Makrofotografie – Auf der Suche nach Strukturen

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In Zusammenarbeit mit SIGMA
In diesem Teil der Makroserie über Motive und deren Gestaltung geht es um Abstraktes und Gegenständliches. Um Dich jetzt nicht mit meiner eigenen Bilddatenbank zu quälen, werde ich in diesem Artikel nur Motive aus der Welt der Makrofotografie nutzen, die ich während des Schreiben fotografiert habe. Ich möchte Dir damit aufzeigen, dass es bei Makrofotos immer etwas im Kleinen zu entdecken gibt – vom Schreibtisch angefangen bis hin zum Balkon. Denn im Kleinen findet sich immer etwas Großes.

Der Begriff Abstrakt

Was ist abstrakt? Abstrakt ist etwas, bei dem durch das Weglassen von Einzelheiten auf etwas Allgemeines geschlossen werden kann. In der Fotografie ist das meistens das Isolieren von Strukturen und Formen ohne Hinweis auf Ort, Größe und Vollständigkeit des Objektes. So ist ein Streichholzkopf noch nicht abstrakt, nur weil der Holzteil fehlt. Man erkennt das Objekt zu leicht. Ein abgebrannter Kopf schon eher.

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Aber bedenke, es handelt sich bei dieser Fotografie nicht um ein Suchspiel. Es geht darum, den Formen und den verborgenen Strukturen mehr Raum zu geben, als es sonst üblich ist.

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Dies ist ein klassisches Makro, unspektakulär und trist.
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Dieses Makro ist schon merklich spannender. Es ist dank der großen Auflösung meiner Kamera kein Problem so ein knappen Ausschnitt zu nutzen, ohne gleich das Objektiv (Sigma 180mm 1:2.8 APO Macro DG HSM) zu tauschen oder mittels Lupe die Vergrößerung zu steigern.

 

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Damit jetzt nicht wieder die Kritiker hier losschlagen, dass man mit so einem teuren Equipment ja eh gut dasteht; hier noch die Version mit einem iPhone 5S und einer super günstigen Zusatzlinse (9 Euro)!
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Oder dieses hier mit einem günstigen und 20 Jahren alten 50mm Nikkor mit günstigen Verlängerungsringen.

Wie Du erkennen kannst, liegt es oft nicht an der Ausrüstung, sondern an der Geduld, etwas fotografisch Interessantes zu finden.

Wie finde ich Motive?

„Augen auf“ funktioniert bei diesen Motiven ja nicht sonderlich gut. Denn hier wird ja gerade das fotografiert, was man ansonsten nicht beachtet oder übersieht. Und hier steckt schon die Lösung für ein erfolgreiches Suchen eines Motivs:

Unbeachtetes mal beachten!

Auf der Suche hilft eine gute und kleine Lupe – natürlich bevor man die Kamera zückt! So sehen manch abstrakte Strukturen nicht sonderlich interessant aus, auch wenn man sich darauf konzentriert hat, sie zu finden. Erst mit einer Lupe hat man bereits einen künstlichen Ausschnitt und eine starke Vergrößerung und kann so seine eigentliche Aufnahme planen.

 

Eine gewellte Fensterscheibe, ein Lochblech der Dunstabzugshaube und die Lamellen eines Rollos. Alles hat in der Vergrößerung und natürlich durch die kurze Schärfe einen Reiz im Detail. Dennoch keine besonderen Motive.

 

Wo finde ich Motive?

In der Wohnung ist der Kühlschrank oder die Küche eine sehr interessante Anlaufstelle. Hier verstecken sich oft schöne Details in Lebensmitteln, Werkzeugen und Flächen. Man sollte nur darauf achten, dass das Licht mit den Objekten interagiert. Spiegelungen oder Reflexe machen viele feine Strukturen erst interessant. Oft hilft auch Wasser um Flächen lebendiger erscheinen zu lassen.

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Rote Limo, mit Taschenlampe beleuchtet. Mehr nicht.

Wer einen Werkzeugkeller hat, sollte sich mal eine Stunde dort in Ruhe mit einer Kamera hinsetzen und sich sein Werkzeug genauer anschauen. Nicht nur Schrauben und Nägel sind bei Makroaufnahmen oft willkommene Objekte, auch ein Makro einer Zangenspitze erklärt uns schnell, warum sie nicht mehr richtig zupackt.

 

Was sollte ich bei Makrofotos beachten?

Viel Licht! Nicht das Raum- und Umgebungslicht ist entscheidend, sondern ein helles Streif- oder Effektlicht. Eine einfache Taschenlampe ist für ein wenig Dramatik oft schon perfekt. Zwei Taschenlampen können schon ein kleines Studio imitieren.

Natürlich ist das Umgebungslicht ebenso wichtig. Oft reicht es aus die Zimmerbeleuchtung anzumachen, um ein halbwegs gutes Foto hinzubekommen. Aber so eine Taschenlampe oder eine LED-Videoleuchte können enorm helfen, dem Motiv etwas Besonderes zu geben.

Leider gibt es bei diesen Konstellationen (Freihandfotografie mit Taschenlampe) oft ein Problem: Es fehlt einem die dritte Hand am Körper. Hier hilft natürlich ein Stativ.

Aber das Stativ hat auch Nachteile bei der Bildgestaltung. Das Stativ – der Name sagt es ja bereits – ist leider sehr statisch. Wenn Du das Objekt nicht vor dem Objektiv bewegen, drehen und verschieben kannst, gehen Dir viele schöne Ansichten verloren. Auf Entdeckungsreise im Kleinen sollte man deshalb vorerst Freihand gehen. Ist ein Motiv in deinen Augen toll, aber das „geknipste“ Foto ist nicht perfekt, kannst Du immer noch durch einen Stativaufbau das Foto perfektionieren oder Dir einen Freund zu Hilfe rufen.

Das zusätzliche Licht in Form einer Taschenlampe oder ähnlichen muss nicht unbedingt von oben auf das Objekt gerichtet sein. In den nächsten Beispielen habe ich die Schrauben und Nägel einfach auf ein Stück transparenten Kunststoff gelegt und von unten beleuchtet.

 

Die Bearbeitung der Makrofotos

Bei der Entwicklung der RAWs oder JPGs und bei der Weiterverarbeitung generell kann man ruhig mal richtig hart an den Reglern spielen. In der Abstraktion steckt ja das Interessante. Und ein kräftiger Kontrast oder eine Verstärkung der Farben geben dem Motiv Dynamik und visuelle Spannung.

Das Sieb einer Sprühflasche, die Zähne eines Langhaarschneider und die gefurchte Oberfläche einer Avocado. Durch den Einsatz von viel Kontrast und Farbe oder – wie bei den Zähnen des Rasierers – einer Vignettierung, kommen auch solche Motive zur Geltung.

 

Schwarzweiß/ Graustufen

Um die Abstraktion zu steigern, ist das gewählte Mittel der Farbentzug, also die Graustufenabbildung. Es muss aber nicht nur um Verstärkung einer Abstraktion gehen, ein Makro kann durch eine Graustufenumsetzung Stabilität und Gehalt bekommen. Es liegt oft an der Art des Motivs, dem vorhanden Kontrast und der Schärfe, ob es sich lohnt eine Graustufenumsetzung eines Motivs zu versuchen. Mit ein wenig Übung erkennst Du schnell was funktionieren wird und was eher nicht.

Die Aufnahme eines Monitors, das Gitter eines Küchensiebs oder die extrem flache Ansicht eines Gitarrenhalses sind nur einige Möglichkeiten mit Graustufen diesen Bildern eine eigene Note zu geben.

 

Fazit zu den Makrofotos

Technische Details haben wir ja bereits in anderen Artikeln ausgiebig beschrieben. In dieser Artikelserie geht es ja mehr um die Gestaltung von Makrofotos. Obwohl es in diesen Artikel um viel „eigenen“ Geschmack geht, wirst Du sicherlich die eine oder andere Idee und Motivation finden. Es gibt eben im Kleinen viel zu entdecken und zu fotografieren. Nicht umsonst ist die Makrofotografie so beliebt.

Und immer dran denken: Es liegt alles im Auge des Betrachters

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19 Kommentare

  1. Es ist wirklich klasse, mal wieder vor Augen geführt zu bekommen, dass oft nicht mehr dazu gehört, als „nur“ die Phantasie und eine gewisse Achtsamkeit. Danke für diesen „Wink“!!

  2. Wieder einmal ein sehr gelungener Beitrag aus der fc-Fotoschule! Gerade für Anfänger recht anschaulich erklärt. Die Anregungen sind schnell und einfach umzusetzen, vor allem, weil sie Mut machen, mit simplen Hilfsmitteln zu experimentieren. Danke und weiter so, bitte!

    Beste Grüße
    Ilona

    1. Habe mir in einem Fotokurs einen Retroring gekauft, nachdem ich tolle Motive damit fotografieren konnte, außerdem auch Nahlinsen ( 1 – 10 mm) – für Anfänger eine prima Sache ;

  3. Mit der Makro-Fotografie tun sich eine unglaubliche Viehlzahl an noch nie so fotografierten Möglichkeiten auf.
    Genau das macht sie wohl für mich auch so spannend.

  4. Beim Durchlesen des Artikels sind mir gleich zahlreiche Objekte eingefallen, die ich fotografieren könnte. Der „Tatort“ Küche ist, wie gesagt, hochspannend. Toll auch die Hinweise, dass es nicht immer einer teuren Ausrüstung bedarf, um klasse Makros zu schießen! Einfach mal die Augen auf machen und draufhalten!

    1. Hallo Leute,
      bis jetzt habe ich Photoshop dazu „missbraucht“ um Makros zu erstellen. Wenn man das Glück hat, eine hochauflösende Kamera zu besitzen, dann kann man eigentlich alles machen. An die Kamera, fertig los!

  5. Wenn kein Makro-Opjektiv vorhanden ist , kann man das normale Objektiv mit der Objektivseite an die Kamera halten . Es ist zwar einwenig schwierig , aber auch so kann man Makro-Aufnahmen erstellen . Ich habe es ausprobiert !!!

  6. Das Schöne und Interessante liegt im Detail. In der Macro-Fotografie zeigt man, wie kreativ man sein kann. Keine Experimente, kein großer technischer Aufwand. Man muss die Motive richtig erkennen. Egal ob man einen Käfer als „Monster“ darstellt, eine einfache Blume an der man vorbeigeht kann als „Wunder“ dargestellt werden. Tiere aller Art, sie können anders betrachtet Bewunderung erwirken. Mit der Macro-Fotografie hebt man sich von den „Knipsern“ deutlich ab. Hier bekommt man mit Sicherheit Lust auf mehr.

    Viel Freude damit!
    Erich

  7. Struktur-Makros zu produzieren liest sich hier ganz einfach, ja das ist es ja auch. Aber die Strukturen zu erkennen, ins richtige Licht setzen und dann das Foto richtig zu bearbeiten – das ist nicht so ganz leicht, wie es hier beschrieben wird. Und dann noch das richtige Publikum für diese so gar nicht abstrakte Fotokunst zu finden – ach ja, dafür haben wir ja unsere fc. Ich finde, dieser Artikel macht Lust auf mehr….toll.

    Beste Grüße

    Dieter

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