Fotografieren im Winter: So fängst Du Wintermotive gekonnt ein

Fotografieren im Winter - Wintermotive gekonnt einfangen
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Wer bei Schnee und Eiseskälte auf Motivsuche geht, kommt mit der richtigen Vorbereitung und Ausrüstung am weitesten. Aber auch aufnahmetechnisch bringt die weiße Pracht einige Herausforderungen mit sich – etwa mit Blick auf Belichtung und Weißabgleich. Tipps zum Fotografieren im Winter verraten wir Dir in diesem Artikel.

Dieser Artikel stammt aus dem ColorFoto-Magazin 01-2018.

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Fotografieren im Winter: Lichtspot in der Winterlandschaft
Spot an! – Die Sonne zeigt sich nur kurz im norwegischen Winter. Dabei steht sie immer tief über dem Horizont und erhöht so die Chance auf magisches Licht. Das Bild entstand auf den Lofoten, einer Inselgruppe vor der Küste Nordnorwegens.
Canon EOS 5D MkIII | 24 mm (TS-E) | ISO 100 | f/9 | 0,3 s | Polfilter
Foto: Rainer Mirau

Winter und Landschaft

Der Winter hat seine eigene Bildsprache.

Wenn sich Schnee wie eine weiße Decke über die Landschaft legt, bekommen Objekte in der Landschaft eine neue Bedeutung. Ein Baum, ein Zaun, eine Hütte, die auf einer Sommerwiese nur eine Randerscheinung wären, wirken im Schnee wie isoliert von ihrer Umgebung und können so eine starke grafische Wirkung erzeugen.

Objektfarben – vor allem Rottöne – wirken im weißen Umfeld intensiver als sonst. Im Gegenschluss heißt das aber auch, dass Winterlandschaften ohne strukturierende Elemente oder interessanten Vordergrund ziemlich langweilig wirken können. Erst recht gilt das an Wintertagen mit wolkenverhangenem Himmel und niedrigem Motivkontrast.

Matrixmessung nutzen

Dann sieht Schnee im Foto nicht weiß, sondern grau aus. Das Gegenrezept: Frische das Weiß durch Tonwertkorrektur im Bildbearbeitungsprogramm auf (siehe unten). Wenn sich die Sonne dauerhaft zeigt, steht sie den ganzen Tag über tiefer als im Sommer, was wiederum zu hohen Motivkontrasten führen kann. Belichte dann „auf die Lichter“. Das heißt, die Zeichnung in hellen Bildpartien soll so weit wie möglich erhalten bleiben. Verwende die Matrixmessung und korrigiere die Belichtung um eine Blende oder mehr ins Minus.

Konsultiere – wenn vorhanden – das Live-Histogramm, und aktiviere die Überbelichtungswarnung. Fotografiere im RAW-Modus und helle bei der späteren RAW-Verarbeitung die Schatten mit dem „Tiefen“-Regler auf. Zudem koannst Du mit dem „Lichter“-Regler die Detailzeichnung in hellen Bildpartien optimieren.

Übertreibe es aber nicht, sonst wirken die Lichter grau belegt.

Wintermotive fotografieren: Verschneiter Weingarten
Weingarten – Die weiße Schneedecke verleiht dem Spalier der Weinstöcke eine unerhört grafische Wirkung. Die alte Hütte schafft den nötigen Blickfang, ohne den dieses Motiv zu eintönig wäre.
Canon EOS 5D MkII | 200 mm (70-200 mm) | ISO 50 | f/11 | 1/10 s | Panorama aus zwei Bildern
Foto: Rainer Mirau
Schneelandschaften in den Bergen fotografieren
Bergwelt – In der winterlichen Bergwelt werden Hütte und Zaunpfosten zu strukturierenden Elementen, ebenso die Hell-Dunkel-Kontraste mit weichen Übergängen von Weiß in hellen Motivpartien zum Blau in den Schatten.
Sony A7R MkII | 138 mm (70-200 mm) | ISO 160 | f/10 | 1/400 s
Foto: Rainer Mirau

Wie der Schnee weiß wird

Wald und Bäume

Wann immer man als Fotograf unter Ideenmangel leidet und auch die ausgedehnte Motivsuche nicht zu vorzeigbaren Bildergebnissen führt, sollte man das „Motiv im Motiv“ thematisieren.

Zum Beispiel Bäume: Deren Erscheinungsbild wird vom Frühling bis zum Herbst durch das sich verändernde Blattwerk bestimmt. Bei Temperaturen unterhalb des Nullpunkts machen Reif, Schnee und Eis den Baumbestand fürs fotografische Auge attraktiv, oft sogar unwiderstehlich.

Eingefrorener Baum als Fotomotiv
Eisriese – Bis zum Boden hängen die schwer mit Eis überzogenen Äste der alten Trauerweide. Die Froschperspektive und eine kurze Brennweite betonen die Mächtigkeit des frostigen Baumriesen.
Canon 5D Mk III | 16 mm (16-35 mm) | ISO 100 | f/10 | 0,6 s
Foto: Rainer Mirau

Reif entsteht durch Resublimation von Wasserdampf zu Eis und zeigt sich als kristalliner, fast schneeartiger Belag. Auf Ästen und Zweigen wirkt das besonders schön, wenn – wie an kalten Herbsttagen – warme Farben im Bild sind, die sich mit dem Weiß überlagern. Reif bildet eine Art Vorstufe zum selteneren Raureif, einem festen Niederschlag mit nadelförmigen Eiskristallen bei Temperaturen unter -8 °C.

Schnee und Eis verwandeln Bäume in Fabelwesen, deren Wirkung mit der Aufnahmeperspektive variiert. Beim Fotografieren von Baumgruppen richtest Du die Kamera – wie bei Architekturaufnahmen – meistens lotrecht aus. Aufnahmen mit nach oben gekippter Kamera sind dagegen bei einzelnen Bäumen interessant, um deren Höhe und Mächtigkeit zu betonen.

Märchenwald im Winter fotografieren
Märchenwald – Raureif im Spätherbst, während noch verfärbte Blätter an den Buchen hängen, dazu etwas Nebel: Aus solchen Zutaten entsteht ein märchenhaftes Szenario, das durch leichte Überbelichtung noch duftiger wirkt.

Wer öfter im Wald fotografiert, wird feststellen, wie unberechenbar das Licht in diesem Umfeld ist. Die Sonne sucht sich ihren Weg und zeigt sich oft nur für wenige Sekunden an einer Stelle, wo man sie vielleicht nicht erwartet. Ein Beispiel dafür ist der „Blaue Wald“: Die von der Seite einfallenden Sonnenstrahlen sorgen für einen magischen Lichtmoment.

Fotografieren im Winter: Sonne und Nebel
Sonne & Nebel – An der Grenze von Nebel und Sonne entstehen einzigartige Lichtstimmungen. Besonders beeindruckt bei diesem Motiv der mystisch anmutende Lichtstrahl der tiefstehenden Sonne kurz vor deren Untergang.
Arca Swiss Rm3Di mit Phase One IQ3 100MP | 20 mm/KB | ISO 50 | f/13 | 0,5 s
Foto: Rainer Mirau

Wasser und Eis

Fließendes Wasser zu fotografieren, stellt Dich vor eine Grundsatzentscheidung: Wählst Du eine kurze Belichtungszeit, wird das nasse Element wie eingefroren dargestellt. Dagegen bildet eine lange Belichtungszeit das Wasser aufgrund von Bewegungsunschärfe mit einer schleierartigen Struktur ab, die vom Betrachter als Fließbewegung interpretiert wird.

Um eine entsprechend lange Belichtungszeit zu erzielen, ist neben Abblenden oft ein Neutralgraufilter nötig. Im Foto unten wirkt der „Fließwasserschleier“ besonders plakativ, weil seine grünliche Färbung die Monochromie der winterlichen Umgebung durchbricht. Der extrem weiche Farbverlauf im Wasser deutet zudem auf eine relativ lange Belichtungszeit hin – hier waren es 10 Sekunden.

Farbkontrast bei Wasser, Schnee und Eis
Farbkontrast – Das türkisfarbene Wasser des Gebirgsbachs bildet einen fotogenen Farbkontrast zum Weiß der Umgebung. Für weiche Übergänge im Wasser sorgt die lange Belichtungszeit.
Canon 5D MkII | 24 mm (TS-E) | ISO 100 | f/9 | 10 s | Pol-/ND-Filter
Foto: Rainer Mirau

Die Farbabstimmung mittels Weißabgleich ist gerade bei Winterbildern wichtig, weil Farbstiche im weißen Schnee besonders auffallen. Oft auch ist der Schnee in den hellen Partien des Motivs weiß, zeigt in den Schatten dagegen einen Blaustich.

Tipp: Fotografiere im RAW-Modus und produziere bei der RAW-Verarbeitung zwei Bildvarianten mit unterschiedlichem Weißabgleich, die eine mit eher kühler Darstellung (Farbtemperatur-Regler zum Beispiel auf 5000 Kelvin), die andere deutlich wärmer abgestimmt (zum Beispiel 7000 Kelvin).

Lege jetzt beide Bilder als Ebenen in Photoshop übereinander, so kannst Du durch Ändern der Deckkraft bei einer Ebene die Farbabstimmung fein dosieren. Selektive Korrekturen sind möglich, wenn Du in einer Ebene die gewünschten Partien mit dem Radiergummi freilegen.

Eiszapfen als Fotomotiv im Winter
Eisstrukturen – Interessante Details wie diese Eisstrukturen lassen sich mit einer langen Brennweite isolieren. Ein Neutraldichtefillter ermöglichte eine lange Belichtungzeit.
Canon 5D MkII | 106 mm (70-200 mm) | ISO 100 | f/14 | 15 s | Pol-/ND-Filter
Foto: Rainer Mirau
Schokgefrostete Äpfel im Winter
Schockgefrostet – Ein früher Kälteeinbruch ließ die Äpfel noch am Baum einfrieren. Die Naheinstellgrenze des Telezooms voll ausnützend kann man solche Details in Szene setzen.
Canon 5D MkIII | 200 mm (70-200 mm) | ISO 100 | f/6,3 | 1/50 s
Foto: Rainer Mirau

Kamera und Kälte

Bei klirrender Kälte auf Fotopirsch? Denke daran, dass unterkühlte Akkus schneller schlapp machen als warme. Also mindestens einen voll geladenen Ersatzakku mitnehmen und am Körper warmhalten – um Beispiel in der Hosentasche, eventuell zusammen mit Wärmepads. Die Kameraausrüstung nicht unnötig in der Kälte lassen, um Beispiel über Nacht im Auto, das im Freien parkt. Und wenn die Kamera beim Fotografieren stark abkühlt: Nicht abrupt ins Warme wechseln, sonst könnte Kondenswasser ins Innere des Kameragehäuses gelangen.

Besser: Die Kamera noch im Freien in einen verschließbaren Plastikbeutel stecken und erst nach dem Akklimatisieren im Zimmer herausnehmen.

Kamera und Kälte: So schützt Du Deine Ausrütung

Weitere Tipps findest Du in diesen Artikeln:

Kommentar von Karl Stechl

Ich gebe es ja zu: Es macht mehr Spaß, mit der Kamera zwischen Palmen und türkisblauem Wasser bei 30° C unterwegs zu sein als in Winterlandschaften bei Minusgraden. Wer will schon gerne mit klammen Fingern Objektive wechseln oder mit dem Stativ hantieren, während man dem Akku förmlich dabei zusehen kann, wie er vor der Kälte kapituliert? Es braucht Überwindung, aber es lohnt sich, denn Schnee und Eis zaubern unvergleichliche Motive – in großen Landschaften ebenso wie in kleinen Details

Licht und Schatten

Jeder Fotograf kennt diese magischen Momente, wenn das Licht die Umgebung verzaubert und man den Atem anhält. Man kann solche Momente erleben, wenn der Tag in die blaue Stunde übergeht und das bläulich kalte Umgebungslicht in einem schönen Komplementärfarbenkontrast zu künstlichen Lichtquellen steht. Oder wenn sich Sonnenstrahlen den Weg durch die Äste eines Winterwalds bahnen und Schneekristalle zum Glitzern bringen.

Es lohnt sich immer wieder, Tageslicht nicht einfach als etwas Gegebenes zu betrachten, sondern seine verschiedenen Erscheinungsformen zu studieren:

  • Wie verändert sich das Licht mit dem Sonnenstand?
  • Ist das Licht gerichtet oder diffus?
  • Wie ist seine Farbtemperatur, und wie wirkt sich das auf die Gesamtstimmung des Fotos aus?

Während diffuses Licht bei Herbstmotiven mit buntem Laub zu reizvollen Bildern führt, brauchen die meisten Wintermotive direktes Licht, um zu wirken:

Seiten- und Gegenlicht arbeitet Oberflächenstrukturen heraus, das gilt für Häuserfassaden ebenso wie für Schneeflächen. Zudem ist weißer Schnee wie eine Projektionsfläche für Licht unterschiedlicher Farbtemperatur: Wirklich weiß ist Schnee nur bei direktem Licht mit Tageslichtcharakter (um 5500 Kelvin); in den Schatten wirkt er oft wie mit blauer Tinte eingefärbt. Beim Licht der auf- oder untergehenden Sonne nimmt die weiße Pracht eine rötlich-gelbe Färbung an, die man nicht mittels Weißabgleich bei der Aufnahme oder durch gegenläufige Farbkorrektur bei der Bildbearbeitung eliminieren sollte – sonst wäre die Stimmung futsch.

Im Gegenlicht fotografieren
Gegenlicht – Die Sonne steht im Gegenlicht, ist aber zum Teil durch den Baumstamm verdeckt, wodurch sich der Motivkontrast besser beherrschen lässt. Der Vordergrund mit den Bäumen wird durch das starke Weitwinkel betont.
Sony A7R Mk II | 16 mm (16-35 mm) | ISO 100 | f/11| 1/100 s
Foto: Rainer Mirau

Lichtspiele im Schnee

Wie stark Licht eine Winterlandschaft binnen kurzem verändern kann, zeigt die folgende Bildserie

Kommentar von Rainer Mirau

Gerne kehre ich immer wieder an landschaftlich interessante Orte zurück, denn nie ist das Licht gleich. Neben der Tageszeit bestimmt auch die Jahreszeit die Qualität des Lichts. Im Winter steigt die Sonne nicht so hoch wie im Sommer, was trotz kürzerer Tage zu mehr fotografisch ergiebigen Stunden pro Tag führt. Prinzipiell sollte man als Landschaftsfotograf dem Licht folgen, statt den vergeblichen Versuch zu unternehmen, das Licht zu kontrollieren. Man kommt dann zwar oft mit anderen Bildern nach Hause als den zunächst geplanten, aber seltener ganz ohne gute Bilder.

Fazit

Ja, es lohnt sich auch bei Minusgraden das Haus zu verlassen und mit der Kamera auf Streifzug zu gehen. In diesem Beitrag hast Du erfahren wie Du Wintermotive gekonnt in Szene setzt und worauf du bei der Belichtung achten solltest.

Autor: Karl Stechl

Weitere Tipps für die Fotopraxis, Tests der aktuellen Kameramodelle und alle Neuheiten und Trends in der Fotobranche erhältst Du im monatlichen ColorFoto-Magazin.

Du hast keinen Schnee „griffbereit“? Kein Problem in diesem Artikel dreht sich alles um Wintermotive ganz ohne Eis und Schnee.

16 Kommentare

  1. Guter Artikel mit hilfreichen Hinweisen und sehr schönen Bilder.
    Mich würde interessieren mit welcher Einstellung die 4 Landschaftsbilder gemacht wurden und war die Kameraeinstellung immer die gleiche?
    Vielen Dank.

  2. Gut verständliche und praxistaugliche Lektion mit tollen Bildern.
    Allerdings würde ich den „Eisriesen“ eher für eine Hängebirke halten.

  3. Vielen Dank für den tollen Artikel und die imposanten Bilder. Auch der praktische Tip (Wechsel der Kamera von Kalt in Warm) hat mir sehr imponiert.
    Gruss Norbert

  4. Tolle Bilder von Rainer Mirau. Aber wie die Fotos von der untegehenden Sonne im Gasteinertal zeigen, muß man nicht nur der Kälte trotzen, sondern auch noch einige Höhenmeter zurücklegen um solche schöne Aufnahmen zu machen. Wenn da nur nicht immer der innere Schweinehund wäre…

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