Das Licht beherrschen. Anders als bei der spontanen Makrofotografie in der freien Natur hast Du als Fotograf drinnen – sei es im Studio oder auf dem Schreibtisch – viel mehr Möglichkeiten zur Bildgestaltung, allen voran die Gestaltung des Aufnahmesets und die exakte Steuerung des künstlichen Lichts.
Die Lichtführung und die Kontrolle der sehr begrenzten Schärfe sind die technischen Herausforderungen in der Makrofotografie. Wenn man die Makrofotografie nach innen verlagern kann, hat man sehr viel mehr Kontrolle über das Bildergebnis. Blitz- oder LED-Licht können frei angeordnet werden, und mit der Verwendung eines Stativs beugt man Verwacklungen vor. Motivbewegungen durch den Wind sind ausgeschlossen. Zudem arbeitet der Fotograf in einer angenehmen Höhe, was draußen nicht immer möglich ist. Hat man dann noch ein geduldiges Makromotiv, können perfekte Inszenierungen entstehen.
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Mehr Infos zu den FotokursenDer Artikel stammt aus der ColorFoto 9/2019.
Zum Fressen gern
Foto: Maximilian Weinzierl
Die schwächere Gottesanbeterin wurde die Beute der stärkeren. Da an Ort und Stelle verzehrt wird und dieser Vorgang andauert, ließ sich das Insekt samt Beute vorsichtig auf ein vorbereitetes Blatt im Studio in Augenhöhe der Kamera umsetzen (seitliches Blitzlicht). Die Natur ist vermeintlich grausam, und so eindringlich vis à vis gesehen, übt dieser Vorgang eine magische Anziehungskraft auf den Betrachter aus – gruselig und faszinierend zugleich.
Aus dem Ei gepellt
Das Gelege der Marmorierten Baumwanze befand sich auf der Unterseite eines Tomatenblatts im Garten. Eine schwierige Aufnahmeposition: im Schatten, mit Blattbewegungen durch den Wind und mit körperlichen Verrenkungen verbunden. Drinnen auf dem Tisch konnte das Blatt perfekt ins Licht gerückt werden. Die kreisförmige Anordnung der frisch geschlüpften Wanzen und der Rot-Grün-Kontrast bilden den Hingucker dieser Aufnahme im Abbildungsmaßstab 2:1.
Foto: Maximilian Weinzierl
Moderne Lichtskulptur?
Was aussieht wie ein modernes Kunstwerk, ist ein simpler Western-Modular-Stecker, wie er am Telefon und Computer verwendet wird.

Foto: Maximilian Weinzierl
Mit farbigem Licht (Filterfolien), einer erweiterten Schärfentiefe (Stacking) und von einem auf gleicher Höhe liegenden Kamerastandpunkt aufgenommen, gaukelt das Bild eine größere Dimension vor. Ein Beispiel dafür, dass auch mit ganz alltäglichen Gegenständen als Motiv beeindruckende Makrobilder gestaltet werden können. Für seine Experimente mit Durchlicht oder Auflicht kann sich der Fotograf bei unbelebten Objekten zudem beliebig viel Zeit lassen und spielerisch die optimale Bildvariante finden.

Licht wie draußen – nur besser
Duftiges Licht, das an einen Sonnentag im Freien erinnert – vor allem wegen der Ausleuchtung des Hintergrunds, der hier ein wenig überbelichtet ist und überstrahlt. Das harte Seitenlicht wirkt wie direkt einfallendes Sonnenlicht. Der Lichtcharakter ist aber vollständig mit zwei Blitzgeräten nachgebaut, hyperreal und so leuchtend, wie man es in der Natur kaum vorfindet. Zudem sind Schatten und Lichter im Freien bei direktem Sonnenlicht viel schwerer – und manchmal gar nicht – in den Griff zu kriegen.

Foto: Maximilian Weinzierl
Makro-Landschaften
Wenn man Obst und Gemüse ausschnittsweise und im Abbildungsmaßstab 1:1 betrachtet, ergeben sich oft seltsame Gebilde: Muster, Strukturen, Landschaften u.v.m. Bei der Interpretation sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt. Der ungewohnt nahe Blick produziert eindrucksvolle Rätselbilder.

Foto: Maximilian Weinzierl
Hast Du es erkannt? Die obere Landschaft ist ein Wirsingblatt, der Krater in folgendem Bild ist der Nabel einer Orange.

Foto: Maximilian Weinzierl
Orgie in Rot und Pink
In ungewohntem Durchlicht und in ungewohnter Perspektive: Granatapfelkerne hintereinander geschichtet, auf weißem strukturiertem Küchenkrepp, der sich mit dem roten Saft vollgesogen hat und sich deshalb in Pink präsentiert. In der gallertartigen roten Masse der runden Gebilde schlummert etwas Geheimnisvolles. Der Granatapfel und seine Kerne gelten als Symbol für Sinnlichkeit und Erotik. Die prallen Kerne sind gezielt mit der Pinzette angeordnet, und jeder Reflex ist ausgerichtet (Dauerlicht). Ausleuchtung mit nur einem Licht von hinten, leichte Aufhellung der Schatten mittels weißer Pappe.

Foto: Maximilian Weinzierl
Autor: Maximilian Weinzierl
Lesetipp: Online-Fotokurs „Makrofotografie: Einführung“
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Tolle Beispiele! Die passende Beschäftigung für die dunklere, kalte und nasse Jahreszeit. Danke!
Sehr gute Beispiele. Ich belächle alle handyknipser, die den Makrobereich nicht kennen.