöser gemeint, sondern durchaus die Übung bei der späteren Bildbetrachtung am Computer.
Du wirst sehr oft etwas über den „Goldenen Schnitt“ lesen oder hören. Dieser Gestaltungsregel funktioniert (im Normalfall) auch recht passabel. Besonders bei Fotomotiven mit unterschiedlichen Objekten und guter Linienführung.
In meinem Beispiel haben wir eine gute Tiefenstaffelung und Trennung verschiedener Farbbereiche. Diese Umstände schreien förmlich nach dem goldenen Schnitt. Aber keine Regel ohne Ausnahme, gerade die Abweichung von der Regel verblüfft den Betrachter und macht das Foto besonders spannend. Um dies zu demonstrieren, habe ich von ein und demselben Motiv, von ein und demselben Standpunkt sehr viele und sehr unterschiedliche Aufnahmen gemacht. Welches sagt Dir spontan am meisten zu?
Ich habe für mich natürlich auch eine Wahl getroffen: Das ausgewählte Foto habe ich nachträglich noch ausgerichtet und ein wenig farblich überarbeitet. Wenn Du bemerkt hast, dass sich das Schiff in der Goldenen Spirale (einer Sonderform des Goldenen Schnitts) befindet, hast Du die richtige Nase dafür gehabt, warum ich diese Wahl getroffen habe.
Das fertige Bild zeige ich Dir hier:
Bei der Betrachtung erinnerte ich mich aber auch an eine Optimierung vor Ort, die ich leider nicht ausführen konnte. Wenn ich meine Position nach rechts verschoben hätte, würde das Segelschiff näher an die Bergspitze rücken. Es hätte eine kompaktere Bildsprache zur Folge gehabt. Leider war vor Ort keine Möglichkeiten gegeben, um meine Position weiter nach rechts zu legen.
Ich habe zur Verdeutlichung dieses Effektes dieses kurz mit Hilfe einer Bildbearbeitung (quick-and-dirty) simuliert:
Auch wenn solche Szenen immer wieder zum Querformat einladen, sollten wir das Hochformat nicht vergessen. Triff bitte auch hier versuchsweise eine schnelle Wahl – ganz aus dem Bauch heraus, mit Deinen eigenen Gesichtspunkten und Vorlieben.
Meine Wahl bei den hochformatigen Fotos fiel schlussendlich auf ein zentriertes Boot auf dem Foto. Eine solche Gestaltung, oder besser ein solcher Schnitt nimmt natürlich das wesentliche Objekt total in den Fokus der Aufnahme. Auch wenn das Schiff nicht sonderlich beeindruckend ist, kannst Du es allein durch den Bildausschnitt aufwerten.
Dieses Foto habe ich natürlich ebenfalls überarbeitet und um es noch spannender zu gestalten, habe ich es zum quadratischen Format beschnitten. Im Hochformat quetscht sich mir das Bild optisch zu sehr seitlich an die Bildränder. Im quadratischen Format wirkt dies nicht so aufdringlich, da alle Seitenflächen die Bestimmtheit der Auswahl unterstützen.
Um mehr seitliche Bildanteile zu bekommen müsste ich ein anderes Bild wählen – mit mehr „Fleisch“ drumherum – und es dann beschneiden. Natürlich mit dem Verlust von Details, da ich ja aus der gesamten Bildauflösung etwas extrahiere.
Und hier das fertige Bild im Hochformat:
Wie treffe ich nun eine Wahl vor Ort?
Gar nicht, wenn keine Veranlassung dazu besteht. Eine Veranlassung eine Auswahl vor Ort zu treffen, könnte zum Beispiel wenig Speicherplatz sein oder ein nur kurzfristig zu fotografierendes Motiv. Wenn Du die Möglichkeit hast, mach eine Bildserie. Sie ist immer von Vorteil. Und eine spätere Auswahl am Computer, mit ein wenig zeitlicher Distanz, wirkt oft Wunder. Hierdurch hast Du wieder einen anderen Blick auf das Motiv, weil die anderen Sinne sich etwas „beruhigt“ haben.
Und mal nebenbei erwähnt: Die oft gehörte Regel: Hohes im Hochformat zu fotografieren und die Regel, dass nur Querformate die Weite eines Bildes transportieren, gehören zum Alteisen. Es ist also Intuition, Kreativität und Übung gefragt und natürlich zusätzlich im Kopf behalten:
Gestalte das Foto so, dass du es dir in dein Wohnzimmer hängen würdest.
Dieser Artikel ist für mich sehr hilfreich, da ich eine bessere Sichtweise auf die richtige Position und die richtige Zeit bekommen habe – außerdem muss ich mehr Geduld aufbringen, obwohl meine Männer gerne schneller vorauslaufen.
Den Tipp mit der Beschneidung auf ein Quadrat fand ich sehr hilfreich, da ich dies aufgrund des Gesamtbildes auch schon angewendet habe. Alles in allem ein sehr guter Artikel
„Das Foto, das du machst, sollte dir so gut gefallen, dass du es prominent in dein Wohnzimmer hängen würdest.“
:D :D :D
Genau das war DER Maßstab, mit dem ich mir die erste SLR kaufte. Der Einzige. Vor mittlerweile fünfunddreißig Jahren. Und gelegentlich wurde ich gefragt: „Warum sehen Deine Bilder so anders aus als meine?“ Na ja: eben darum.
Vielen Dank für diesen Artikel. Er gibt viele nützliche Hinweise. Allerdings würde ich mir bei den Fotos von dem angerichteten Essen auch für die Nachher-Veriante eine geringfügig erweiterte Tiefenschärfe wünschen, um die Nahrungsbestandteile, die zu dem kompletten Gericht gehören, auch komplett scharf zu bekommen. Aber das ist sicher Geschmackssache.
Viele Grüße
die Frage ist doch auch, auf welchem Medium möchte/werde ich die Bilder zeigen. Bei mir ist das immer öfter das TV oder das Smartfon.
Dann kommt ganz klar 16:9 quer als das richtige Format in Frage, was vielen Landschaftsfotos eh entgegenkommt. Alles andere scheide ich mittlerweile auf dieses Format kreativ zurecht und geniesse anschliessend die volle Bildgrösse des Anzeige-Gerätes.
Uli