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Wie Du sicher schon bemerkt hast, versuchen wir uns thematisch auch ein wenig an den Jahreszeiten zu orientieren.
Daher war eigentlich ein anderes Thema geplant und nicht Tropfen in der Natur. Ich wollte Dir ursprünglich die Faszination von Schneeflocken in der Fotografie näherbringen. Ich wollte Dir zeigen, wie eine Flockenfalle funktioniert und wie man durch kaltes Licht eine Flocke auch vor dem Schmelzen richtig fotografieren kann. Leider (bezogen auf Winterbilder) lebe und arbeite ich in Köln und obwohl überall in Deutschland der Winter seine weißen Flügel ausgebreitet hat, sitzen wir hier im Rheinland immer noch im Regen.
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Aus der Not eine Tugend zu machen; ist eine oft gefragte Kernkompetenz in der kreativen Fotografie. Deshalb zeige ich Dir in dieser Artikelreihe einige kreative Ansätze Tropfen und Flüssigkeiten in der Natur zu fotografieren.
Das Thema Schneeflocken werde ich aber zu gegebener Zeit nachholen, sofern der Winter doch noch einmal einen Abstecher nach Köln macht.

Faszination Tropfen
Nach diesem kurzen Ausblick nun aber zu dem eigentlichen Thema dieses Artikels.
Ob in der Kunst, der Architektur oder in Deinen Erinnerungen: Regentropfen haben schon immer eine große Rolle gespielt. Sie stehen für Wasser als Zeichen der Fruchtbarkeit und des Lebens. Ihre Form und die Lichtbrechung in den Tropfen umgeben uns tagtäglich. Daher eignen sich Tropfen, in unserem Fall Regentropfen, hervorragend für kreative Fotografie.
Ihre Allgegenwärtigkeit ist ein ideales Versuchsfeld, um Dein fotografisches Auge und Deine fotografischen Fähigkeiten zu schulen. Dieser Artikel möchte Dich auffordern, solche Motive aufzuspüren und mittels Deiner Kreativität die Tropfen kunstfertig zu fotografieren. Du wirst überrascht sein, wie viele Arten es geben kann, Wassertropfen zu fotografieren.
Was ist ein Tropfen?
Durch den Dipolcharakter von Wasser „kuscheln“ sich Wassermoleküle gerne aneinander.
Dieser Effekt beruht auf der besonderen Form des Wassermoleküls. Also dem Winkel, den die Atome des Moleküls bilden und der Ladung der Atome. Nach außen, zum Rand hin, drehen sich die Wasserstoff- und Sauerstoffmoleküle so zueinander, dass sie besser aneinanderhaften als nach innen.
So entstehen eine festere Außenseite und eine lockerere Innenseite. Wie bei einem Ballon gibt es also eine recht stabile Außenhülle, die letztendlich den Tropfen formt.
Weitere Infos dazu liefert Dir dieser Wikipedia-Artikel zu dem Dipolmoment.
Diese Hülle versucht nun die kleinste Form zu finden, die Kugelform. Nun finden wir aber Tropfen meist nicht in einer Kugelform, sondern in mannigfaltigen Formen in der Luft oder auf Gegenständen, die ideale Kugelform wird durch die Schwerkraft und bei fallenden Tropfen durch den Luftwiderstand verändert. Die idealisierten Formen des Tropfens sind daher eher selten zu finden. Die Vielfalt der Erscheinungen und Formen macht es für uns Fotografen spannend, sich mit diesem Motiv zu beschäftigen.
Lichtbrechung
Was einen Tropfen so interessant macht, ist seine Lichtbrechung. Licht wird bei dem Übergang von zwei unterschiedlichen Medien in seiner Geschwindigkeit (Phasengeschwindigkeit) verändert. Dadurch „knickt“ ein Lichtstrahl in eine Richtung. Wie stark diese Umlenkung ist, hängt vom jeweiligen Material ab. Jedes transparente Material hat somit einen Brechungsindex. Bei Wasser liegt der bei 1,33 – 1,41. Somit ist ein Tropfen auch eine Linse/Lupe.
Du kannst diesen Effekt überprüfen (besonders interessant für Kinder), indem Du ein Tröpfchen Wasser (wichtig: ich rede von Tröpfchen) auf das Display Deines auf dem Tisch liegenden Smartphone gibst. Hast Du einen weißen oder recht hellen Hintergrund eingestellt, kannst du die Anordnung der LCD Elemente eines jeden Pixels gut erkennen. Hast Du ein sogenanntes Retinadisplay (hohe Pixeldichte), wirst Du recht wenig sehen, da die Pixel sehr klein sind.
Du kannst den Versuch aber auch auf einem LCD-TV machen.
Hier läuft der Tropfen allerdings herunter und könnte dem Gerät schaden. Also Vorsicht!
Auch zum Brechungsindex findest Du bei Wikipedia zusätzliche Informationen.
Bildbeispiele
Es folgen nun einige Bildbeispiele aus meinem Archiv.
Diese Fotos sind fast alle in einem anderen Zusammenhang entstanden, also nicht speziell für diesen Artikel.
Ich habe diese Motive also nicht geplant, sondern entdeckt, während ich zum Beispiel spazieren ging. Als leidenschaftlicher Fotograf habe ich bei solchen Gelegenheiten meist meine Kamera dabei. Ich nenne so etwas gerne Knipsen. Und ich knipse furchtbar gern!
Für mich gilt:
Shooting = Geplante Fotografie – Knipsen = Entdecken und Erleben mit Kamera
Die Motive dienen Dir somit nicht als Vorlage, sondern sollen Dir Inspiration sein, öfter mit der Kamera und offenen Auges raus zu gehen. Nicht nur Sonnenschein bietet Möglichkeiten zu einem tollen Foto, auch Nebel und Regenwetter kann sich lohnen. Manchmal wirst Du nur deine Sichtweise ändern müssen, um trotzdem eine große Zahl interessanter Motive zu finden.
Tropfen auf Pflanzen
Tropfen, ob auf Blätter liegend oder an Halmen oder Blüten hängend, sind sehr spannende Motive. Die schönsten Tropfen findest Du bei Pflanzen nach einem Regen und anschließender Windstille. Oder morgens, wenn die Feuchte der Nacht sich auf den Pflanzen niedergeschlagen hat. Die Tropfen hängen dann ruhig an einer Stelle und werden nicht zu schnell abtropfen.
Pflanzen mit einer wachsartigen Oberfläche (zum Beispiel Fokusarten) oder dem so genannten Lotuseffekt können Tropfen noch besser konzentrieren/zusammenhalten. Die Tropfenform und der resultierende Effekt sehen bei diesen Pflanzen noch beeindruckender aus.

Es reicht nicht, einfach den Tropfen zu fotografieren. Du musst den Blick des Betrachters führen. Das heißt: Man sollte nicht zu viele Tropfen im Bildausschnitt haben und die Tiefenstaffelung beachten.
Hier einige Beispiele für schlechte und gute Tiefenstaffelung:



Der Blickwinkel
Den besten Kamerawinkel bei so einem Foto zu treffen, ist ebenso eine große Herausforderung. Eine Wasserpflanze kannst Du bei einem Spaziergang natürlich nur vom Wasserrand aus fotografieren. Um eine optische Tiefenstaffelung durch einen sichtbaren Schärfeverlauf zu bekommen, musst Du daher in die Knie gehen. Natürlich kann auch ein steiler Blickwinkel funktionieren. Dann solltest Du darauf achten, dass mehr zu sehen ist, als eine einzige Form und eine Grundfarbe. Die Bildwirkung erzielst Du dann nicht durch den Schärfeverlauf, sondern durch die Farben und Formen.
Hängende Tropfen
Den Lupeneffekt zeigen Tropfen natürlich am besten, wenn sie frei hängen. So entstehen auch die bekannten Fotos, in dem der Hintergrund selbst sehr unscharf und nur im Tropfen knackscharf zu sehen ist. Am besten gelingen Dir solche Fotos, wenn Du eine lange Brennweite nutzt und mit Offenblende arbeitest. Gehe dabei so nah an die Tropfen heran, wie die Kamera zulässt (Naheinstellgrenze des Objektivs). Der Hintergrund sollte etwas Abstand zu den Tropfen haben. An der Naheinstellgrenze ist die Schärfentiefe auch dann gering, wenn Dein Objektiv zum Beispiel „nur“ f/5,6 als Offenblende zulässt.

Wer eine Einweg-Spritze Zuhause hat, kann sich einen solchen Effekt schnell selbst basteln. Ich möchte aber in diesem Artikel nur auf die natürlichen Tropfen eingehen. In einem späteren Artikel werde ich Dir noch einige Tricks rund um Tropfen und Flüssigkeiten aus dem Studio zeigen.

Viele Tropfen
Nicht nur einzelne Tropfen haben ihren Reiz, auch Gruppen von vielen Tropfen nebeneinander können optisch oft begeistern. Du findest sie auf wasserabweisenden Oberflächen wie zum Beispiel Autolacken, Glasoberflächen, Kunststoffen oder speziellen Geweben.



Tropfen als Beiwerk
Fokussierst Du die Tropfen selbst und sind einzelne Tropfen bildbestimmend, sind die Fotos selbst schon oft ein Hingucker. Aber auch als Beiwerk können Tropfen in einem Bild einen besonderen Charme hinzufügen. Den Tropfen, der an einem Bier herunter perlt, kennen wir aus der Werbung. Tropfen vermitteln hier Frische und Reinheit. Wenn Du ein modernes Magazin durchblätterst, wirst Du viele Werbemotive finden, die mit Tropfen ihre Gestaltung aufwerten. Und dies übrigens nicht nur bei typischen Produkten aus dem Pflege- und Kosmetikprogramm.



Fazit
In diesem Artikel ging es weitestgehend um Gestaltung und kreative Möglichkeiten mit vielen Beispielen. Was wollte ich Dir hier vermitteln? Ich wollte Dir zeigen, dass es sich lohnt, einfach die Augen offen zu halten und sich den Umständen hinzugeben. Vielleicht wirst Du jetzt Tropfen in der Natur mit anderen Augen betrachten und vielleicht auch suchen und fotografieren. Die genutzte Kamera, die Einstellungen und der Umgang mit der Kamera sind hier nicht unwichtig, aber generell gilt auch hier:
Technik macht Fotos – Bilder machst Du
Wenn ich Dich ein wenig inspirieren konnte, würden mich deine Ergebnisse sehr interessieren. Poste doch mal ein Foto in die fotocommunity. Ich bin gespannt.
Ausblick
Im nächsten Teil zeige ich Dir, wie man Brunnen, Wasserfälle, Gischt und Regen fotografiert. Ich gehe auch auf technische Details ein, wie zum Beispiel die richtige Belichtungszeit. Ich zeige Dir, wie du Tropfen während des Fluges fotografieren kannst. Aber auch die Aufarbeitung des rohen Fotos durch Software wird nicht zu kurz kommen. Du wirst sehen wie aus einem recht langweiligen Foto ein kleines Meisterwerk wird – alleine durch eine spezielle Graustufenumwandlung.
Guter Tipp für ein einfaches, aber schönes Motiv: Hab es vor einiger Zeit auch mal ausprobiert und einfach bei strömendem Regen aus dem Auto beim Einkaufen fotografiert: http://www.fotocommunity.de/pc/pc/mypics/2194970/display/37201956
Gerade heute hatte ich mich mit meinem neuen Makroring in die pitschnasse Natur aufgemacht. Ich kam kaum ein paar Meter weit in den Wald, weil mich überall Motive aufhielten. Tropen waren dabei das, was alles besonders machte. Ein bisschen dreckig, nass aber sehr zufrieden kam ich mit meinen Fotos nach Hause. Musste schmunzeln, als ich dann abends in meinem Account dieses Tutorial fand. Genau! Motiviert uns nach draußen zu gehen und die Augen für Motive offen zu halten und immer eine Kamera dabei zu haben! Und wie gut, dass ihr auch für die Leute mit Bridge und Kompaktkameras sprecht. Denn besser ne kleine Knipse in der Tasche, als nichts dabei zu haben, weil man vielleicht die dicke Kameraausrüstung nicht mitschleppen wollte.
Und mit diesen Tipps hier werden es das nächste Mal vielleicht noch bessere Fotos! Danke dafür!
Gruß
Claudia
Ich habe schon länger einen Blick für Tau-, Regen-, Wassertropfen und bin beeindruckt von diesen Bildern. Der Artikel hat mir nochmal wichtige Hinweise geliefert und Ich bin gespannt auf den über die Schneeflocken!
LG Danela
Durch diesen Artikel ist teilweise altes Wissen bei mir wieder geweckt worden und neues dazu gekommen! Klasse, vielen Dank!
LG Josef
An dieses Thema habe ich mich schon lange nicht mehr herangemacht, aber dieser Artikel weckt die Neugier und gibt gute Tipps an die Hand, sich mal wieder und neu damit zu beschäftigen.
An Material fehlt es ja zur Zeit wirklich nicht.
Viele Grüße,
Sue
Schade, du hast mir die Ausrede vermasselt, „bei dem Wetter“ in der Wohnung zu bleiben!
Gute Motive gibts immer. Die Kunst ist, Sie zu sehen.
Gruß, Horst.
Ich bewundere solche Aufnahmen sehr und finde sie faszinierend. Braucht man dazu zwingend ein Makroobjektiv?
Nein, macht euch keine Gedanken über die Ausstattung. Die meisten hier gezeigten Motive sind mit einem günstigen „Immerdrauf“-Objektiv 28-75 entstanden. Viele Kompakt- oder Bridgekameras haben ab Werk die selben Möglichkeiten.
Hallo,
Du hast mich neugierig gemacht.
Danke.
Liebe Grüße.
Lothar Gröbel
Sehr inspiratorischer Beitrag, lädt förmlich zum Experimentieren ein. Wir brauchen nach dem Regen die Sonne!
Danke
E
Grundsätzlich gilt, dass man nach einem Regenschauer tolle farben, Wolkenspiele und eben auch Tropfen findet. Danke für den Anstoss, mal wieder bei solchem Wetter rauszugehen.
ich finde Ihre Erlärungen sehr gut, so kann ich sie leicht nach vollziehen. Vielen Dank
Sehr interessanter Beitrag, den ich mit Vergnügen gelesen habe. Dazu die inspirierenden Fotos. Besonders gut gefallen mir die glitzernden Tropfen auf dem Baldachin, ein zauberhaftes Foto, die ‚Regenautos‘ genauso. Auch das mit der Schneeflocke ist grandios. Es passt durchaus zum Thema, denn schließlich wird aus jeder Schneeflocke wieder ein Wassertropfen :)