Abwarten können. Manchen Bildern fehlt einfach das gewisse Etwas. Beziehe deshalb bei Außenaufnahmen mit statischen Motiven die Tageszeit in Deine Bildkonzeption mit ein, je nach vorherrschendem Sonnenstand und Lichtcharakter ergeben sich unterschiedliche Motivinterpretationen und Bildstimmungen. Beobachte Veränderungen im Tagesablauf – für jedes Motiv gibt es nämlich eine optimale Lichtzeit. Falls Du Grundlagen in für das Licht in der Fotografie brauchst, schau Dir unseren Artikel dazu an.
Durch die wandernde Sonne ändert sich das Licht zwar unmerklich, aber stetig. Nur bei bedecktem Himmel bleibt der Lichtcharakter über den Tag hinweg annähernd gleich. Für unveränderliche Motive, wie Gebäude und Landschaften, die bei natürlichem Licht fotografiert werden sollen, gibt es jeweils einen bestimmten Zeitpunkt am Tag, in dem sie im bestem Licht stehen. Ungünstig ist in vielen Fällen das Mittagslicht, wenn die Sonne im Zenit steht, harte Schatten und hohe Kontraste sind die Folge. Das Licht ist dann sehr konkret und so ganz ohne Zauber; die vorteilhaftere Lichtstimmung herrscht in den Übergangszeiten, am Morgen oder am frühen Abend.
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Mehr Infos zu den FotokursenDieser Artikel stammt aus der ColorFoto 5/2019.

Zur Mittagszeit
Die bekannten Regeln „Von elf bis drei hat der Fotograf frei“ oder „In der Mittagssonne sind die Bilder für die Tonne“ greifen hier nicht. Die Westfassade des Regensburger Doms voll ausgeleuchtet zu fotografieren, ist nämlich nur um die Mittagszeit möglich. Im seitlichen Morgenlicht wird die Ansicht durch die umgebenden Gebäude wechselweise abgeschattet, und spätnachmittags liegt die Fassade gänzlich im Schatten.

Stimmungsvolles Morgenlicht
Die verschiedenen Lichteffekte machen den Reiz dieses Bilds von der Bronzeplastik am Regensburger Krauterermarkt aus. Das frühmorgendliche direkte Sonnenlicht tief von der Seite streift die Adlerfigur und lässt sie besonders plastisch vor der Hauswand im Hintergrund (die noch im Schatten liegt) hervortreten. Gleichzeitig spiegeln sich in den Fenstern die knallfarbigen Fassaden der gegenüberliegenden Häuser, die bereits direkt von der Sonne beschienen werden. Eine außergewöhnliche Lichtsituation, die nur sehr kurz währt.

Landschaft im wandelnden Licht
Am schnellsten wechselt der Lichtcharakter in den Übergangszeiten des Tages, morgens und abends, und am deutlichsten kann das bei großen Erhebungen in der Landschaft beobachtet werden. Hier bei Sonnenaufgang im Andringitra-Gebirge auf Madagaskar. Zwischen dem ersten und dem vierten Foto liegt gerade mal 1 Stunde.

Die blaue Stunde
Blaue Stunde ist keine Zeitangabe, sondern der Zustand, wenn die Sonne gerade hinter dem Horizont verschwunden ist und das Tageslicht nachlässt. Das Spektakel kann 10 Minuten dauern oder 2 Stunden, je nach geografischer Lage, Wetterbedingungen und Jahreszeit. Das angehende Kunstlicht vermischt sich immer mehr mit dem restlichen Tageslicht, bis es dann vollends die Oberhand gewinnt. Anfänglich ist noch so viel Tageslicht vorhanden, dass die dunklen Regionen im Bild nicht vollständig zulaufen. Kontinuierlich wechseln dann bis zum Eintreten der Nacht die Farbmischungen. Das Bild zeigt einen Straßenzug in Camagüey auf Kuba; die blaue Stunde kann auch rosa sein.

Vollmond auf der Walhalla
Laue Sommernacht: der Vollmond als zentrales Bildelement, die Spiegelung in der Donau, die Reflexe im Marmor, die Lichter der Stadt am Horizont und die Sterne. Wegen Vollmonds wird der Himmel selbst um Mitternacht nicht ganz dunkel. High-ISO-Aufnahme (Offenblende) aus der Hand. Übrigens, die Walhalla, eine Ruhmeshalle in Form eines Säulentempels bei Donaustauf/Regensburg, ist zu jeder Tageszeit einen Besuch wert.

Nachtaufnahme
Bei Aufnahmen in der Nacht ist der Fotograf auf Kunstlicht angewiesen. Sind mehrere Lichtquellen gleichzeitig im Bild, können sie sehr variierende Leuchtstärken und Lichtfarben aufweisen. Diese Unterschiedlichkeit des Lichts kann manchmal störend wirken, sie kann aber auch, wie hier im Foto von Havannas Prachtstraße, dem Prado, eine gewisse Dynamik ins Bild bringen. Die „warmen“ Straßenlaternen alleine würden ein monochromes rotbraunes Bild ergeben, durch die „kühleren“ Lichtinseln (Geschäft, Gebäude, Autos) entsteht eine willkommene farbige Auflockerung dieses Nachtbildes.
Fazit
Das natürliche Licht ändert sich stetig. Auch abhängig von Tages- und Jahreszeit variieren Farbtemperatur und Schattenwurf. In diesem Artikel wurde Dir gezeigt, wie Du durch gezielte Beobachtung der Lichtstimmung gelungene Aufnahmen machen kannst.
Autor: Maximilian Weinzierl
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Guter Artikel, besonders für Fotografen, die sich um die wechselnden Lichtverhältnisse im Laufe des Tages bisher keine Gedanken gemacht haben. Zur Blauen Stunde wollte ich noch etwas Ergänzendes beitragen: je näher man dem Polarkreis kommt, desto länger ist die blaue Stunde im Sommer, schon in Norddeutschland dauert sie um die Sommersonnenwende herum fast die ganze (weiße) Nacht, die eh nicht sehr lang ist.
Erstmal danke, für den, wie immer, sehr guten Beitrag.
Dann noch einen Tipp: Es gibt sehr gute Apps zur Sonnenstandsermittlung, so z.B. die kostenlose App „Sonnenverlauf“. So kann man schon oft im Voraus zumindest den Sonnenstand zum gewünschten Zeitpunkt, für seine Shootinglocation sehen und eventuell dann auch genauer die Uhrzeit planen.
Für einen Kalender sollte ich einmal eine metallische Steele fotografieren. Von links der Schatten eines Turmes, gegenüber hohe Gebäude mit Schattenwurf. Egal wann ich kam, war diese Steele im Schatten, da nützte auch kein Reflektor.
Was mir schließlich weiterhalf, war Google Maps. 12 Uhr = Süden (Achtung Winterzeit!), 18 Uhr entspricht Westen und 6 Uhr früh = Ost. Danach kann man leicht errechnen, um wieviel Uhr ein Lichtfenster entsteht. Man muss nur die Himmelsrichtung am Bildschirm messen und dann nach Uhrzeit umrechnen. Mein Zeitfenster war gerade mal 10 Minuten. Ohne Maps hätte ich es nie getroffen.
Natürlich weiß man über die Sonne Bescheid. Und auch um die ungünstigen Zeiten um Mittag. Usw. usw. Aber diese Beispiele mit den Beschreibungen liefern doch gute Anregungen. Danke!