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Im ersten Teil habe ich Dir bereits einige Vor- und Nachteile der Offenblende in der Praxis gezeigt. In diesem Artikel schildere ich Dir weitere Erfahrungen aus der Praxis.
Festbrennweiten Pro und Kontra
So gut Festbrennweiten in Sachen Schärfe und AF-Geschwindigkeit auch sein mögen, einen großen Nachteil besitzen alle:
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Der Bildausschnitt ist nicht frei wählbar, sofern der Fotograf sich nicht bewegt.
Es kann also vorkommen, dass ein eigentlich „einfaches“ Motiv einfach nicht vernünftig in den Sucher passt und daher keine sinnvolle Aufnahme möglich ist. So war zum Beispiel bei dem folgenden Foto eine Mauer hinter mir und ich konnte keinen größeren Abstand zu dem Fischerboot bekommen.
Die Ergebnis ist ein abgeschnittenes Boot. In so einem Fall hilft nur das Fotografieren von Teilen und das spätere zusammensetzen (Stitchen), sofern dies perspektivisch Sinn macht.

Available Light / Wenig Licht
Die größte Stärke eines Objektivs mit einer Anfangsöffnung von f/1.4 ist sicher die Möglichkeit auch noch in der Dämmerung und bei abnehmenden Licht zu fotografieren, ohne dabei die ISO-Einstellungen zu überreizen, um akzeptable Verschlusszeiten zu erhalten. Natürlich hebelt dies nicht die Gesetze der Physik aus, ermöglicht aber Motive mit sich bewegenden Objekten, die ansonsten nicht zu machen sind. Statische Motive sind auch mit anderen Techniken wie längeren Belichtungszeiten oder höherer ISO-Zahl gut zu fotografieren. Bei höheren ISO-Werten musst Du später wahrscheinlich eine Rauschreduzierung per Software in Kauf nehmen.
Dennoch ist diese Art der Fotografie ohne künstliches, zusätzliches Licht (wie einem Blitz) einer der großen Stärken eines Objektives mit großer Offenblende. Kommt noch eine Kamera hinzu, die auch hohe ISO-Zahlen mit akzeptablem Rauschen ermöglicht, hältst Du fast ein Nachtsichtgerät in Deinen Händen.


Naheinstellgrenze
Der „Unschärfeffekt“ – gemeinhin auch als Unschärffreistellung bezeichnet – nimmt physikalisch bedingt mit der Nähe zum Motiv zu. Du kannst diesen Effekt daher auch mit „normalen“ Objektiven der erzielen, sofern Du nah genug an das Motiv kommst und der Abstand zum Hintergrund ausreichend groß ist. Besitzt man hingegen ein Objektiv mit großer Anfangsblende, wie dem SIGMA 85mm f/1.4 | Art (oder vergleichbare) oder plant dessen Anschaffung, solltest Du immer ein Auge auf die sogenannte Naheinstellgrenze werfen. Dieses Objektiv hat zum Beispiel eine sehr hohe (85 cm) Naheinstellgrenze. So ist ein beiläufiges Tischfoto vom Essen oder von seinem Gegenüber manchmal gar nicht möglich. Du kannst in so einem Fall aber einen kleinen Zwischenring einsetzen.

HDR durch Dynamik
HDR hat natürlich nichts mit Offenblendenfotografie zu tun. Jedoch ist die höhere Dynamik relevant, die man durch die Reduzierung der ISO-Empfindlichkeit erzielen kann. Hast Du sogar ein RAW erstellt, ist eine aufwendige HDR-Überarbeitung später stellenweise überhaupt nicht von Nöten. Es reicht vielmehr schon, die Möglichkeiten des RAW-Konverters geschickt auszunutzen.

Panoramen durch Einzelfotos

Die hohe Grundschärfe guter Festbrennweiten ist ein großer Vorteil bei Panoramaaufnahmen. Du kannst – ohne zu verwackeln – schneller die nötigen Teilstücke aus der Hand fotografieren. Die Hyperfokaldistanz hilft zugleich, alles in der Ferne ebenfalls maximal scharf abzubilden.
Doch Vorsicht: Wie eben schon bemerkt, kann es auch seine Tücken haben, mit Offenblende mal eben schnell aus der Hüfte ein Panorama (durch Einzelaufnahmen) zu erstellen. Im später zusammengesetzten Panorama hat sich nämlich ein übler Fehler eingeschlichen!
Das linke Teilfoto mit der Zypresse ist leider falsch fokussiert. Der Autofokus blieb nicht in der Ferne, sondern wählte den Baum als zu fokussierendes Objekt. Das hatte zur Folge, dass das Wasser und die Surfer unscharf sind. Natürlich ist dieser Bruch im Panorama nicht akzeptabel. Es macht daher Sinn bei solchen Aufnahmen einmalig zu fokussieren und dann den AF abzuschalten, bis Du alle Aufnahmen des Panoramas gemacht hast.
In dem hier gezeigten Fall hilft allerdings nach dem Stitchen nur noch ein rigoroser Schnitt und Du müsstest Dich sich mit einem Teil der Landschaft begnügen.

Szenische Freistellung
Bei der Bildgestaltung mit stark unscharfen Bildbereichen ist es oft schwierig, die Balance zwischen szenischer Unschärfe und dem fokussierten Objekt zu finden. Die spezielle Problematik einer Festbrennweite (nicht frei wählbarer Zoom) hilft Dir dabei auch nicht weiter. Trotzdem finden sich immer wieder Motive, die diese Balance perfekt hergeben. Festbrennweiten schulen das fotografische Auge.
Du kannst diese Balance recht gut mit der Höhe der Kameraposition in den Griff bekommen. Je tiefer Du die Kamera hältst, desto mehr unscharfer Boden kommt mit ins Bild. Zusätzlich rückt die Tiefe ein wenig vom Objekt/Fokuspunkt ab. Natürlich funktioniert dies nur, wenn das Motiv solche Möglichkeiten bietet.

Bildbearbeitung
Ein gutes Motiv steht und fällt mit der Möglichkeit für den Betrachter, das Bild, seine Inhalte und die Intention des Fotografen wahr zu nehmen. Das nachfolgende Beispielfoto ist für viele Betrachter toll und nahezu perfekt. Doch leider ist man als Fotograf kein Maler und so hat man mit störenden Begebenheiten immer wieder zu kämpfen.
Der unscharfe Stuhl im Vordergrund wäre ja noch durch eine andere Positionierung der Kamera herauszubekommen, man hätte ihn vielleicht sogar für die Aufnahme kurz wegstellen können, aber das Verkehrsschild nicht. Um dieses Motiv zu „retten“, ist schon eine aufwendige Bildbearbeitung nötig.

Die Gesamtatmosphäre
Das Wesentliche an einem ausgewogenen und für den Betrachter guten Foto ist natürlich die eingefangene Atmosphäre. Ich wiederhole mich gerne mit einer von mir erdachten Aussage:
„Gute Fotos muss man als Betrachter riechen können.“
Gemeint ist natürlich nicht der Geruch der Druckfarbe, sondern das Gefühl für den Betrachter, das Motiv „spüren“ zu können.

Wahl des Hintergrundes
Durch den steilen bzw. kurzen Verlauf der Unschärfe bei Fotos mit Offenblende ist es manchmal nötig, den Hintergrund genauer zu betrachten und zu wählen. So ist bei diesem Beispiel der graubraune Hintergrund nicht wirklich einladend (Hausfassade). Doch ein kleiner Schwenk führte zu einem viel schöneren Foto (farbige Hausfassade). Es ist also nicht nur wichtig das Objekt ins richtige Licht zu setzen, sondern auch das Subjekt. Ergo: Die Umgebung.
Künstlerische Fotomotive
Durch das enorme Freistellungspotential der Offenblendenfotografie ist ein künstlerischer Ansatz nicht außer acht zu lassen. So kann eine einzige scharfe Mohnkapsel mit einer weiteren unscharfen Kapsel im Hintergrund als Schwarzweißfoto schon gefallen, allein durch die entstehende Tiefenwirkung. Solche Motive werden häufig als still und friedlich wahrgenommen. Wenn Du Dir z.B. die Poster und Plakate eines schwedischen Möbelhauses anschaust, findest Du dort oft solche Interpretationen.

Fazit
Du solltest jetzt durch diese große Serie ein wenig ein Gefühl dafür bekommen haben, was so alles mit einem Objektiv mit einem kleinen Blendenwert – oder anders gesagt – mit großer Blendenöffnung möglich ist, und was nicht. Wie Du im theoretischen Teil schon gesehen hast, sind schöne unscharfe Bildbereiche auch mit kleiner Blende möglich, aber viele Motive erhalten eben ihre Besonderheit über diese speziellen Objektive.
Hallo Norbert,
laß Dich bitte nicht durch negative Kommentare beeinflussen. Es ist schön, wenn fotografische Themen so eindrucksvoll serviert werden. Es ist nämlich immer leicht zu kritisieren, was andere präsentieren. Außerdem handelt es sich hier um nützliche Informationen, für die man nichts bezahlen muß.
Ich fand den Artikel sehr durcheinander und nicht wirklich zum Titel passend und habe ihn daher nur überflogen. Schade, denn der Inhalt zum Titel interessiert mich schon. Das Zusammenfügen von Bildern heißt stitchen und nicht stichen! Die Kommasetzung sollte auch noch einmal genauer betrachtet werden. Available Light heißt nicht zwangsläufig wenig Licht, sondern das verfügbare Licht ohne extra Hilfsmittel. Es wird aber oft mit wenig Licht in Verbindung gebracht.
Bei hohe ISO-Werten „Langzeitrauschen“ im Menü aktivieren. Funktioniert bestens mit der Lumix FZ 1000.
Ergänzung zum Thema Panoramen aus Einzelaufnahmen:
erst Schwenk mit der Kamera über das gesamte Panorama und beim hellsten Einzelbild Belichtung ermitteln.
Unter Berücksichtigung der Hyperfokaldistanz korrekte fokusieren.
Jetzt Kamera auf Manuell umstellen, damit sich der Focus nicht mehr verändert und die Belichtungswerte einstellen. Nun kann bei den Einzelaufnahmen kaum noch etwas schief gehen.
Bitte keinen Polfilter verwenden, da sich der Winkel der Sonneneinstrahlung beim Schwenk der Kamera verändert, was zu abweichenden Blau-Tönen führen würde.
Auch wichtig (leidvolle Erfahrung): Hinterher daran denken, dass die Kamera noch auf M eingestellt ist! Gleich auf gewohnten Modus wechseln.
Kann ich nur bestätigen. Wenn man es rechtzeitig merkt und das Motiv noch da ist, geht es ja noch.
Noch ein weiterer Hinweis zur Aufnahme von Panoramen mit Zoom-Objektiven: Wenn die Zoom-Einstellung sehr leichtgängig ist, wie bei meinem Olympus 18-180, unbedingt die Einstellung festhalten. Einzelbilder mit unterschiedlichem Zoom aufgenommen lassen sich schlecht zusammenfügen.
Eure Artikel begeistern auch mich als Anfänger immer wieder! Einiges ist deutlich über meinem fotografischen Niveau, lesen und anwenden tu ich’s trotzdem immer gern. Herzlichen Dank!
Im allgemeinen finde ich Ihre Tips durchaus interessant.
Im besonderen: Was soll mir – z. B – an diesem voellig unscharfen Gemueseteller gefallen?
Auch ein SIGMA 85mm F1,4 DG HSM Art nutzte ich dazu, um realitaetsgetreue, scharfe, korrekt belichtete Aufnahmen zu erzielen – die Naheinstellgrenze beachtend.
PS: Auch die Mohnkapsel begeistert mich …
Wie ich aus dem Text schließe, war der unscharfe Gemüseteller als Beweis dafür gedacht, was NICHT möglich ist.
Hier werden Probleme angesprochen, über die ich selten nachgedacht habe.
VIELEN DANk für das Thema.