Regelmäßig sich wiederholende Formen oder Anordnungen von ähnlichen oder gleichen Objekten wecken unsere Aufmerksamkeit, und zwar zunächst unabhängig vom Inhalt. Muster und Strukturen, die wir fotografieren, nehmen den Betrachter eigenartig gefangen – oder geben, losgelöst vom visuellen Sinnzusammenhang, Rätsel auf.
Dieser Artikel stammt aus der ColorFoto 07-08/2022
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Mehr Infos zu den FotokursenMuster in verschiedenen Umgebungen fotografieren
Überall, in der Stadt, draußen in der Natur, bei der Sachfotografie oder im Makrobereich gibt es fotogene Muster- und Strukturenmotive (außer in den als glatt wahrgenommenen Flächen; diese haben freilich auch Strukturen, nur können wir sie mit unserem Auge nicht wahrnehmen). In der Wiederholung derselben oder von ähnlichen Elementen, die streng gleichförmig oder chaotisch verteilt sein können, erkennen wir Muster und Strukturen. Im Prinzip gibt es zu diesem Thema unendlich viele Motivideen überall um uns herum, Du musst sie nur entdecken und aus der Umgebung extrahieren, sprich einen Bildausschnitt festlegen, der das Thema konzentriert. Neben gefundenen Motiven kannst Du auch Muster- und Strukturenmotive als Stillleben selber kreieren. Nimm identische Elemente, das können auch ganz banale Alltagsgegenstände sein, und ordne diese kreativ an. Damit lassen sich künstlerisch abstrakte Bilder gestalten, die aufgrund ihrer Formen wirken. Der Betrachter darf ruhig rätseln, was da eigentlich abgebildet ist.
Überdimensional vergrößert, etwa als Leinwanddruck, ergeben die Bilder einen tollen Blickfang an der heimischen Wand. Muster und Strukturen sind beschauliche Fotomotive, bei denen der Fotograf/die Fotografin sich in der Regel Zeit lassen und experimentieren, spielen kann, bis es zum Fotografieren kommt. Manchmal entwickelt sich aber auch eine gesteigerte Passion für diese Art der Fotografie, und wenn man sich erstmal in das Thema vertieft, sieht man irgendwann überall nur noch Muster und Strukturen.
Massenhaft angeordnet
Blick auf Rhodos Stadt aus der Vogelperspektive im seitlich einfallenden Licht der tief stehenden Sonne. Wichtig für die Wirkung des Aufmacherbilds ist, dass die gesamte Bildfläche bis zum Rand mit ähnlichen Strukturen ausgefüllt ist.
Foto: Maximilian Weinzierl
Foto: Maximilian Weinzierl
Foto: Maximilian Weinzierl
Um die strukturelle Wirkung des Bilds zu steigern, habe ich bei der RAW-Entwicklung der Original-NEF-Datei (A) ein bisschen nachgeholfen. Zum einen habe ich das gesamte Bild mit „Objektivkorrekturen“ im Reiter „Manuell“ (Adobe RAW-Konverter) leicht gedreht (B, blau), um die Kanten der Gebäude exakt waagerecht zu den Bildkanten auszurichten, zum anderen wurde der Abbildungsfehler des Objektivs (Distorsion) korrigiert (B, rot).
In Photoshop habe ich dann das Foto (C) quadratisch zugeschnitten (Aufmacherbild, links). Im Ausschnitt sollten möglichst wenig der unbebauten Grünflächen im Bild erscheinen; das hätte die zusammenhängende Struktur unterbrochen. Mit dem starken Beschnitt wird auch die dimensionale Orientierung erschwert; ob es sich um etwas winzig Kleines oder etwas riesig Großes handelt, erkennt der Betrachter erst auf den zweiten Blick. Dieses Verwirrspiel funktioniert noch besser beim Originalwerk, das als Leinwanddruck in einer 160 x 120 cm Riesenvergrößerung an der Wand hängt; es wirkt vor allem aufgrund seiner Struktur als Hingucker.
Rätselbild
Weit über das natürliche Maß hinaus vergrößerte Ausschnitte aus Makroaufnahmen geben dem Betrachter Rätsel auf. Was hier aufgrund der Farben und Formen etwa an Süßigkeiten erinnert, ist die noppige Hautoberfläche eines Chamäleons, das ich auf Madagaskar fotografiert habe. Für die grafische Wirkung der Haut habe ich versucht, die Körperseite des Chamäleons möglichst parallel zur Aufnahmeebene abzubilden. Nicht ganz einfach, das eigentlich behäbige Chamäleon entwickelte eine erstaunliche Geschwindigkeit im Gebüsch, als es meine Annäherung mit Kamera und Makroobjektiv bemerkte. Der exakte Ausschnitt des Fotos erfolgte dann im Nachhinein in Photoshop.
Foto: Maximilian Weinzierl
Lichtspuren im Acker
Auch hier wird die Wirkung der Struktur durch einen beherzten Ausschnitt verstärkt. Das Gesamtbild (rechts) hat die Landschaft zum Inhalt und ist eher dokumentierend, während der Ausschnitt (links) die Struktur der Ackerfurchen herausstellt; das streng grafische Bild ist symbolhafter.
Foto: Maximilian Weinzierl
Foto: Maximilian Weinzierl
Gummibärchen in Serie
Die Serielle Kunst ist eine Kunstgattung, die durch Wiederholungen desselben Motivs einen ästhetisch reizvollen Gesamteindruck erschafft. Dieses Stillleben ist, anders als die vorhergehenden Beispiele, nicht zufällig gefunden, sondern bewusst arrangiert. Die Gummibärchen habe ich dazu überlegt an die Wand genagelt. Die Bilddetails sind gleich und doch nicht gleich, trotz leichter Abweichungen erkennen wir aber ein insgesamt wohlgeordnetes Bild. Unser Sinn für Ordnung ist angesprochen. Aus ganz banalen Alltagsgegenständen lassen sich somit spielerisch interessante Fotos gestalten. Als Druck auf Alu, ein Dekobild für die Küche zum Beispiel.
Foto: Maximilian Weinzierl
Lichtgestaltung
Mit einem flexibel anzuordnenden Dauerlicht (hier ein Lupoled-Micro Kopflicht auf einem Novoflex Minikugelkopf Ball 19) und einem Pappaufheller lässt sich mit Auflicht, Durchlicht und Schattenfall ideal experimentieren. Serielle Fotokunst mit Gummibärchen: eine beschauliche Fotoaufgabe, für die Du Dich beliebig Zeit lassen kannst – ein ideales Thema für verregnete Wochenenden.

Foto: Maximilan Weinzierl
Fazit
Irgendwie lieben wir das Wohlgeordnete, und mit Mustern und Strukturen, seien es vorgefundene oder selber kreierte, können Hinguckerfotos gestaltet werden. Mehrere Strukturbilder lassen sich dann zu interessanten Tableaus zusammenstellen. Mein Tipp: Experimentiere mit diesem faszinierenden Fotothema, Du wirst viele neue Bilderwelten entdecken und spannende Muster fotografieren.
Autor: Maximilian Weinzierl
Beispiele bringen mich immer wieder auf neue Ideen. Danke.