Rot ist unsere schönste Farbe – zumindest die auffälligste. Diesmal betrachten wir rote Fotos beziehungsweise Aufnahmen, in denen diese Farbe eine bedeutsame Rolle spielt. Bilder, die Rot enthalten, sind meist ein Hingucker an sich, unabhängig vom Inhalt. Bei Rot müssen wir hinsehen, wir können nicht anders. Daher gehen wir in diesem Artikel auf die Signalfarbe Rot zusammen mit der Bildgestaltung ein.
Rot schreit! Wenn ein Stapel Fotos ausgebreitet vor Dir liegt, wandert Dein Blick unweigerlich auf Bilder mit roten Signalen. Und schon immer weiß der Fotograf, dass ein roter Tupfer im Bild – und sei er inhaltlich noch so banal, ein Verkehrsschild, eine Blüte, ein rotes Zelt in der Landschaft oder was auch immer – das Foto aufwerten kann und ihm mehr Aufmerksamkeit zuteil werden lässt. Rot ist unsere kraftvollste Farbe. Wir assoziieren damit erhöhte Aufmerksamkeit gegenüber einer Gefahr, Sexualität, eine Emotion wie Liebe und Leidenschaft, aber auch Wut, Zorn und Aggression – oder auch etwas appetitlich Essbares, begehrlich wie Schneewittchens roter Apfel.
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Mehr Infos zu den FotokursenWir inszenieren beispielsweise Radieschen auf rotem Teller auf roter Tischplatte. Viel Rot!
Die Inszenierung der Radieschen: Rot auf Rot auf Rot
Foto: Maximilian Weinzierl
Zuerst das Organisieren der Requisiten: hier eine feuerrote Tischplatte vom schwedischen Möbelhaus und ein roter Teller mit weißem Rand, den ich bei Butlers gefunden habe. Die Platte habe ich sorgfältig mit Glasreiniger gesäubert, der Teller wird mit heißem Wasser und Spülmittel gereinigt, mit destilliertem Wasser abgespült und mit einem Schwammtuch abgetrocknet. Gegen die sich ständig im Set fest setzenden Staubfussel hilft ein Antistatik-Staubwedel. Sein Einsatz reduziert die spätere digitale Entfusselarbeit.
Foto: Maximilian Weinzierl
Ich fotografiere ausschließlich mit Blitzlicht. Das helle Einstelllicht ist nicht bildwirksam, da es bei der Aufnahme ausgeschaltet ist. Für die asymmetrische (= interessantere) Ausleuchtung der Szenerie kommen zwei NikonSystemblitzgeräte (SB 5000) zum Einsatz (funkgesteuert via WRR10). Vorne rechts mit aufgesetztem Difusor, relativ tief angeordnet als direkte Lichtquelle; das zweite Blitzgerät links steht hinter einer opaken Glasscheibe, die damit zur großen (im Vergleich zum Motiv) Flächenleuchte wird.

Foto: Maximilian Weinzierl
Die Radieschen sind ganz frisch, ich habe sie am selben Morgen auf dem Markt gekauft. Die großen Blätter werden abgeschnitten, die Stiele mit einer kleinen Schere behutsam bearbeitet. Einige unförmige Radieschen habe ich aussortiert.

Foto: Maximilian Weinzierl
Nichts ist zufällig, das grüne Blatt vorne soll im Durchlicht leuchten, die weißen Schwänzchen werden penibel ausgerichtet. Dazu darf man sich aber nicht zu viel Zeit lassen, damit die Radieschen nicht antrocknen; am fotogensten ist eine noch feuchte, aber nicht nasse Haut.

Foto: Maximilian Weinzierl
Die Henne und das Rot
Ein spontanes Bild auf dem Bauernhof. Die tief stehende Sonne durchleuchtet den Kamm der freilaufenden Henne wie ein Dia. Erst dieses kräftige Rot macht das Motiv fotografierenswert.Dazu kommt der Farbkontrast des in Unschärfe verschwimmenden Blätterhinter- und -vordergrunds (Offenblende 2,8 bei 200 mm Brennweite). Und der Vis-à-vis-Blick; Ich liege hier auf dem Bauch, um mit der Henne auf Augenhöhe zu kommen. Ohne dieses rote Signal (rechts ist das Rot digital aus dem Bild entfernt) wäre ich vermutlich gar nicht auf die Idee gekommen, hier auf den Auslöser zu drücken.
Überraschung in Rot

Foto: Maximilian Weinzierl
Wenn Du an einen Frosch denkst, erscheinen vermutlich Grüntöne und vielleicht Brauntöne vor Deinem geistigen Auge. Ein Frosch in Rot? DerTomatenfrosch (Dyscophus) kommt auf Madagskar vor und lebt dort eingegraben im lockeren Boden des tropischen Regenwalds. Beeindruckend: die leuchtend rote Farbe dieses Prachtexemplars und der kurze Kopf mit den gold-schwarzenAugen. Ich habe ihn in freier Wildbahn in der Region von Tamatave aufgenommen. Ein roter Hingucker, inhaltlich wie formal.
Signalfarbe Rot als Kontrapunkt

Foto: Maximilian Weinzierl
Die Blüte des Schlafmohns (Papaver somniferum) zeigt sich in eindrucksvollem Feuerrot mit Schlieren ins Orange. Ein schwungvoller Farbenrausch. Die tief schwarzen Anteile im Bild verstärken die Signalkraft des Rots noch, dazu minimal Grün vom Stängel unten am linken Bildrand. Dieser grüne Tupfer als Gegensatz zum Rot erzeugt zusätzlich Spannung, er ist sehr wichtig für die Gesamtwirkung des Bilds. Decke ihn einmal mit dem Daumen ab: Das Bild wird dann zwar ruhiger, verliert aber auch Hinguckerpotenzial.
Übermächtiges Rot
Ich habe lange in meinem Archiv gekramt, um ein Bild zu finden, auf dem die Signalfarbe Rot in der Bildgestaltung einmal nicht funktioniert (normalerweise nimmt man ein solches Motiv erst gar nicht auf). Der Bettdecke wird durch das Rot, das auffällige Muster und die prominente Positionierung im Bild all zuviel Aufmerksamkeit zuteil (links). Sie wird überwertig und zieht den Blick geradezu magisch auf sich, obwohl das Bild eigentlich die Räumlichkeit und das Interieur dieser afrikanischen ÖkoLodge zeigen soll. Das Rot musste bei der Nachbearbeitung entfernt werden, damit das Bild verwendet werden konnte (rechts).
Fazit zur Bildgestaltung mit der Signalfarbe Rot:
Rot ist meine Lieblingsfarbe. Die Farbpsychologie fand heraus, dass Rot die Herzfrequenz steigern und die Körpertemperatur erhöhen kann. Darum hätte ich gern immer etwas Rotes mit auf meinen Bildern. Anregende Hingucker!
Autor: Maximilian Weinzierl