Die Wirkung der Belichtungsmessmethoden im Vergleich: Grundlagen

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Im bisherigen Verlauf der Fotoschule haben wir uns mit der Belichtungsmessung bisher relativ wenig auseinandergesetzt. Es gibt einige grundlegende Artikel, aber wir sind dabei noch nie wirklich ins Detail gegangen.
Oft liest man, dass es heutzutage ja kein Problem sei, fehlerhafte Belichtungen durch eine spätere Bearbeitung des RAW-Fotos am PC auszugleichen. Anders als unbeabsichtigte Unschärfe, die sich später kaum reparieren lässt, trifft diese Aussage grundsätzlich erst einmal zu. Es gibt dabei aber auch Grenzen.

Kann man Fehlbelichtungen retten?

Eine Fehlbelichtung lässt sich nicht unbegrenzt über das RAW reparieren. Insbesondere bei Motiven mit sehr hohem Kontrastumfang passiert es schnell, dass in den Tiefen oder den Lichtern keine Zeichnung mehr vorhanden ist.
Wo keine Zeichnung vorhanden ist, kann auch das RAW nichts mehr retten.
Natürlich kommt es immer darauf an, wie wichtig die Tiefen oder die Lichter für das Motiv sind. Niemand wird auf einem Foto vom Sonnenaufgang oder -untergang erwarten, dass in der Sonne noch die Sonnenflecken zu erkennen sind und bei Gebäuden, die Teil eines Motivs sind, muss ich nicht in jedem geöffneten Fenster die Details des Raumes dahinter fein auflösen können. Insofern ist das „Ausfressen“ der Lichter oder das „Absaufen“ der Schatten oft völlig unproblematisch.

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Weicht das Bild von der Norm ab (Schneelandschaften gehören dazu), reicht die automatische Belichtungsmessung nicht aus. Um eine korrekte Belichtung zu erzielen, musst Du manuell eingreifen. Es ist von Vorteil, wenn Du dann die Zusammenhänge kennst.

Im Sinne einer späteren Optimierung eines Fotos, einer Bearbeitung der Farbstimmung oder der Kreation eines besonderen „Looks“ solltest Du trotzdem darauf achten, dass das Ausgangsfoto möglichst optimal belichtet ist.
Es gilt: Je besser das Ausgangsmaterial, desto mehr Reserven hast Du, um gegebenenfalls später auch extreme Bearbeitungen durchzuführen.
Die Kamera stellt Dir dafür eine Reihe von Hilfsmitteln zur Verfügung. Mit diesen Hilfsmitteln wollen wir uns im Folgenden näher beschäftigen.

Grundlagen der Belichtungsmessung

Nahezu jede der heutigen Kameras stellt Dir eine oder mehrere Funktionen zur Belichtungsmessung zur Verfügung. Dabei wird das vom Motiv reflektierte Licht in irgendeiner Form von einem Sensor gesammelt und ausgewertet. Dieser Sensor kann der Bildsensor der Kamera sein, aber auch ein spezieller Sensor für die Belichtungsmessung (auch AE-Sensor genannt. AE = Auto Exposure). Diese am häufigsten durchgeführte Messform wird auch „Objektmessung“ genannt. Dabei wird das vom Objekt (Motiv) reflektierte Licht gemessen.

Viele Digitalkameras haben eigene spezielle Sensoren zur Belichtungsmessung.

Je nach Beschaffenheit der Oberfläche und auch der Farbe des Objektes kann es trotz konstanten Lichtverhältnissen zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Auch die Messmethode nimmt dabei entscheidenden Einfluss auf das Messergebnis.
Es gibt noch eine andere Messmethode, die ein wenig in „Vergessenheit“ geraten ist. Einerseits, weil sie aufwendiger ist und vor allem, weil sie auch nicht immer anwendbar ist. Sie ist in den Fällen ungeeignet, wenn einem das Motiv (zum Beispiel ein Reh in freier Wildbahn oder ein fahrendes Auto) nicht die Möglichkeit bietet, dessen Helligkeit in Ruhe auszumessen. Wir sprechen in diesem Fall von der „Lichtmessung“. Bei dieser Art der Messung wird das auf das Objekt einfallende Licht am Objekt gemessen.

Die Lichtmessung

Da bei dieser Messform nur das einfallende und nicht das reflektierte Licht gemessen wird, bleiben die Messwerte bei konstanten Lichtverhältnissen auch konstant. Sie werden von der Struktur und Farbe des Objektes nicht beeinflusst.
Da diese Konstante als Messwert eine schöne Referenz für den Vergleich der verschiedenen Messmethoden ist, möchten wir Dir diese Methode vorstellen und zeigen, wie sie funktioniert. Nebenbei: Die Lichtmessung eignet sich ganz ausgezeichnet für alle Fotografen, die gerne den manuellen Modus der Kamera verwenden, um eine möglichst exakte Kontrolle über die Ergebnisse zu erhalten.
Für die Lichtmessung benötigst Du einen geeigneten externen Belichtungsmesser. Im nachfolgenden Foto siehst Du, wie so ein Belichtungsmesser aussieht.

Ein externer Belichtungsmesser. Oben links siehst Du die Kalotte, die für die Lichtmessung benötigt wird.

So ein „Lichtmesser“ hat einige Bedienknöpfe, mit denen Du zum Beispiel Blende, Zeit und/oder ISO vorgibst. Je nachdem, welche der genannten Größen Du konstant halten möchtest. Über den Bedienknöpfen findest Du eine Anzeige, auf der Du die Messwerte ablesen kannst. Ganz oben siehst Du eine weiße Halbkugel, Kalotte genannt. Diese Kalotte ist matt und transparent und sorgt so für eine Art Mittelwert des einfallenden Lichts, der dann von dem dahinter befindlichen Belichtungsmesser ausgewertet wird.
Als Referenzwert wird eine Graukarte angesetzt, die einen mittleren Helligkeitswert aufweist. Der „Lichtmesser“ ermittelt so die Belichtungswerte, die erforderlich sind, um so eine Graukarte bei dem vorhandenen Licht korrekt zu belichten.

Solche Graukarten bilden die Referenz für die Belichtungsmessung

Der Mittelwert als Referenz

Um die Bedeutung des Mittelwerts zu verdeutlichen, siehst Du nachfolgend insgesamt drei sehr unterschiedliche Fotos und dazu das jeweilige Histogramm. Jedes dieser Fotos ist korrekt belichtet. Jeweils darunter zeige ich Dir das gemittelte Foto (rein auf die Helligkeit bezogen) und wieder das dazu gehörige Histogramm, das sich in diesem Fall auf einen reinen Strich beschränkt, da nur noch ein Tonwert vorhanden ist.

Beispiel 1

Dieses Motiv erfüllt die „Norm“ für die Belichtungsmessung.

Beispiel 2

Dieses Motiv weicht von dem Referenzwert nach oben ab. Ohne Belichtungskorrektur würde es unterbelichtet.

Beispiel 3

Motiv dunkel

Wie Du sicher schnell erkannt hast, weichen diese gemittelten Werte zum Teil deutlich von dem Referenzwert der Graukarte (mittleres Grau) ab.

Erstes Fazit

Damit hast Du dann auch die Krux erkannt. Um eine konstante und vernünftige Belichtungsmessung durchzuführen, braucht die Kamera eine Referenz (Vergleichswert), der aber oft in der Form gar nicht vorhanden ist. Weicht Dein Motiv zu sehr von dem Referenzwert ab, dann kommt es ohne Dein Eingreifen zu Fehlbelichtungen. Dein Eingreifen besteht im Grunde aus zwei Möglichkeiten:
1. Durch Vorgabe eines Korrekturwertes (Belichtungskorrektur)
2. Durch die richtige Wahl der Messmethode zur Belichtungsmessung.
Genau mit diesem Thema wollen wir uns im zweiten Teil dieses Artikels beschäftigen.

12 Kommentare

  1. Zwei Hinweise:
    1. Zitat „Für die Lichtmessung benötigst Du einen geeigneten externen Belichtungsmesser.“ Nicht immer, und zwar dann nicht, wenn die Kamera über eine Spotmessung der Belichtung verfügt.
    2. Man muss wissen, welchen Kontrastumfang die Kamera überhaupt abbilden kann. Hiervon hängt auch ab, in wie weit man Belichtungsfehler bei der RAW-Bearbeitung verlustfrei (bzw. verlustarm) korrigieren kann.
    beste Grüße
    Manfred

    1. Hallo Manfred,
      vielen Dank für den ergänzenden Beitrag, den ich trotzdem korrigieren möchte:
      Spotmessung ersetzt keineswegs die Lichtmessung, denn auch die Spotmessung kann nur das vom Objekt reflektierte Licht messen. Eine matte schwarze Oberfläche wird also bei einer Spotmessung ein anderes Ergebnis liefern, als die Spotmessung auf eine spiegelnde weiße Oberfläche.
      Eine Lichtmessung dagegen liefert immer dasselbe Ergebnis, unabhängig von der Beschaffenheit des Motivs dahinter.

      1. Hallo Martin,
        Danke für Deine Richtigstellung – ich habe mich falsch ausgedrückt – aber vielleicht hab ich da auch was grundsätzlich missverstanden.
        Ich hätte sagen müssen „…wenn die Kamera über verschiedene Messmethoden der Belichtung, insbesondere über Integralmessung, verfügt.“
        Liefert die integrale Belichtungsmessung einer Kamera nicht das Gleiche wie ein Lichtmesser ?

        1. Moin,
          nein, die Integralmessung misst auch nur reflektiertes Licht, ist also weiter eine Objektmessung. Die Integralmessung ist vergleichbar mit der Mehrfeldmessung, wenn das mittlere AF-Feld angewählt wurde. Sie setzt den Belichtungsschwerpunkt auf die Bildmitte (in der Annahme, dass da das Motiv ist) bezieht aber die Umgebung mit ein. Die Inteegralmessung war/ist die älteste „intelligente“ Messmethode, die Schwerpunkte setzt.

  2. Hiermit möchte ich mich einmal herzlich bedanken, für die super guten Ideen undThemen aus der Fotografie. Gruß aus dem Sauerland. Brigitte

  3. Ich bin gespannt !
    Das Thema Objekt- bzw. Lichtmessung gehört zum Basiswissen eines jeden Fotografen. Leider knipsen die meisten mit einen blinden Vertrauen in die Technik. Ich benutze einen zusätzlichen Belichtungsmesser und meine Augen …

  4. Vielen Dank für diesen Artikel.
    Es gab schon viele gute, einige wenige (für mich) nicht ganz so gute.
    Aber dieser hier gefällt mir besonders gut!
    Weiter so und
    Glückauf aus dem Ruhrgebiet.
    Axel

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