So geht es: Realistisch und dokumentarisch fotografieren

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In Zusammenarbeit mit SIGMA

In diesem Artikel geht es um die häufig genutzte Funktion eines Smartphones oder einer beliebigen Kamera etwas zu Dokumentieren, oder besser gesagt: Etwas so real wie möglich zu Fotografieren. Es geht in diesem Artikel nicht um die dokumentarische Fotografie im Sinne von Sielmanns Tierleben oder über das Bergwandern in den Abruzzen. Es dreht sich bei diesem Artikel lediglich um die visuelle Erfassung eines Sachbestandes.

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In erster Linie geht es um die präzise nachvollziehbare Darstellung einer Sache. Sei es um einer Versicherung einen Schaden aufzuzeigen, den Blechschaden bei einem Unfall der Polizei zu Verfügung zu stellen oder um dem Vermieter die schimmelige Raumecke nahe zu bringen.

Du lernst, dass es bei dieser eigentlich simplen Art der Fotografie (Automatik lässt grüßen) doch mehr zu beachten gibt, als das simple Draufhalten vermuten lässt. Wir zeigen Dir, wie Du mit ein paar Tricks und Regeln spätere Diskussionen vermeidest.

Was ist so besonders an dokumentarischen Fotos?

Diese Fotos müssen nur einem Sache dienen: Das Abgebildete muss erkennbar und für jeden Betrachter nachvollziehbar sein. Es dient nicht der Schönfärberei und muss auch keinem  Gestaltungsrichtlinien oder Drittelteilungen entsprechen. Es ist eine Art Protokoll oder Gedankenstütze für Dich selbst oder für eine unbeteiligte Person.

Je nach Ziel des Fotos und Sinn und Zweck der Dokumentation können die folgenden Hinweise alle eine Rolle spielen – oder eben nur einige. Kennen solltest Du alle.

Darauf solltest Du bei dokumentarischen Fotos achten

Totale + Makro

Ganz entscheidend für ein dokumentarisches Foto ist es,  dass Du jedem Betrachter ein Raumgefühl vermittelst. Er muss schnell erkennen, wo sich das Abgebildete befindet und wie groß es ist. Dies erreichst Du am einfachsten durch eine gute Wahl der Perspektive. Die Perspektive sollte gut erkennbare Fluchtlinien im Bild haben. Erst mit der Totalen macht eine Nahaufnahme oder ein Makro Sinn.

Geht es zum Beispiel um einen Schimmelschaden in einem Zimmer, so muss dem Vermieter das Ausmaß deutlich werden. Du erreichst dies durch die Kombination von zwei Fotos. Eine Totale des Raums und eine Nahaufnahme (auch Closeup genannt). Diese Nahaufnahme zeigt den Sachverhalt, in diesem Beispielfall den Schimmelschaden in der maximalen Ausdehnung ohne viel Drumherum. Um das Datum der Aufnahme zu dokumentieren, kannst Du einfach die Titelseite einer aktuellen Zeitung erkennbar mit ins Bild legen. Du kannst damit beweisen, dass die  Aufnahme nicht älter sein kann, als das Erscheinungsdatum dieser Zeitung.

Schlechtes Licht oder widrige Umstände

Falls im Augenblick, wie zum Beispiel bei der Aufnahme des Blechschadens, das Licht nicht ausreicht oder es zu stark regnet, kannst Du später noch zusätzliche Fotos machen. Die Hauptsache ist, dass Du dennoch Fotos am Ort des Schadens machst (Siehe Geo-Daten und Zeitpunkt), egal welche Qualität diese haben. Sie dienen nur der Verifizierung der späteren Detailfotos.

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Hier hab ich den Blechschaden noch am Unfallort mit schlechtem Licht fotografiert. Am nächsten Tag (bei besseren Licht) hab ich dann noch den Schaden mit einer guten Kamera im Detail dokumentiert. Der Versicherung konnte ich so genau belegen, was wann und wo passiert ist.

Abgebildete Größe

Um von einem Foto auf die Größe eines Objektes schließen zu können, sollte ein Gegenstand mit bekannter Größe mit ins Bild. Du kannst zum Beispiel eine Münze, einen Geldschein oder ein Teelicht nehmen. Wichtig ist, dass das Objekt nah am Motiv des Fotos liegt. So ist spätere Größeneinschätzung einfach.

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Als ich ein Ersatzteil benötigte, habe ich dieses Foto zum Einzelhändler mitgenommen. Leider war es unbrauchbar, denn diesen Scherkopf gibt es in verschiedenen Größen. Hätte ich eine Münze daneben gelegt (in diesem Fall sogar besser ein Lineal) und es mehr von oben fotografiert, hätte der Händler mir das richtige heraussuchen können. Bevor jemand fragt: Ich konnte das kaputte Teil aus anderen Gründen selbst nicht mitnehmen.

Das Foto als Beweis

Alle digitalen Fotos können verändert werden. So sind Fotos nur im Kontext anderer Eigenschaften beweiskräftig. Haben zum Beispiel mehrere Personen eine Sache fotografiert, so ist bei gleichem Inhalt anzunehmen, dass das als Beweisfoto herangezogene Foto echt ist. Du benötigst unter Umständen zusätzlich Zeugen, die das Fotografieren mitbekommen haben und bestätigen können, dass das Foto die tatsächliche Tatsache auch korrekt darstellt. Ansonsten ist ein Foto nur ein Hinweis oder gegebenenfalls ein Indiz.

Alternativ gibt es seit ein paar Jahren eine gerichtsverwertbare Fotografie. Namhafte Hersteller haben ihre Top-Kameras mit einer komplexen Verschlüsselung des RAWs ausgestattet und fügen der Datei eine Art digitalen Stempel zu, der das Original sozusagen zertifiziert. So ist es dem Gericht möglich ein Foto als Beweis ohne Zeugen oder andere Indizien als Beweis zu nutzen.

Einen Leihwagen solltest Du immer bei der Übergabe rundherum abfotografieren, um einer späteren Diskussionen vorzubeugen welche Beule oder Kratzer bereits im Auto war.

Einsatz eines Blitzes

Die meisten Smartphones/Kameras schalten in der Einstellung „Automatik“ bei zu geringem Licht einen Blitz hinzu. Nur hat das natürlich einen großen Haken bei einem dokumentarischen Foto, da das Motiv durch den Blitz in ein anderes Licht gestellt wird. Es entstehen starke Reflexionen an Stellen, an denen dann keine Details mehr zu erkennen sind. Zudem treten harte Schatten hervor, die zuweilen etwas verdecken oder durch ihre Härte etwas in der eigentlichen Form verändert wirken lassen.

Abhilfe schafft hier ein zweites Foto, auch wenn es unterbelichtet ist. Du kannst dann anhand der zwei Fotos gut das Gesehene richtig einschätzen.

Der Zeitpunkt

Natürlich ist der Aufnahmezeitpunkt wichtig. Alle mir bekannten digitalen Kameras speichern das Aufnahmedatum in zwei Formen. Erstens in der eigentlichen Foto-Datei als Erstellungsdatum und zusätzlich noch in den Metadaten. Metadaten sind sehr unterschiedliche Zusatzinformationen innerhalb der Datei und beschreiben die Umstände und Inhalte von Mediadateien, also zum Beispiel Fotos. Leider sind diese editierbar

Der alte Trick mit einer gleichzeitig abgebildeten Tageszeitung, den ich oben erwähnt habe, funktioniert nur bedingt, denn diese zeigt ja nur den frühest möglichen Zeitpunkt der Aufnahme. Der Zeitstempel selbst ist mit geringem Aufwand veränderlich.

Es gibt also nicht wirklich einen Beweis für den genauen Zeitpunkt einer Aufnahme, aber dies ist ja auch eher selten nötig.

Zeitpunkt
Irgendwann stößt man per Zufall auf solche Fotos beim Sichten des randvollen Smartphones. Nur was soll so ein Bild? Erst das Datum erinnert Dich, wann Du mit wem und wo aus warst und dass Du vielleicht noch offene Schulden eintreiben kannst ;-)

Geo-Daten

Eine tolle Sache sind Geo-Daten wie die bekannten GPS Koordinaten. Sie speichern den Ort einer Aufnahme als Zahlenkombination (Längen und Breitengrad) innerhalb der Metadaten – wenn die genutzte Kamera diese Option hat.

Leider bauen nicht alle Hersteller diese recht günstige Option in ihre Kameras ein. Aktuelle Smartphones haben GPS fast immer an Bord und diese ist auch standardmäßig aktiviert. Natürlich kannst Du die Geo-Daten auch später ergänzen, der Aufwand ist aber doch recht hoch.

Diese Koordinaten, wie zum Beispiel: 50,9518 Breitengrad und 6,9570 Längengrad werden von vielen digitalen Karten-Apps und Navigationsprogrammen sofort mit Kartenmaterial abgeglichen und angezeigt und so siehst Du direkt, wo sich der Ort der Aufnahme befindet.

So sind die oben genannten Koordinaten des aktuellen Orts, während ich diesen Artikel schreibe. Es ist halt schönes Wetter und so schreib ich auch mal im Cafe.

Winkel und Dimension

Versuche Dich immer sehr plan auf den Sachverhalt auszurichten. Größe und Form sind dann meist gut einzuschätzen. Steile und flache Winkel können zusätzlich fotografiert werden. Sie dienen dann aber dazu Details festzuhalten.

Die Sicht aus Augenhöhe ist ein gutes Maß, denn der Betrachter kann später durch die bekannte Sichthöhe die Größe und Lage einer Sache gut einschätzen.

Die Fotoserie als Beweis

Ein gutes Indiz dafür, dass keine Bildmanipulation an einem Foto vorgenommen wurden, sind kleine Bildserien. Der Aufwand eine Bildmanipulation in viele andere Bilder zu kopieren, ist immens. Zusätzlich lässt sich damit bei Verstößen gegen das Urheberrecht immer der Urheber belegen, denn wenn jemand ein Foto von Dir kopiert, wird er nicht an die anderen Fotos der Serie in Deinem Bildarchiv gelangen.

Das Foto als Erinnerung

Natürlich ist ein Schnappschuss auch eine prima Erinnerung. Vor dem Einkauf kurz Deinen Kühlschrank zu fotografieren, hilft bereits besser einzukaufen. Aber auch das per Messenger versandte Foto eines Kaltgetränks als Aufruf für einen Freund sich anzuschließen, ist eine prima Sache. Hier musst man sich natürlich an keinerlei Regeln halten. Hauptsache Du transportierst, wie beim Beispiel Kaltgetränk, das Ambiente, Wetter und das Gefühl des Momentes.

Es gibt eine sehr hilfreiche Möglichkeit so ein Foto einzusetzen. Wenn Du zum Beispiel etwas reparierst, kannst Du den Prozess des Zerlegens schrittweise dokumentieren, um später alles wieder in der richtigen (also umgekehrten) Reihenfolge der Fotos wieder korrekt zu montieren

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In diesem Beispiel musste ich das Objektiv öffnen und der obere Ring dient der Feinabstimmung der Fokussierung. Nach der Reparatur konnte ich das Objektiv wieder im perfekten Zustand nutzen.

Falsche Farben

Farben sind niemals echt, auch nicht bei extrem präziser Kalibrierung und Profilierung von Kamera, Monitor und Drucker. Displays leuchten, während ein Ausdruck reflektiert. Auch entscheidet die eingebaute Logik einer Digitalkamera oder eines Smartphones bei Automatikbetrieb über den Weißabgleich. Eine farblich unverfälschtes Foto gibt es nicht.

Aber Du kannst die dargestellten Farben in einem dokumentarischen Foto als richtungsgebend interpretieren. Wenn zum Beispiel ein Teppich gekauft werden soll, ist ein Foto des Zimmers auf dem Smartphone ein gutes Hilfsmittel im Teppichgeschäft die richtige Entscheidung zu treffen.

Es gibt einen kleinen Trick, um sicherer Farben in solchen Fotos nutzbar zu machen. Fotografiere einfach eine Illustrierte oder eine farbige Zeitung mit. Ist zum Beispiel das Papier der Zeitung im Foto zu rötlich, dann sind auch alle anderen Farben ins rote verschoben. Du kannst dann die Zeitschrift zum Einkauf mitnehmen und weißt dann, wie sehr Du den Farben im Foto trauen kannst.

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Um seinem Partner  zuhause den neuen Bodenbelag „schmackhaft“ zu machen, können solche Schnappschüsse einen guten Dienst verrichten. für die genaue farbliche Auswahl nutzen sie nicht wirklich, denn die Farben sind eher zufällig. Für eine Musterauswahl dagegen sind sie durchaus brauchbar, denn Strukturen sind auf den Fotos gut zu erkennen. Das konkrete Licht im Baumarkt und die Reflexion der Beispielbretter ist einfach zu verfälschend.

Fazit

Wie Du siehst, gibt es tausende Möglichkeiten ein dokumentarisches Foto zu nutzen. Mit den kleinen Tipps in diesem Artikel beugst Du späterem Achselzucken vor, was Du da eigentlich zeigen wolltest und kannst auch nach Jahren das Foto in den korrekten Zusammenhang einordnen.

9 Kommentare

  1. Vielen Dank für den anschaulichen Einblick in einen kleinen Teilbereich der Dokumentarfotografie. Im Fazit wird zwar angedeutet, dass es sich bei den Ausführungen wirklich nur um einen kleinen Einblick handelt, doch da es sich um eines der Hauptanwendungsfelder der Fotografie insgesamt handelt, wäre es sicher nützlich gewesen die Breite dieses Fotografiebereiches ein wenig zu umreißen, denn es reicht schließlich von der fast gesamten wissenschaftlichen Fotografie incl. Medizin, über die Produkt- und Industriefotografie, die Sachkatasterfotografie (Grundstückseinmessung, Biodiversität, Klima etc.), die Kriminalistik bis hin zur Luftbild- und Messbildfotografie in die die große Masse der Hobbyfotografen überhaupt keinen Einblick hat und selbst die Kamera/Video Überwachung gehört dazu mit der nötigen Positionsfindung und, und, und. Sie ist als Hilfsmittel einfach Bestand vieler Disziplinen, ohne dass damit großer Spektakel gemacht wird, aber deren Wirken dennoch hier erwähnenswert ist.
    Auch bei Einzelkapiteln hätte ich mir die eine oder andere kritische Bemerkung gewünscht. So begrüßenswert die Herausstellung des Wertes der Geocodierung auch ist, so wichtig wäre dabei doch auch der Hinweis auf die vielen Fehlerquellen. Wir erreichen zwar inzwischen ohne Schwierigkeiten Submetergenauigkeiten mit kleinsten Smartphonechips, aber nur bei bewusster und kontrollierter Eliminierung der zahlreichen Störfaktoren der Erfassung, die eine möglichst baldige Überprüfng der registrierten Koordinaten nach der Aufnahme erfordern, weil in der gewöhnlichen Amateurexifregistrierung Kontrollindices nicht mit geliefert werden und damit nachträglich Genauigkeitseinschätzungen nicht möglich sind. Das beste Beispiel hierfür ist das augenblicklich infame Spiel der Kamerahersteller mit der Ahnungslosigkeit der (meisten) Fotografen mit diesen satellitengeodätischen Messverfahren bei der Propagierung ihrer Prudukte, anstatt endlich zumindest in alle anspruchsvollen Kameras ein Standortbestimmungschip einzubauen, das Herstellungskosten im Centbereich, allenfalls aber einstelliger Euros verursacht!
    Wichtig schließlich noch das Festhalten der Information ob mit Kamerastandortcodierung oder Messung am Objekt gearbeitet wurde soweit das Medium eben bewusst und gekonnt eingesetzt wird. Es wäre daher sehr erfreulich, wenn der Autor auch hier weitere Aufklärungsarbeit in dieser hervorragenden Fotoschule anbieten würde

  2. Gut dass man hier mal (fast) alles Wichtige zusammen hat.
    EInen Kommentar zu den Farben: Die richtige Farbe gibt es eigentlich nicht, da sich das menschliche Auge fast jedem Farbstich anpassen kann, denn die unterschiedlichen Rezeptoren haben jeweils eigene Empfindlichkeitseinstellungen.

  3. Kleiner Hinweis zu Fahrzeugschäden:
    Beim Ablichten derselben sollte immer das Kennzeichen mit erfasst werden. Wenn möglich Kz. mit Schadenumfang sowie zusätzliche Einzel-/Großaufnahmen vom Schadenbereich. Ebenfalls von Vorteil, Aufnahmen am Unfallort (Stand der Fahrzeuge unmittelbar nach der Kollision).

  4. Danke für die vielen Tips! Von Baustellenfotos her bin ich mir zwar gewohnt, Dinge festzuhalten (aber man immer noch ein Bild, das fehlt . . .). Aber die GPS-Funktion im Smartphone aktivieren geht oft vergessen, und mehrere Bilder machen wegen Fälschungen ist auch ein sehr guter Tip. Und als „Gegner“ denken, was könnte man noch machen, um hieb und stichfest zu dokumentieren ist manchmal matchentscheidend. Danke für die Arbeit!

  5. In verschiedenen Berufen wie zum Beispiel der Haustechnik lässt sich diese Art der Dokumentation sehr gut anwenden.Man schaut sich die Bilder an und weiß worum es geht. Hilfreich bei der Verwaltung mehrere Häuser.

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