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In diesem Artikel geht es um generelle Bildoptimierungen oder – je nach Sichtweise – für manche Leser auch nur um Bildveränderungen. Für das heutige Beispiel habe ich mir einen Baum mit vielen Krähen in der Krone ausgesucht, den ich zu einer Graustufenumsetzung optimieren möchte und Dir die dazu nötigen Schritte zeigen will.
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Ich zeige Dir, wie Du mit einfachen Mitteln das aufgrund suboptimaler Aufnahmebedingungen eher schlechte Ausgangsbild zu einem märchenhaft anmutenden Poster aufpeppen kannst. Dazu nutze ich nur dezent einfache Techniken der Bildbearbeitung und Bildoptimierung. Alle Werkzeuge, die ich verwende, solltest Du in jeder gängigen Bildbearbeitungssoftware finden.
RAWTherapee
In den bisherigen Artikeln habe ich zur Bearbeitung meist ACR (Adobe Camera RAW) genutzt, das Du als eigenständiges Programm unter anderem eingebettet in Adobe Lightroom oder Photoshop findest. Diesmal schaue ich selbst über den Tellerrand und nutze das Open-Source-Programm „RawTherapee“. Du kannst Dir dieses Programm kostenfrei für viele Betriebssysteme herunterladen.
Dieses Programm ist extrem umfangreich, nicht ganz einfach zu verstehen und benötigt einige Zeit der Einarbeitung. Daher erkläre ich die Benutzung des Programms in diesem Artikel nur in Ansätzen, was aber für die hier gestellte Aufgabe völlig ausreichend ist. Ich selbst benötige noch mehr Zeit zur Einarbeitung, um Dir das Programm vollständig näher zu bringen. Es lohnt sich aber, denn es gibt viele Optionen, die es zu erkunden gilt und die Du nach und nach hier erfahren wirst.
Vision/Wunschbearbeitung
Ziel dieser Bearbeitung ist es, das flaue und schiefe Ausgangsbild in ein dem Stil von „Hollywood“ anmutendes Filmposter zu verwandeln. Natürlich erreicht man dieses Zielszenario am besten durch eine knackige Graustufenumwandlung. Diese Umwandlung darf ruhig extrem kontraststark, fast schon schwarzweiß, wirken. Zusätzlich muss ich den zentralen Baum herausarbeiten und von den anderen Bildelementen trennen. Er soll zentral und gänzlich solitär stehen.
Ausgangssituation
Nachfolgend zeige ich Dir anhand der Markierungen und Nummern stichwortartig, wo die „Probleme“ zu finden sind und fasse sie unter dem Foto in einer kurzen Liste zusammen.
- Helligkeit zu gering
- Vögel könnten stärker hervorstehen
- Seitliche Bildteile entfernen
- Horizont ist schief
- Details nicht zu erkennen
- Müll
Bearbeitungen
Ich habe die von dem Programm angebotene Reihenfolge der RAW-Entwicklung genutzt und allerlei ausprobiert. Da ich in der Bedienung dieser Software noch nicht routiniert bin, musste ich öfter hin- und herspringen. Diese Arbeitsweise werde ich wohl noch einige Zeit beibehalten müssen, da eine Einstellung oft die Anpassung einer vorherigen bedingt, insofern lass Dich nicht entmutigen, wenn es Dir am Anfang ähnlich geht.
Ich mag das Spiel mit solchen Mechanismen und Du solltest es auch eher spielerisch und neugierig angehen. Ich wiederhole mich sehr gerne mit diesem wichtigen Grundsatz bei der Bearbeitung von Bildern in einer Software zur RAW-Konvertierung:
Du kannst alles ausprobieren. Das Ausgangsbild bleibt immer unverändert erhalten.
Ob das Ausgangsformat ein JPEG oder ein RAW ist, spielt bei allen/vielen RAW-Konvertern keine Rolle. Die angebotenen Bearbeitungswerkzeuge funktionieren bei allen Dateiarten – nur machen sie erst bei echten RAW-Daten richtig Sinn, da nur sie die maximal mögliche Menge an Daten enthalten.
Die Basiseinstellungen
Anhand der nachfolgenden Screenshots kannst Du die ersten Bearbeitungsschritte nachvollziehen und deren Wirkung beurteilen.
Im Grunde verstärke ich durch die sich selbsterklärenden Schieberegler die Helligkeit und hole mehr Zeichnung aus dem unterbelichteten Foto. Diesen Schritt benötige ich später, um die Optimierung des Graustufenverlaufs besser manuell anpassen zu können.
Graustufenverlauf optimieren
Zuerst wieder die Screenshots passend zu den einzelnen Schritten:
Ich habe für diesen Artikel nur die Sättigung auf null gesetzt. Es gibt eine große Sektion in RawTherapee extra für diesen Punkt, die eine sehr feine Bearbeitung zulässt. Für mein Bildziel reicht diese eher simple Bearbeitungsmethode.
Das Tone Mapping ist eher ein Bearbeitungsverfahren für die HDR-Entwicklung. Aber auch für einfachere Aufgaben kann man sich den Effekt zunutze machen. Ich habe für die Einstellung viel Zeit benötigt. Dabei war weniger die Komplexität des Werkzeugs das Problem, als vielmehr mein in diesem Punkt sehr wankelmütiger Geschmack.
Finde Deinen Weg
Falls Du Dir auch unsicher bist – freue Dich! Dann hast Du einen wichtigen Punkt schon verinnerlicht. Es gibt nicht den einen Wert, die eine Einstellung oder die eine Bildwirkung, an denen Du dich abarbeiten solltest. Lass Dich durch Deinen eigenen Weg, Deine persönliche Arbeit am Bild und Deine Neugier Neues zu versuchen, inspirieren.
Als Beispiel gebe ich Dir einen kleinen Einblick in einen Punkt, der sich bei mir nach Jahren erst so richtig ergeben hat. Ich habe früher Bilder, die ich komplett bearbeitet hatte, extra in einen Ordner mit dem Namen „Fertige Bilder“ gespeichert. Diesen Ordner habe ich über Jahre befüllt und immer wieder erwischte ich mich, dass ich dort bei älteren „fertigen“ Bildern Korrekturen vorgenommen oder sogar einige Bilder gelöscht habe mit dem Gedanken: „Was habe ich mir denn dabei gedacht?“.
Seit dieser Erkenntnis habe ich diesen Ordner in „Bearbeitete Bilder“ umbenannt, da ich mir sicher bin, dass ich dort auch in Zukunft wieder einige Details editieren werde. Ganz so, wie ich meine Bildwahrnehmung und meinen Geschmack ändere. Ich finde es immer wieder interessant, diese damaligen Bearbeitungen zu sichten und mich oft über mich selbst zu wundern, was ich da wohl für eine Bildidee im Sinn hatte.
Randbearbeitung
Gemeint sind die Bildränder, wie dir die Screenshots zeigen:
In diesem Schritt reduziere ich die Bedeutung der Randelemente. Dazu nutze ich im Grunde eine umgekehrte Funktion zur Korrektur der Vignettierung. Meist will man die Vignette ja eher beseitigen, in meinem Fall lag die Aufgabe genau umgekehrt, durch die Erhöhung der Helligkeit des Randes habe ich „meinen“ Baum schon um ein ordentliches Maß hervorheben können.
Der Verlaufsfilter ist im Grunde die lineare Version der Vignettenfunktion. Ich habe dadurch das Zentrum des Bildes noch stärker betont.
Die L*A*B-Bearbeitung ist eine erweiterte Basisbearbeitung, losgelöst von herkömmlichen RGB Werten. Durch eine andere Mathematik gegenüber dem normalen RGB-Mechanismus werden Farben anders getrennt. Du kannst dadurch bestimmte Aufgaben anders und manchmal besser angehen. Auch ohne die Funktion nun im Detail zu verstehen, mit ein wenig Neugier und Spieltrieb wirst Du eine Verwendung finden.
Ich habe entdeckt, dass bestimmte Einstellungen dem Motiv eine winterliche (kühle) Stimmung hinzufügen. Diesen Effekt habe ich dann weiterverfolgt und fast eine verschneite und frostige Anmutung hinbekommen.
Bevor Du fragst: die LAB-Bearbeitung ist eine fundamental wichtige Technik. Ich werde Dir dieses Thema in einem kommenden Beitrag näherbringen.
Details
Diese arbeite ich wieder in drei Schritten heraus:
Die softwarebasierte Nachschärfung eines ansonsten bereits scharfen Fotos dient jetzt nur noch der Trennung vom Hintergrund zu den Ästen. Zusätzlich bietet die Software noch ein weiteres Werkzeug an, um Kanten stärker aussehen zu lassen, also den Kontrast in diesen Bereichen zu erhöhen.
Der Detailkontrast ist schlussendlich das Mittel der Wahl, um die gewünschte Härtung des Motivs zu erzielen.
Vergrößerung während der Bearbeitung
Um bessere Kontrolle bei dieser Bearbeitungsstufe zu erhalten, habe ich in die Bildansicht vergrößert. Häufig wird empfohlen im 1:1 Modus zu arbeiten. Aber diese Aussage hat mich schon seit den Anfangstagen der Bildbearbeitung genervt, denn mir stellte sich immer die folgende Frage: 1:1 von was?
Soll 1:1 bedeuten, dass ich jeden Pixel des Fotos auf einen Pixel des Monitors darstelle? Dies geht gar nicht, den ein Monitorpixel besteht aus drei Pixel in Rot, Grün und Blau. Oder soll 1:1 bedeuten, dass ich die DPI berücksichtige? DPI ist ein Ausgabeverhältnis für Drucker. Und Drucker haben keine Pixel und moderne Drucker haben noch nicht mal ein Raster.
Ergo lasse Dich von diesem häufig genannten Tipp nicht verwirren. Auch wenn alle Programme meist eine 1:1 Funktion anbieten (basierend auf die eingebettete DPI-Angabe) ist sie nicht wirklich wichtig. Zoome so nah ran, dass Du ungefähr soviel siehst, wie es die Funktion hergibt. Bei der Schärfung habe ich 100% genutzt (auch dieser Wert basiert auf DPI und ist nur zufällig genau 100%). Bei den anderen Funktionen habe ich sogar noch näher herangezoomt (300%).
Beschnitt
Der Beschnitt besteht nur aus zwei Bearbeitungsschritten:
Wie Du sicher bemerkt hast, macht die Reihenfolge keinen Sinn. Da ich aber das Programm noch nicht kenne, habe ich die Reihenfolge der Programmierer eingehalten. Bei der nächsten Bearbeitung werde ich die Ausrichtung und den Beschnitt sogar schon ganz an den Anfang der Bearbeitung setzen.
Fertigstellung
Ich habe das Foto nach den einzelnen Bearbeitungsschritten als Tiff in 16bit exportiert. Natürlich habe ich es mir nicht nehmen lassen und ein wenig mehr mit dem Motiv gespielt. Hier das Ergebnis:
Fazit
Du solltest mit diesem Artikel einen Einblick in die Bearbeitung eines RAW-Fotos mit RawTherapee bekommen haben, auch wenn die Software hier noch nicht speziell erklärt worden ist. Wenn Du dieser Artikelserie weiter folgst, wirst Du erkennen, dass sich die Programme zwar unterscheiden, aber Du recht schnell einfache Einstellungen, wie zum Beispiel die nachträgliche Belichtungskorrektur, in jeder Software nutzen kannst. Die Details von hochspezialisierten Softwarepaketen lernst Du sowieso nur durch dauerhafte Nutzung wirklich kennen.
Ausblick
Vielleicht habe ich Dir ja ein wenig aufzeigen können, wie „einfach“ solche extrem wirkenden Einstellungen zu erzielen sind. Aber nicht nur die brachialen Änderungen sind von Belang, auch die eher kleinen und nur im Detail wirkende Einstellungen müssen erlernt werden.
Genau hierzu wird es bald einige Bildoptimierungsanleitungen in dieser Fotoschule für Dich geben. Vielleicht nutze ich hierzu eine weitere, mir heute noch unbekannte Software. Lass Dich überraschen.
Auch ich finde diesen Beitrag ausgezeichnet. Imponiert hat mir auch, dass Du deine Unerfahrenheit mit dem Programm und deine Art, damit umzugehen mit geschildert hast.
Eines habe ich aber noch zu bemängeln, was aber an der Unzulänglichen Auflösung von meiner Monitor-Auge- Kombination liegen kann: Die Beispielfotos (Screenshots) sind etwas zu schwach diesbezüglich, sodass ich Schwierigkeiten habe, die Einstellungen und die Bezeichnungen/Funktion der entsprechenden Regler zu entziffern selbst in der vergrößerten Darstellung.
Ach ja, noch was fällt mir da ein: Es wäre vielleicht für unerfahrene Nutzer des Programms auch nicht unwichtig, die jeweiligen Neutraleinstellungen/Grundeinstellungen der veränderten Reglern zu zeigen oder nennen, da die ja unterschiedlich ist (mal 0, mal 100, mal 50).
Es muß nicht immer Kaviar (Photoshop & Co.) sein.
Beieindruckend dargestellt und damit natürlich ermutigend für alle, die das finanzielle Understatement schätzen und lieben.
Denn: Nicht das Kapital bestimmt die Klasse eines Fotos, sondern die Kreativität der grauen Zellen.
Hallo Norbert,
großartiger Artikel und klare Darstellung dessen was du wolltest und wie du es erreicht hast. RawTherapee ist ein sehr leistungsstarkes Programm aber das ACR von Adobe hat sich bei mir in 100% der Fälle als ausreichend herausgestellt und das Programm ist nicht so einfach zu bedienen; es bedarf der intensiven Einarbeitung.
Dein Endergebnis überzeugt aber ich hätte mir gewünscht, dass du noch eine perspektivische Entzerrung vorgenommen hättest, damit die seitlichen Bäume nicht alle schräg stehen.
LG Jörg
Ganz ehrlich, es ist mir erst nach Fertigstellung aufgefallen.
Franz
Als Anleitung zur Bildbearbeitung gut gemacht. Mein Ehrgeiz beim Fotografieren ist eher, das Ausgangsbild schon möglichst nahe am gewünschten Endprodukt zu haben. Drei der sechs aufgezeigten Aspekte (Belichtung, Horizont, Ausschnitt) hätte man vor Ort bereits deutlich besser machen können.
Ich hatte gar nichts vor beim Knipsen. Erst bei der Sichtung dachte ich mir, ein gutes Beispielbild gefunden zu haben. Hätte ich geplant fotografiert, und das sogar in Hinsicht auf ein gewünschtes Ziel hättest Du natürlich recht. Wie du siehst, manchmal liegt man mit einer Ausgangsannahme falsch und extrapoliert daraufhin den Rest. Geschieht mir auch, aber immer seltener.
Ich bin von dem Resultat dieser Arbeit begeistert.
Total super gestaltet. Das werde ich auch versuchen.
Danke.
Lieben Gruss,
Cécile
Ein ganz toller Artikel und so methodisch und super angeboten. Vielen Dank für die ganze Mühe!
Wirklich toll, danke sehr für deine Mühe aus einem solch eher langweiligen Motiv diese düstere Atmosphäre zu zaubern. Auch ich in ein Freund von open source Software, daher arbeite ich überwiegend mit Darktable unter einem debian. Zudem zeigt dieses Beispiel, dass man vielleicht doch nicht alle Fotos welchen einem nicht gefallen sofort aussortieren sollte.
BR Jens
Hallo Jens
Ich habe noch mit einer früheren Version von RawTherapee gearbeitet, als es Darktable noch nicht als brauchbare Version (zumindest für meinen Rechner) gab und habe jetzt beide Programme, denn ich habe vor einiger Zeit mitbekommen, wie sich RawTherapee entwickelt hat und bin sehr angetan.
Ich finde, beide Programme sind dem Lightroom von Adobe inzwischen ebenbürtig- einige Dinge sind nicht ganz so gut (hauptsächlich markenspezifische Korrekturen), ander dagegen sogar besser gelöst.
Ich bin sehr beeindruckt über dieses Resultat. Wenn man das Ausgangsfoto betrachtet, würde man niemals so ein grossartiges Ergebnis erwarten. Kompliment.!
Lieben Gruss,
Cécile
Toll, dass auch mal Alternativen zu Lightroom und Photoshop gezeigt werden. Beides sind sicherlich sehr gute Programme aber auch mit Open Source-Software wie eben RAW-Therapee, Gimp usw. lassen sich sehenswerte Ergebnisse erzielen. Gerade für Hobbyfotografen lässt sich damit doch der ein oder andere Euro, im eh schon kostenintensiven Hobby einsparen.
Da kann ich nur zustimmen. Ich selbst arbeite seit Jahren mit GIMP und dem MAGIX- Fotodesigner 7. Ein inzwischen schon ziemlich olles Programm, aber mit viel mehr Möglichkeiten als die diversen Nachfolger. Und über GIMP….., hieße Eulen nach Athen zu jagen/tragen. Die anderen hochgelobten Programme waren mir schlicht – letztlich immer als Katze im Sack – zu preisintensiv.
Das Ergebnis, also das fertige Foto, ist echt beeindruckend. Hätte nicht gedacht, dass man aus so einem langweiligen Baum so ein tolles Poster zaubern kann. Respekt!
LG Jana
Ich besitze Adobe CC 2015 und weil ich dort releativ oft an die Grenzen der Bearbeitung von RAW stosse, habe ich mir schon vor einiger Zeit RAW Therapee herunter geladen und nutze es sehr intensiv. Man glaubt gar nicht welche vielen Möglichkeiten da noch drine stecken. Aber danke für den anregenden Bericht. Übrigens für alle die es als wichtig ansehen Therapee gibt auch eingedeutscht.
danke sehr gut, ich bin gerade dabei, die Art der Bearbeitung zu üben. So kam mir dieser gute Beitrag wie gerufen.
Freundliche Grüße
Brigitte